UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien
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<strong>UVR.1</strong><br />
<strong>Umsatzsteuer</strong><strong>und</strong><br />
<strong>Verkehrsteuer</strong>-<strong>Recht</strong><br />
In Kooperation mit:<br />
Peters, Schönberger & Partner GbR<br />
Schriftleitung:<br />
Ministerialdirigent Jörg Kraeusel<br />
Aus dem Inhalt:<br />
� Maik Paukstadt/Simone Krieg:<br />
Gemischt genutzte Gebäude<br />
im <strong>Umsatzsteuer</strong>recht – Aufteilungsmaßstäbe S. 10<br />
� Raymond Halaczinsky:<br />
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong><br />
Bewertungsrechts – ein erster Überblick S. 21<br />
� Ralph Korf:<br />
Gestaltungsüberlegungen beim unternehmerischen Anteilskauf S. 26<br />
� Dr. Thomas Küffner/Dr. Oliver Zugmaier:<br />
Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell S. 30<br />
Januar 2008<br />
Seiten 1–32<br />
<strong>Stollfuß</strong>
Schriftleitung <strong>und</strong> Verlag freuen sich, dass es<br />
uns gelungen ist, ab Januar 2008 die Sozietät<br />
Peters, Schönberger <strong>und</strong> Partner (PSP) als<br />
Partner der UVR zu gewinnen. PSP hat sich<br />
in der Beratung auf dem Gebiet der <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
etabliert <strong>und</strong> widmet sich innerhalb<br />
des Beratungsschwerpunktes <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
mit einem ausgewählten Expertenteam speziellen<br />
umsatzsteuerlichen Fragestellungen.<br />
Einen Namen hat sich die Sozietät auf diesem<br />
Gebiet besonders durch seine Beratungs-<br />
<strong>und</strong> Unterstützungsleistungen gegenüber<br />
dem B<strong>und</strong>esfinanzministerium z.B.<br />
bei der Durchführung des BMF-Planspiels<br />
zum „Reverse-Charge-Verfahren“ gemacht.<br />
Durch diese Kooperation <strong>und</strong> zusätzlich den<br />
Aufbau eines Teams von ständigen Mitarbeitern<br />
aus Beratung, <strong>Recht</strong>sprechung, Verwaltung<br />
<strong>und</strong> Wissenschaft soll der Bezug zur Beratungspraxis<br />
noch stärkeres Gewicht<br />
erhalten. Unsere Leser erhalten so noch<br />
schneller <strong>und</strong> effizienter Informationen über<br />
die neuesten Entwicklungen im nationalen<br />
<strong>und</strong> internationalen Bereich sowie deren<br />
Auswirkungen auf die Praxis.<br />
Doch nun zum Inhalt des neuen Heftes:<br />
Im Teil „Aktuelles“ wird zunächst auf neueste<br />
Entwicklungen aus Brüssel hingewiesen.<br />
Dort hat die EU-Kommission einen Vorschlag<br />
zur umsatzsteuerlichen Behandlung<br />
von Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
vorgelegt (S. 1).<br />
Der BFH hat sich mit der Frage befasst, zu<br />
welchem Zeitpunkt die Sicherungsübereignung<br />
eines Gegenstands zu einer Lieferung<br />
„erstarkt“. Dies hat auch Auswirkungen auf<br />
die Anwendung des § 13b UStG (S. 3).<br />
Auch die Verwaltung war im Berichtszeitraum<br />
nicht untätig. Erwähnt sei ein BMF-<br />
Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung<br />
der Untervermittlung von Kreditverträgen<br />
(S. 4).<br />
Das JStG 2008 hat neben umsatzsteuerlichen<br />
Änderungen (vgl. letztes Heft) auch Änderungen<br />
im Bereich der GrEStG <strong>und</strong> des<br />
KraftStG mit sich gebracht, die kurz erläutert<br />
werden (S. 5, 7).<br />
Der BFH hat seine <strong>Recht</strong>sprechung bestätigt,<br />
dass die Beteiligungsverhältnisse an den an<br />
einem Umwandlungsvorgang beteiligten<br />
Zu diesem Heft<br />
Kapitalgesellschaften für die Anwendbarkeit<br />
des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG keine<br />
Rolle spielen. Weiterhin hat er entschieden,<br />
dass bei der Berechnung des fiktiven Anspruchs<br />
auf Zugewinnausgleich nach § 5<br />
Abs. 1 ErbStG die Anfangsvermögen <strong>und</strong> die<br />
diesen hinzuzurechnenden späteren Erwerbe<br />
zum Ausgleich der Geldentwertung<br />
nach Maßgabe der <strong>Recht</strong>sprechung des<br />
BGH zu indexieren sind (S. 5).<br />
Paukstadt/Krieg von der Beratungsgesellschaft<br />
Peters, Schönberger <strong>und</strong> Partner<br />
GmbH (Kooperationspartner der UVR)<br />
befassen sich mit der praxisrelevanten<br />
Frage, nach welchen Aufteilungsgr<strong>und</strong>sätzen<br />
eine Zuordnung von Vorsteuern bei Gebäuden<br />
erfolgen kann, die für Abzugsumsätze<br />
bzw. für Ausschlussumsätze genutzt<br />
werden (S. 10).<br />
Küffner/Zugmaier geben wichtige Praxistipps<br />
zu den Auswirkungen eines EuGH-Urteils.<br />
Dort ging es um <strong>Umsatzsteuer</strong>karusselle<br />
<strong>und</strong> die Frage, wieweit der Gutglaubensschutz<br />
des Unternehmers hinsichtlich<br />
des Vorsteuerabzugs reicht (S. 36).<br />
Korf gibt wichtige Hinweise, welche Überlegungen<br />
unter Berücksichtigung der Verwaltungsauffassung<br />
beim unternehmerischen<br />
Anteilskauf angestellt werden sollten (S. 26).<br />
Halaczinsky stellt in seinem Beitrag den Entwurf<br />
eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer-<br />
<strong>und</strong> Bewertungsrechts vor. Der<br />
Entwurf setzt die schon bekannt gewordenen<br />
Eckpunkte der B<strong>und</strong>/Länderarbeitsgruppe<br />
um (S. 21).<br />
Behrens/Schmitt befassen sich im ersten Teil<br />
ihres Beitrags (der zweite folgt im nächsten<br />
Heft) mit Fragen der gr<strong>und</strong>erwerbsteuerlichen<br />
Auswirkungen eines Quotenwahrenden<br />
Formwechsels von einer Gr<strong>und</strong>besitzenden<br />
Personengesellschaft mit mindestens<br />
95 %igem Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft<br />
(S. 16).<br />
Schriftleitung <strong>und</strong> Verlag hoffen, dass auch<br />
die Themen dieses Heftes unsere Leser wieder<br />
ansprechen <strong>und</strong> die Veränderungen positiv<br />
aufgenommen werden. Anregungen zu<br />
Inhalten nehmen Schriftleitung <strong>und</strong> Verlag<br />
weiterhin gerne entgegen.<br />
Jörg Kraeusel
UVR-Inhalt<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong><br />
Gesetzgebung Europäische Union<br />
UVR-Aktuell<br />
Vorschläge für eine RL bzw. eine VO zur mehrwertsteuerlichen Behandlung von Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
....................................................................................................... 1<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
BFH 14. 6. 2007 V R 56/05 Beschränkung der Durchschnittssatzbesteuerung für Hofladenumsätze<br />
auf selbsterzeugte landwirtschaftliche Produkte 2<br />
BFH 19. 7. 2007 V B 222/06 Verwertung von sicherungsübereigneten Gegenständen<br />
durch den Sicherungsnehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
............................................. 3<br />
Verwaltung<br />
BMF 29. 11. 2007 IV A 6 – S 7160a/07/0001 Begriff der Vermittlung – Auswirkungen des EuGH-Urteils<br />
vom 21. 6. 2007, C-453/05 ............................... 4<br />
BMF 3. 12. 2007 IV A 5 – S 7229/07/0002 Ermäßigter Steuersatz für Umsätze mit Sammlermünzen;<br />
Bekanntgabe des Gold- <strong>und</strong> Silberpreises für 2008 ......... 4<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
Gesetzgebung<br />
Regelungen zur GrESt im JStG 2008 ............................................................................ 5<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
BFH 7. 9. 2007 II B 5/07 Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer bei Verschmelzungsvorgängen im<br />
Konzern ............................................... 5<br />
Erbschaftsteuer<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
BFH 27. 6. 2007 II R 39/05 Indexierung des Anfangsvermögens bei Berechnung des<br />
fiktiven Anspruchs auf Zugewinnausgleich – Vertrauensschutz<br />
von Verwaltungsvorschriften ...................... 6<br />
BFH 22. 8. 2007 II R 33/06 Schenkung eines Rentenstammrechts zugunsten eines<br />
Dritten liegt nur vor, wenn dieser tatsächlich <strong>und</strong> rechtlich<br />
über seinen Anteil frei verfügen kann .................... 6<br />
Sonstige <strong>Verkehrsteuer</strong>n<br />
Gesetzgebung<br />
Änderungen des KraftStG im JStG 2008 ......................................................................... 7
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
UVR Nr. 1/2008<br />
VG Stuttgart 24. 7. 2007 4 K 4435/06 Vorabentscheidungsersuchen an EuGH: Ist das Sportwettenmonopol<br />
in BaWü mit Gemeinschaftsrecht vereinbar? ...... 7<br />
BVerfG 2. 8. 2007 1 BvR 1896/99 Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen<br />
des hessischen <strong>und</strong> bayerischen Lotterierechts ...... 8<br />
BFH 29. 8. 2007 IX R 58/06, Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit – § 55<br />
IX R 4/07 Abs. 1 Nr. 1 InsO –, wenn Fahrzeug zwar vor Insolvenzeröffnung<br />
verkauft, aber nicht abgemeldet wurde; Kraftfahrzeugsteuer<br />
ist als Masseverbindlichkeit auch nach Anzeige der<br />
Masseunzulänglichkeit durch Steuerbescheid festzusetzen . . 8<br />
FG Köln 13. 9. 2007 6 K 2378/05 Wegfall der Gewichtsbesteuerung für schwere Geländewagen<br />
ab Mai 2005 ..................................... 9<br />
Verwaltung<br />
FinMin 17. 8. 2007 3 – S 610.4/2 Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO <strong>und</strong> rückwirkende Änderung<br />
Baden-Würt- des KraftStG zum 1. 5. 2005 durch das Dritte Gesetz zur<br />
temberg Änderung des KraftStG .................................. 9<br />
UVR-Themen<br />
Maik Paukstadt/Simone Krieg Gemischt genutzte Gebäude im <strong>Umsatzsteuer</strong>recht – Aufteilungsmaßstäbe<br />
......................................... 10<br />
Dr. Stefan Behrens/Rainer Schmitt Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel<br />
einer gr<strong>und</strong>besitzenden Personengesellschaft mit mindestens<br />
95 %igem Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft? . . 16<br />
Raymond Halaczinsky Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong><br />
Bewertungsrechts – ein erster Überblick .................. 21<br />
UVR-Gestaltungen<br />
Ralph Korf Gestaltungsüberlegungen beim unternehmerischen Anteilskauf<br />
................................................... 26<br />
UVR-Praxisfall<br />
Dr. Thomas Küffner/Dr. Oliver Zugmaier Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell .................. 30
<strong>Umsatzsteuer</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Verkehrsteuer</strong>-<strong>Recht</strong><br />
Schriftleitung:<br />
Ministerialdirigent Jörg Kraeusel, Berlin<br />
Kooperationspartner:<br />
Peters, Schönberger & Partner GbR<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte, Wirtschaftsprüfer,<br />
Steuerberater<br />
Ständige Mitarbeiter: RA FAStR StB Dr. Stefan Behrens; RA’in Hildegard Billig; Ass.jur. Raymond Halaczinsky; StB Kurt Heine; Diplom-<br />
Finanzwirt Ferdinand Huschens; Ri BFH Dr. Roland Jüptner; RA/StB/FAStR Dr. Eberhard Kalbfleisch; RA StB Ralph Korf; Julia Mack;<br />
RA FAStR Dr. Alexander Neeser; RA Rainer Schmitt; RA Prof. Dr. Dieter Schulze zur Wiesche; RA’in StB’in Ulrike Slotty-Harms;<br />
Diplom-Finanzwirt Wolfgang Tausch; Prof. Dr. Hermann-Josef Tehler; VizePrä. BFH a.D. Dr. Wilfried Wagner; Diplom-Finanzwirt Tilo Welz<br />
Nr. 1 / Januar 2008 94. Jahrgang Seite 1<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong><br />
Bearbeiter: Diplom-Finanzwirt Wolfgang Tausch,<br />
Düsseldorf [wt]<br />
Bearbeiter: Ministerialdirigent Jörg Kraeusel, Berlin<br />
[jk]<br />
Gesetzgebung Europäische Union<br />
Vorschläge für eine RL bzw. eine VO zur<br />
mehrwertsteuerlichen Behandlung von Finanz<strong>und</strong><br />
Versicherungsdienstleistungen<br />
EU-Kommission v. 5. 10. 2007, KOM (2007),<br />
www.ec.europa.eu.<br />
UStG § 4 Nr. 8; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. a<br />
bis g.<br />
Die EU-Kommission hat zwei Vorschläge (für eine RL<br />
sowie für eine VO) in Bezug auf die mehrwertsteuerliche<br />
Behandlung von Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
vorgelegt:<br />
• Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung<br />
der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame<br />
Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der<br />
Behandlung von Versicherungs- <strong>und</strong> Finanzdienstleistungen<br />
<strong>und</strong><br />
• Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung<br />
von Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie<br />
2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem<br />
hinsichtlich der Behandlung von<br />
Versicherungs- <strong>und</strong> Finanzdienstleistungen.<br />
Mit den beiden Vorschlägen sollen drei Ziele erreicht<br />
werden:<br />
• Erhöhung der <strong>Recht</strong>ssicherheit für alle Beteiligten<br />
von der Wirtschaft bis zu den nationalen Steuerverwaltungen.<br />
Auf diese Weise soll der Verwaltungsaufwand<br />
für die zutreffende Anwendung der<br />
Befreiungsregelungen auf die betreffenden Dienstleistungen<br />
vermindert werden.<br />
UVR-Aktuell<br />
• Einheitlichere Anwendung der Steuerbefreiung <strong>und</strong><br />
damit Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen<br />
auf dem Binnenmarkt, zumindest in Bezug auf<br />
die MwSt.<br />
• Erleichterungen für die Unternehmen, die die Belastung<br />
mit der nicht abzugsfähigen MwSt besser<br />
beherrschen sollen.<br />
Zunächst schlägt die EU-Kommission vor, die Voraussetzungen<br />
für die Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung<br />
der Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
neu zu formulieren. Ziel ist es, die Regelungen zu<br />
modernisieren <strong>und</strong> den finanztechnischen Fortentwicklungen<br />
in diesen Bereichen Rechnung zu tragen.<br />
Die Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen sollen<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage objektiver wirtschaftlicher Kriterien<br />
definiert werden, unabhängig von den unterschiedlichen<br />
nationalen Zivilrechten. Damit soll es ermöglicht<br />
werden, die Vorschriften EU-einheitlich auszulegen<br />
<strong>und</strong> anzuwenden. Die Regelungen über den Anwendungsbereich<br />
der Mehrwertsteuerbefreiung für Finanz-<br />
<strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen in der<br />
MwStSystRL sollen durch eine Verordnung ergänzt<br />
werden, die unmittelbar in den Mitgliedstaaten gilt.<br />
Die VO soll Dienstleistungen aufzählen, die unter die<br />
jeweilige Befreiungsnorm fallen oder nicht. Die Aufzählung<br />
ist aber nicht abschließend.<br />
Die EU-Kommission schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten<br />
nunmehr ihren Steuerpflichtigen das Optionsrecht<br />
einräumen müssen <strong>und</strong> zwar sowohl in Bezug auf Finanz-<br />
<strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen als auch in<br />
Bezug auf Leistungen an Unternehmer <strong>und</strong> Private.<br />
Bisher enthält die MwStSystRL lediglich ein Optionsrecht<br />
für die Mitgliedstaaten.<br />
Schließlich schlägt die EU-Kommission vor, Dienstleistungen,<br />
die durch Zusammenschlüsse von Steuerpflichtigen<br />
für Mitglieder des Zusammenschlusses erbracht<br />
werden, unter bestimmten Voraussetzungen zu befreien.<br />
Zu diesen Voraussetzungen gehört Folgendes:
2 UVR 2008 Nr. 1 UVR-Aktuell<br />
• Die Mitglieder des Zusammenschlusses erbringen<br />
steuerbefreite Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
oder andere Dienstleistungen, für die sie<br />
nicht als Steuerpflichtige gelten.<br />
• Die vom Zusammenschluss erbrachten Dienstleistungen<br />
werden ausschließlich für Mitglieder des<br />
Zusammenschlusses erbracht <strong>und</strong> sind notwendig,<br />
um die Mitglieder in die Lage zu versetzen, die<br />
steuerbefreiten Finanz- <strong>und</strong> Versicherungsdienstleistungen<br />
zu erbringen.<br />
• Der Zusammenschluss übt eine eigenständige Tätigkeit<br />
aus <strong>und</strong> tritt gegenüber seinen Mitgliedern<br />
als selbständige Einheit auf.<br />
• Der Zusammenschluss fordert von seinen Mitgliedern<br />
lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen<br />
Anteils an den gemeinsamen Kosten.<br />
• Der Zusammenschluss selbst <strong>und</strong> alle seine Mitglieder<br />
haben ihren Sitz oder ihren Wohnsitz in der EU.<br />
Hinweis: Die beiden Vorschläge der EU-Kommission<br />
bedürfen der einstimmigen Annahme durch den Rat.<br />
Dabei wird es sicherlich schwierig sein, die unterschiedlichen<br />
Interessen der Mitgliedstaaten unter<br />
einen Hut zu bekommen. So dürften z.B. die vorgeschlagenen<br />
Formulierungen in den einzelnen Mitgliedstaaten<br />
zu einer Ausweitung oder Einengung<br />
der bisherigen Steuerbefreiung führen.<br />
Die Einführung einer Verpflichtung für die Mitgliedstaaten,<br />
die Option zur Umsatzbesteuerung bei Finanzdienstleistungen<br />
zwischen Unternehmern zuzulassen,<br />
entspricht bereits der nationalen <strong>Recht</strong>slage<br />
in Deutschland. Dagegen würde die verpflichtende<br />
Einführung eines Optionsrechts bei Finanzdienstleistungen<br />
an private Endverbraucher zu einer Änderung<br />
des nationalen <strong>Recht</strong>s führen.<br />
Auch die Einführung einer Verpflichtung für die Mitgliedstaaten,<br />
die Option zur Umsatzbesteuerung bei<br />
Versicherungsdienstleistungen zuzulassen, weicht<br />
von der bisherigen <strong>Recht</strong>slage in Deutschland ab.<br />
Diese Maßnahme würde bei Umsetzung in nationales<br />
<strong>Recht</strong> u.U. zu einer Doppelbesteuerung mit der Versicherungssteuer<br />
führen.<br />
Die Einführung einer Steuerbefreiung für Umsätze<br />
von Zusammenschlüssen an deren Mitglieder soll<br />
wohl die bisherigen Probleme bei der umsatzsteuerlichen<br />
Behandlung von outgesourcten Dienstleistungen<br />
durch Banken lösen. Ob sich dadurch neue Abgrenzungsprobleme<br />
ergeben, muss noch näher<br />
untersucht werden. Dies gilt umso mehr, als diese<br />
Zusammenschlüsse grenzüberschreitend gebildet<br />
werden könnten.<br />
Literatur: Ammann, <strong>Umsatzsteuer</strong>befreiung für Leistungen<br />
selbstständiger Banken-Dienstleistungszentren<br />
im Zahlungs- <strong>und</strong> Überweisungsverkehr, UR 2003,<br />
168; Friedrich-Vache, Plädoyer für die Abschaffung<br />
unechter Befreiungen im Finanzdienstleistungsbereich<br />
– Mit Ausnahme der Verwahrung im Einlagengeschäft,<br />
UR 2006, 207; Hamacher/Gr<strong>und</strong>t, Der BFH <strong>und</strong><br />
die <strong>Umsatzsteuer</strong>freiheit des Outsourcing im Finanzdienstlesitungssektor,<br />
DStR 2007, 283; H<strong>und</strong>t-Eßwein,<br />
Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Garantieversicherungen<br />
beim Verkauf von Kraftfahrzeugen,<br />
UStB 2006, 43; Lehr, <strong>Umsatzsteuer</strong>pflichtige Darlehen:<br />
Die (neue) Optionspraxis der Banken aus Sicht des<br />
Darlehensnehmers, DStR 2006, 2243; Philipowski, Rechenzentren<br />
der Banken erbringen steuerfreie Zahlungsverkehrsleistungen,<br />
UR 2003, 466; Reiß, Finanzdienstleistungen<br />
<strong>und</strong> Mehrwertsteuer, IStR 2003, 515;<br />
von Streit, Steuerfreiheit der Leistungen von Versicherungsvertretern<br />
(Teil I <strong>und</strong> II), UStB 2005, 238, 276;<br />
Wäger, Steuerfreie Finanz- <strong>und</strong> Vermittlungsumsätze<br />
i.S. v. § 4 Nr. 8 UStG, UR 2004, 602. [jk]<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
Beschränkung der Durchschnittssatzbesteuerung<br />
für Hofladenumsätze auf<br />
selbsterzeugte landwirtschaftliche Produkte<br />
BFH v. 14. 6. 2007, V R 56/05, DB 2007, 2572.<br />
MwStSystRL Art. 295; UStG 1993 § 24.<br />
Zum Umfang der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung<br />
hatte der BFH über folgenden Sachverhalt<br />
zu entscheiden:<br />
Der Kläger ist Gärtnermeister <strong>und</strong> zieht in seinem Betrieb<br />
im Freiland Baumschulkulturen heran <strong>und</strong> in Gewächshäusern<br />
Blumen <strong>und</strong> Zierpflanzen. Diese selbsterzeugten<br />
Produkte vertrieb der Kläger in den<br />
Streitjahren sowohl an Unternehmer als auch an Endverbraucher.<br />
Neben den selbsterzeugten Produkten<br />
veräußerte der Kläger in dem Laden zugekaufte landwirtschaftliche<br />
Produkte sowie sog. Handelswaren,<br />
nämlich Blumentöpfe, Übertöpfe, Pflanzschalen, Blumenerde,<br />
Keramikwaren (Töpfe, Schalen, Kübel), Vasen,<br />
Servietten, Teelichter, Kerzen, Seidenblumen,<br />
Korbwaren, Dekorationsartikel (Schleifenband, Draht,<br />
Bast, Tanne, Früchte, Holzstecker) <strong>und</strong> Grußkarten.<br />
Der Kläger versteuerte sämtliche Umsätze gemäß § 24<br />
UStG nach Durchschnittssätzen.<br />
Dagegen unterwarf das Finanzamt die in dem Laden<br />
ausgeführten Umsätze in vollem Umfang der Regelbesteuerung<br />
mit der Begründung, der Laden sei als selbständiger<br />
Gewerbebetrieb zu beurteilen. Das Finanzgericht<br />
teilte diese Auffassung im Ergebnis.<br />
Mit Urteil vom 14. 6. 2007 hat der BFH dagegen entschieden,<br />
dass der Verkauf selbst erzeugter landwirtschaftlicher<br />
Produkte in einem Hofladen der Besteuerung<br />
nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG<br />
unterliegt. An der im Urteil vom 6. 12. 20011) vertretenen<br />
Auffassung, wonach auch die in begrenztem Umfang<br />
vorgenommene Veräußerung zugekaufter landwirtschaftlicher<br />
Produkte der Sonderregelung für<br />
Land- <strong>und</strong> Forstwirte unterliegt, hält der BFH nicht<br />
mehr fest. Darüber hinaus stellt der BFH noch einmal<br />
klar, dass die Veräußerung zugekaufter landwirtschaftlicher<br />
Produkte sowie die Veräußerung sog.<br />
Handelswaren nach den allgemeinen Vorschriften des<br />
UStG zu besteuern sind.<br />
Hinweis: Wegen der Notwendigkeit, § 24 UStG<br />
richtlinienkonform auszulegen, haben die im Ertragsteuerrecht<br />
entwickelten „Zukaufsgrenzen“ keine<br />
Bedeutung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung,<br />
wann ein Umsatz im Rahmen eines landwirtschaftlichen<br />
Betriebs ausgeführt wird.<br />
Zwar gelten gemeinschaftsrechtlich als landwirtschaftliche<br />
Betriebe die, die in dem einzelnen Mit-<br />
1) BFH v. 6. 12. 2001, V R 43/00, BStBl II 2002, 701.
