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Kind sein heute

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Was Hänschen nicht lernt …<br />

Nachhilfe: Schon Grundschüler lernen nach der Schule weiter<br />

Die Nachhilfebranche boomt. Auffällig ist die hohe Zahl der<br />

Grundschüler, die Nachhilfe nehmen. Laut einer Sonderauswertung<br />

der IGLU-Studie (IGLU = Internationale Grundschul-Lese-<br />

Untersuchung) von 2006 erhalten im Durchschnitt der Bundesländer<br />

14,8 Prozent der Viertklässler Nachhilfe im Fach Deutsch.<br />

„Die Inanspruchnahme von Nachhilfe häuft sich an den Übergängen<br />

− zum Beispiel von der Grundschule zur weiterführenden Schule. Die<br />

Hauptmotivation ist weniger, dass <strong>Kind</strong>ern eine Fünf oder gar das<br />

Sitzenbleiben droht“, erklärt der Diplom-Pädagoge Rüdiger-Philipp<br />

Rackwitz, „Hauptgrund ist die Verbesserung von Noten wie einer<br />

Drei, die für viele Eltern und <strong>Kind</strong>er aber nicht akzeptabel ist.“ Der<br />

akademische Mitarbeiter der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch<br />

Gmünd mit dem Forschungsschwerpunkt Nachhilfe stellt fest:<br />

„In der Schule sind häufig Leistungen gefragt, die viele <strong>Kind</strong>er aufgrund<br />

der methodischen, didaktischen und inhaltlichen Gestaltung<br />

des Unterrichts nur zum Teil erbringen können.“ Er sieht den Nachhilfe-Boom<br />

durchaus als eine Reaktion auf Mängel des Schulsystems,<br />

„vor allem auf die frühe Aufteilung der <strong>Kind</strong>er auf verschiedene<br />

Schulformen.“<br />

Wichtig ist ihm, dass Eltern die Nachhilfeschule für ihr <strong>Kind</strong> gut<br />

auswählen: „Nachhilfeschulen werden nicht öffentlich kontrolliert.<br />

Das sagt natürlich nichts über die Qualität der Nachhilfe aus. Aber<br />

es ist einfach so, dass jeder Nachhilfe anbieten kann. Ein Nachhilfe-Institut<br />

ist einfacher zu eröffnen als eine Kneipe. Daher sollten<br />

sich Eltern im Bekanntenkreis oder bei Verbraucherzentralen erkundigen,<br />

wo sie ihre <strong>Kind</strong>er hinschicken. Auch ältere Schüler oder<br />

Studenten sind eine Alternative.“<br />

t i t E l 17<br />

Nach einigen Wochen Nachhilfe stellt sich meist ein erster Lerner-<br />

folg ein, die Noten werden besser. Aber: „Das eigentliche Prob-<br />

lem wird in vielen Fällen nicht behoben. Das Ziel sollte <strong>sein</strong>, dass<br />

Nachhilfe überflüssig wird. Nachhilfe wird jedoch meist zur Regel“,<br />

kritisiert Rackwitz. „Deshalb sollte nicht nur Stoff ‚gepaukt’ werden,<br />

auch Lernstrategien sind wichtig, herauszufinden, was für<br />

ein Lerntyp ich bin, wann ich am besten lerne und wie man den<br />

Schreibtisch, die Hausaufgaben und das Lernen organisiert“, gibt<br />

er Verbesserungsvorschläge. – Und betont auch die Vorteile der<br />

Nachhilfe: „Die Einstellung zu Schule, Eltern und Lehrern wird<br />

meist besser. Prüfungsängste werden weniger, das Vertrauen in<br />

die eigene Leistungsfähigkeit steigt.“ Um Überforderung zu vermeiden,<br />

rät Rackwitz zu Gelassenheit: „Eltern sollten die <strong>Kind</strong>heit<br />

und Jugend ihrer <strong>Kind</strong>er nicht für eine vermeintlich bessere Zukunft<br />

opfern. Wichtig ist auch die Lebensqualität im Jetzt.“<br />

Der Experte<br />

Der Diplom-Pädagoge Rüdiger-Philipp Rackwitz (38)<br />

befasst sich mit dem Forschungsschwerpunkt<br />

„Nachhilfe“. Rackwitz ist akademischer Mitarbeiter<br />

der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.

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