UVR-Aktuell UVR 2008 Nr. 1 3<br />
gliedstaat als solche definiert werden (Art. 295<br />
Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Anhang 7 MwStSystRL) 2) . Daraus<br />
folgt aber – entgegen der früheren <strong>Recht</strong>sprechung<br />
des BFH3) – nicht, dass sich nach ertragsteuerrechtlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen entscheide, ob ein landwirtschaftlicher<br />
Betrieb i.S.d. § 24 UStG vorliegt. Denn zum<br />
einen darf ein Mitgliedstaat nur innerhalb des ihm<br />
vom Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Rahmens einen<br />
landwirtschaftlichen Betrieb definieren. Zum<br />
anderen gibt es keine nationale gesetzliche Definition,<br />
wonach für die Beurteilung, ob ein landwirtschaftlicher<br />
Betrieb vorliegt, bestimmte Umsatzbzw.<br />
Zukaufsgrenzen maßgeblich sind.<br />
Mithin unterliegt nur die Veräußerung selbsterzeugter<br />
landwirtschaftlicher Produkte der Umsatzbesteuerung<br />
nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG,<br />
wofür der Unternehmer die Feststellungslast trägt.<br />
Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen sowohl<br />
selbst erzeugte land- <strong>und</strong> forstwirtschaftliche Produkte<br />
als auch gleichartige zugekaufte Waren veräußert<br />
werden. Den Umfang dieser Umsätze hatte<br />
das FG nicht festgestellt. Deswegen hat der BFH die<br />
Sache zur anderweitigen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung<br />
an das FG zurückverwiesen.<br />
Die aktuelle BFH-Entscheidung steht den Aussagen<br />
in Abschn. 264 Abs. 1 Satz 11 sowie Abs. 2 Satz 6<br />
<strong>und</strong> 7 UStR 2008 entgegen. Es bleibt daher abzuwarten,<br />
ob die Verwaltung die neue Sichtweise des BFH<br />
verb<strong>und</strong>en mit einer Übergangsregelung teilt.<br />
Literatur: Heins, Grenzen der Anwendung der Pauschalierung<br />
auf produktionsbezogene Dienstleistungen,<br />
HLBS-Report 2007, 112, 117. [wt]<br />
Verwertung von sicherungsübereigneten<br />
Gegenständen durch den Sicherungsnehmer<br />
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
BFH v. 19. 7. 2007, V B 222/06, DStR 2007, 1860 = DB<br />
2007, 2463.<br />
MwStSystRL Art. 199 Abs. 1 Buchst. e; UStG 1993<br />
§ 13b Abs. 1 Nr. 3; InsO § 170 Abs. 2, § 173 Abs. 1.<br />
Die Übereignung eines Gegenstandes zur Sicherheit<br />
ist noch keine Lieferung des Sicherungsgebers an den<br />
Sicherungsnehmer. Erst die Veräußerung des sicherungsübereigneten<br />
Gegenstands durch den Sicherungsnehmer<br />
an einen Dritten führt zu einem sog.<br />
Doppelumsatz, nämlich zu einer Lieferung des Sicherungsnehmers<br />
an den Erwerber (Dritten) <strong>und</strong> zugleich<br />
zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer.<br />
Für die Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände<br />
durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer<br />
außerhalb des Insolvenzverfahrens schuldet<br />
der Sicherungsnehmer die <strong>Umsatzsteuer</strong> für den hiernach<br />
an ihn ausgeführten Umsatz nach § 13b Abs. 1<br />
Nr. 2 UStG.<br />
Fraglich war, ob die Freigabe durch einen vorläufigen<br />
Insolvenzverwalter, d.h. die gleichzeitige körperliche<br />
Übergabe von Sicherungsgut an den Sicherungsnehmer<br />
<strong>und</strong> der Verzicht auf das Auslöserecht, zu einer<br />
Verwertung außerhalb des Insolvenzverfahrens i.S.d.<br />
§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG führt.<br />
Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen<br />
der N-AG (AG). Diese war im Speditionsgewerbe<br />
tätig <strong>und</strong> hatte im ersten Halbjahr 2002 die Anschaffung<br />
von 17 Nutzfahrzeugen über eine Bank finanziert<br />
<strong>und</strong> dieser die Fahrzeuge als Sicherheit bis zur Tilgung<br />
der Darlehen übereignet. Am 18. 11. 2002 stellte<br />
die AG einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.<br />
Daraufhin kündigte die Bank mit Schreiben<br />
vom 22. 11. 2002 sämtliche Darlehensverträge mit sofortiger<br />
Wirkung. Am selben Tag übergab die AG der<br />
Bank die Fahrzeuge zum Zwecke der Verwertung. Der<br />
am 26. 11. 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter<br />
bestellte Kläger stimmte einer Verwertung der Fahrzeuge<br />
durch die Bank am 12. 12. 2002 zu. Am<br />
1. 1. 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen<br />
der AG eröffnet <strong>und</strong> der Kläger zum Insolvenzverwalter<br />
bestellt. Am 29. 1. 2003 veräußerte die Bank<br />
die Fahrzeuge <strong>und</strong> erteilte der AG eine Gutschrift mit<br />
Ausweis der <strong>Umsatzsteuer</strong>.<br />
Das Finanzamt <strong>und</strong> Finanzgericht waren der Auffassung,<br />
dass erst die Veräußerung der Fahrzeuge am<br />
29. 1. 2003 durch die Bank – <strong>und</strong> nicht bereits die Zustimmung<br />
des vorläufigen Insolvenzverwalters zu einer<br />
Veräußerung der Fahrzeuge am 12. 12. 2002 – zu Lieferungen<br />
der AG an die Bank führe mit der Konsequenz,<br />
dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG auf die Lieferungen der<br />
AG an die Bank keine Anwendung fände, da diese nicht<br />
außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfanden.<br />
Der BFH erachtete die hiergegen eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde<br />
des Klägers als unbegründet,<br />
weil die <strong>Recht</strong>sfrage durch seine <strong>Recht</strong>sprechung bereits<br />
hinreichend geklärt sei. Hat der Sicherungsnehmer<br />
einen sicherungsübereigneten Gegenstand vor<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Besitz genommen,<br />
aber erst nach der Eröffnung verwertet, liege<br />
keine „Lieferung eines sicherungsübereigneten Gegenstands<br />
durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer<br />
außerhalb des Insolvenzverfahrens“<br />
i.S.d. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG vor.<br />
Hinweis: Eine Vereinbarung, nach der der Sicherungsgeber<br />
dem Sicherungsnehmer das Sicherungsgut<br />
zur Verwertung frei gibt <strong>und</strong> auf sein Auslösungsrecht<br />
verzichtet, stellt noch keine Lieferung<br />
des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer dar4) .<br />
Diese Gr<strong>und</strong>sätze hat der BFH zwar unter Geltung<br />
der Konkursordnung entwickelt, sie sind jedoch<br />
auch auf das Insolvenzverfahren übertragbar. Denn<br />
die Frage, ob umsatzsteuerrechtlich (bereits) eine<br />
Lieferung vorliegt, richtet sich nach umsatzsteuerrechtlichen<br />
Kriterien, nicht etwa nach konkurs- bzw.<br />
insolvenzrechtlichen Regelungen. § 13b Abs. 1 Nr. 2<br />
UStG ändert an der Maßgeblichkeit dieser Abgrenzungsgr<strong>und</strong>sätze<br />
zum Vorliegen einer Lieferung im<br />
Falle sicherungsübereigneter Gegenstände nichts.<br />
Auch aus dem BGH-Urteil vom 29. 3. 20075) folgt<br />
nichts anderes. Der Leitsatz der Entscheidung lautet<br />
zwar: „Hat der wegen sicherungsübereigneter Gegenstände<br />
zur abgesonderten Befriedigung berechtigte<br />
Gläubiger das Sicherungsgut vor Eröffnung des<br />
2) Vgl. EuGH v. 15. 7. 2004, Harbs, C-321/02, ABl EU 2004,<br />
Nr. 228, 6 = UR 2004, 543; v. 26. 5. 2005, Stadt S<strong>und</strong>ern,<br />
C-43/04, ABl EU 2005, Nr. C 182, 14 = UR 2005, 397 Rz 20.<br />
3) BFH v. 6. 12. 2001, V R 43/00, BStBl II 2002, 701.<br />
4) BFH v. 13. 2. 2004, V B 110/03, BFH/NV 2004, 832, m.w.N.<br />
5) BGH v. 29. 3. 2007, IX ZR 27/06, DB 2007, 1351 = UR 2007,<br />
583.
4 UVR 2008 Nr. 1 UVR-Aktuell<br />
Insolvenzverfahrens in Besitz genommen, aber erst<br />
nach der Eröffnung verwertet, hat er in Höhe der<br />
wegen der Lieferung des Sicherungsgutes an ihn angefallenen<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>schuld aus dem Verwertungserlös<br />
einen Betrag in dieser Höhe in analoger<br />
Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG, § 170<br />
Abs. 2, § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO an die Masse abzuführen.“<br />
Aus den Entscheidungsgründen des BGH-<br />
Urteils ergibt sich jedoch, dass auch der BGH eine<br />
Verwertung außerhalb des Insolvenzverfahrens<br />
i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG verneint, wenn die<br />
Verwertung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
erfolgt.<br />
Literatur: Flitsch, Zur <strong>Umsatzsteuer</strong>schuld bei der Sicherheitenverwertung<br />
nach Insolvenzeröffnung, EWiR<br />
2007, 537, 538; Bonertz, Sicherungsübereignung <strong>und</strong><br />
Verwertung aus umsatzsteuerlicher Sicht, UR 2007,<br />
241, 245; de Weerth, <strong>Umsatzsteuer</strong>liche Behandlung<br />
der Verwertung sicherungsübereigneter beweglicher<br />
Gegenstände, DStR 2007, 1912. [wt]<br />
Verwaltung<br />
Begriff der Vermittlung – Auswirkungen des<br />
EuGH-Urteils vom 21. 6. 2007, C-453/05<br />
BMF v. 29. 11. 2007, IV A 6 – S 7160a/07/0001, BStBl I<br />
2007, 947.<br />
UStG § 4 Nr. 8 Buchst. a; 6. EG-RL Art. 13 Teil B<br />
Buchst. d Nr. 1; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. b.<br />
Mit Urteil vom 21. 6. 2007, Volker Ludwig, C-453/056) ,<br />
hat der EuGH u.a. entschieden, dass der Umstand,<br />
dass ein Steuerpflichtiger zu keiner der Parteien eines<br />
Kreditvertrags, zu dessen Abschluss er beigetragen<br />
hat, in einem Vertragsverhältnis steht <strong>und</strong> mit einer<br />
der Parteien nicht unmittelbar in Kontakt tritt, nicht<br />
ausschließt, dass dieser Steuerpflichtige eine von der<br />
Steuer befreite Leistung der Vermittlung von Krediten<br />
i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-RL (ab<br />
1. 1. 2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL) erbringt.<br />
Dieses Urteil weicht von der in Deutschland praktizierten<br />
<strong>und</strong> vom BFH7) vertretenen <strong>Recht</strong>sauffassung ab.<br />
In den UStR 2008 (Abschn. 57) ist es bereits berücksichtigt.<br />
Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben weist BMF die<br />
Finanzverwaltung an, die <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH<br />
zu beachten. Danach können sog. Untervermittlungsleistungen<br />
bei Kreditvermittlungen ebenfalls umsatzsteuerfrei<br />
sein; eine steuerfreie Kreditvermittlung setzt<br />
auch nicht voraus, dass ein Kontakt des Erbringers der<br />
Vermittlungsleistung zu beiden Vertragspartnern bestanden<br />
haben muss. An der insoweit abweichenden<br />
<strong>Recht</strong>sauffassung (vgl. hierzu Abschn. 57 Abs. 8 UStR<br />
2005) hält die Finanzverwaltung nicht mehr fest.<br />
Die Gr<strong>und</strong>sätze des EuGH-Urteils sind in allen noch<br />
nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden. Für vor<br />
dem 1. 1. 2008 ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet,<br />
wenn sich ein Unternehmer auf die bisherige<br />
abweichende <strong>Recht</strong>sauffassung beruft.<br />
Hinweis: Eine steuerfreie Vermittlung von Krediten<br />
i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG führt nur aus, wer als<br />
Mittelsperson einer Vertragspartei die Gelegenheit<br />
zum Abschluss eines Kreditvertrags nachweist oder<br />
sonst als Mittelsperson das Erforderliche tut, damit<br />
zwei Parteien einen Kreditvertrag schließen. Wer lediglich<br />
einen Teil der mit einem Kreditvertrag verb<strong>und</strong>enen<br />
Sacharbeit übernimmt oder lediglich einem<br />
anderen Unternehmer Vermittler zuführt <strong>und</strong><br />
diese betreut, erbringt nach wie vor insoweit keine<br />
steuerfreie Vermittlungsleistung. Die Steuerbefreiung<br />
einer Kreditvermittlung setzt nicht voraus, dass<br />
es tatsächlich zur Kreditvergabe gekommen ist. Unbeschadet<br />
dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen<br />
den Begriff der Vermittlung nicht.<br />
Literatur: Göcking/Döcker, <strong>Umsatzsteuer</strong>befreiung für<br />
Vermittlungsleistungen bei mehrstufigen Vertriebsstrukturen,<br />
DB 2006, 2711; Hamacher, Vermittlungsbegriff<br />
in §4Nr.8UStG – Verfassungsbeschwerde gegen<br />
das Urteil des BFH vom 9. 10. 2003 –, UR 2005, 362;<br />
Herbst/Szabo, Das Ende der mehrstufigen Vertriebsstrukturen<br />
im Finanzdienstleistungssektor?, DStR<br />
2005, 502; Neusel/Ressos, <strong>Umsatzsteuer</strong>pflicht von<br />
Vermittlungsprovisionen: Steuerliche <strong>und</strong> steuerstrafrechtliche<br />
Konsequenzen für Vermittler aus dem BFH-<br />
Urteil vom 9. 10. 2003 – V R 5/03, BB 2004, 801; Paus,<br />
Grenzen der umsatzsteuerlichen Kreditvermittlung,<br />
DStZ 2004, 229; Philipowski, Vermittlung von Finanzprodukten<br />
– Führt eine umfassende Information <strong>und</strong><br />
Beratung der K<strong>und</strong>en zum Verlust der Steuerfreiheit?,<br />
UR 2006, 553; Philipowski, Ist die Untervermittlung<br />
von Krediten steuerfrei?, UR 2007, 285; Reiß, Vermittlungsleistungen<br />
in der <strong>Umsatzsteuer</strong>, UR 2005, 593;<br />
Ressos, <strong>Umsatzsteuer</strong>pflicht von Vermittlungsprovisionen:<br />
Paradigmenwechsel mit weitreichenden Konsequenzen?,<br />
BB 2004, 521; Wäger, Steuerfreie Finanz<strong>und</strong><br />
Vermittlungsumsätze i.S.v. § 4 Nr. 8 UStG, UR<br />
2004, 602; Wäger, <strong>Umsatzsteuer</strong>pflicht der Untervermittlung<br />
– Auftragsverhältnisse <strong>und</strong> Kommission im<br />
Geschäft mit Fondsanteilen, DStR 2005, 854; Weber,<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>liche Behandlung von Provisionen für die<br />
Vermittlung von Finanzprodukten – Ist das BFH-Urteil<br />
vom 9. 10. 2003 mit der <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH<br />
vereinbar?, BB 2005, 694. [jk]<br />
Ermäßigter Steuersatz für Umsätze mit Sammlermünzen;<br />
Bekanntgabe des Gold- <strong>und</strong><br />
Silberpreises für 2008<br />
BMF v. 3. 12. 2007, IV A 5 – S 7229/07/0002,<br />
www.b<strong>und</strong>esfinanzministerium.de.<br />
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 <strong>und</strong> 2, Anlage 2 Nr. 54 Buchst. c<br />
Doppelbuchst. cc.<br />
BMF teilt die für das Kalenderjahr 2008 maßgeblichen<br />
Gold- <strong>und</strong> Silberpreise von Sammlermünzen mit, soweit<br />
sie für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes<br />
von Bedeutung sind. Bei Goldmünzen gilt der ermäßigte<br />
Steuersatz, wenn die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
mehr als 250 % des unter Zugr<strong>und</strong>elegung des Feingewichts<br />
berechneten Metallwerts ohne USt beträgt.<br />
Maßgebend für den Metallwert ist der an der Londoner<br />
Börse festgestellte Tagespreis. Auf die Umsätze der<br />
kursgültigen <strong>und</strong> kursungültigen Silbermünzen, die<br />
6) EuGH v. 21. 6. 2007, Volker Ludwig, C-453/05, DStR 2007,<br />
1160.<br />
7) BFH v. 26. 1. 1995, V R 9/93, BStBl II 1995, 427; v. 9. 10. 2003,<br />
V R 5/03, BStBl II 2003, 958; v. 3. 11. 2005, V R 21/05, BStBl II<br />
2006, 282.
UVR-Aktuell UVR 2008 Nr. 1 5<br />
nicht in der als Anlage zu dem BMF-Schreiben vom<br />
5. 8. 2004 8) beigefügten Liste aufgeführt sind, kann der<br />
ermäßigte Steuersatz angewendet werden, ohne dass<br />
es einer Wertermittlung bedarf. Die Umsätze der in der<br />
Liste aufgeführten Silbermünzen unterliegen regelmäßig<br />
dem allgemeinen Steuersatz. Der Unternehmer<br />
kann jedoch hierfür den ermäßigten Steuersatz in Anspruch<br />
nehmen, wenn er den Nachweis führt, dass die<br />
Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind.<br />
Hinweis: Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer<br />
auch den letzten im Monat November<br />
2007 festgestellten Gold- oder Silber Tagespreis für<br />
das gesamte folgende Kalenderjahr zu Gr<strong>und</strong>e legen.<br />
Dieser beträgt bei Gold 17 217 j je Kg (ohne<br />
USt) <strong>und</strong> bei Silbermünzen 302 j je Kg Feinsilber<br />
(ebenfalls ohne USt).<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
Bearbeiter: Ministerialrat Raymond Halaczinsky,<br />
Bonn [rh]<br />
Gesetzgebung<br />
Regelungen zur GrESt im JStG 2008<br />
B<strong>und</strong>esrat v. 30. 11. 2007, BR-Drucks. 747/07.<br />
GrEStG § 8 Abs. 2.<br />
[jk]<br />
In bestimmten Fällen, z.B. bei Gesellschaftwechsel,<br />
Umwandlungen, ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG der<br />
erbschaftsteuerliche Gr<strong>und</strong>besitzwert als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
heranzuziehen. Bisher verwies deshalb<br />
§ 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG auf § 138 Abs. 2 oder<br />
Abs. 3 BewG. Da § 138 BewG aber durch das<br />
JStG 2007 geändert worden ist, war der Verweis fehlerhaft<br />
geworden, insb. war mangels entsprechendem<br />
Verweis für die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer der Nachweis eines<br />
unter dem Bedarfswert liegenden Verkehrswerts<br />
(§ 138 Abs. 4 BewG) nicht mehr vorgesehen. Durch die<br />
Ergänzung des Verweises in § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG<br />
auf § 138 Abs. 2 bis 4 BewG durch Art. 10 des<br />
JStG 2008 wird das GrEStG an die Änderung des Bewertungsgesetzes<br />
durch das JStG 2007 angepasst <strong>und</strong><br />
der Fehler repariert. Außerdem wird der Verweis in § 8<br />
Abs. 2 Satz 2 GrEStG auf § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG als<br />
Folge der Änderung des Bewertungsgesetzes durch<br />
das Jahressteuergesetz 2007 auf § 138 Abs. 1 Satz 1<br />
BewG berichtigt.<br />
Hinweis: Nach Auffassung des Gesetzgebers handelt<br />
es sich um sog. redaktionelle Änderungen.<br />
Diese Änderungen treten rückwirkend zum<br />
1. 1. 2007 in Kraft. Ob das wirklich nur redaktionelle<br />
Änderungen waren? Jedenfalls ist die rückwirkende<br />
Anwendung des durch das JStG 2008 geänderten<br />
§ 138 BewG bei der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer für den<br />
Steuerpflichtigen günstig.<br />
[rh]<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer bei Verschmelzungsvorgängen<br />
im Konzern<br />
BFH v. 7. 9. 2007, II B 5/07, BFHINV 2007, 2351.<br />
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1.<br />
Im Streitfall übertrug eine X-GmbH ihr Vermögen als<br />
Ganzes mit allen <strong>Recht</strong>en <strong>und</strong> Pflichten unter Auflösung<br />
ohne Abwicklung nach § 2 Nr. 1 UmwG auf die Z-<br />
GmbH gegen Gewährung eines Geschäftsanteils dieser<br />
Gesellschaft an die A-AG, die alleinige Gesellschafterin<br />
der X-GmbH (Verschmelzung durch Aufnahme). Zum<br />
Vermögen der X-GmbH gehörten ein unbebautes<br />
Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> zwei mit Erbbaurechten belastete<br />
Gr<strong>und</strong>stücke. Die A-AG (Klägerin) wandte gegen die<br />
Besteuerung der Verschmelzung <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Gr<strong>und</strong>stückserwerbe gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1<br />
GrEStG ein, es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />
des Art. 3 Abs. 1 GG, dass zwar der Übergang<br />
von Gr<strong>und</strong>stückseigentum im Rahmen von Verschmelzungen<br />
der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer unterliege, nicht aber<br />
ein reiner Formwechsel von <strong>Recht</strong>strägern mit Gr<strong>und</strong>besitz.<br />
Jedenfalls sei bei 100 %igen Beteiligungen an<br />
den von der Verschmelzung betroffenen Gesellschaften<br />
die Anknüpfung der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer an Umwandlungsvorgänge<br />
im Konzern zudem insgesamt gleichheitswidrig.<br />
Dazu bekräftigte der BFH im Rahmen der<br />
Nichtzulassungsentscheidung seine <strong>Recht</strong>sprechung,<br />
dass die Beteiligungsverhältnisse an den an einem Umwandlungsvorgang<br />
beteiligten Kapitalgesellschaften<br />
für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1<br />
GrEStG keine Rolle spielen. Der Tatbestand dieser Vorschrift<br />
knüpft ausschließlich an die zivilrechtliche<br />
(sachenrechtliche) Eigentumsänderung an. Die zivilrechtliche<br />
Selbständigkeit der beteiligten Kapitalgesellschaften<br />
ist auch gr<strong>und</strong>erwerbsteuerrechtlich zu beachten.<br />
Hinweis: § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ist auf einen<br />
bloßen Formwechsel nicht anwendbar. Das gesetzliche<br />
Tatbestandsmerkmal „Übergang des Eigentums“<br />
ist hier nicht erfüllt, da es an einem <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
fehlt. Die unterschiedliche gr<strong>und</strong>erwerbsteuerrechtliche<br />
Behandlung von Umwandlungsvorgängen,<br />
die zu einem <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
führen, einerseits <strong>und</strong> des bloßen Formwechsels andererseits<br />
ist daher mit dem allgemeinen Gleichheitssatz<br />
(Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.<br />
In dem <strong>Recht</strong>sstreit ging es noch um das Verhältnis<br />
von Gr<strong>und</strong>lagenbescheid über die Feststellung der<br />
Gr<strong>und</strong>stückswerte zu dem auf ihrer Gr<strong>und</strong>lage ergangenen<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerbescheid. Wurde der<br />
bei einem Umwandlungsvorgang anzusetzende<br />
Gr<strong>und</strong>besitzwert wirksam gesondert festgestellt, ist<br />
diese Feststellung für die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerfestsetzung<br />
verbindlich. Dies gilt auch für erbbaurechtsbelastete<br />
Gr<strong>und</strong>stücke, selbst wenn die Bewertungsregelung<br />
des § 148 BewG (i.d.F. 2003) möglicherweise<br />
verfassungswidrig sein sollte. Für die Praxis folgt daraus,<br />
dass gegen Bewertungsbescheide gesondert<br />
vorgegangen werden muss; im Revisionsverfahren<br />
gegen den Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerbescheid kann die<br />
Bewertung nicht mehr angegriffen werden.<br />
8) BMF v. 5. 8. 2004, IV B 7 – S 7220 – 46/04, BStBl I 2004, 638.
6 UVR 2008 Nr. 1 UVR-Aktuell<br />
Literatur: Beuthien, Zur Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerneutralität<br />
von Umwandlungen, BB 2007, 133; Fuhrmann, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
als Hemmnis konzerninterner Umstrukturierungen,<br />
KÖSDI 2005, Nr. 4, 14591; Schuhmann,<br />
Zur Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer bei formwechselnden Umwandlungen,<br />
UVR 1997, 278. [rh]<br />
Erbschaftsteuer<br />
Bearbeiter: Ministerialrat Raymond Halaczinsky,<br />
Bonn [rh]<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
Indexierung des Anfangsvermögens bei<br />
Berechnung des fiktiven Anspruchs auf<br />
Zugewinnausgleich – Vertrauensschutz<br />
von Verwaltungsvorschriften<br />
BFH v. 27. 6. 2007, II R 39/05, BFH/NV 2007, 2012.<br />
ErbStG § 5 Abs. 1.<br />
Im Streitfall ging es um die Berechnung der steuerfreien<br />
Zugewinnausgleichsforderung. Die betreffenden Eheleute<br />
waren seit 1970 miteinander verheiratet. Bei der<br />
Berechnung des Zugewinnausgleichs (i.S.v. § 5 Abs. 1<br />
Satz 1 ErbStG) ließ das FA die infolge des Kaufkraftschw<strong>und</strong>s<br />
nur nominale Wertsteigerung des Anfangsvermögens<br />
beider Ehegatten <strong>und</strong> des nach § 1374 Abs. 2<br />
BGB dem Anfangsvermögen des M hinzuzurechnenden<br />
Vermögens außer Ansatz. Dagegen wandte sich die ausgleichsberechtigte<br />
Ehefrau, bzw. deren Erbin. Der<br />
<strong>Recht</strong>mäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids<br />
stünden die bis Ende 1998 in den gleichlautenden Erlassen<br />
der obersten Finanzbehörden der Länder 9) für den<br />
Steuerpflichtigen vorgesehene Möglichkeit, abweichend<br />
von dieser <strong>Recht</strong>sprechung zur Berechnung der<br />
fiktiven Zugewinnausgleichsforderung das Anfangsvermögen<br />
<strong>und</strong> die diesem zuzurechnenden Vermögensgegenstände<br />
mit dem Nominalwert anzusetzen, entgegen.<br />
Dagegen entschied der BFH: Bei der Berechnung<br />
des fiktiven Anspruchs auf Zugewinnausgleich nach § 5<br />
Abs. 1 ErbStG sind die Anfangsvermögen <strong>und</strong> die diesen<br />
hinzuzurechnenden späteren Erwerbe zum Ausgleich<br />
der Geldentwertung nach Maßgabe der <strong>Recht</strong>sprechung<br />
des BGH zu indexieren.<br />
Hinweis. Mit der Entscheidung bestätigte der BFH<br />
voll umfänglich die Auffassung der Finanzverwaltung<br />
(vgl. R 11 Abs. 3 Satz 3 ErbStR <strong>und</strong> H 11 Abs. 3<br />
ErbStH). Die Finanzverwaltung habe zu <strong>Recht</strong> die<br />
<strong>Recht</strong>sprechung des BGH 10) zur Berechnung der Ausgleichsforderung<br />
übernommen. Danach ist der durch<br />
den Kaufpreisschw<strong>und</strong> des Geldes verursachte, unechte<br />
Zugewinn dadurch von der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung<br />
auszunehmen, dass die<br />
nach § 1374 Abs. 1 BGB anzusetzenden (positiven)<br />
Anfangsvermögen beider Ehegatten mit dem Preisindex<br />
für die Lebenshaltung bei Beendigung des Güterstandes<br />
multipliziert <strong>und</strong> durch den Index bei Beginn<br />
des Güterstandes dividiert werden (Berechnungsbeispiel<br />
in H 11 (3) ErbStH). Bei den dem Anfangsvermögen<br />
nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnenden Vermögensgegenständen<br />
ist statt des Preisindexes bei<br />
Beginn des Güterstandes der für den Zeitpunkt des Er-<br />
werbs maßgebende zu berücksichtigen. Die Inflationsbereinigung<br />
ist auch geboten, soweit Geldforderungen<br />
oder Geldschulden betroffen sind. Er bestätigte<br />
auch, dass die in den ErbStR vertretene Ansicht auch<br />
in allen offenen Fällen, d.h. auch auf Ehen, die vor Inkrafttreten<br />
der ErbStR geschlossen wurden, angewendet<br />
werden darf. Ein Vertrauensschutz auf frühere anderslautende<br />
Verwaltungsanweisung bestehe nicht.<br />
Literatur: Ebeling, Rechnerische Ermittlung der erbschaftsteuerfreien<br />
Zugewinnausgleichsforderung, ZEV<br />
2006, 19; Müller, Güterstandswechsel, ErbStB 2007,<br />
13. [rh]<br />
Schenkung eines Rentenstammrechts<br />
zugunsten eines Dritten liegt nur vor,<br />
wenn dieser tatsächlich <strong>und</strong> rechtlich<br />
über seinen Anteil frei verfügen kann<br />
BFH v. 22. 8. 2007, II R 33/06, DB 2007, 2614 = DStR<br />
2007 2108.<br />
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1.<br />
Ein Ehemann <strong>und</strong> Vater übertrug den Söhnen seine<br />
Gesellschaftsanteile an der A GmbH <strong>und</strong> an der A Verwaltungs-GbR.<br />
Außerdem verpflichtete er die Söhne<br />
zu einer Rentenzahlung an die Eltern. In § 3 Abs. 1 der<br />
Vereinbarung heißt es dazu: „X <strong>und</strong> Y verpflichten<br />
sich, an ihre Eltern als Gesamtberechtigte gem. § 428<br />
BGB eine lebenslängliche Versorgungsrente bis zum<br />
Tod des Längstlebenden zu zahlen. Nach dem Tode<br />
des Vaters soll sich die an die Mutter zu zahlende<br />
Rente auf 50% des zuletzt gezahlten Rentenbetrages<br />
ermäßigen – falls sie den Vater. überlebt –. Das Finanzamt<br />
nahm einen steuerbaren Erwerb eines Rentenstammrechts<br />
der Ehefrau/Mutter (Klägerin) aufgr<strong>und</strong><br />
eines Vertrages zugunsten Dritter an <strong>und</strong> setzte ihr gegenüber<br />
mit Bescheid 2002 Schenkungsteuer fest.<br />
Dazu entschied der BFH: Räumen Kinder, denen ein<br />
Elternteil Vermögen übertragen hat, in derselben Urk<strong>und</strong>e<br />
beiden Eltern als Gesamtgläubigern ein Rentenstammrecht<br />
ein, liegt dem nur insoweit eine freigebige<br />
Zuwendung des übertragenden Elternteils an den<br />
anderen zugr<strong>und</strong>e, als der andere Elternteil über die<br />
eingehenden Zahlungen im Innenverhältnis rechtlich<br />
<strong>und</strong> tatsächlich endgültig frei verfügen kann. Da im<br />
Streitfall bislang durch das FG nicht ausreichend aufgeklärt<br />
war, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang die Klägerin<br />
über die Rentenleistungen tatsächlich <strong>und</strong> rechtlich<br />
frei verfügen konnte, ist die Sache noch mal an das FG<br />
zurückverwiesen worden.<br />
Hinweis: Im Streitfall haben die Söhne die Rente auf<br />
ein Konto des Vaters eingezahlt; die Ehefrau <strong>und</strong><br />
Mutter hatte Kontovollmacht. In einem solchen Fall<br />
liegt nach den Ausführungen des BFH keine tatsächliche<br />
<strong>und</strong> rechtliche freie Verfügungsbefugnis<br />
vor, wenn die Ehefrau/Mutter trotz der Vollmacht<br />
von dem Konto praktisch kaum Gebraucht macht<br />
<strong>und</strong> die abgehobenen Mittel nur für die gemeinsame<br />
Lebensführung <strong>und</strong> nicht etwa für die eigenen Vermögensbildung<br />
verwendet. Das erst mit dem Tod der<br />
9) Oberste FinBeh der Länder v. 20. 12. 1974/10. 3. 1976, BStBl<br />
I 1976, 145.<br />
10) Vgl. BGH v. 14. 11. 1973, IV ZR 147/72, BGHZ 61, 385; v.<br />
13. 10. 1983, IX ZR 106/82, NJW 1984, 434, <strong>und</strong> v. 20. 5. 1987,<br />
IVb ZR 62/86, BGHZ 101, 65.
UVR-Aktuell UVR 2008 Nr. 1 7<br />
Erstversterbenden Ehemannes entstehende Rentenstammrecht<br />
kann – da aufschiebend bedingt – auch<br />
erst mit dem Ableben des das Vermögen übertragenden<br />
Ehemannes entstehen <strong>und</strong> kann daher bei<br />
der Schenkung der Rentenberechtigung unter Lebenden<br />
nicht mit berücksichtigt werden.<br />
Literatur: Wefers, Zuwendung durch eingeräumte Gesamtgläubigerstellung,<br />
ErbStB 2003, 115; Oertzen/<br />
Straub, Oder-Konten in der Abwehrberatung – Steuerbare<br />
Vermögensübertragung zwischen Ehegatten? BB<br />
2007, 1473; Gebel, Der Erbschaft- oder Schenkungsteuer<br />
unterliegende Zuwendungen im Rahmen von<br />
Dreiecksverhältnissen, ZEV 2000, 173. [rh]<br />
Sonstige <strong>Verkehrsteuer</strong>n<br />
Bearbeiter: Ministerialrat Raymond Halaczinsky,<br />
Bonn [rh]<br />
Gesetzgebung<br />
Änderungen des KraftStG im JStG 2008<br />
JStG 2008 v. 30. 11. 2007, BR-Drucks. 747/07<br />
KraftStG §§ 3c, 11, 12, 13; KRaftStDV § 5.<br />
Im Jahressteuergesetz 2008 sollen u.a. in Art. 11 mehrere<br />
Vorschriften des KraftStG geändert werden. Die<br />
Änderungen im Einzelnen ergeben sich aus folgender<br />
Übersicht:<br />
§ 3c Abs. 1 Nr. 1 <strong>und</strong> 2 KraftStG<br />
Die Vorschrift regelt die Steuerbefreiung für nachgerüstete<br />
besonders partikelreduzierte Diesel-Pkw.<br />
Die Befreiungsvoraussetzung wird redaktionell an<br />
die 30. Verordnung zur Änderung der StVZO vom<br />
24. 5. 200711) angepasst, welche die verkehrsrechtlichen<br />
Anforderungen für die Partikelminderungsstufen<br />
PM 01 <strong>und</strong> PM 0 sowie die Partikelminderungsklassen<br />
PMK 01 <strong>und</strong> PMK 0 bis PMK 4 regelt.<br />
§ 11 Abs. 2 Satz 3 KraftStG<br />
Künftig ist für den Wechsel des Entrichtungszeitraums<br />
kein schriftlicher Antrag mehr erforderlich. In der Praxis<br />
wird von einem Wechsel des Entrichtungszeitraums<br />
ausgegangen, wenn die Jahressteuer oder der jeweilige<br />
Halb-/Vierteljahresbetrag einschließlich Aufgeld<br />
vor oder spätestens mit der entsprechenden Fälligkeit<br />
entrichtet wird.<br />
§ 13 Abs. 1 Nr. 2 KraftStGDV<br />
Die Aufzählung der Ausnahmen, in denen für die Zulassung<br />
eines Fahrzeugs nicht nachgewiesen oder<br />
glaubhaft zu machen ist, dass die Voraussetzungen für<br />
eine Steuerbefreiung vorliegen, wird um den durch<br />
das Vierte Gesetz zur Änderung des KraftStG vom<br />
24. 3. 200712) eingefügten § 3c KraftStG (Förderung<br />
der Partikelminderungstechnik) ergänzt.<br />
§ 3c Abs. 4, § 11 Abs. 4 Nr. 3 <strong>und</strong> § 12 Abs. 1 Satz 2<br />
<strong>und</strong> Abs. 2 Nr. 5 KraftStG<br />
Der in diesen Vorschriften verwendete Begriff „Saisonkennzeichen“<br />
richtet sich nach dem Verkehrsrecht<br />
(§ 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG). Deshalb ist der Verweis<br />
auf § 23 Abs. 1 b StVZO nicht mehr erforderlich <strong>und</strong><br />
wird hiermit gestrichen.<br />
§ 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a KraftStDV<br />
In der Vorschrift geht es um die Mitteilungspflicht der<br />
Zulassungsbehörde bei Stilllegung, Abmeldung u. dgl.<br />
Die Vorschrift wird wegen der vorgenommenen Neuordnung<br />
des <strong>Recht</strong>s von Fahrzeugen zum Straßenverkehr<br />
redaktionell angepasst. § 5 Abs. 2 Nr. 3 a<br />
KraftStDV lautet jetzt: Die Zulassungsbehörde teilt<br />
dem Finanzamt mit „a) wenn ein zum Verkehr zugelassenes<br />
Fahrzeug „außer Betrieb gesetzt wird, den Tag,<br />
an dem dies im Fahrzeugschein vermerkt <strong>und</strong> das<br />
Kennzeichen entstempelt worden ist. Erfolgen Eintragung<br />
<strong>und</strong> Entstempelung an verschiedenen Tagen, so<br />
ist der letzte Tag mitzuteilen.“<br />
Hinweis: Es handelt sich im Wesentlichen um redaktionelle<br />
Änderungen, mit denen das KraftStG an die<br />
vorgenommenen Änderungen des Verkehrsrechts<br />
angepasst wird.<br />
<strong>Recht</strong>sprechung<br />
[rh]<br />
Vorabentscheidungsersuchen an EuGH:<br />
Ist das Sportwettenmonopol in BaWü<br />
mit Gemeinschaftsrecht vereinbar?<br />
VG Stuttgart v. 24. 7. 2007, 4 K 4435/06, GewArch<br />
2007, 382.<br />
EGV Art. 43, Art. 49; LottG BW 2004 § 2 Abs. 1 Nr. 2.<br />
Im Streitfall wurde einer inländischen Firma untersagt,<br />
in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten,<br />
zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten<br />
zu unterstützen. Zur Begründung ihrer Klage beruft<br />
sich die Klägerin u.a. auf die gemeinschaftsrechtliche<br />
Niederlassungs- <strong>und</strong> Dienstleistungsfreiheit, die<br />
es zulasse, von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen<br />
<strong>und</strong> dort konzessionierten Veranstaltern durchgeführte<br />
Sportwetten auch in Deutschland anzubieten<br />
<strong>und</strong> zu vermitteln. Das VG Stuttgart ist zu der Überzeugung<br />
gelangt, dass die Klage im Wesentlichen<br />
abzuweisen wäre, wenn die nachstehend von ihm formulierten<br />
Vorlagefragen an den EUGH negativ beantwortet<br />
würden <strong>und</strong> demnach das bestehende Sportwettenmonopol<br />
mit Gemeinschaftsrecht vereinbar<br />
wäre. Demgegenüber müsste die Klage im Falle der<br />
Gemeinschaftswidrigkeit des Sportwettenmonopols<br />
Erfolg haben. Das VG hat gr<strong>und</strong>legende Zweifel daran,<br />
dass die hier anzuwendenden Vorschriften des<br />
Lotteriestaatsvertrags sowie des Staatslotteriegesetzes<br />
(Sportwettenmonopol in BaWü) mit Gemeinschaftsrecht<br />
vereinbar sind <strong>und</strong> daher das Verfahren bis zu<br />
einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt. Das Gericht<br />
will wissen, ob Art. 43 <strong>und</strong> 49 EGV dahingehend auszulegen<br />
ist,<br />
• „dass diese Bestimmungen einem innerstaatlichen<br />
Monopol auf bestimmte Glückspiele, wie z.B. Sportwetten<br />
<strong>und</strong> Lotterien, entgegenstehen, wenn es in<br />
dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer<br />
kohärenten <strong>und</strong> systematischen Politik zur Beschränkung<br />
des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich<br />
konzessionierten Veranstalter zur Teil-<br />
11) 30. Verordnung zur Änderung der StVZO v. 24. 5. 2007,<br />
BGBl. I 2007, 893.<br />
12) Viertes Gesetz zur Änderung des KraftStG v. 24. 3. 2007,<br />
BGBl. I 2007, 356.
8 UVR 2008 Nr. 1 UVR-Aktuell<br />
nahme an anderen Glückspielen – wie staatlichen<br />
Sportwetten <strong>und</strong> Lotterien – ermuntern <strong>und</strong> hierfür<br />
werben, <strong>und</strong> weil ferner andere Spiele mit gleichem<br />
oder sogar höherem Suchtgefährdungspotential,<br />
wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen),<br />
Automatenspiele <strong>und</strong> Spiele in Spielbanken<br />
von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht<br />
werden dürfen? <strong>und</strong>/oder<br />
• dass durch dafür zuständige staatliche Stellen der<br />
Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der<br />
Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige<br />
Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber<br />
der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte<br />
Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen<br />
Mitgliedstaaten ohne weitere zusätzliche nationale<br />
Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss<br />
von Verträgen anzubieten <strong>und</strong> durchzuführen?“<br />
Hinweis: Die Klägerin ist Mieterin des Geschäftslokals<br />
in S. Die von ihr gemieteten Räumlichkeiten hat<br />
sie zum Teil an die Fa. A. GmbH, S., untervermietet.<br />
Die Fa. A. hat ihrerseits mit der Fa. D. Ltd., Gibraltar,<br />
einen Geschäftsbesorgungsvertrag zur Vermittlung<br />
von Sportwetten abgeschlossen. Die Firma D. Ltd. ist<br />
Inhaberin einer Lizenz der Regierung von Gibraltar<br />
vom 16. 2. 2006, mit der ihr u.a. die Veranstaltung von<br />
Sportwetten erlaubt wird. Die Firma A. GmbH nimmt<br />
als Geschäftsbesorgerin <strong>und</strong> Empfangsbotin auf Provisionsbasis<br />
Wettaufträge der K<strong>und</strong>en entgegen <strong>und</strong><br />
leitet diese Angebote online aus dem Geschäftslokal<br />
an das Unternehmen D. Ltd. weiter. Die rechtsverbindlichen<br />
Verträge kommen zwischen den K<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> der D. Ltd zustande, während die A. GmbH aus<br />
den Wettverträgen nicht verpflichtet <strong>und</strong> berechtigt<br />
wird.<br />
Literatur: Ohlmann, Lotterien, Sportwetten, der Lotteriestaatsvertrag<br />
<strong>und</strong> Gambelli, WRP 2005, 48; Nelle/<br />
Beckmann, Glücksspielmonopol <strong>und</strong> europäischer<br />
Wettbewerb, ZIP 2005, 887. [rh]<br />
Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde<br />
gegen Regelungen des hessischen <strong>und</strong><br />
bayerischen Lotterierechts<br />
BVerfG v. 2. 8. 2007, 1 BvR 1896/99, JurisNr.<br />
KVRE369530701.<br />
GG Art. 12; HessSpwLottG § 1 Abs. 5 <strong>und</strong> § 5 Abs. 1;<br />
BayStLottG Art. 3.<br />
Die gegen Regelungen des Hessischen Lotteriegesetzes<br />
<strong>und</strong> des Bayerischen Staatslotteriegesetzes gerichtete<br />
<strong>Recht</strong>ssatzverfassungsbeschwerde ist im Hinblick<br />
auf die inzwischen bestehende <strong>Recht</strong>slage in Hessen<br />
<strong>und</strong> Bayern unzulässig. Durch den am 1. 7. 2004 in<br />
Kraft getretenen Lotteriestaatsvertrag i.V.m. den zu<br />
dessen Umsetzung ergangenen Regelungen im hessischen<br />
<strong>und</strong> bayerischen Landesrecht (vgl. LottStVtrG<br />
HE <strong>und</strong> LottWStVtr BY 2004) haben die Länder einen<br />
einheitlichen rechtlichen Rahmen für die Veranstaltung,<br />
Durchführung <strong>und</strong> gewerbliche Vermittlung von<br />
Glücksspielen mit Ausnahmen von Spielbanken geschaffen.<br />
Damit ist die Beschwer entfallen oder jedenfalls<br />
nicht mehr ohne vorherige fachgerichtliche Auslegung<br />
der einfachrechtlichen <strong>Recht</strong>slage als mit der<br />
Verfassungsbeschwerde unmittelbar angreifbare Beschwer<br />
feststellbar.<br />
Hinweis: Im Streitfall hatten gewerbliche Organisatoren<br />
von Lotterie-Spielgemeinschaften unmittelbar<br />
Verfassungsbeschwerde eingelegt, mit der Begründung,<br />
dass die Vorschriften der § 1 Abs. 5 <strong>und</strong> § 5<br />
Abs. 1 HessSpwLottG sowie gegen Art. 3 BaySt-<br />
LottG gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 <strong>und</strong> Art. 2<br />
Abs. 1 GG verstoßen. Danach ist es gewerblichen<br />
Organisatoren von Spielgemeinschaften (strafbewehrt)<br />
verboten, Lotto-Spielscheine abzugeben beziehungsweise<br />
Lottospielverträge abzuschließen.<br />
Dieses Verbot hat sich durch den am 1. 7. 2004 in<br />
Kraft getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in<br />
Deutschland 13) erledigt. Nach § 14 LottStV wird<br />
nämlich die Tätigkeit gewerblicher Organisatoren<br />
von Spielgemeinschaften unter bestimmten Voraussetzungen<br />
erlaubt.<br />
Literatur: Koenig/Ciszewski, Novellierung der gesetzlichen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen des Glücksspielrechts durch eine<br />
duale Glücksspielordnung, ÖV 2007, 313. [rh]<br />
Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit<br />
– § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO –, wenn Fahrzeug<br />
zwar vor Insolvenzeröffnung verkauft,<br />
aber nicht abgemeldet wurde; Kraftfahrzeugsteuer<br />
ist als Masseverbindlichkeit auch nach<br />
Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch<br />
Steuerbescheid festzusetzen<br />
BFH v. 29. 8. 2007, IX R 58/06, BFH/NV 2007, 2428 =<br />
HFR 2007, 1223 <strong>und</strong> v. 29. 8. 2007, IX R 4/07, BFH/<br />
NV 2007, 2429 = HFR 2007, 1222.<br />
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1.<br />
Der BFH hat in zwei Urteilen gr<strong>und</strong>sätzlich zur Kraftfahrzeug-Steuerpflicht<br />
des Insolvenzverwalters entschieden:<br />
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene<br />
Kraftfahrzeugsteuer ist auch dann Masseverbindlichkeit<br />
i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug<br />
nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet,<br />
die Steuerpflicht aber noch andauert, selbst dann,<br />
wenn der Insolvenzverwalter keine Kenntnis von der<br />
Existenz des Fahrzeugs hat.<br />
Hinweise: Der BFH beendet damit eine unklare<br />
<strong>Recht</strong>slage. 14) Gr<strong>und</strong>sätzlich bleibt also die Kraftfahrzeugsteuerpflicht<br />
des Insolvenzverwalters für<br />
Fahrzeuge nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
solange bestehen, solange die Fahrzeuge nicht verkauft<br />
<strong>und</strong> eine verkehrsrechtlich vorgeschriebene<br />
Veräußerungsanzeige bei der Zulassungsstelle eingegangen<br />
ist, oder das Fahrzeug nicht abgemeldet<br />
wurde. Bis dahin gehört die <strong>Recht</strong>sposition als Halter<br />
des Fahrzeugs zu der Insolvenzmasse. Das unwiderlegbar<br />
rechtsvermutete Halten des Fahrzeugs führt<br />
zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit<br />
des Fahrzeugs „im Geschäft“ des Schuldners<br />
<strong>und</strong> damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Die<br />
Haltevermutung kann nicht durch den Vortrag wi-<br />
13) LottStV v. 1. 7. 2004; vgl. HessGVBl I 2004 , 214; BayGVBl<br />
2004, 230.<br />
14) Bedingt durch unterschiedliche FG-Entscheidungen, dazu<br />
FG Hamburg, 7 K 248/06, JurisNr. 200770621 = UVR 2007,<br />
262.
UVR-Aktuell UVR 2008 Nr. 1 9<br />
derlegt werden, ein anderer als der Zulassungsempfänger<br />
nutze das Fahrzeug oder sei dessen Eigentümer.<br />
Die bloße Freigabeerklärung reicht nicht,<br />
ebenso spielt es keine Rolle, ob das Fahrzeug noch<br />
im Besitz des Schuldners ist, bzw. unbekannt ist, wo<br />
sich das Fahrzeug befindet, solange es noch auf den<br />
Namen des Schuldners zugelassen ist. Der Insolvenzverwalter<br />
muss nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1<br />
AO die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen, anderenfalls<br />
bei Nutzung außerhalb der Masse aus<br />
dem insolvenzfreien Vermögen. Das Finanzamt<br />
muss die nach Insolvenzeröffnung entstehende<br />
Kraftfahrzeugsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter<br />
festsetzen, auch wenn der Insolvenzverwalter<br />
die Unzulänglichkeit der Masse nach § 210 InsO anzeigt.<br />
Literatur: Wohlers, Die Kraftfahrzeugsteuer im Insolvenzverfahren<br />
– Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit?,<br />
ZInsO 2002, 1074. [rh]<br />
Wegfall der Gewichtsbesteuerung für schwere<br />
Geländewagen ab Mai 2005<br />
FG Köln v. 13. 9. 2007, 6 K 2378/05, JurisNr.<br />
STRE200771415.<br />
KraftStG § 2 Abs. 2a.<br />
Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über<br />
2 800 kg müssen nach dem Wegfall des § 23 Abs. 6a<br />
StVZO ab 1. 5. 2005 nicht mehr zwangsläufig nach den<br />
gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen des Verkehrsrechts<br />
als LKW eingestuft werden. Das FG Köln<br />
hat bestätigt, dass ab 1. 5. 2005 nur noch die kraftfahrzeugsteuerlichen<br />
Kriterien für PKW bzw. LKW gelten,<br />
die von der <strong>Recht</strong>sprechung entwickelt worden sind.<br />
Danach sind PKW <strong>und</strong> LKW anhand von Bauart <strong>und</strong><br />
Einrichtung des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der<br />
Gesamtheit aller Merkmale seiner objektiven Beschaffenheit<br />
abzugrenzen. Deshalb sind schwere Geländewagen<br />
schon ab dem 1. 5. 2005 wie Pkw’s nach Hubraum<br />
<strong>und</strong> Emissionsverhalten zu besteuern, wenn sie<br />
vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt <strong>und</strong><br />
ausgebaut sind. Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich<br />
diese <strong>Recht</strong>sfolge aus der rückwirkenden Neuregelung<br />
des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (§ 2 Abs. 2a<br />
KraftStG) vom 28. 12. 2006. Die verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken des betroffenen Halters gegen die<br />
Rückwirkung teilte der Senat nicht.<br />
Hinweis. Mit dem Urteil wurde abermals die Verwaltungsauffassung<br />
bestätigt, dass das 3. Änderungsgesetzes<br />
zum Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht<br />
gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot<br />
verstößt, sondern die Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes<br />
im Dezember 2006 durch das<br />
Änderungsgesetz nur eine gesetzgeberische Klarstellung<br />
der <strong>Recht</strong>slage darstellt. Dennoch wurde die<br />
Revision wegen gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung zugelassen.<br />
Zu dieser Problematik ist bereits ein Verfahren<br />
gegen ein Urteil des FG Hamburg v. 30. 3. 2007,<br />
7 K 22/06, EFG 2007, 1368 unter dem BFH-Az.:<br />
IX R 26/07 anhängig. Es kommt also immer auf die<br />
Beschaffenheit des KFZ im Einzelfall an.<br />
Literatur: Bruschke, Die neue Besteuerung von Großraumlimousinen,<br />
Wohnmobilen <strong>und</strong> anderen Fahrzeugen,<br />
UVR 2007, 51; Zens, Neuregelung der Besteuerung<br />
schwerer Pkw <strong>und</strong> von Wohnmobilen, NWB Fach<br />
8, 1551 (8/2007). [rh]<br />
Verwaltung<br />
Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO <strong>und</strong><br />
rückwirkende Änderung des KraftStG zum<br />
1. 5. 2005 durch das Dritte Gesetz zur<br />
Änderung des KraftStG<br />
FinMin Baden-Württemberg v. 17. 8. 2007, 3 –<br />
S 610.4/2, JurisNr. FMNR431050007.<br />
Der Erlass regelt die Behandlung von Einspruchsverfahren<br />
gegen Kraftfahrzeugsteuerbescheide, die bestimmte<br />
Geländewagen15) als PKW besteuern. Beim<br />
BFH ist dazu ein Revisionsverfahren anhängig. 16)<br />
Durch das beim BFH anhängige Verfahren sind die<br />
Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt.<br />
Einspruchsverfahren, bei denen diese <strong>Recht</strong>sfrage entscheidungserheblich<br />
ist <strong>und</strong> der (zulässige) Einspruch<br />
auf das anhängige Revisionsverfahren gestützt wird,<br />
ruhen damit kraft Gesetzes. Eine Aussetzung der<br />
Vollziehung gemäß § 361 AO ist nicht zu gewähren.<br />
Die Zwangsruhe des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO gilt nicht<br />
für Einsprüche gegen die Besteuerung der unter § 2<br />
Abs. 2b KraftStG fallenden Wohnmobile. Einspruchsverfahren,<br />
die diese Fahrzeuggruppe betreffen, können<br />
derzeit nur unter den Voraussetzungen des § 363<br />
Abs. 2 Satz 1 AO zum Ruhen gebracht werden.<br />
Hinweis: Streitig ist, ob ein Geländewagen nach<br />
Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO ab dem<br />
1. 5. 2005 als Personenkraftwagen oder als anderes<br />
Fahrzeug zu besteuern ist <strong>und</strong> ob die zu diesem Zeitpunkt<br />
in Kraft getretene Regelung des § 2 Abs. 2a<br />
KraftStG gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.<br />
Der BFH hat die auf den 1. 5. 2005 rückwirkende<br />
Klarstellung bezüglich der unter § 2 Abs. 2a<br />
KraftStG fallenden Fahrzeuge durch Art. 1 Nr. 1<br />
i.V.m. Art. 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung des<br />
KraftStG als zu klärende <strong>Recht</strong>sfrage angesehen, obwohl<br />
nach <strong>Recht</strong>sauffassung der Vorinstanz 17) der<br />
streitgegenständliche Geländewagen mit einem zulässigen<br />
Gesamtgewicht von 2 960 kg nach Wegfall<br />
des § 23 Abs. 6a StVZO auch ohne Rückwirkung des<br />
§ 2 Abs. 2a KraftStG ab 1. 5. 2005 als Personenkraftwagen<br />
gemäß § 8 Abs. 1 KraftStG nach Hubraum<br />
<strong>und</strong> Schadstoffemissionen zu besteuern war.<br />
Literatur: Zens, Neuregelung der Besteuerung schwerer<br />
Pkw <strong>und</strong> von Wohnmobilen, NWB Fach 8, 1551<br />
(8/2007). [rh]<br />
15) im Streitfall geht es um die Besteuerung eines – vornehmlich<br />
als Zugfahrzeug eingesetzten – Toyota Landcruiser (Typ J8<br />
mit 5 Sitzplätzen, Dieselmotor, Hubraum 4 164 ccm, Emissionsschlüsselnummer<br />
„00“, zulässigem Gesamtgewicht von<br />
2960 kg).<br />
16) Rev. BFH, Az. IX R 26/07.<br />
17) FG Hamburg v. 30.32007, 7 K 22/06, EFG 2007, 1368.
10 UVR 2008 Nr. 1 Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden<br />
UVR-Themen<br />
Gemischt genutzte Gebäude im <strong>Umsatzsteuer</strong>recht – Aufteilungsmaßstäbe<br />
StB Maik Paukstadt/ Dipl.-Wirtschaftsjuristin Simone Krieg, München *)<br />
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, nach welchen Aufteilungsgr<strong>und</strong>sätzen eine Zuordnung von Vorsteuern<br />
bei Gebäuden erfolgen kann, die für Abzugsumsätze bzw. für Ausschlussumsätze genutzt werden. Neben gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Fragen zur unternehmerischen Zuordnung von Gegenständen bei privater Mitbenutzung unterwirft<br />
der Beitrag die geltenden Normen zur wirtschaftlichen Zuordnung von Aufwendungen <strong>und</strong> zum Aufteilungsschlüssel<br />
bei gemischt genutzten Gebäuden einer kritischen Würdigung vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Gemeinschaftsrechts.<br />
Inhalt Seite<br />
I. Einführung.................................................................................... 10<br />
II. Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ........................................................ 10<br />
1. Gr<strong>und</strong>lagen des Vorsteuerabzugs ............................................................. 10<br />
2. Folgen der Zuordnungsentscheidung .......................................................... 11<br />
3. Gr<strong>und</strong>lagen der Vorsteueraufteilung .......................................................... 11<br />
III. Direkte Zuordnung oder Aufteilung im Ganzen................................................... 12<br />
IV. Wirtschaftliche Zuordnung bei gemischt genutzten Gebäuden .....................................<br />
1. Auffassung des BMF: § 15 Abs. 4 UStG beschränkt auf tatsächlich gemischt genutzte<br />
12<br />
Gebäudeteile ............................................................................... 12<br />
2. Auffassung des BFH: Verwendung eines einheitlichen Gegenstands.............................. 12<br />
3. Nichtanwendungserlass des BMF ............................................................. 13<br />
4. Wertung.................................................................................... 13<br />
V. Aufteilungsschlüssel bei gemischt genutzten Gebäuden ........................................... 14<br />
VI. Bemessungsgr<strong>und</strong>lage bei privater Gebäudeverwendung.......................................... 15<br />
VII. Fazit ......................................................................................... 16<br />
Literatur: H<strong>und</strong>t-Eßwein, Vorsteueraufteilung nach<br />
§ 15 Abs. 4 UStG – Ist durch die Neuregelung des Gesetzgebers<br />
nunmehr <strong>Recht</strong>ssicherheit eingetreten?,<br />
UStB 2004, 237, 239; Rau/Dürrwächter, UStG, Köln,<br />
September 2007; Nieskens, Wichtigste Änderungen<br />
der <strong>Umsatzsteuer</strong> durch das Steueränderungsgesetz<br />
2003 <strong>und</strong> das Haushaltsbegleitgesetz 2004, UR 2004,<br />
105 <strong>und</strong> 118, 122; Schuck/Frenzel, Verdrängung des<br />
Umsatzschlüssels – Zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit<br />
des neuen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, UR 2004, 180,<br />
181 f.; Sölch/Ringleb, UStG, München, September<br />
2007; von Streit, Vorsteuerabzug bei der gemischten<br />
Nutzung von Gr<strong>und</strong>stücken – Anmerkungen zum<br />
BMF-Schreiben vom 24. 11. 2004 –, UR 2006, 254, 257;<br />
Völkel, Vorsteuerabzugsberechtigung bei der privaten<br />
Nutzung von Gebäuden – Gestaltungsüberlegungen<br />
zur unternehmerischen Zuordnung in der Nähe der<br />
Geringfügigkeitsgrenze, zur Vorsteuerabzugsberechtigung<br />
<strong>und</strong> zur Entnahme unter kritischer Betrachtung<br />
der Verwaltungsauffassung –, UR 2007, 90, 92.<br />
I. Einführung<br />
Das Gemeinschaftsrecht hat im Bereich der <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
für bemerkenswerte Umwälzungen gesorgt.<br />
Hierunter fallen auch zahlreiche Fragestellungen im<br />
Bereich des Vorsteuerabzuges. Für den Steuerpflichtigen<br />
sind die Vielzahl der sich teilweise widersprechenden<br />
<strong>Recht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen in Form von Gemeinschaftsrecht,<br />
deutschem <strong>Umsatzsteuer</strong>recht, <strong>Recht</strong>sprechung<br />
<strong>und</strong> Verwaltungserlassen kaum noch verständlich, eine<br />
praxisbezogene Umsetzung häufig nicht mehr möglich.<br />
Folglich bestehen erhebliche <strong>Recht</strong>sunsicherheiten, die<br />
für den Unternehmer finanzielle Risiken bergen. Im Besonderen<br />
problembehaftet sind dabei Regelungen, die<br />
der Auslegung bedürfen, weil dem Gesetzestext keine<br />
konkrete Handlungsvorgabe entnommen werden<br />
kann. Dies gilt unter anderem für den gesamten Bereich<br />
des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit gemischt<br />
genutzten Gr<strong>und</strong>stücken. Der folgende Beitrag stellt<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> der aktuellen Diskussion die unterschiedlichen<br />
Positionen von Finanzverwaltung,<br />
<strong>Recht</strong>sprechung <strong>und</strong> Fachwelt zur Vorsteueraufteilung<br />
bei gemischt genutzten Gebäuden dar <strong>und</strong> versucht dabei,<br />
einen Überblick zu vermitteln, aus dem Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis abgeleitet werden<br />
können.<br />
II. Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug<br />
1. Gr<strong>und</strong>lagen des Vorsteuerabzuges<br />
§ 15 Abs. 1 UStG knüpft nicht wenige Bedingungen an<br />
die Ausübung des Vorsteuerabzuges. Eine dieser Bedingungen<br />
ist, dass der Unternehmer den zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden Leistungsbezug seinem Unternehmen zugeordnet<br />
hat, sofern er diesen sowohl für seinen unternehmerischen,<br />
als auch für seinen privaten Bereich<br />
nutzt (sog. gemischt genutzter Gegenstand). In diesem<br />
Fall ist die Forderung des Gesetzestextes nach einem<br />
„Leistungsbezug für das Unternehmen“ durch eine<br />
Zuordnungsentscheidung deutlich zu machen. 1)<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich kann ein Steuerpflichtiger zwar nur den<br />
auf die unternehmerische Nutzung entfallenden Teil<br />
als Vorsteuer zum Abzug bringen, jedoch hat er nach<br />
*) StB Maik Paukstadt ist Sozius, Dipl.-Wirtschaftsjuristin Simone<br />
Krieg ist Mitarbeiterin der Kanzlei Peters, Schönberger<br />
& Partner (PSP) in München.<br />
1) Vgl. BMF v. 30. 3. 2004, IV B 7 – S 7300 – 24/04, BStBl I 2004,<br />
451.
Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden UVR 2008 Nr. 1 11<br />
ständiger <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH 2) die Wahl, einen<br />
Gegenstand, der sowohl für unternehmerische als<br />
auch private Zwecke verwendet wird, in vollem Umfang<br />
seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen, ihn<br />
in vollem Umfang im Privatvermögen zu belassen oder<br />
aber nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen<br />
Verwendung in das Unternehmen einzubeziehen.<br />
3) Diese Zuordnungsentscheidung ist für den Umfang<br />
des Vorsteuerabzuges von entscheidender<br />
Bedeutung. Der EuGH 4) hat hierzu bestimmt, dass die<br />
Entscheidung, ob ein gemischt genutzter Gegenstand<br />
oder eine sonstige Leistung „für das Unternehmen“<br />
ausgeführt werden soll, alleine der Steuerpflichtige zu<br />
treffen hat. Die Zuordnungsentscheidung stützt sich<br />
nach ständiger <strong>Recht</strong>sprechung des BFH auf bestimmte<br />
Beweisanzeichen. 5) Wird beispielsweise der<br />
Vorsteuerabzug geltend gemacht, so ist dies ein gewichtiges<br />
Indiz für, die Unterlassung ein Indiz gegen<br />
die Zuordnung zum Unternehmen. Jedenfalls handelt<br />
es sich im Allgemeinen um eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung<br />
aller Umstände des Einzelfalles zu beantworten<br />
ist. Gibt es keine Beweisanzeichen, so kann<br />
die Zuordnung zum Unternehmen jedenfalls nicht unterstellt<br />
werden. 6) Speziell bei Gebäuden ist für die<br />
Geltendmachung des Vorsteuerabzuges erforderlich,<br />
in einer schriftlichen Erklärung bis spätestens zur Abgabe<br />
der <strong>Umsatzsteuer</strong>erklärung des Jahres, in dem<br />
die jeweilige Leistung bezogen wurde, zu dokumentieren,<br />
in welchem Umfang diese dem Unternehmen<br />
zugeordnet wurde (Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Satz 5<br />
UStR 2008). Im Zusammenhang mit der Zuordnungsentscheidung<br />
zum Unternehmen ist noch zu erwähnen,<br />
dass diese vom Gesetzgeber durch § 15 Abs. 1<br />
Satz 2 UStG in der Hinsicht eingeschränkt wurde, dass<br />
die Lieferung oder Leistung zumindest zu 10 % unternehmerisch<br />
genutzt werden muss. 7) Diese Grenze<br />
kann im Besonderen bei gemischt genutzten Gebäuden<br />
Bedeutung erlangen <strong>und</strong> gilt als Mittel der Finanzverwaltung,<br />
die Zuordnung zum Unternehmensvermögen<br />
bei allzu geringer unternehmerischer<br />
Nutzung zu verwehren. Die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht<br />
ist dabei fraglich. Der EuGH fordert<br />
für die Zuordnung zum Unternehmen nämlich kein<br />
Mindestmaß an unternehmerischer Nutzung. 8) Da der<br />
EU-Ministerrat dem deutschen Gesetzgeber jedoch<br />
eine Ermächtigung zur Einführung <strong>und</strong> Beibehaltung<br />
der Vorschrift erteilt hat, kann sie aber weiterhin praktiziert<br />
werden. Vielfach wird die Problematik, die sich<br />
aus der 10 %-Grenze ergibt, allerdings überbewertet,<br />
da sich die unternehmerische Nutzung sowohl aus der<br />
steuerpflichtigen als auch aus der steuerfreien Nutzung<br />
(steuerfreie Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a<br />
UStG) zusammensetzt <strong>und</strong> durch entsprechende Gestaltung<br />
eine Überschreitung der Grenze in der Praxis<br />
wohl kaum Probleme bereiten sollte. 9)<br />
2. Folgen der Zuordnungsentscheidung<br />
Die Problematik der Aufteilungsmaßstäbe in Verbindung<br />
mit dem Vorsteuerabzug stellt sich in jenen Fällen,<br />
in denen ein gemischt genutztes Gebäude in vollem<br />
Umfang dem Unternehmen zugeordnet wurde.<br />
Ordnet ein Unternehmer das Gebäude seinem Unternehmen<br />
nur hinsichtlich der tatsächlichen unternehmerischen<br />
Nutzung zu, so darf er die Vorsteuern nur<br />
in der Höhe berücksichtigen, die auf diesen Teil entfallen.<br />
Sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG<br />
erfüllt <strong>und</strong> ist die Zuordnungsentscheidung insgesamt<br />
zum Unternehmen erfolgt, kann die Vorsteuer aus Anschaffungs-<br />
oder Herstellungskosten sowie aus den<br />
übrigen Kosten in voller Höhe abgezogen werden. Bei<br />
gemischt genutzten Gebäuden, die vollumfänglich<br />
dem Unternehmen zugeordnet wurden, unterliegt eine<br />
nichtunternehmerische Nutzung (Eigennutzung), als<br />
unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1<br />
UStG der <strong>Umsatzsteuer</strong>. Die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage für<br />
die unentgeltliche Wertabgabe wurde im Gesetz im<br />
Anschluss an ein hierzu ergangenes BMF-Schreiben 10)<br />
in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG festgeschrieben. Die<br />
bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben<br />
sind hierfür maßgebend, soweit sie zum vollen<br />
oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Bei<br />
§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG handelt es sich gewissermaßen<br />
um eine Korrekturvorschrift. Als Berichtigungszeitraum<br />
wurden in Anlehnung an § 15a UStG im Gr<strong>und</strong>e<br />
5 Jahre, bei Gr<strong>und</strong>stücken 10 Jahre festgelegt (§ 10<br />
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG). Bei einem Gebäude<br />
sind daher pro Jahr der Eigennutzung für einen Zeitraum<br />
von 10 Jahren jeweils 10 % der Anschaffungs-/<br />
Herstellungskosten der <strong>Umsatzsteuer</strong> zu unterwerfen,<br />
jedoch nur, soweit diese auch zum Vorsteuerabzug berechtigt<br />
haben. Der Unternehmer soll sich auf diese<br />
Weise keinen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber einem<br />
Endverbraucher verschaffen können. Durch die<br />
Verteilung der Eigennutzung auf den Berichtigungszeitraum<br />
nach § 15a UStG wird ein evtl. geltend gemachter<br />
Vorteil über den Korrekturzeitraum rückgängig<br />
gemacht. Zwar wurde diese mit Wirkung zum<br />
1. 7. 2004 eingeführte Vorschrift in der Literatur vielfach<br />
hinsichtlich ihrer Widersprüchlichkeit zum Gemeinschaftsrecht<br />
kritisiert, doch wurde sie inzwischen<br />
vom EuGH als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar<br />
erklärt. 11)<br />
3. Gr<strong>und</strong>lagen der Vorsteueraufteilung<br />
Der Umfang des Vorsteuerabzuges kann nur dann eindeutig<br />
bestimmt werden, wenn ein Gegenstand vollständig<br />
entweder zur Ausführung steuerpflichtiger<br />
(abziehbar) oder steuerfreier (nicht abziehbar) Umsätze<br />
dient. 12) Schwierigkeiten treten jedoch im Besonderen<br />
dann auf, wenn ein <strong>und</strong> dieselbe Leistung<br />
sowohl zur Ausführung von steuerpflichtigen Abzugsumsätzen,<br />
als auch von steuerfreien Ausschlussumsätzen<br />
dient (gemischte Verwendung). 13) Bei Gebäuden<br />
ist eben diese gemischte Verwendung nicht selten anzutreffen,<br />
denn bei einem Gebäude mit dem dazugehörenden<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden handelt es sich um einen<br />
2) Vgl. EuGH v. 4. 10. 1995, Armbrecht, C-291/92, BStBl II 1996,<br />
392.<br />
3) Vgl. Wagner in Sölch/ Ringleb, § 15 UStG Rz. 246, (September<br />
2007).<br />
4) Vgl. EuGH v. 8. 5. 2003, Seeling, C-269/00, UR 2003, 288.<br />
5) BFH v. 31. 1. 2002, V R 61/96, BFH/NV 2002, 742.<br />
6) Vgl. BMF v. 30. 3. 2004, IV B 7 – S 7300 – 24/04, BStBl I 2004,<br />
451.<br />
7) Vgl. BMF v. 30. 3. 2004, IV B 7 – S 7300 – 24/04, BStBl I 2004,<br />
451.<br />
8) Vgl. EuGH v. 11. 07. 1991, Lennartz, C-97/90, UR 1991, 291.<br />
9) Vgl. Völkel, UR 2007, 90, 92.<br />
10) Vgl. BMF v. 13. 4. 2004, IV B 7 – S 7300 – 26/04, DStR 2004,<br />
774.<br />
11) EuGH v. 14. 9. 2006, Wollny, C-72/05, DStR 2006, 1746.<br />
12) Zu den Ausnahmen vgl. § 15 Abs. 3 UStG.<br />
13) Vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, § 15 UStG, Rz. 650f. (September<br />
2007).
12 UVR 2008 Nr. 1 Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden<br />
einheitlichen Gegenstand, der nicht – wie es teilweise<br />
von einzelnen Finanzgerichten versucht wurde –<br />
räumlich aufgespalten werden kann. 14) Da einheitliche<br />
Gegenstände gemischt verwendet werden können, ist<br />
infolgedessen auch der Vorsteuerabzug beim Erwerb<br />
oder bei der Herstellung des Gebäudes entsprechend<br />
aufteilbar. Diese Aufteilung der Vorsteuerbeträge hat<br />
gemäß § 15 Abs. 4 UStG nach der wirtschaftlichen Zuordnung<br />
der Vorsteuern zu erfolgen (Abschn. 207<br />
Abs. 2 Satz 2 UStR 2008). Eine solche Zuordnung hat<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich für jeden einzelnen erworbenen Gegenstand<br />
<strong>und</strong> jede einzelne in Anspruch genommene<br />
sonstige Leistung gesondert zu erfolgen. 15) Vorab muss<br />
jedoch geklärt werden, welche Vorsteuerbeträge generell<br />
aufzuteilen sind. Ausgeschlossen ist zumindest<br />
jene <strong>Umsatzsteuer</strong>, die aufgr<strong>und</strong> der Nutzung außerhalb<br />
des Unternehmens nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.<br />
III. Direkte Zuordnung oder Aufteilung<br />
im Ganzen<br />
Die Abzugsfähigkeit von Vorsteuern im Unternehmen<br />
folgt einer dreistufigen funktionalen Zuordnung. Hat<br />
der Unternehmer Lieferungen <strong>und</strong> sonstige Leistungen<br />
für sein Unternehmen bezogen <strong>und</strong> verwendet er<br />
sie zur Ausführung von Abzugsumsätzen, so kann er<br />
die Vorsteuerbeträge hieraus in Abzug bringen<br />
(Stufe 1, § 15 Abs. 1 UStG). Sind Vorsteuerbeträge hingegen<br />
ausschließlich Umsätzen zuzurechnen, die nicht<br />
zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist ihr Abzug zur<br />
Gänze ausgeschlossen (Stufe 2, § 15 Abs. 2 UStG). Alle<br />
anderen Vorsteuerbeträge sind im Rahmen einer wirtschaftlichen<br />
Zurechnung in einen abzugsfähigen <strong>und</strong><br />
einen nicht abzugsfähigen Anteil aufzuspalten<br />
(Stufe 3, § 15 Abs. 4 UStG). Der Steuerpflichtige kann<br />
sich dabei einer „sachgerechten Schätzung“ bedienen.<br />
Inwieweit Vorsteuerbeträge unmittelbar ausschließlich<br />
Abzugs- oder Ausschlussumsätzen zugeordnet werden<br />
können <strong>und</strong> müssen, kann dem Wortlaut des Gesetzes<br />
jedoch nicht entnommen werden. Es ist gleichsam umstritten,<br />
für welche Fälle sich der Unternehmer einer<br />
vereinfachenden einheitlichen Aufteilung i.S.d. § 15<br />
Abs. 4 UStG bedienen kann. Hier bedarf es einer Auslegung.<br />
IV. Wirtschaftliche Zuordnung bei gemischt<br />
genutzten Gebäuden<br />
1. Auffassung des BMF: § 15 Abs. 4 UStG beschränkt<br />
auf tatsächlich gemischt genutzte Gebäudeteile<br />
Eine Aufteilung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG kommt nach<br />
der Auffassung des BMF überhaupt nur dann in Betracht,<br />
wenn Vorsteuerbeträge tatsächlich gemischt<br />
genutzte Gebäudeteile betreffen (Abschn. 208 Abs. 2<br />
Satz 12 UStR 2008). 16) Zunächst ist demnach jeder<br />
Leistungsbezug daraufhin zu überprüfen, ob er auf gemischt<br />
genutzte Gebäudeteile entfällt. Nach Ansicht<br />
der Finanzverwaltung sind beispielsweise das Treppenhaus,<br />
der Heizungskeller, das Dach, die Außenanlagen<br />
<strong>und</strong> der Fernwärmeanschluss gemischt genutzte<br />
Gebäudeteile (Abschn. 208 Abs. 2 Satz 14 UStR 2008).<br />
Alle anderen Gebäudeteile erlauben demnach eine direkte<br />
Zuordnung.<br />
Für alle Leistungsbezüge, die nicht den gemischt genutzten<br />
Gebäudeteilen zugewiesen werden können,<br />
hat der Steuerpflichtige jeden Leistungsbezug direkt<br />
entweder den Abzugs- oder den Ausschlussumsätzen<br />
zuzuordnen. Der Unternehmer darf insoweit also keine<br />
einheitliche Aufteilung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG vornehmen.<br />
Da eine direkte Zuordnung der Leistungen zu<br />
einzelnen Gebäudeteilen, etwa bei Bauleistungen,<br />
nicht immer möglich sein wird, hat der Unternehmer<br />
gegebenenfalls auf eine begründete Schätzung zurückzugreifen<br />
(Abschn. 208 Abs. 3 UStR 2008). Anhaltspunkte<br />
für eine solche Schätzung können die betriebliche<br />
Kostenrechnung oder die Aufwands- <strong>und</strong><br />
Ertragsrechnung sein (Abschn. 208 Abs. 2 Satz 7<br />
UStR 2008).<br />
Folgendes Beispiel soll die Anwendung der Auffassung<br />
der Finanzverwaltung verdeutlichen:<br />
Beispiel:<br />
Maximilian Muster errichtet ein Gebäude, bestehend aus<br />
einer gewerblich genutzten (EG; Anteil 50 %) <strong>und</strong> einer<br />
steuerfrei zu Wohnzwecken vermieteten Einheit (1. OG;<br />
Anteil 50 %). Die steuerfrei vermietete Einheit wird derart<br />
umfangreich saniert, dass nach ertragsteuerlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen nachträgliche Herstellungskosten anzunehmen<br />
sind. Für die gewerbliche Einheit <strong>und</strong> das Treppenhaus<br />
fallen lediglich kleinere Instandhaltungsaufwendungen<br />
an.<br />
Lösung:<br />
Auf Basis einer Vorabzurechnung sind die Vorsteuerbeträge,<br />
die auf die zu Wohnzwecken vermietete Einheit<br />
entfallen, vom Abzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 UStG),<br />
während dem Unternehmer hinsichtlich der Vorsteuerbeträge,<br />
die auf die Instandhaltung der gewerblichen Einheit<br />
entfallen, der Vorsteuerabzug in vollem Umfange<br />
zusteht (§ 15 Abs. 1 UStG). Die auf das Treppenhaus entfallenden<br />
Vorsteuerbeträge sind in einen abzugsfähigen<br />
<strong>und</strong> einen nicht abzugsfähigen Anteil aufzuteilen (§ 15<br />
Abs. 4 UStG).<br />
2. Auffassung des BFH: Verwendung eines<br />
einheitlichen Gegenstandes<br />
Der BFH widerspricht dem Gedanken, eine Aufteilung<br />
im Wege einer sachgerechten Schätzung der Vorsteuern<br />
im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden<br />
komme lediglich für tatsächlich gemischt genutzte<br />
Gebäudeteile in Betracht, nicht aber für das<br />
Gebäude im Ganzen. In seiner Entscheidung vom<br />
28. 9. 200617) urteilt der BFH, dass die Aufteilung der<br />
Vorsteuern im Zusammenhang mit der Anschaffung<br />
oder Herstellung eines Gebäudes nur einheitlich <strong>und</strong><br />
insgesamt nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab<br />
erfolgen könne. Der BFH leitet dies aus Art. 17<br />
Abs. 5 der 6. EG-RL (ab 1. 1. 2007: Art. 173 Abs. 1<br />
MwStSystRL) ab:<br />
„Soweit Gegenstände <strong>und</strong> Dienstleistungen von einem<br />
Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden,<br />
für die ein <strong>Recht</strong> auf Vorsteuerabzug gemäß den<br />
Artikeln 168, 169 <strong>und</strong> 170 besteht, als auch für Umsätze,<br />
für die kein <strong>Recht</strong> auf Vorsteuerabzug besteht,<br />
darf nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden,<br />
der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze<br />
entfällt. Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzuges wird<br />
14) Vgl. OFD Karlsruhe v. 29. 4. 2005, S 7300, DStR 2005, 1140.<br />
15) Vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, § 15 UStG, Rz. 875 (September<br />
2007).<br />
16) Vgl. BMF v. 24. 11. 2004, IV A 5 – S 7306 – 4/04, BStBl I 2004,<br />
1125.<br />
17) Vgl. BFH v. 28. 9. 2006, V R 43/03, BStBl II 2007, 417.
Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden UVR 2008 Nr. 1 13<br />
gemäß den Artikeln 174 <strong>und</strong> 175 für die Gesamtheit<br />
der von dem Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze<br />
festgelegt.“<br />
Die vom BFH zitierte „Verwendung eines Gegenstandes“<br />
beziehe sich, so die Richter, auf den Gegenstand<br />
selbst, mithin seine Anschaffung oder Herstellung. Da<br />
Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten für den Erwerb<br />
des einheitlichen Gegenstandes anfallen, könne über<br />
die hiermit in Verbindung stehenden Vorsteuern nur<br />
einheitlich entschieden werden. Es könne für den Vorsteuerabzug<br />
nicht darauf ankommen, „welche Aufwendungen<br />
in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen<br />
(...); maßgebend sei vielmehr die prozentuale<br />
Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes<br />
zu steuerfreien <strong>und</strong> steuerpflichtigen Umsätzen.“<br />
Anders soll es sich, so die Auffassung der Richter, bei<br />
laufenden Aufwendungen zur Nutzung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />
eines Gebäudes verhalten. Für den Fall, dass beispielsweise<br />
Erhaltungsaufwand vorliegt, komme die<br />
direkte Zuordnung einer jeden einzelnen Leistung zu<br />
Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen <strong>und</strong><br />
Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, in<br />
Betracht. Hinsichtlich der Abgrenzung der Anschaffung<br />
oder Herstellung eines Gebäudes von den Erhaltungsmaßnahmen<br />
können die für die Ertragsteuern<br />
maßgeblichen Gr<strong>und</strong>sätze zur Anwendung kommen.<br />
Die Lösung des vorgenannten Beispiel-Sachverhalts<br />
soll die Tragweite der BFH-Entscheidung veranschaulichen<br />
<strong>und</strong> deutlich machen, dass es dabei u.U. zu<br />
sachlich unzutreffenden Aufteilungen kommen kann:<br />
Die auf den Herstellungsaufwand für die steuerfrei<br />
vermietete Einheit entfallenden Vorsteuerbeträge sind<br />
analog der Vorsteuerbeträge, die auf das Treppenhaus<br />
entfallen, nach einem Schlüssel aufzuteilen. Maßgebend<br />
ist ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab, der<br />
sich nach den Nutzflächen oder einem Umsatzschlüssel<br />
orientieren kann (vgl. Gliederungspunkt V.). Nur<br />
die Instandhaltungsaufwendungen, die auf die gewerbliche<br />
Einheit entfallen, sind auch dieser direkt zuzurechnen,<br />
sodass der Vorsteuerabzug insoweit in voller<br />
Höhe zu gewähren wäre.<br />
3. Nichtanwendungserlass des BMF<br />
Mit Schreiben vom 22. 5. 2007 18) ordnet das BMF unter<br />
Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 28. 9. 2006 an,<br />
die durch den BFH aufgestellten Gr<strong>und</strong>sätze seien<br />
über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.<br />
Vielmehr sollen weiterhin die Gr<strong>und</strong>sätze des<br />
BMF-Schreibens vom 24. 11. 2004 gelten. Das BMF ist<br />
der Auffassung, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
für ein gemischt genutztes Gebäude<br />
ebenso wie Erhaltungsaufwendungen auf mehrere unterschiedliche<br />
Nutzungen aufgeteilt werden können.<br />
Das BMF weist damit den Gedanken der Verwendung<br />
eines einheitlichen Gegenstandes zurück, der keine<br />
direkte Zuordnung von Kosten erlaubt, sondern nur<br />
insgesamt die Aufspaltung in einen den Vorsteuerabzug<br />
zulassenden <strong>und</strong> einen den Vorsteuerabzug nicht<br />
zulassenden Teil. Im Besonderen rügt das BMF die Unterscheidung<br />
des BFH zwischen Anschaffungs- <strong>und</strong><br />
Herstellungskosten <strong>und</strong> Erhaltungsaufwendungen, die<br />
nicht gerechtfertigt <strong>und</strong> „in sich widersprüchlich“ erscheine.<br />
4. Wertung<br />
Die Auffassung der Finanzverwaltung mag bei wirtschaftlicher<br />
Betrachtungsweise nachvollziehbar, sogar<br />
wünschenswert sein; sie kann aber weder dem <strong>Umsatzsteuer</strong>gesetz<br />
noch dem Gemeinschaftsrecht in dieser<br />
Auslegung entnommen werden. Das Gemeinschaftsrecht<br />
spricht in Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL von<br />
der Verwendung eines Gegenstandes für Umsätze, die<br />
den Vorsteuerabzug zulassen, als auch für Umsätze,<br />
die den Vorsteuerabzug ausschließen. Soweit die Vorsteuern,<br />
die mit der Verwendung dieses Gegenstandes<br />
einhergehen, auf steuerpflichtige Umsätze entfallen,<br />
sind sie abzugsfähig. Das Gemeinschaftsrecht regelt<br />
weiter, dass ein einheitlicher Pro-rata-Satz i.S.d.<br />
Art. 174 Abs. 1 MwStSystRL den Anteil der abzugsfähigen<br />
Vorsteuern festlegen soll. Ebenso sprechen § 15<br />
Abs. 2 <strong>und</strong> Abs. 4 UStG von der Verwendung eines<br />
Gegenstandes. Weder Gemeinschaftsrecht noch deutsches<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>recht sprechen aber davon, dass<br />
die Nutzung jedes (Bestand-)Teils eines Gebäudes sowohl<br />
für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Umsätze<br />
erfolgen kann. Folglich kann es umsatzsteuerlich<br />
nur den einen unternehmerisch zugeordneten Gegenstand<br />
„Gebäude“ geben, über dessen Verwendung zu<br />
urteilen ist. Wenn dem aber so ist, muss jeder Aufwand,<br />
der als Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand<br />
in den nämlichen Gegenstand eingeht, zusammen<br />
mit dem Gebäude als einheitliches Ganzes<br />
beurteilt werden. Vorsteuern aus Anschaffungs- oder<br />
Herstellungsaufwand können infolgedessen nicht Teilen<br />
eines Gebäudes zugeordnet werden, weil sie selbst<br />
Teil des Ganzen sind <strong>und</strong> darin untergehen. Für die<br />
Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines gemischt<br />
genutzten Gebäudes kann es daher u.E. nur einen<br />
maßgeblichen (einheitlichen) Aufteilungssatz geben.<br />
Denkt man diesen Gedanken konsequent weiter, so<br />
gehen auch Erhaltungsaufwendungen in das Gebäude<br />
ein <strong>und</strong> werden Teil des Ganzen. Gleichwohl ist<br />
darüber hinaus dem in Art. 168 ff. MwStSystRL verankerten<br />
Gr<strong>und</strong>satz der dreistufigen funktionalen Zuordnung<br />
(Stufe 1: vorsteuerbegünstigt, Stufe 2: vorsteuerschädlich,<br />
Stufe 3: Aufteilung durch Schätzung)<br />
Rechnung zu tragen. Dort, wo eine Zuordnung einzelner<br />
Aufwendungen ohne Zuhilfenahme weiterer Aufteilungsmaßstäbe<br />
(Kostenrechnung etc.) möglich ist,<br />
hat eine gesonderte Beurteilung dieser Gegenstände<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen zu erfolgen. Sofern diese Aufwendungen<br />
einen eigenständigen Wert schaffen, der<br />
dem einheitlichen Gegenstand „Gebäude“ nicht zuzurechnen<br />
ist, ist eine direkte Zuordnung zu Abzugsoder<br />
Ausschlussumsätzen opportun. Sobald es sich<br />
aber um nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
handelt, die letztlich in den Gegenstand<br />
„Gebäude“ eingehen, ist auf die Verwendung dieses<br />
(einheitlichen) Gegenstandes abzustellen.<br />
Dass der BFH bei der Unterscheidung von Anschaffungs-<br />
<strong>und</strong> Herstellungskosten <strong>und</strong> Erhaltungsaufwendungen<br />
auf die für die Ertragsteuern maßgeblichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätze abstellt, mag zwar überraschen,<br />
kann u.E. aber insgesamt überzeugen. Auch aus umsatzsteuerlicher<br />
Sicht vermögen diese Gr<strong>und</strong>sätze<br />
wohl in den meisten Fällen zwischen den Aufwendun-<br />
18) BMF v. 22. 5. 2007, IV A 5 – S 7306/07/0003, DB 2007, 1223.
14 UVR 2008 Nr. 1 Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden<br />
gen für den einheitlichen Gegenstand „Gebäude“ <strong>und</strong><br />
den direkt funktional zuordenbaren Aufwendungen zu<br />
trennen.<br />
Der BFH lehnt seine Auffassung im Übrigen an die<br />
EuGH-<strong>Recht</strong>sprechung zur Zuordnung eines Investitionsgutes<br />
zum Unternehmen an. So trennt der EuGH<br />
in der <strong>Recht</strong>ssache Bakcsi19) etwa zwischen den Aufwendungen<br />
in Bezug auf das Gut selbst <strong>und</strong> den Gegenständen<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen für seine Nutzung<br />
<strong>und</strong> Wartung. Der EuGH hatte sich in diesem Fall mit<br />
der Frage zu befassen, ob die Zuordnung eines Investitionsgutes<br />
zum Privatvermögen dadurch aufgehoben<br />
wird, dass der Unternehmer etwa für Reparaturen des<br />
besagten Gegenstandes, den Vorsteuerabzug geltend<br />
machte. Dabei seien, so die Richter, das <strong>Recht</strong> auf Abzug<br />
der Vorsteuer für diese Gegenstände <strong>und</strong> das<br />
<strong>Recht</strong> auf Abzug der Vorsteuer für die Dienstleistungen<br />
jeweils gesondert zu betrachten. Der EuGH lehnt<br />
in diesem Fall eine sture einheitliche Betrachtungsweise<br />
in Bezug auf den betreffenden Gegenstand ab.<br />
Obwohl andere Gegenstände in den betreffenden Gegenstand<br />
eingehen <strong>und</strong> damit ihre Eigenständigkeit<br />
verlieren, sollen sie dennoch weder sein Schicksal teilen<br />
noch es bestimmen.<br />
Der Gesetzestext des UStG, über den der BFH zu entscheiden<br />
hatte, ist wohl unbefriedigend, weil er keine<br />
wirtschaftlich sachgerechte Zuordnung der Vorsteuerbeträge<br />
ermöglicht. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge<br />
aus Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten nach<br />
einem einheitlichen Aufteilungsmaßstab stellt zwar<br />
oftmals eine Vereinfachung dar, ist aber häufig willkürlicher<br />
Natur <strong>und</strong> entspricht wohl in vielen Fällen<br />
nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Eine akkurate<br />
Einzelfallgerechtigkeit könnte insofern nur durch eine<br />
detailgenaue Zuordnung einzelner Aufwendungen zu<br />
den entsprechenden Umsätzen erreicht werden.<br />
Darüber hinaus führt selbst die von der Finanzverwaltung<br />
vertretene Auffassung, hinsichtlich der tatsächlich<br />
gemischt genutzten Gebäudeteile sei mittels eines<br />
einheitlichen Aufteilungsmaßstabes aufzuteilen, in<br />
Einzelfällen nicht zu sachgerechten Ergebnissen.<br />
Denn auch hier würden aus einer verursachungsgerechteren<br />
Aufteilung häufig abweichende Ergebnisse<br />
zu erzielen sein. So ist es beispielsweise nicht nachvollziehbar,<br />
warum ein Treppenhaus vom Erdgeschoss<br />
in das erste Obergeschoss nicht überwiegend dem ersten<br />
Obergeschoss zuzuordnen ist, wenn erreicht werden<br />
soll, die tatsächlich gemischte Nutzung sachgerecht<br />
zu erfassen. Für die tatsächlich gemischt<br />
genutzten Gebäudeteile dürfte der Schätzfehler noch<br />
erträglich sein. Wäre aber auch der Rest des Gebäudes<br />
nach selbigem Muster zu beurteilen, würde man sich<br />
also insoweit der Auffassung des BFH anschließen,<br />
führte dies regelmäßig zu wirtschaftlich nicht mehr<br />
vertretbaren Ergebnissen.<br />
Der Gesetzgeber ist also gefordert, für Abhilfe zu sorgen.<br />
Das Gemeinschaftsrecht würde die Mitgliedstaaten<br />
ermächtigen, dem Steuerpflichtigen verursachungsgerechtere<br />
Methoden zu erlauben oder gar<br />
vorzuschreiben. So gestattet Art. 173 Abs. 2 Buchst. c<br />
MwStSystRL den Unternehmer zu verpflichten, „den<br />
Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines<br />
Teils der Gegenstände oder Dienstleistung vorzunehmen“.<br />
Wenn auch der Wortlaut der Vorschrift nicht<br />
frei von möglichen Missverständnissen ist 20) , so kann<br />
daraus doch geschlossen werden, dass das Gemeinschaftsrecht<br />
eine Loslösung von dem Gedanken der<br />
Einheitlichkeit eines Gegenstandes für möglich hält<br />
<strong>und</strong> eine der Verwendung entsprechende direkte Zuordnung<br />
zu Teilen des Gegenstandes für zulässig erachtet.<br />
Dies würde dann der vom BMF in seinem Schreiben<br />
vom 22. 5. 2007 vertretenen Auffassung entsprechen<br />
<strong>und</strong> für mehr Zuordnungsgerechtigkeit sorgen.<br />
V. Aufteilungsschlüssel bei gemischt<br />
genutzten Gebäuden<br />
Losgelöst von der vorstehend behandelten Problemstellung,<br />
welche Aufwendungen einer sachgerechten<br />
Schätzung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG zu unterwerfen sind,<br />
stellt sich nachfolgend die Frage nach dem Pro-rata-<br />
Satz, der für die wirtschaftliche Zuordnung der nicht<br />
direkt zugeordneten Aufwendungen zur Anwendung<br />
kommen soll. § 15 Abs. 4 UStG lässt diese Frage wohl<br />
bewusst offen, spricht insofern von einer „sachgerechten<br />
Schätzung“ <strong>und</strong> schreibt darüber hinaus lediglich<br />
vor, dass der sog. Umsatzschlüssel (Verhältnis der Abzugs-<br />
zu den Ausschlussumsätzen) nachrangig anzuwenden<br />
ist. Neben diesem besagten Umsatzschlüssel<br />
kommen in der Praxis insbesondere folgende Aufteilungsschlüssel<br />
in Betracht:<br />
• Verhältnis der Quadratmeter-Flächen der für Abzugs-<br />
<strong>und</strong> Ausschlussumsätze genutzten Gebäudeteile<br />
(Flächenschlüssel),<br />
• Ertragswert der für Abzugs- <strong>und</strong> Ausschlussumsätze<br />
genutzten Gebäudeteile (Ertragswertschlüssel),<br />
• Aufteilung nach Kostenstellen (Kostenschlüssel),<br />
• Aufteilung nach Mitarbeitergewichtung (Mitarbeiterschlüssel).<br />
Mit Blick auf § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG wäre die Anwendung<br />
des Umsatzschlüssels de facto ausgeschlossen,<br />
da diese demnach nur zulässig ist, „wenn keine andere<br />
wirtschaftliche Zurechnung möglich ist“. Eine der<br />
anderen Methoden wäre zwangsläufig nahezu immer<br />
vorzuziehen. Ein überwiegender Teil des Schrifttums<br />
vertritt jedoch – u.E. zutreffend – die Auffassung, dass<br />
diese Vorschrift den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben<br />
nicht standhält. 21)<br />
Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL schreibt die Aufteilung von<br />
Vorsteuern nach dem Verhältnis der vom Unternehmer<br />
bewirkten Umsätze vor. Ausnahmen von dieser Regel<br />
sind gem. Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL nur zulässig,<br />
wenn die Mitgliedstaaten dies eindeutig vorschreiben.<br />
So erlaubt Art. 173 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL beispielsweise<br />
eine Aufteilung nach direkter Zuordnung<br />
der Gegenstände. Die durch die Richtlinie eingeräumten<br />
Möglichkeiten hat der deutsche Gesetzgeber zwar<br />
bislang nicht genutzt, stattdessen aber den Umsatzschlüssel<br />
als nachrangig gegenüber anderen Aufteilungsmethoden<br />
festgelegt. Hierfür aber findet sich<br />
keine entsprechende Ermächtigung in der Richtlinie.<br />
Stattdessen widerspricht eine nachrangige Verwendung<br />
des Umsatzschlüssels geradezu den gemein-<br />
19) Vgl. EuGH v. 8. 3. 2001, Bakcsi, C-415/98, BFH/NV Beilage<br />
2001, 52.<br />
20) Vgl. Schuck/Frenzel, UR 2004, 180, 182f.<br />
21) Vgl. u.a. Schuck/Frenzel, UR 2004, 180, 181f.; Nieskens, UR<br />
2004, 118, 122; H<strong>und</strong>t-Eßwein, UStB 2004, 237, 239; von<br />
Streit, UR 2006, 254, 256.
Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden UVR 2008 Nr. 1 15<br />
schaftsrechtlichen Vorgaben, die diesen als europaweit<br />
einheitlichen Regelaufteilungsmaßstab vorschreiben.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Ermächtigung scheint die Regelung<br />
des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG somit nicht mit der<br />
MwStSystRL vereinbar. Die Folge dessen wäre, dass<br />
§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG von den Unternehmern in<br />
Deutschland nicht angewendet werden müsste.<br />
Ungeachtet der Frage nach der gemeinschaftsrechtlichen<br />
Erlaubnis, den Umsatzschlüssel als nachrangig<br />
zu behandeln, ist dem BMF in seiner Einschätzung zu<br />
folgen, dass der Umsatzschlüssel einen eher unpraktikablen<br />
Aufteilungsmaßstab darstellt. Während Flächen<br />
oder Ertragswerte eine gewisse Beständigkeit<br />
aufweisen – über die Jahre also zur Anwendung eines<br />
einheitlichen Schlüssels führen – sind Umsätze einem<br />
ständigen Wandel unterworfen. Demgemäß muss ein<br />
Umsatzschlüssel stets „vorläufig“ – auf Basis von Vorjahresumsätzen<br />
oder von voraussichtlichen Umsätzen<br />
– festgesetzt <strong>und</strong> anschließend in vielen Fällen<br />
wieder berichtigt werden (siehe hierzu Art. 175 Abs. 2<br />
<strong>und</strong> 3 MwStSystRL). Ungeachtet der steuerlichen Vorteile,<br />
die eine Anwendung des Umsatzschlüssels für<br />
Unternehmer in einigen Fällen bringen mag, weil dieser<br />
häufig zum Abzug von vergleichsweise hohen Vorsteuerbeträgen<br />
führt, kann dieser Aufteilungsmaßstab<br />
aus Sicht der Praxis nicht überzeugen. Die gemeinschaftsrechtlichen<br />
Vorgaben dürfen hier insofern sogar<br />
als praxisfremd bezeichnet werden. Betrachtet man<br />
die umfangreiche Diskussion in der Fachwelt, so hat<br />
die Unpraktikabilität der Vorschrift vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Steuerrelevanz des Aufteilungsmaßstabes<br />
bislang keine ausreichende Würdigung erfahren. Dennoch<br />
hat wohl insbesondere die Einschätzung, der<br />
Umsatzschlüssel sei unpraktikabel 22) , das BMF dazu<br />
veranlasst, über sinnvollere Aufteilungsmaßstäbe<br />
nachzudenken. So geht das BMF in seinem Schreiben<br />
vom 24. 11. 2004 zu <strong>Recht</strong> davon aus, dass es sich beim<br />
Aufteilungsmaßstab nach dem Verhältnis der Ertragswerte<br />
zur Verkehrswertermittlung nicht um eine Umsatzschlüssel-Methode<br />
handelt. 23) Insbesondere sind<br />
die Verhältnisse der Ertragswerte i.d.R. nur geringen<br />
jährlichen Schwankungen unterworfen, jedenfalls weniger<br />
als die den Ertragswerten zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Umsätze. Ertragswerte bleiben zumindest im Verhältnis<br />
einzelner Gebäudeteile zueinander relativ stabil.<br />
Mit einer Anwendung des Ertragswertschlüssels wäre<br />
somit eine unaufhörliche Berichtigung des Aufteilungsmaßstabes<br />
weitgehend obsolet. 24) Der Aufteilungsmaßstab<br />
wäre aufgr<strong>und</strong> dieser Konstanz einigermaßen<br />
praktikabel.<br />
Sogenannten Ertragswertverfahren werden häufig zur<br />
Bewertung vermieteter Gr<strong>und</strong>stücke angewendet. Der<br />
Ertragswert bemisst sich dabei regelmäßig aus dem<br />
Barwert der zukünftigen Überschüsse aus Einnahmen<br />
<strong>und</strong> Ausgaben. Hinsichtlich des Pro-rata-Satzes des<br />
Vorsteuerabzuges werden sich dabei regelmäßig ähnliche<br />
Kennzahlen ergeben, wie beim Umsatzschlüssel,<br />
da der Ertragswert großteils auf kapitalisierten Umsätzen<br />
beruht, die mit dem Objekt voraussichtlich erwirtschaftet<br />
werden. Unternehmer, deren Abzugsumsätze<br />
auf höheren Quadratmetermieten beruhen als die Ausschlussumsätze,<br />
können mit dem Ertragswertverfahren<br />
die Steuervorteile des Umsatzschlüssels nutzen,<br />
ohne den Vorsteuerabzug dabei ständig wegen<br />
schwankender Umsätze berichtigen zu müssen. Selbst<br />
wenn sich Mieten in der Zukunft der Höhe nach ändern,<br />
beruhen Ertragswerte gleichwohl auf den erzielbaren<br />
Mieten der einzelnen Gebäudeteile. Eine Änderung<br />
einzelner Umsätze würde in vielen Fällen nicht<br />
unbedingt eine Änderung der Verhältnisse gem. § 15a<br />
UStG darstellen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges<br />
könnte insofern unterbleiben. Der Unternehmer<br />
selbst wird am besten beurteilen können, wann eine<br />
Änderung der Ertragswerte gegeben wäre. Nur in diesen<br />
Fällen läge eine Änderung der Verhältnisse i.S.d.<br />
§ 15a UStG vor <strong>und</strong> der geltend gemachte Vorsteuerabzug<br />
wäre entsprechend zu berichtigen.<br />
Der umstrittene § 15 Abs. 4 UStG kann insofern als<br />
Chance für den Unternehmer verstanden werden, als<br />
er Möglichkeiten für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge<br />
eröffnet, die im Vergleich zum Regelaufteilungsmaßstab<br />
der MwStSystRL erheblich praktikabler <strong>und</strong><br />
gleichwohl nicht ungünstig sind. Sieht man einmal von<br />
Abschn. 208 Abs. 2 Satz 15 UStR 2008 ab, der gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
eine Aufteilung nach dem Verhältnis der tatsächlichen<br />
Nutzflächen verlangt, aber im Gesetz keine<br />
Gr<strong>und</strong>lage findet, so bieten sich dem Unternehmer<br />
derzeit folgende Möglichkeiten:<br />
1. Der Unternehmer kann, wie von § 15 Abs. 4 UStG<br />
gefordert, die nicht abziehbaren Vorsteuern im<br />
Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Dabei<br />
bietet sich insbesondere – gleichrangig zum Flächenschlüssel<br />
– der Ertragswertschlüssel an. Da für<br />
Abzugsumsätze genutzte Gebäudeteile nicht selten<br />
einen höheren Ertragswert erwirtschaften, als die<br />
für Ausschlussumsätze genutzten Gebäudeteile, ergibt<br />
sich somit häufig ein höherer Vorsteuerabzug<br />
als bei der Anwendung des Flächenschlüssels. Bei<br />
Änderung der Ertragswerte liegt eine Änderung der<br />
Verhältnisse vor, was eine Berichtigung der Vorsteuer<br />
gem. § 15a UStG zur Folge hat.<br />
2. Der Unternehmer kann in Zuwiderhandlung zu § 15<br />
Abs. 4 Satz 3 UStG eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel<br />
vornehmen, selbst wenn eine andere<br />
wirtschaftliche Zurechnung möglich wäre. Er kann<br />
sich dabei auf Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL berufen,<br />
der den Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab<br />
vorsieht. Die Anwendung des Umsatzschlüssels<br />
wird jedoch vielfach zu nachträglichen Berichtigungen<br />
des Aufteilungsmaßstabes führen, da Umsätze<br />
i.d.R. einer Schwankung unterliegen.<br />
VI. Bemessungsgr<strong>und</strong>lage bei privater<br />
Gebäudeverwendung<br />
Die nichtunternehmerische Nutzung eines Gebäudes<br />
unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3<br />
Abs. 9a Nr. 1 UStG der <strong>Umsatzsteuer</strong>. Als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
hierfür dienen die zur Ausführung der Leistung<br />
entstandenen Ausgaben gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 2<br />
UStG, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug<br />
berechtigt haben <strong>und</strong> auf den privat genutzten<br />
Gebäudeteil entfallen. Zu diesen Ausgaben gehören<br />
auch Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten für den<br />
Gegenstand. Dabei kann sich der deutsche Gesetzge-<br />
22) So auch BT-Drucks. 630/03 v. 5. 9. 2003.<br />
23) Vgl. BMF v. 24. 11. 2004, IV A 5 – S 7306 – 4/04, BStBl I 2004,<br />
1125 Tz. 11.<br />
24) So auch von Streit, UR 2006, 254, 257.
16 UVR 2008 Nr. 1 Behrens/Schmitt, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel ...<br />
ber auf eine Entscheidung des EuGH berufen. Der<br />
EuGH urteilte in der <strong>Recht</strong>ssache Wollny25) , dass für<br />
die Bemessung der unentgeltlichen Wertabgabe ein<br />
Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des<br />
Gebäudes zu berücksichtigen sei, weil ohne diese die<br />
fragliche private Nutzung nicht möglich wäre. Die Vorschriften<br />
des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG <strong>und</strong> die Regelung<br />
des Gemeinschaftsrechts in Art. 72 Abs. 2 MwStSystRL<br />
eröffnen dem Steuerpflichtigen u.E. kein Wahlrecht<br />
hinsichtlich des anzuwendenden Aufteilungsmaßstabes.<br />
Beide Normen schreiben die Ausgaben des Steuerpflichtigen<br />
für die Erbringung der Dienstleistung<br />
fest. Hieraus lässt sich ableiten, dass der Steuerpflichtige<br />
verpflichtet ist, einen jeden Leistungsbezug dem<br />
privat genutzten Gebäudeteil direkt zuzuordnen. Eine<br />
vereinfachende Aufteilung analog der obigen Darstellungen<br />
zum Vorsteuerabzug dürfte daher zunächst<br />
ausgeschlossen sein. Unterlässt es der Steuerpflichtige,<br />
die entstandenen Ausgaben dem nicht unternehmerisch<br />
genutzten Gebäudeteil direkt zuzuordnen, ist<br />
dieser Anteil i.S.d. § 162 AO zu schätzen. Als Schätzgr<strong>und</strong>lagen<br />
dürften hilfsweise die Nutzfläche oder das<br />
Raumvolumen analog Abschn. 208 Abs. 3 UStR 2008<br />
für zulässig erachtet werden. Über die Anwendung eines<br />
Umsatzschlüssels oder eines hieraus abgeleiteten<br />
Ertragswertes wird sich ein sachgerechter Ausgabenanteil<br />
jedenfalls nicht ermitteln lassen. Die letztgenannten<br />
Aufteilungsmaßstäbe sind daher für die Ermittlung<br />
der maßgeblichen Ausgaben abzulehnen.<br />
VII. Fazit<br />
Die nationalen gesetzlichen Regelungen zum Vorsteuerabzug<br />
bei gemischt genutzten Gebäuden sind nicht<br />
ausreichend konkret, sie bedürfen der Auslegung. Die<br />
Finanzverwaltung überschreitet den dabei zulässigen<br />
Rahmen hinsichtlich der Vorsteueraufteilung i.S.d.<br />
§ 15 Abs. 4 UStG, wenn sie diesen nur für tatsächlich<br />
gemischt genutzte Gebäudeteile angewandt wissen<br />
möchte, aber auch durch das Vorschreiben eines dann<br />
verpflichtend anzuwendenden Aufteilungsschlüssels<br />
auf Basis der Nutzflächen der für steuerfreie <strong>und</strong> steuerpflichtige<br />
Ausgangsumsätze genutzten Gebäudeteile.<br />
Der Steuerpflichtige kann sich in beiden Bereichen<br />
auf den für ihn jeweils günstigeren Weg berufen.<br />
Der BFH gibt vor, dass Vorsteuerbeträge in Verbindung<br />
mit Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten für<br />
ein gemischt genutztes Gebäude nur anhand eines<br />
einheitlichen Aufteilungssatzes zugerechnet werden<br />
dürfen. Die Beschränkung des einheitlichen Aufteilungssatzes<br />
auf tatsächlich gemischt genutzte Flächen<br />
hält der BFH sogar für unzulässig. Auch eine Aufteilung<br />
auf Basis der Nutzflächen muss der Steuerpflichtige<br />
nicht hinnehmen. Er kann sich auf das Gemeinschaftsrecht<br />
berufen, der den Umsatzschlüssel als<br />
Regelaufteilungsmaßstab vorsieht.<br />
Der Gesetzgeber ist hier aufgerufen, für mehr <strong>Recht</strong>ssicherheit<br />
zu sorgen <strong>und</strong> die Regelungen zum Vorsteuerabzug<br />
bei gemischt genutzten Gebäuden zu konkretisieren.<br />
Dabei sollten die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts<br />
eingehalten, gleichsam aber auch der Handlungsspielraum,<br />
den das Gemeinschaftsrecht bietet, ausgenutzt<br />
werden. So könnte ein <strong>Recht</strong>srahmen geschaffen werden,<br />
der dem Steuerpflichtigen einen angemessenen<br />
Vorsteuerabzug auf der Gr<strong>und</strong>lage wirtschaftlicher Zuordnungskriterien<br />
ermöglicht.<br />
25) EuGH v. 14. 9. 2006, Wollny, C-72/05, DStR 2006, 1746.<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel einer<br />
gr<strong>und</strong>besitzenden Personengesellschaft mit mindestens 95 %igem<br />
Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft?<br />
– Anmerkungen zum Urteil des FG Münster vom 16. 2. 2006 –<br />
RA, FAStR, StB Dr. Stefan Behrens /RA Rainer Schmitt, Frankfurt am Main *)<br />
Seit dem BFH-Beschluss vom 4. 12. 19961) <strong>und</strong> dem koordinierten Länder-Erlass z.B. des FinMin Baden-Württemberg<br />
vom 18. 9. 19972) ist es allgemein anerkannt, dass der Formwechsel keinen Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer auslösenden<br />
tatsächlichen <strong>Recht</strong>strägerwechsel hinsichtlich der im Eigentum des formwechselnden <strong>Recht</strong>strägers stehenden<br />
Gr<strong>und</strong>stücke bewirkt. Nach der BFH-<strong>Recht</strong>sprechung führt zwar der Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft<br />
innerhalb der Haltefristen i.S.v. § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 3 Satz 2, § 6 Abs. 4 GrEStG zur Festsetzung<br />
von Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer. Jedoch stellt der Formwechsel in diesen Fällen nicht selbst den zu besteuernden <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
dar, vielmehr entfällt (ggf. rückwirkend) die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer-Befreiung einer Gr<strong>und</strong>stücksübertragung<br />
zwischen Gesamthand <strong>und</strong> Gesamthänder bzw. zwischen ganz oder zum Teil beteiligungsidentischen<br />
Gesamthandsgemeinschaften nach §§ 5, 6 GrEStG3) .<br />
Bisher nicht geklärt ist, ob der Formwechsel einer gr<strong>und</strong>besitzenden Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft<br />
Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer auslöst, wenn einer der Personengesellschafter vermögensmäßig zu mindestens 95 %<br />
an der Personengesellschaft beteiligt ist <strong>und</strong> die Beteiligungen des bzw. der anderen Personengesellschafter, die<br />
zusammen maximal eine Vermögensbeteiligung von 5 % vermitteln, dem mind. 95 %igen Gesellschafter für<br />
Zwecke der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer nicht zugerechnet werden können.<br />
*) Dr. Stefan Behrens ist als <strong>Recht</strong>sanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater <strong>und</strong> Partner, Rainer Schmitt ist als <strong>Recht</strong>sanwalt<br />
<strong>und</strong> Partner bei Clifford Chance in Frankfurt am Main tätig.<br />
1) BFH v. 4. 12. 1996, II B 116/96, BStBl II 1997, 661.<br />
2) FinMin Baden-Württemberg v. 18. 9. 1997, S 4520/2, StEK § 1 GrEStG, Nr. 115.
Behrens/Schmitt, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel ... UVR 2008 Nr. 1 17<br />
Das FG Münster bejaht dies in seinem Urteil vom 16. 2. 20064) . Wie Hofmann in UVR 2007, 222 bereits dargelegt<br />
hat, kann der Begründung des FG Münster vom 16. 2. 2006 in keinem Falle <strong>und</strong> dem Ergebnis des FG Münster<br />
nur in dem Fall zugestimmt werden, dass der Formwechsel zur Wahrung des (angeblichen) Erfordernisses der<br />
Identität der Anteilsinhaber mit einer den Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG erfüllenden Anteilsübertragung<br />
verb<strong>und</strong>en war – wofür die veröffentlichte Sachverhaltsdarstellung jedoch keinen Anhalt bietet.<br />
In diesem Beitrag wird zunächst die Begründung des Urteils des FG Münster vom 16. 2. 2006, das einen vor<br />
2000 verwirklichten Sachverhalt betraf, kommentiert <strong>und</strong> anschließend die Frage diskutiert, ob der heterogene<br />
Formwechsel einer gr<strong>und</strong>besitzenden Personengesellschaft mit mindestens 95 %igem Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft<br />
nach der <strong>Recht</strong>slage ab 20005) allein deshalb Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer auslöst, weil sich durch die<br />
Eintragung des Formwechsels für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG die Qualität der vermögensmäßig min. 95%igen<br />
Beteiligung wandelt (bis zum Formwechsel gesamthänderische Mitberechtigung, die gegenüber den anderen<br />
Beteiligungen unabhängig von der – nur schuldrechtlichen – Vermögensbeteiligungsquote gleichwertig ist, „Pro-<br />
Kopf-Betrachtung“; ab Formwechsel Kapitalgesellschaftsanteil, dem der Vermögensanteil dinglich anhängt).<br />
Inhalt Seite<br />
I. Urteil des FG Münster vom 16. 2. 2006 ............................................................ 17<br />
1. Sachverhalt <strong>und</strong> Begründung .................................................................. 17<br />
2. Formwechsel bewirkt keinen tatsächlichen <strong>Recht</strong>strägerwechsel................................... 18<br />
3. § 1 Abs. 3 GrEStG besteuert fingierte Gr<strong>und</strong>stückserwerbe ....................................... 19<br />
II. Im, dem Urteil des FG Münster vom 16. 2. 2006 zugr<strong>und</strong>e liegenden Fall: Keine Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG aufgr<strong>und</strong> tatsächlichen Anteilsübergangs oder tatsächlicher<br />
Quotenverschiebung ............................................................................ 19<br />
1. Ausscheiden der I-Verwaltungs-GmbH aus der formwechselnden Gesellschaft mit Eintragung<br />
des Formwechsels ............................................................................ 19<br />
2. Sog. Treuhandmodell mit der Eintragung des Formwechsels nachfolgender Anteilsübertragung umwandlungsrechtlich<br />
nicht erforderlich ........................................................... 20<br />
3. Nicht verhältniswahrender Formwechsel ........................................................ 21<br />
Literatur: Boruttau, GrEStG Kommentar, München,<br />
17. Aufl. 2006; Eilers/Müller-Eising, Die Umwandlung<br />
als neue Form des Unternehmenskaufs, WiB 1995, 449,<br />
450; Hofmann, GrEStG-Kommentar, Herne/Berlin,<br />
8. Aufl. 2004; Hofmann G., Heterogener Formwechsel<br />
<strong>und</strong> Anteilsvereinigung, UVR 2007, 222, 223; Klein,<br />
Die Aktiengesellschaft 1960, Sonderbeilage 2/1960<br />
Tz. 61 f., 93; Kroschewski, Zur Steuerbarkeit der unmittelbaren<br />
Anteilsvereinigung bei beherrschten Geselschaften<br />
gemäߧ 1 Abs. 3 GrEStG, BB 2001, 1121,<br />
1122; Lutter, UmwG, Köln, 3. Aufl. 2004; Pahlke/Franz,<br />
München, 3. Aufl. 2005; Salzmann/Loose, Anteilsvereinigung<br />
im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> 2 GrEStG<br />
bei Personengesellschaften, DStR 2005, 53; Siegel, Von<br />
der GmnH in die GmbH & Co. KG, Zivil- <strong>und</strong> Steuerrechtliche<br />
Schwerpunkte, GmbHR 1998, 1208, 1210;<br />
Simon/Leuering, Deckung von Pensionsverpflichtungen:<br />
Contractual Trust Arrangement, NJW-Spezial<br />
2005, 459, 460; Karsten Schmidt, Die BGB-Außengesellschaft:<br />
rechts- <strong>und</strong> parteifähig, NJW 2001, 993; Teiche,<br />
Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1<br />
<strong>und</strong> 2 GrEStG bei Personengesellschaften, DStR 2005,<br />
49; Usler, Der Formwechsel nach dem neuen Umwandlungsrecht,<br />
MittRhNotK 1998, 53 Heft 3; Widmann/Mayer,<br />
Umwandlungsrecht, Bonn/Berlin, (Oktober<br />
2007).<br />
I. Urteil des FG Münster vom 16. 2. 20066) 1. Sachverhalt <strong>und</strong> Begründung<br />
In dem zu beurteilenden Fall aus dem Jahr 1998 waren<br />
an der gr<strong>und</strong>besitzenden I-OHG eine AG zu 100 %<br />
<strong>und</strong> eine I-Verwaltungs-GmbH zu 0 % beteiligt. Gesellschafter<br />
der I-Verwaltungs-GmbH waren zu jeweils<br />
50 % die AG <strong>und</strong> die mit der AG weder gesellschaftsvertraglich<br />
noch auf sonstige Weise verb<strong>und</strong>ene<br />
SN GmbH. Mit Vereinbarung vom 27. 2. 1998 wurde<br />
beschlossen, die I-OHG in eine GmbH formwechselnd<br />
umzuwandeln. In der gleichen Urk<strong>und</strong>e wurde das<br />
3) Z.B. verliert der vormalige Gesamthänder, wenn die ein Gr<strong>und</strong>stück<br />
von ihrem Gesamthänder erwerbende Gesamthand innerhalb<br />
der Fünf-Jahres-Frist i.S.v. § 5 Abs. 3 GrEStG formwechselnd<br />
in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird, seine<br />
gesamthänderische Mitberechtigung an dem eingebrachten<br />
Gr<strong>und</strong>stück. Die gesamthänderische (sachenrechtliche) Mitberechtigung<br />
des Gesamthänders an dem eingebrachten Gr<strong>und</strong>stück<br />
wandelt sich zu Alleineigentum der Kapitalgesellschaft.<br />
Daher entfällt rückwirkend die Befreiung nach § 5 Abs. 1 bzw.<br />
Abs. 2 GrEStG. Nach herrschender Meinung reicht die zivilrechtliche<br />
Fiktion der vollständigen Identität des formwechselnden<br />
<strong>Recht</strong>strägers nicht soweit, dass die spätere Beteiligung an<br />
der Kapitalgesellschaft der von § 5 Abs. 3 GrEStG geforderten<br />
mindestens fünfjährigen gesamthänderischen Mitberechtigung<br />
in unveränderter Höhe gleichzustellen ist; vgl. BFH v.<br />
8. 12. 2002, II R 13/02, BStBl II 2003, 358; Hofmann, 8. Aufl.<br />
2004, § 5 GrEStG Rz. 32; Viskorf in Boruttau, 17. Aufl. 2006, § 5<br />
GrEStG, Rz. 85a ff.; Franz in Pahlke/Franz, 3. Aufl. 2005, § 5<br />
GrEStG Rz. 38.<br />
Überträgt eine Gesamthand ein Gr<strong>und</strong>stück auf eine Unter-Gesamthand,<br />
an der die übertragende Gesamthand beteiligt ist,<br />
wird die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer in Höhe der Beteiligung der übertragenden<br />
Gesamthand an der erwerbenden Gesamthand gemäß<br />
§ 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG nicht erhoben, soweit die an der<br />
übertragenden Gesamthand beteiligten natürlichen <strong>und</strong>/oder<br />
juristischen Personen gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 GrEStG seit mindestens<br />
fünf Jahren an der übertragenden Gesamthand beteiligt<br />
sind, <strong>und</strong> soweit diese natürlichen <strong>und</strong>/oder juristischen Personen<br />
ihre (indirekte) Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand<br />
gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in den folgenden fünf Jahren<br />
nicht verringern. Wird die übertragende oder die<br />
erwerbende Gesamthand innerhalb der Fünf-Jahres-Frist i.S.v.<br />
§ 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG durch Formwechsel in eine<br />
Kapitalgesellschaft umgewandelt, ändert sich das gr<strong>und</strong>erwerbsteuerrechtliche<br />
Zuordnungssubjekt (vor dem Formwechsel<br />
sind die an der übertragenden Gesamthand beteiligten natürlichen<br />
<strong>und</strong> juristischen Personen die Zuordnungssubjekte,<br />
danach die durch Formwechsel entstandene Kapitalgesellschaft);<br />
vgl. Hofmann, 8. Aufl. 2004, § 5 GrEStG Rz. 29. Ebenso<br />
steht die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer-Befreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG<br />
im Falle der Gr<strong>und</strong>stücksübertragung von einer – durch Formwechsel<br />
aus einer Kapitalgesellschaft entstandenen – Gesamthand<br />
auf den Gesamthänder nicht zur Verfügung, wenn der Gesamthänder<br />
seinen Gesamthandsanteil innerhalb der letzten<br />
fünf Jahre durch Formwechsel der gr<strong>und</strong>besitzenden Kapital- in<br />
eine Personengesellschaft erworben hat; Vgl. BFH v. 4. 4. 2001,<br />
II R 57/98, BStBl II 2001, 587; v. 19. 3. 2003, II R 12/01, BFH/NV<br />
2003, 1090; v. 18. 12. 2002, II R 13/01, BStBl II 2003, 358.
18 UVR 2008 Nr. 1 Behrens/Schmitt, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel ...<br />
Ausscheiden der I-Verwaltungs-GmbH aus der Gesellschaft<br />
– aufschiebend bedingt auf die Eintragung der<br />
formwechselnden Umwandlung der Gesellschaft in<br />
das Handelsregister – erklärt 7) . Der Sachverhalt lässt<br />
sich grafisch wie folgt darstellen:<br />
Das FG Münster befand, dass der Formwechsel zum<br />
Anfall von Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG<br />
geführt hat. Es begründet dieses Ergebnis wie folgt:<br />
„Nicht steuerbar ist jedoch eine bloße Formänderung<br />
des identitätswahrend fortbestehenden <strong>Recht</strong>strägers.<br />
Voraussetzung dafür ist, dass sich allein die rechtliche<br />
Organisation des Unternehmensträgers, dem vor <strong>und</strong><br />
nach der Umwandlung stets dasselbe Vermögen zugeordnet<br />
wird, ändert. Davon kann im Streitfall jedoch<br />
keine Rede sein. Denn das in gesamthänderischer Verb<strong>und</strong>enheit<br />
bei den Gesellschaftern der I-OHG vorhandene<br />
Gr<strong>und</strong>vermögen ist nicht identitätswahrend<br />
auf die gleichen Gesellschafter übergegangen. Vielmehr<br />
waren bei der I-OHG im Sinne einer gesamthänderischen<br />
Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen<br />
<strong>und</strong> damit an den Gr<strong>und</strong>stücken sowohl die AG als<br />
auch die I-Verwaltungs-GmbH beteiligt. Denn der Begriff<br />
der Anteile an der Personengesellschaft bezieht<br />
sich nicht auf die vermögensrechtliche Beteiligung an<br />
der Gesellschaft. Eine Beteiligung an der Personengesellschaft<br />
hat vielmehr auch derjenige Gesellschafter<br />
inne, der nicht vermögensmäßig am Gesellschaftskapital<br />
beteiligt ist. Abzustellen ist insoweit allein auf die<br />
gesellschaftsrechtliche Beteiligung. 8) Durch den Austritt<br />
der I-Verwaltungs-GmbH ist es damit nicht zu einem<br />
bloßen identitätswahrenden Formwechsel, sondern<br />
zu einem tatsächlichen <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
gekommen. Auf der Erwerberseite hat sich nämlich<br />
der Verb<strong>und</strong> der Gesamthandsgemeinschaft nicht gemeinsam<br />
als <strong>Recht</strong>sträger fortgesetzt. 9) Die vertraglichen<br />
Vereinbarungen führten dazu, dass nicht nur die<br />
Gesellschaftsform, sondern auch die Gesellschafter<br />
wechselten. Ein begünstigter Umwandlungsvorgang<br />
setzt jedoch voraus, dass die tragenden Personen weiterhin<br />
beteiligt sind. Entgegen der Auffassung der AG<br />
ist es ohne Bedeutung, ob der Gesellschafter in der<br />
„logischen Sek<strong>und</strong>e“ der Umwandlung oder erst später<br />
ausgeschieden ist. Abzustellen ist auf das abstrakte<br />
<strong>Recht</strong>sgeschäft, die vertragliche Vereinbarung vom<br />
27. 2. 1998, denn durch diese Vereinbarung kommt es<br />
zu der steuerpflichtigen Vereinigung der Anteile“ (Unterstreichung<br />
durch die Verfasser).<br />
2. Formwechsel bewirkt keinen tatsächlichen<br />
<strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
Unverständlich ist die Aussage des FG Münster, durch<br />
den Austritt der I-Verwaltungs-GmbH sei es nicht zu<br />
einem bloßen identitätswahrenden Formwechsel, sondern<br />
zu einem tatsächlichen <strong>Recht</strong>strägerwechsel gekommen,<br />
weil sich auf der Erwerberseite der Verb<strong>und</strong><br />
der Gesamthandsgemeinschaft nicht gemeinsam als<br />
<strong>Recht</strong>sträger fortgesetzt habe.<br />
Seit dem Ende der 90er Jahre ist soweit ersichtlich unbestritten,<br />
dass ein (homogener oder heterogener)<br />
Formwechsel keinen tatsächlichen <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
hinsichtlich der im Eigentum des formgewechselten<br />
<strong>Recht</strong>sträger stehenden Gr<strong>und</strong>stücke bewirkt. Im<br />
Beschluss vom 4. 12. 1996 hatte der BFH entschieden,<br />
es bestünden keine ernstlichen Zweifeln daran, dass<br />
die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft<br />
in eine Personengesellschaft nach dem UmwG<br />
1995 mangels <strong>Recht</strong>strägerwechsels nicht der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
unterliegt. 10) Zuvor hat das FG Münster<br />
im erstinstanzlichen Beschluss vom 13. 6. 1996 ausgeführt,<br />
dass die formwechselnde Umwandlung einer<br />
GmbH in eine KG zum Verlust der Identität der früheren<br />
juristischen Person führe. Die GmbH sei ihrer<br />
<strong>Recht</strong>spersönlichkeit entkleidet worden, „<strong>und</strong> alles,<br />
was ihr gehörte – mithin auch das fragliche Gr<strong>und</strong>stück<br />
–, ist in das Eigentum ihrer zu der KG verb<strong>und</strong>enen<br />
Mitglieder übergegangen“. Der Tatbestand von<br />
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG sei erfüllt. Das Gr<strong>und</strong>stückseigentum<br />
sei auf die Gesellschafter der durch Formwechsel<br />
aus der GmbH entstandenen KG übergegangen,<br />
ohne dass ein den Anspruch auf Übereignung<br />
begründendes <strong>Recht</strong>sgeschäft oder eine Auflassung<br />
voraus gegangen sei. 11)<br />
Der BFH stellte demgegenüber darauf ab, dass es gemäß<br />
§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG 1995 für die formwechselnde<br />
Umwandlung kennzeichnend sei, dass an ihr<br />
nur ein <strong>Recht</strong>sträger beteiligt sei, es weder zu einer<br />
Gesamtrechtsnachfolge eines <strong>Recht</strong>strägers in das<br />
Vermögen eines anderen komme noch es der Übertragung<br />
der einzelnen Vermögensgegenstände bedürfe.<br />
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel daran, dass<br />
das Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerrecht den zivilrechtlichen Vorgaben<br />
des UmwG mangels ausdrücklich anders<br />
lautender Vorschriften folgen müsse, also gr<strong>und</strong>erwerbsteuerrechtlich<br />
bei einer formwechselnden Um-<br />
4) Vgl. FG Münster v. 16. 2. 2006, 8 K 1785/03, EFG 2006, 1034<br />
(Rev. BFH, Az. II R 31/06).<br />
5) Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 trat an<br />
die Stelle der zuvor auf alle Anteile der gr<strong>und</strong>besitzenden<br />
Gesellschaft bezogenen Vereinigung die Vereinigung von<br />
mindestens 95 % der Anteile. Diese Neuregelung gilt für<br />
nach dem 31. 12. 1999 verwirklichte Erwerbsvorgänge. Vgl.<br />
§ 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG.<br />
6) Vgl. FG Münster v. 16. 2. 2006, 8 K 1785/03, EFG 2006, 1034.<br />
7) Vgl. die Sachverhaltsdarstellung in DANUS 5002187.<br />
8) Vgl. Fischer in Boruttau, 17. Aufl. 2006, § 1 GrEStG Rz. 867<br />
m.w.N.<br />
9) Vgl. dazu insg. Fischer in Boruttau, 17. Aufl. 2006, § 1<br />
GrEStG Rz. 550ff.<br />
10) Vgl. BFH v. 4. 12. 1996, II B 116/96, BStBl II 1997, 661. Die<br />
veröffentlichten Sachverhaltsdarstellungen enthalten keine<br />
Angaben zu den Gesellschaftern (bzw. deren Beteiligungsquoten)<br />
der formwechselnden Gesellschaft.<br />
11) Vgl. FG Münster v. 13. 6. 1996, 8 V 1705/96, DANUS<br />
0139196; FG Münster v. 23. 7. 1997, 8 K 3583/96, EFG 1998,<br />
227.; BayStMdF v. 14. 7. 1995, 37 – S 4521 – 16/117 – 41733,<br />
DB 1995, 1685.
Behrens/Schmitt, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel ... UVR 2008 Nr. 1 19<br />
wandlung der vorliegenden Art kein <strong>Recht</strong>strägerwechsel<br />
anzunehmen sei. 12)<br />
Die Finanzverwaltung hat sich der im BFH-Beschluss<br />
vom 4. 12. 1996 vertretenen Auffassung nach einigem<br />
Zögern angeschlossen. 13) Diese Auffassung ist seitdem<br />
soweit ersichtlich unbestritten. 14) Zu einem tatsächlichen<br />
<strong>Recht</strong>strägerwechsel von den Gesamthändern<br />
AG <strong>und</strong> I-Verwaltungs-GmbH in gesamthänderischer<br />
Verb<strong>und</strong>enheit auf die I-GmbH hat der Formwechsel<br />
in dem vom FG Münster entschiedenen Fall also nicht<br />
geführt.<br />
3. § 1 Abs. 3 GrEStG besteuert fingierte<br />
Gr<strong>und</strong>stückserwerbe<br />
Nach ständiger BFH-<strong>Recht</strong>sprechung ist § 1 Abs. 3<br />
GrEStG nach Wortlaut („außerdem“) <strong>und</strong> systematischer<br />
Stellung „ein Ersatztatbestand, besser: Ergänzungstatbestand,<br />
nicht nur zu § 1 Abs. 2 GrEStG (dieser<br />
als Ersatztatbestand gerichtet auf Erwerb der Verwertungsbefugnis),<br />
sondern in erster Linie zu § 1 Abs. 1<br />
GrEStG (als Haupttatbestände gerichtet auf den bürgerlich-rechtlichen<br />
Erwerb eines Gr<strong>und</strong>stücks)“. 15) §1<br />
Abs. 3 GrEStG führt zum Anfall von Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
auf „gedachte Gr<strong>und</strong>stückserwerbe“. Besteuert<br />
werde nicht die Anteilsvereinigung als solche, sondern<br />
die auf der erstmaligen Zuordnung aller Anteile der<br />
gr<strong>und</strong>besitzenden Gesellschaft beruhende erstmalige<br />
Zuordnung des Gr<strong>und</strong>vermögens der Gesellschaft, dessen<br />
Anteile vereinigt bzw. übertragen werden. 16) In den<br />
Fällen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong><br />
Nr. 2 GrEStG, wird der Erwerber so behandelt, als erwürbe<br />
er ein Gr<strong>und</strong>stück von der Gesellschaft. 17) Bei einer<br />
Übertragung bereits vereinigter Gesellschaftsanteile<br />
i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 3 <strong>und</strong> Nr. 4 GrEStG auf eine<br />
andere Hand wird ein Gr<strong>und</strong>stückserwerb vom die Anteile<br />
übertragenden Gesellschafter fingiert. 18)<br />
In der hier diskutierten Fallkonstellation könnte eine<br />
Vereinigung aller Anteile in der Hand der AG vorliegen,<br />
die die Fiktion der Übertragung des Gr<strong>und</strong>stücks<br />
von der I-OHG auf die AG auslöst, bei der es sich –<br />
würde sie tatsächlich stattfinden – um einen auf den<br />
bürgerlich-rechtlichen Erwerb eines Gr<strong>und</strong>stücks gerichteten<br />
Haupttatbestand handelte.<br />
Hofmann stimmt dem Urteil des FG Münster im Ergebnis<br />
nur für den Fall zu, dass die I-Verwaltungs-GmbH<br />
aufgr<strong>und</strong> der Eintragung der neuen <strong>Recht</strong>sform zunächst<br />
an dieser mit einem Geschäftsanteil beteiligt<br />
war <strong>und</strong> die aufschiebend bedingte Übertragung dieses<br />
Geschäftsanteils vereinbart wurde. 19) „Führte das<br />
Ausscheiden der Verwaltungs-GmbH zum Eintritt der<br />
aufschiebenden Bedingung für die antizipierte vereinbarte<br />
Übertragung des ihr zustehenden Geschäftsanteils,<br />
so war der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 (bzw.<br />
ggf. Nr. 2) GrEStG erfüllt“. Sollte demgegenüber nur<br />
das Ausscheiden der Verwaltungs-GmbH – aufschiebend<br />
bedingt auf die Eintragung des Formwechsels im<br />
Handelsregister – <strong>und</strong> nicht auch die aufschiebend bedingte<br />
antizipierte Übertragung des Geschäftsanteils<br />
auf die AG vereinbart worden sein, konnte die Vereinbarung<br />
vom 27. 2. 1998 nach Auffassung von Hofmann<br />
den Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG<br />
mangels Vorliegens eines dadurch begründeten Anspruchs<br />
auf Übertragung eines Geschäftsanteils durch<br />
die Verwaltungs-GmbH <strong>und</strong> mangels tatsächlicher<br />
Übertragung eines Geschäftsanteils nicht erfüllen.<br />
II. Im FG Münster-Sachverhalt: Keine Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG aufgr<strong>und</strong><br />
tatsächlichen Anteilsübergangs oder tatsächlicher<br />
Quotenverschiebung<br />
Gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG sind die Anteilsinhaber<br />
des formwechselnden <strong>Recht</strong>strägers an dem<br />
<strong>Recht</strong>sträger nach den für die neue <strong>Recht</strong>sform geltenden<br />
Vorschriften beteiligt, soweit ihre Beteiligung nicht<br />
nach §§ 190 ff. UmwG entfällt. Während das <strong>Recht</strong> der<br />
Personengesellschaften die Möglichkeit einer Beteiligung<br />
ohne Vermögensanteil vorsieht, setzt die gesellschaftsrechtliche<br />
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft<br />
(mit Ausnahme der Komplementärbeteiligung an<br />
einer KGaA) die Übernahme einer Einlage auf das gezeichnete<br />
Kapital voraus. 20) Entweder muss der vermögensmäßig<br />
zu 0 % an der Personengesellschaft Beteiligte<br />
mit Eintragung des Formwechsels der Personen- in<br />
eine Kapitalgesellschaft aus der Gesellschaft ausscheiden,<br />
oder er muss seine Beteiligung noch vor Eintragung<br />
des Formwechsels aufstocken, oder ihm muss<br />
durch den Formwechselbeschluss erstmalig mit Eintragung<br />
des Formwechsels eine vermögensmäßige Beteiligung<br />
an der Gesellschaft eingeräumt werden.<br />
1. Ausscheiden der I-Verwaltungs-GmbH aus der<br />
formwechselnden Gesellschaft mit Eintragung des<br />
Formwechsels<br />
Hofmann21) ist darin zuzustimmen, dass in dem – der<br />
veröffentlichen Sachverhaltsdarstellung zum Urteil<br />
des FG Münster vom 16. 2. 2006 entsprechenden –<br />
Fall, dass sich die I-Verwaltungs-GmbH nicht zur<br />
Übertragung eines durch Eintragung des Formwech-<br />
12) Vgl. BFH v. 4. 12. 1996, II B 116/96, BStBl II 1997, 661 unter<br />
Hinweis auf die vorherrschende Meinung in der Literatur.<br />
13) Vgl. z.B. FinMin Baden-Württemberg v. 18. 9. 1997, S 4520/2,<br />
StEK § 1 GrEStG, Nr. 115; BayStMdF v. 12. 12. 1997, 36 S 4521 –<br />
16/154-60799, BeckVerw 027323.<br />
14) Vgl. z.B. Fischer in Boruttau, 17. Aufl. 2006, § 1 GrEStG<br />
Rz. 550 <strong>und</strong> 555; Hofmann, 8. Aufl. 2004, § 1 GrEStG, Rz. 9;<br />
Pahlke in Pahlke/Franz, 3. Aufl. 2005, § 1 GrEStG Rz. 20.<br />
15) Vgl. BFH v. 16. 3. 1966, II 70/63, BStBl III 1966, 378.<br />
16) Vgl. z.B. FinMin Baden-Württemberg v. 28. 4. 2005, 3 –<br />
S 4505/18, DB 2005, 975f.; BFH v. 4. 12. 1996, II B 110/96,<br />
BFH/NV 1997, 440, 441; v. 15. 1. 2003, II R 50/00, BStBl II<br />
2003, 320, 321; Kroschewski, BB 2001, 1121, 1122 m.w.N. Die<br />
Anteilsvereinigung bzw. -übertragung erzeugt deshalb so<br />
viele Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerfälle als die Gesellschaft, deren Anteile<br />
sich in eine Hand vereinigen oder auf eine andere Hand<br />
übertragen werden, Gr<strong>und</strong>stücke i.S.v. § 2 GrEStG hat. Vgl.<br />
BFH v. 28. 6. 1972, II 77/64, BStBl II 1972, 719, 720.<br />
17) Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind, wenn es sich bei der Gesellschaft<br />
um eine Kapitalgesellschaft handelt, personenbezogene Befreiungsvorschriften<br />
in den Fällen von § 1 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong><br />
Nr. 2 GrEStG nicht anwendbar; vgl. BFH v. 31. 3. 1982,<br />
II R 92/88, BStBl II 1982, 424; v. 8. 6. 1988, II R 143/86, BStBl II<br />
1988, 785; FinMin Baden-Württemberg v. 28. 4. 2005, 3 –<br />
S 4505/18, DB 2005, 1975 f.<br />
18) Mithin sind personenbezogene Befreiungsvorschriften anwendbar;<br />
vgl. koordinierter Ländererlass v. 3. 6. 1993, Beck’sche<br />
Steuererlasse, § 1/9 600; FinMin Baden-Württemberg v.<br />
28. 4. 2005, 3–S4505/18, DB 2005, 975f.<br />
19) Vgl. Hofmann, UVR 2007, 222, 223.<br />
20) Gemäß § 14 GmbHG bestimmt sich der Geschäftsanteil eines<br />
Gesellschafters nach dem Betrag der übernommenen<br />
Stammeinlage.<br />
21) Vgl. Hofmann, UVR 2007, 222, 223.
20 UVR 2008 Nr. 1 Behrens/Schmitt, Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer durch quotenwahrenden Formwechsel ...<br />
sels entstehenden Geschäftsanteils auf die AG verpflichtete<br />
<strong>und</strong> sie auch tatsächlich keinen Geschäftsanteil<br />
auf die AG übertrug, der Tatbestand von § 1<br />
Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt ist. Denn § 1 Abs. 3<br />
Nr. 1 GrEStG in der vor 2000 gültigen Fassung setzte<br />
ein <strong>Recht</strong>sgeschäft voraus, das den Anspruch auf<br />
Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft<br />
begründete, wobei durch die Übertragung<br />
100 % der Anteile an der I-GmbH in der Hand der AG<br />
vereinigt worden wären. Ein Formwechsel-Beschluss,<br />
der das Ausscheiden eines Gesellschafters mit Eintragung<br />
des Formwechsels im Handelsregister vorsieht,<br />
begründet keinen Anspruch auf Anteilsübertragung.<br />
Hofmann22) lehnt auch die Verwirklichung des Tatbestandes<br />
von § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG ab. Denn den Geschäftsanteil,<br />
mit dem die AG aufgr<strong>und</strong> des Umwandlungsbeschlusses<br />
mit der Eintragung der neuen<br />
<strong>Recht</strong>sform in das Handelsregister gemäß § 202 Abs. 1<br />
Nr. 2 UmwG an der formgewandelten Kapitalgesellschaft<br />
beteiligt sei, habe die AG nicht von einem anderen<br />
erworben. Es handele sich um dieselbe Beteiligung,<br />
die die AG vor Eintragung des Formwechsels<br />
innehatte, weil das Formwechselrecht davon ausgehe,<br />
dass nicht die frühere Beteiligung erlischt <strong>und</strong> eine<br />
neue entsteht, sich die Beteiligung also ungebrochen<br />
fortsetzt. Zu der Frage, ob der Umstand, dass sich die<br />
Beteiligung qualitativ verändert habe, nicht nur nach<br />
§ 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, sondern auch gr<strong>und</strong>erwerbsteuerlich<br />
ohne Bedeutung ist, 23) vgl. unten in Ziffer 3.<br />
2. Sog. Treuhandmodell umwandlungsrechtlich nicht<br />
erforderlich<br />
Die Kombination des Formwechsels mit einer (aufschiebend<br />
bedingten) Anteilsübertragung war im Falle des<br />
Formwechsels einer Personengesellschaft mit vermögensmäßig<br />
zu 0 % beteiligtem Gesellschafter in eine<br />
Kapitalgesellschaft in der Literatur ursprünglich für<br />
notwendig erachtet worden, weil die Auffassung vorherrschte,<br />
dass die Regelungen in §§ 190 ff. UmwG insoweit<br />
keine Ausnahme vom Gr<strong>und</strong>satz der Identität<br />
der Anteilsinhaber zulassen <strong>und</strong> es die Gesetzesmaterialien<br />
zum UmwG nahe legen, dass die im Gesetz<br />
ausdrücklich geregelten – hier nicht einschlägigen –<br />
Einschränkungen dieses Gr<strong>und</strong>satzes als Ausnahmevorschriften<br />
abschließend sind. 24) Dass im Beschluss<br />
über den Formwechsel selbst das Ausscheiden des vermögensmäßig<br />
zu 0 % beteiligten Personengesellschafters<br />
mit Wirksamwerden des Formwechsels vorgesehen<br />
wird, wurde früher vielfach für unzulässig gehalten. 25)<br />
Dementsprechend – <strong>und</strong> um Diskussionen mit dem<br />
Handelsregister (auch zur Frage eines quotenverschiebenden<br />
Formwechsels) zu vermeiden – wurde empfohlen,<br />
den vermögensmäßig mit 0 % beteiligten Personengesellschafter<br />
vor Eintragung des Formwechsels<br />
einen Vermögensanteil erwerben zu lassen, allerdings<br />
nur treuhänderisch auf Rechnung eines der anderen<br />
Gesellschafter. Dieser Gesellschafter übertrug die treuhänderisch<br />
gehaltene Vermögensbeteiligung nach Eintragung<br />
des Formwechsels im Handelsregister als Anteil<br />
an der formgewechselten Kapitalgesellschaft auf<br />
den Treugeber zurück, wodurch er nach Eintragung des<br />
Formwechsels aus der Gesellschaft ausschied. 26)<br />
Dass bei einer solchen Gestaltung – auch noch nach<br />
der Absenkung der Beteiligungsschwelle i.S.v. § 1<br />
Abs. 3 GrEStG mit Wirkung ab 2000 – Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer<br />
nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ausgelöst werden<br />
kann, verdeutlicht das folgende Beispiel:<br />
Die Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer entsteht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1<br />
GrEStG mit Eintragung des Formwechsels im Handelsregister<br />
oder nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG mit<br />
Übertragung des von der GmbH treuhänderisch für A<br />
gehaltenen Anteils auf A. Auf Gr<strong>und</strong>lage des BFH-Urteils<br />
vom 28. 6. 1972 27) ist von der Verwirklichung des<br />
Tatbestandes i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG im Eintragungszeitpunkt<br />
auszugehen. 28)<br />
Im Urteil vom 9. 5. 2005 29) lässt es der BGH obiter dictum<br />
zu, dass im Rahmen des Formwechsels einer AG<br />
in eine GmbH & Co. KG – d.h. im Zeitpunkt der Eintragung<br />
des Formwechsels im Handelsregister – ein<br />
22) Vgl. Hofmann, UVR 2007, 222, 223.<br />
23) Vgl. Hofmann, UVR 2007, 222, 223 am Ende.<br />
24) Vgl. Decher in Lutter, 3. Aufl. 2004, § 202 UmwG Rz. 14ff.<br />
m.w.N.<br />
25) Vgl. Usler, MittRhNotK 1998, 53 Heft 3.<br />
26) Vgl. z.B. Eilers/Müller-Eising, WiB 1995, 449, 450; Siegel,<br />
GmbHR 1998, 1208, 1210; Vossius in Widmann/Mayer, § 228<br />
UmwG Rz. 45, 95 (Oktober 2007).<br />
27) Vgl. BFH v. 28. 6. 1972, II 77/64, BStBl II 1972, 719; vgl. dazu Fischer<br />
in Boruttau 17. Aufl. 2006, § 1 GrEStG Rz. 894 <strong>und</strong> 857.<br />
28) Vgl. Fischer in Boruttau, 17. Aufl. 2006, § 1 GrEStG Rz. 894<br />
<strong>und</strong> 857: „Gehörte schon zuvor Gr<strong>und</strong>besitz zum Vermögen<br />
der Gesellschaft, so entsteht die Steuerschuld aus § 1 Abs. 3<br />
Nr. 1 hinsichtlich dieser – <strong>und</strong> nur hinsichtlich dieser –<br />
Gr<strong>und</strong>stücke mit der Vereinigung in den Händen des Gesellschafters<br />
<strong>und</strong> des Treuhänders, also praktisch mit der Entstehung<br />
der Gesellschaft durch Eintragung (§ 11 GmbHG) in<br />
das Handelsregister ...“.<br />
29) Vgl. BGH v. 9. 5. 2005, II ZR 29/03, AG 2005, 613, Ziff. 2.a:<br />
„Der Umwandlungsbeschluss entsprach inhaltlich dem aus<br />
§§ 194 Abs. 1 Nr. 3, 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG abzuleitenden<br />
Gebot der Kontinuität der Mitgliedschaft bei der umgewandelten<br />
Gesellschaft. Aus diesem Prinzip folgt lediglich,<br />
dass Berechtigte, die zum Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels<br />
Anteilseigner sind, auch Mitglieder des <strong>Recht</strong>strägers<br />
neuer <strong>Recht</strong>sform werden. Dabei ist es für den Formwechsel<br />
der Aktiengesellschaft in eine GmbH & Co. KG<br />
ausreichend, wenn die Hauptversammlung, wie hier, mit einer<br />
Stimmenmehrheit von ¾ einen der bisherigen Aktionäre –<br />
oder sogar einen im Zuge des Formwechsels neu hinzutretenden<br />
Gesellschafter (vgl. dazu BGHZ 142, 1, 5) – mit dessen<br />
Zustimmung zum Komplementär der formgewechselten zukünftigen<br />
KG wählt <strong>und</strong> die Aktionäre im Übrigen Kommanditisten<br />
werde“ (Unterstreichung durch die Verfasser).
Halaczinsky, Gesetzesentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts UVR 2008 Nr. 1 21<br />
neuer Gesellschafter der Gesellschaft beitritt. 30) In der<br />
Literatur wird hieraus gefolgert, dass es beim Formwechsel<br />
in die <strong>und</strong> aus der GmbH & Co. KG künftig<br />
nicht mehr erforderlich ist, den 0 %igen Personengesellschafter<br />
entsprechend dem sog. Treuhandmodell<br />
vermögensmäßig zu beteiligen. 31)<br />
Daraus folgt auch, dass die nach der veröffentlichten<br />
Darstellung des Sachverhalts des Urteils des FG Münster<br />
vom 16. 2. 2006 gewählte Gestaltung, wonach der<br />
Beschluss über den Formwechsel vorsah, dass die<br />
I-Verwaltungs-GmbH aufschiebend bedingt mit der<br />
Eintragung der formwechselnden Umwandlung der<br />
I-OHG in eine GmbH in das Handelsregister aus der<br />
I-OHG ausschied, umwandlungsrechtlich zulässig<br />
war.<br />
3. Nicht verhältniswahrender Formwechsel<br />
Der Formwechsel ist gr<strong>und</strong>sätzlich mit keiner Änderung<br />
der Beteiligungsquoten der Anteilsinhaber verb<strong>und</strong>en.<br />
32) Die Regelungen in §§ 190 ff. UmwG enthalten<br />
keine § 128 UmwG entsprechende Regelung,<br />
wonach eine quotenabweichende Spaltung eines<br />
<strong>Recht</strong>strägers bei Zustimmung aller Anteilsinhaber<br />
zulässig ist. Dennoch ist die Meinung, dass der Gesetzgeber<br />
– von den in §§ 241 Abs. 1 <strong>und</strong> 242 UmwG vorgesehenen<br />
Ausnahmen abgesehen – einen quotenverschiebenden<br />
Formwechsel nicht zulassen wollte, nicht<br />
vorherrschend. § 194 Abs. 1 Nr. 4 UmwG, worin die<br />
Anteilsinhaber verpflichtet werden, die Beteiligungsquoten<br />
im Umwandlungsbeschluss zu bestimmen,<br />
enthält keine Vorgaben für die Festlegung der Beteiligungsquoten.<br />
Ein nicht verhätniswahrender (quotenverschiebender)<br />
Formwechsel wird daher von der<br />
wohl h.M. für zulässig erachtet. 33)<br />
Mithin wäre das sog. Treuhandmodell also auch in der<br />
Form zulässig, dass der bisher zu 0%anderPersonengesellschaft<br />
Beteiligte auf Gr<strong>und</strong>lage des Formwechselbeschlusses<br />
erst mit Eintragung des Formwechsels<br />
eine Vermögensbeteiligung an der Gesellschaft erwirbt,<br />
die er – zur Vermeidung bilanzieller <strong>und</strong> ertrag-<br />
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong><br />
Bewertungsrechts – ein erster Überblick<br />
Raymond Halaczinsky, Bonn *)<br />
steuerlicher Auswirkungen – von vornherein treuhänderisch<br />
für einen der anderen Gesellschafter hält.<br />
Wegen der – vom BGH34) bestätigten – Möglichkeit,<br />
einen Gesellschafter auf Gr<strong>und</strong>lage des Formwechselbeschlusses<br />
im Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels<br />
im Handelsregister aus der Gesellschaft<br />
ausscheiden zu lassen, ist jedoch die Wahl des Treuhandmodells<br />
auch in dieser Ausgestaltung nicht erforderlich.<br />
(Der Beitrag wird im nächsten Heft fortgeführt)<br />
30) Schon im Urteil v. 17. 5. 1999, II ZR 293/98, BGHZ 142, 2, 5<br />
führt der BGH aus: Dem Prinzip der Kontinuität der Mitgliedschaft<br />
bei der umgewandelten Gesellschaft „mag zwar nicht<br />
entgegenstehen, dass im Zuge des Formwechsels ein Gesellschafter<br />
neu hinzutritt, wie im vorliegenden Fall die Komplementär-GmbH<br />
... . Mit einer identitätswahrenden Umwandlung<br />
(Formwechsel) nicht mehr vereinbart ist es aber, dass im<br />
vorliegenden Fall von den 512 LPG-Mitgliedern zunächst nur<br />
noch ein Treuhandkommanditist unmittelbar an der künftigen<br />
KG beteiligt sein sollte. Dass dieser den Kommanditanteil<br />
nach dem Umwandlungsbeschluss nur vorübergehend treuhänderisch<br />
für die übrigen LPG-Mitglieder halten <strong>und</strong> später<br />
auf sie übertragen sollte, führt zu keiner Beurteilung; denn<br />
eine Kontinuität der Mitgliedschaft ist nur Fall einer weiterbestehenden,<br />
unmittelbaren mitgliedschaftlichen Beteiligung an<br />
der formgewechselten Gesellschaft gegeben“. Für den Formwechsel<br />
selbst ist eine qualifizierte Mehrheit ausreichend, vgl.<br />
§§ 233 Abs. 2, 240 Abs. 1 UmwG. Einen einstimmigen Beschluss<br />
aller Gesellschafter hält der BGH nicht für erforderlich.<br />
Vielmehr geht er davon aus, dass der umwandlungsgesetzlich<br />
geforderte ¾-Mehrheitsentscheid reicht, wenn auch der neu<br />
hinzutretende Gesellschafter zustimmt.<br />
31) Vgl. Simon/Leuering, NJW-Spezial 2005, 459, 460.<br />
32) Vgl. Gesetzesbegründung zu § 192 UmwG, zitiert bei Usler,<br />
MittRhNotK 1998, Heft 3, Seite 53, Fn. 430.<br />
33) Vgl. Usler, MittRhNotK 1998, Heft 3, 53 Fn. 434; Decher in<br />
Lutter, § 202 UmwG Rz. 21. Die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses<br />
zu einem quotenverschiebenden Formwechsel<br />
setzt wegen des mit der Quotenverschiebung verb<strong>und</strong>enen<br />
Eingriffs in die Mitgliedschaften der betroffenen<br />
Anteilsinhaber voraus, dass die betroffenen Anteilsinhaber<br />
ihre Zustimmung erteilen <strong>und</strong> die einzelnen Zustimmungserklärungen<br />
analog zu § 193 Abs. 3 Satz 1 UmwG notariell beurk<strong>und</strong>et<br />
werden.<br />
34) BGH v. 9. 5. 2005, II ZR 29/03, DB 2005, 1842; vgl. auch Fn. 21.<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung hat die Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong><br />
Bewertungsrechts in das Gesetzgebungsverfahren beschlossen. 1) Die Reform ist zeitlich <strong>und</strong> inhaltlich durch die<br />
Entscheidung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts v. 7. 11. 2006 2) vorgegeben. Der Entwurf setzt die schon bekannt<br />
gewordenen Eckpunkte der B<strong>und</strong>/Länderarbeitsgruppe um; d.h. er ist inhaltlich – soweit möglich – mit den<br />
jeweiligen Koalitionspartner <strong>und</strong> den B<strong>und</strong>esländern abgestimmt. Dies ist eine gute Ausgangsposition für ein<br />
schnelles Gesetzgebungsverfahren. Nach dem Zeitplan der Regierung soll die Reform schon am 1. 4. 2008 in<br />
Kraft treten. In dem Beitrag werden die wichtigsten inhaltlichen Änderungen dargestellt. 3)<br />
*) Ministerialrat Raymond Halaczinsky ist Dozent in der B<strong>und</strong>esfinanzakademie in Brühl.<br />
1) Zum Regierungsentwurf vgl. Internetseite des B<strong>und</strong>esfinanzministeriums (www.b<strong>und</strong>esfinanzministerium.de) unter der Rubrik<br />
Aktuelles – Gesetze.<br />
2) BVerfG v. 7. 11. 2006, 1 BvL 10/02, BStBl II 2007, 598 = DStR 2007, 235, dazu Halaczinsky, UVR 2007, 86.<br />
3) Redaktionelle Änderungen werden aus Platzgründen nicht erwähnt.
22 UVR 2008 Nr. 1 Halaczinsky, Gesetzesentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts<br />
Inhalt Seite<br />
I. Änderungen des Erbschaftsteuerrechts ........................................................... 22<br />
1. Änderungen bei den Steuertatbeständen ...................................................... 22<br />
2. Erwerbe durch freigebige Zuwendungen ...................................................... 22<br />
3. Wertermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs.................................................. 23<br />
4. Bewertung ................................................................................. 23<br />
5. Befreiungen ................................................................................ 23<br />
6. Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Gr<strong>und</strong>stücke .................................. 24<br />
7. Tarifgefüge ................................................................................. 24<br />
8. Wegfall der Abzugsbeschränkung nach § 25 ErbStG............................................ 24<br />
9. Anzeigepflichten , Zuständigkeiten ........................................................... 25<br />
10. Verhinderung von Gestaltungen in der Übergangszeit .......................................... 25<br />
II. Änderung des Bewertungsrechts ................................................................. 25<br />
1. Bewertung von Betriebsvermögen, LuF-Vermögen, Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Anteilen an<br />
Kapitalgesellschaften ........................................................................ 25<br />
2. Weitere Änderungen des Bewertungsgesetzes ................................................. 25<br />
III. Rückwirkende Anwendung des bisherigen Erbschaftsteuer-<strong>und</strong> Bewertungsrechts in Erbfällen<br />
(Art. 3 des Gesetzentwurfs) ...................................................................... 26<br />
IV. Fazit .......................................................................................... 26<br />
Literatur: Daragan, Die Auflage als erbschaftsteuerliches<br />
Gestaltungsmittel, DStR 1999, 393; Eisele, Erbschaftsteuerreform<br />
2008, NWB Beratung aktuell 2007,<br />
4037; Felix, Steuersätze der Erbschaftsteuer <strong>und</strong><br />
Gleichheitsgebot, DStR 19996, 889; Halaczinsky, Die<br />
Erbschaftsteuer ist verfassungswidrig – Zur Entscheidung<br />
des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts vom 7. 11. 2006,<br />
UVR 2007, 86; Schmidt/Schwind, „Carpe Diem“ im<br />
Vorfeld der Erbschaftsteuerreform, Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten<br />
nach geltendem <strong>Recht</strong>, NWB<br />
Beratung aktuell 2007, 4229; Stahl, Schenkung- <strong>und</strong><br />
Erbschaftsteuerplanung im Vorfeld der Erbschaftsteuerreform<br />
2008, KÖSDI 2007, 15820; Wachter, Reform<br />
des Erbschaft- <strong>und</strong> Schenkungsteuerrechts: Erste Konturen<br />
der geplanten Neuregelung, ZErb 2007, 442;<br />
Zipfel, Eckpunkte zum Referentenentwurf zur Erbschaftsteuerreform<br />
2008, BB 2007, 2651.<br />
I. Änderungen des Erbschaftsteuerrechts<br />
1. Änderungen bei den Steuertatbeständen4) a) Erwerbe von Todes wegen<br />
Abfindungen für die Zurückweisung eines <strong>Recht</strong>s aus<br />
einem Vertrag des Erblassers zugunsten Dritter werden<br />
künftig steuerbar sein. Nach noch geltendem<br />
<strong>Recht</strong>5) sind z.B. Abfindungen, die ein Lebensgefährte<br />
von einem Erben dafür erhält, dass er auf eine Lebensversicherungssumme<br />
zugunsten des Erben verzichtet,<br />
nicht gem. § 3 ErbStG steuerbar. Künftig mindert die<br />
Abfindungsverpflichtung den Erwerb der Lebensversicherungssumme.<br />
b) Herausgabeanspruch eines Schlusserben<br />
Der Schlusserbe eines gemeinschaftlichen Testaments<br />
(Berliner Testament, § 2269 BGB) hat unter bestimmten<br />
Voraussetzungen gegen den Beschenkten einen<br />
Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />
(in analoger Anwendung des § 2287 BGB). In § 3<br />
Abs. 1 Nr. 7 ErbStG wird angeordnet, dass sein Erwerb<br />
von Todes wegen der Besteuerung unterliegt. 6)<br />
c) Gütergemeinschaft bei Lebenspartnerschaft<br />
§ 4 Abs. 1 ErbStG-Entwurf sieht vor, dass in dem Fall,<br />
in dem die Gütergemeinschaft beim Tod eines Lebenspartners<br />
mit gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt<br />
wird, erbschaftsteuerrechtlich die gleichen<br />
<strong>Recht</strong>sfolgen wie bei einer fortgesetzten ehelichen Gütergemeinschaft<br />
eintreten sollen. 7)<br />
d) Zugewinngemeinschaft bei Lebenspartnerschaft<br />
Leben die Lebenspartner im gesetzlichen Güterstand<br />
der Zugewinngemeinschaft (§ 6 LPartG) <strong>und</strong> wird der<br />
Güterstand beendet, soll ein entstehender Ausgleichsanspruch<br />
in demselben Umfang steuerfrei bleiben, wie<br />
er im Fall der Zugewinngemeinschaft unter Ehegatten<br />
steuerfrei bleibt.<br />
e) Auflage, die beim Tod des Beschwerten fällig wird<br />
Erwerbe aufgr<strong>und</strong> der Vollziehung einer Auflage des<br />
Erblassers (§ 1940 BGB), die erst beim Tod des Beschwerten<br />
fällig werden soll, sollen, wie bisher schon<br />
entsprechende Vermächtnisse nicht als Erwerb vom<br />
Erblasser, sondern vom Beschwerten zu versteuern<br />
sein (§ 6 Abs. 4 ErbStG). Damit werden (vermeintlich<br />
missbräuchliche) Gestaltungen verhindert. 8) Da die<br />
Steuer für die Auflage erst bei dessen Erfüllung entsteht,<br />
dürfte die <strong>Recht</strong>sänderung auch schon eingegangene<br />
Gestaltungen betreffen.<br />
2. Erwerbe durch freigebige Zuwendungen<br />
a) Lebenspartnerschaft <strong>und</strong> Begründung der<br />
Gütergemeinschaft<br />
Vereinbaren die Lebenspartner durch Lebenspartnerschaftsvertrag<br />
die Gütergemeinschaft, soll eine durch<br />
die hälftige Beteiligung am Gesamtgut eintretende objektive<br />
Bereicherung eines Lebenspartners wie im Fall<br />
von Ehegatten besteuert werden.<br />
b) Formwechsel eines rechtsfähigen Vereins in eine<br />
Kapitalgesellschaft<br />
Anders als bei der Auflösung eines Vereins kommt es<br />
bei dessen Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft somit<br />
nicht zum Anfall von dessen Vermögen bei den<br />
4) Redaktionelle Änderungen werden aus Platzgründen nicht<br />
erwähnt.<br />
5) Also bis zum Inkrafttreten des neuen <strong>Recht</strong>s.<br />
6) Nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung.<br />
7) Der Anteil des verstorbenen Lebenspartners am Gesamtgut<br />
wird so behandelt, als sei er auf die anteilsberechtigten Abkömmlingen<br />
durch Erbanfall übergegangen.<br />
8) Dazu Daragan, DStR 1999, 393.
Halaczinsky, Gesetzesentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts UVR 2008 Nr. 1 23<br />
Mitgliedern oder den sonstigen Anfallsberechtigten.<br />
Handelt es sich bei dem Verein um einen Familienverein<br />
im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, entfällt infolge<br />
der Umwandlung künftig die alle 30 Jahre zu erhebende<br />
Ersatzerbschaftsteuer. Deshalb sollen bei<br />
einer solchen Umwandlung dieselben <strong>Recht</strong>sfolgen<br />
eintreten wie im Fall einer Auflösung des Vereins. D.h.<br />
offenbar müssen bei den Erwerbern die anstelle der<br />
Mitgliedschaft am Familienverein erhaltenen Anteile<br />
an der „neuen“ Kapitalgesellschaft besteuert werden.<br />
3. Wertermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs<br />
Der steuerpflichtige Erwerb ist derjenige Wert, nach<br />
dem sich der Steuersatz richtet (vgl. § 19 ErbStG). Er<br />
repräsentiert den Wert der steuerbaren <strong>und</strong> steuerpflichtigen<br />
Erwerbe. Bei Erwerben von Todes wegen<br />
errechnet er sich im Prinzip aus dem Nachlassvermögen<br />
abzgl. der abzugsfähigen Verbindlichkeiten <strong>und</strong><br />
sonstigen Schulden <strong>und</strong> Lasten. Bei Schenkungen<br />
errechnet sich der Wert nach dem Reinwert der Schenkung<br />
bzw. bei gemischten Schenkungen oder Schenkungen<br />
unter Auflage nach der Wertermittlungsmethode<br />
des R 17 Abs. 1 bis 4 ErbStR. Letztere<br />
Wertermittlung dürfte bei durchgehendem Ansatz der<br />
gemeinen Werte wohl überflüssig werden.<br />
a) Schulden <strong>und</strong> Lasten im Zusammenhag mit<br />
steuerbefreitem Betriebsvermögen <strong>und</strong> dgl.<br />
Die neuen Sätze 4 <strong>und</strong> 5 in § 10 Abs. 6 ErbStG sollen<br />
die Abzugsfähigkeit von Schulden <strong>und</strong> Lasten regeln,<br />
die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreitem<br />
Betriebsvermögen, land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichem<br />
Vermögen <strong>und</strong> steuerbefreiten Anteilen an Kapitalgesellschaften<br />
(§ 13a ErbStG) <strong>und</strong> steuerbefreiten<br />
für zu Wohnzwecken vermieteten Gr<strong>und</strong>stücken<br />
(§ 13c ErbStG) stehen. Ihr Abzug wird auf den Teil begrenzt,<br />
der dem steuerpflichtig verbleibenden Teil des<br />
genannten Vermögens entspricht. Ein Verzicht auf die<br />
Befreiungen nach § 13a, § 13b, <strong>und</strong> § 19 ErbStG ist<br />
z.Zt. nicht vorgesehen. M.E. weiterhin geboten.<br />
b) Gr<strong>und</strong>stücksbelastung mit Nutzungsechten<br />
Der neue Satz 6 verhindert, dass Nutzungsrechte an<br />
einem Gr<strong>und</strong>stück, die bereits beim vom Steuerpflichtigen<br />
nachgewiesenen Verkehrswert des Gr<strong>und</strong>stücks<br />
berücksichtigt wurden (vgl. §§ 138 ff. BewG), zusätzlich<br />
als Nachlassverbindlichkeit oder Duldungslast abgezogen<br />
werden können. 9)<br />
4. Bewertung<br />
§ 12 ErbStG schreibt wie bisher die Bewertungsmethoden<br />
für die vererbten, geschenkten <strong>und</strong> sonst wie unentgeltlich<br />
zugewendeten Vermögenswerte vor. Die<br />
eigentliche Bewertung wird <strong>und</strong> ist nach wie vor im<br />
Bewertungsgesetz geregelt. Die Bewertung dient der<br />
Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs i.S.v. § 10<br />
ErbStG. Neu ist, dass § 12 ErbStG nicht mehr direkt<br />
das Bewertungsziel vorschreibt. Dennoch ist dies<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich der gemeine Wert (vgl. § 11, § 109,<br />
§ 162, § 177 BewG-Entw.). Dies ergibt sich vielmehr<br />
erst durch Verweis auf § 151 ff. BewG bzw. auf § 31<br />
BewG – wie bisher – für ausländisches Betriebsvermögen<br />
<strong>und</strong> ausländischen Gr<strong>und</strong>besitz. Näheres zur Bewertung<br />
s.u. unter II.<br />
5. Befreiungen<br />
a) Allgemeine Befreiungen<br />
Neben einer Anzahl von redaktionellen Anpassungen<br />
werden künftig vor allem Lebenspartner in die für<br />
Ehegatten geltenden Befreiungen einbezogen. Betragsmäßig<br />
wird der Freibetrag für andere bewegliche<br />
körperliche Gegenstände, die nicht zum Hausrat gehören,<br />
bei Erwerbern der Steuerklasse I <strong>und</strong> der zusammengefasste<br />
Freibetrag für Hausrat einschließlich Wäsche<br />
<strong>und</strong> Kleidungsstücke sowie anderer beweglicher<br />
körperlicher Gegenstände beim Erwerb durch Personen<br />
der Steuerklassen II <strong>und</strong> III von 10 300 j auf<br />
12 000 j erhöht.<br />
b) Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe<br />
der Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft <strong>und</strong> Anteile an<br />
Kapitalgesellschaften<br />
Der neue § 13a i.V.m § 13b ErbStG ist ein Kernstück<br />
der Erbschaftsteuerreform.<br />
aa) Begünstigtes Vermögen<br />
§ 13b ErbStG definiert das zu begünstigende Vermögen.<br />
Von dem prinzipiell begünstigten Vermögen wird<br />
nur 85 % nach § 13a ErbStG-Entw. begünstigt, d.h.<br />
nicht bei steuerpflichtigem Erwerb angesetzt <strong>und</strong> damit<br />
erst einmal verzinsungsfrei nicht besteuert. Zum<br />
begünstigten Vermögen gehören LuF-Betriebe, gewerbliche<br />
<strong>und</strong> freiberufliche Betriebe, Mitunternehmeranteile<br />
<strong>und</strong> Anteile an Kapitalgesellschaften (bei<br />
Beteiligung des Erblassers von mindestens 25 %). Vermögen,<br />
das einer Betriebstätte in einem Mitgliedstaat<br />
der EU oder in einem Staat des europäischem Wirtschaftraum<br />
dient, wird in die Vergünstigungen mit<br />
einbezogen. 10) Abzugrenzen sind die begünstigten<br />
Einheiten von LuF-Betrieben <strong>und</strong> Gewerbebetrieben<br />
von solchen, bei denen das Betriebsvermögen zu mehr<br />
als der Hälfte aus Verwaltungsvermögen (bezogen<br />
auf den gemeinen Wert des Betriebs) besteht. Das Verwaltungsvermögen<br />
wird in § 13b Abs. 2 ErbStG-Entw<br />
umfangreich beschrieben. Letztere Einheiten fallen<br />
ganz aus der Begünstigung nach § 13a ErbStG-Entw<br />
heraus! Bei vorhandenem Verwaltungsvermögen unter<br />
50 % im Betriebsvermögen, ist dieses nur dann begünstigt,<br />
wenn es zum Stichtag bereits zwei Jahre <strong>und</strong><br />
mehr dem Betriebsvermögen zuzurechnen war.<br />
bb) Verschonung des „Produktivvermögens“<br />
Auch das begünstigte Produktivvermögen ist immer<br />
mit 15 % seines Wertes zu besteuern. Von diesem<br />
Wert/Betrag bleiben bis zu 150 000 l steuerfrei (sog.<br />
Abzugsbetrag). Bei größeren Betrieben wird der Abzugsbetrag<br />
in Abhängigkeit vom Wert des Betriebsvermögens<br />
vermindert <strong>und</strong> wird ab einem gemeinen<br />
Wert von 450 000 j nicht mehr gewährt. Darüber hinaus<br />
gibt es einen sog. Verschonungsabschlag. Das<br />
begünstigte Produktivvermögen wird zunächst nicht in<br />
den steuerpflichtigen Erwerb einbezogen. D.h. im Optimalfall<br />
können 85 % des begünstigten Produktivvermögen<br />
steuerfrei vererbt oder geschenkt werden.<br />
9) Damit wird die Auffassung der Finanzverwaltung auch gesetzlich<br />
festgeschrieben; vgl. bisher H 17 (3) <strong>und</strong> H 177<br />
ErbStH.<br />
10) Möglicherweise wird im Ausland belegenes Vermögen allgemein<br />
begünstigt.
24 UVR 2008 Nr. 1 Halaczinsky, Gesetzesentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts<br />
Außerdem wird die Steuer immer nach Steuerklasse I<br />
berechnet.<br />
Beispiel:<br />
Der alleinige Kommanditist einer GmbH&Co KG will seinen<br />
Anteil unter Zurückbehaltung von 10 % an seine beiden<br />
Kinder verschenken. Der gemeine Wert des Anteils<br />
soll 8,0 Mio. j betragen. Demnach stehen 3,6 Mio. j zur<br />
Schenkung an jedes Kind an. Nach Abzug des Verschonungsbetrages<br />
von 85 % erhält jedes Kind 540 000 j, davon<br />
gehen ab der Abzugsbetrag von 150 000 j <strong>und</strong> der<br />
persönliche Freibetrag von 400 000 j, so dass im besten<br />
Fall 7,2 Mio. j auf die nächste Generation schenkungsteuerfrei<br />
übergehen können. (die restlichen zu versteuernden<br />
15% werden durch den Abzugsbetrag <strong>und</strong> den erhöhten<br />
persönlichen Freibetrag kompensiert). Ein Vergleich mit<br />
dem geltenden <strong>Recht</strong> ist reell nicht möglich, da die heutige<br />
Bemessungsgr<strong>und</strong>lage individuell unterschiedlich sein<br />
kann. Ginge man davon aus, dass die heutige Bewertung<br />
etwa 35 % des gemeinen Wert darstellt, ergäbe sich bei einem<br />
Kind ein Erwerb von 1,26 Mio. j, gemindert um einen<br />
Bewertungsabschlag von 35 % = 819 000 j abzgl. ½ Betriebsvermögensfreibetrag<br />
<strong>und</strong> persönlichem Freibetrag<br />
von 112 500 j <strong>und</strong> 205 000 j, so blieben immerhin<br />
501 500 j mit je 15 % zu versteuern.<br />
Voraussetzungen für die neue Verschonung sind:<br />
• 15-jährige, bzw. bei LuF 20-jährige Behaltenspflicht.<br />
11) Wenn <strong>und</strong> soweit die Behaltenspflicht<br />
nicht eingehalten wird, entfällt der Verschonungsabschlag<br />
<strong>und</strong> der Abzugsbetrag für Kleinbetriebe<br />
ganz oder anteilig.<br />
• Erhaltung der Arbeitsplätze über 10 Jahre. Der Indikator<br />
dafür ist die jeweilige Lohnsumme, also die<br />
Summe der im Unternehmen gezahlten Löhne <strong>und</strong><br />
Gehälter in Form eines Durchschnittsbetrages über<br />
die dem Unternehmensübergang vorangegangenen<br />
fünf Jahre. Angesichts des genannten Zeitraums<br />
von 10 Jahren wird eine Fortschreibung des Indikators<br />
Lohnsumme auf der Gr<strong>und</strong>lage der durchschnittlichen<br />
Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsentwicklung vorgesehen.<br />
In den folgenden zehn Jahren müssen in<br />
jedem Jahr 70 % der Ausgangslohnsumme erreicht<br />
werden, um die Begünstigung in vollem Umfang zu<br />
erhalten. Für jedes Jahr, in dem dieser Mindestwert<br />
unterschritten wird, verringert sich der Verschonungsabschlag<br />
um 10 %. Gilt nicht bei kleinen Betrieben<br />
bis unter 10 Beschäftigten.<br />
• Keine Überentnahmen12) (mehr als 150 000 j) innerhalb<br />
von 15 bzw. 20 Jahren.<br />
c) Nachversteuerung<br />
Bei schädlichen Verfügungen wird die Steuer rückwirkend<br />
neu festgesetzt. Der Entwurf legt dem Steuerpflichtigen<br />
hierzu Anzeigepflichten auf. Außerdem ist<br />
die nachzuzahlende Steuer ab schädlicher Verfügung<br />
zu verzinsen. Nach der Gesetzesbegründung sollen<br />
noch Lösungen zur Vermeidung einer doppelten Belastung<br />
mit Ertragsteuern aus dem gleichen Anlass gesucht<br />
werden.<br />
6. Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete<br />
Gr<strong>und</strong>stücke<br />
Bebaute Gr<strong>und</strong>stücke oder Gr<strong>und</strong>stücksteile, die zu<br />
Wohnzwecken vermietet werden, im Inland, einem Mitgliedstaat<br />
der Europäischen Union oder in einem Staat<br />
des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind, sind<br />
mit 90 % ihres Werts anzusetzen. Nicht einbezogen sind<br />
vermietete Objekte, die zum begünstigten Betriebsvermögen<br />
oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der<br />
Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft im Sinne des § 13a gehören.<br />
Auch hier gilt eine 15-jährige Behaltensfrist.<br />
7. Tarifgefüge<br />
In Folge der politischen Festlegungen bzgl. der „Aufkommensneutralität“<br />
waren die persönlichen Freibeträge<br />
anzuheben <strong>und</strong> die Steuersätze zu ändern. Die<br />
Belastungsverschonungen in der Steuerklasse I werden<br />
durch Belastungserhöhungen in den Steuerklassen<br />
II <strong>und</strong> III kompensiert.<br />
a) Die persönlichen Freibeträge<br />
Für Ehegatten <strong>und</strong> Lebenspartner beträgt der Freibetrag<br />
500 000 j, für Kinder 400 000 j <strong>und</strong> Enkel<br />
100 000 j. Personen der Steuerklasse II (z.B. Geschwister)<br />
haben einen Freibetrag von 20 000 j, Personen<br />
der Steuerklasse III von 20 000 j. Beschränkt<br />
Steuerpflichtige haben einen Freibetrag von 2 000 j.<br />
Der Versorgungsfreibetrag von 256 000 l bleibt unverändert,<br />
künftig sollen ihn auch Lebenspartner erhalten.<br />
b) Die neuen Steuersätze 13)<br />
Wert des steuer- Prozentsatz in der<br />
pflichtigen Steuerklasse<br />
Erwerbs (§ 10) bis<br />
einschließlich<br />
… Euro I II III<br />
75 000 7 30 30<br />
300 000 11 30 30<br />
600 000 15 30 30<br />
6 000 000 19 30 30<br />
13 000 000 23 50 50<br />
26 000 000 27 50 50<br />
über 26 000 000 30 50 50<br />
Die Wertstufen des steuerpflichtigen Erwerbs werden<br />
leicht angehoben. Die Steuersätze in StKl I bleiben<br />
gleich, In StKl II <strong>und</strong> III werden sie deutlich angehoben;<br />
außerdem wird insoweit nicht mehr nach Verwandtschaftsnähe<br />
differenziert. Lebenspartner bleiben<br />
in Steuerklasse III.<br />
8. Wegfall der Abzugsbeschränkung nach § 25<br />
ErbStG<br />
Das bisherige Abzugsverbot für bestimmte, die Bereicherung<br />
mindernde Belastungen, insbesondere Nießbrauchslasten<br />
zugunsten des Schenkers oder seines<br />
Ehegatten, entfällt, was mit erheblichen Vereinfachungen<br />
verb<strong>und</strong>en ist. Hier ergeben sich neue Gestaltungsmodelle<br />
<strong>und</strong> steuertechnisch noch weitere bisher<br />
nicht gesehene Auswirkungen z.B. auf § 16 BewG, § 3<br />
11) Praktisch einschl. Umwandlungssperre.<br />
12) Auch bei Kapitalgesellschaften sollen künftig Überentnahmen<br />
schädlich sein.<br />
13) Da diese Steuersatzabstufung weder Art. 3 noch Art. 6 GG<br />
einigermaßen gerecht wird, ist anzunehmen, dass im Gesetzgebungsverfahren<br />
hier noch Korrekturen vorgenommen werden<br />
(müssen). Zum Erbschaftsteuertarif gr<strong>und</strong>sätzlich, Felix,<br />
DStR 1996, 889.
Halaczinsky, Gesetzesentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts UVR 2008 Nr. 1 25<br />
Nr. 2 GrEStG, Berechnung der steuerfreien Ausgleichforderung<br />
nach § 5 Abs. 1 ErbStG.<br />
9. Anzeigepflichten , Zuständigkeiten<br />
Mit § 30 ErbStG sollen die Anzeigepflichten verschärft<br />
werden, Auch wenn wegen vorrangiger Anzeige von<br />
Gerichten, Notaren, deutschen Konsuln gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
keine Anzeigepflicht besteht, müssen künftig die Erwerber<br />
von Gr<strong>und</strong>besitz, Betriebsvermögen Anteilen<br />
an Kapitalgesellschaften auch selbst ihren Erwerb anzeigen.<br />
Bei ungeteilten Erbengemeinschaften ist das<br />
mit dem Erbfall befasste Finanzamt zuständig.<br />
10. Verhinderung von Gestaltungen in der<br />
Übergangszeit<br />
Die neuen Vergünstigungen für Produktivvermögen<br />
sind nicht zu erreichen, wenn das begünstigte Vermögen<br />
vor dem 1. 1. 2011 von Todes wegen oder durch<br />
Schenkung unter Lebenden erworben wird, bereits<br />
Gegenstand einer vor dem 1. 1. 2007 ausgeführten<br />
Schenkung desselben Schenkers an dieselbe Person<br />
war <strong>und</strong> wegen eines vertraglichen Rückforderungsrechts<br />
nach dem 11. 11. 2005 14) herausgegeben werden<br />
musste.“ § 37 Abs. 3 ErbStG-Entw soll verhindern,<br />
dass Zuwendungen, die vor dem 1. 1. 2007 ausgeführt<br />
<strong>und</strong> nach §§ 13a, 19a ErbStG entlastet werden, aufgr<strong>und</strong><br />
vertraglicher Widerrufs- <strong>und</strong> Rücktrittsklauseln<br />
zurück abgewickelt werden, verb<strong>und</strong>en mit einer Erstattung<br />
der bereits entrichteten Steuer gemäß § 29<br />
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, um die günstigeren neuen Bestimmungen<br />
auszunutzen. Die bisherigen §§ 13a, 19a<br />
ErbStG sind über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der<br />
Neuregelung hinaus nicht anwendbar. Der Ausschluss<br />
der neuen Begünstigungen soll für Zuwendungen gelten,<br />
für die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren<br />
seit dem 1. Januar 2007 die Steuer entsteht.<br />
II. Änderung des Bewertungsrechts<br />
1. Bewertung von Betriebsvermögen, LuF-<br />
Vermögen, Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Anteilen an<br />
Kapitalgesellschaften<br />
Ein Kernstück der Erbschaftsteuerreform ist die Neuregelung<br />
des Betriebsvermögens, des LuF-Vermögens<br />
<strong>und</strong> der Anteile an Kapitalgesellschaften. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
gilt hier als Bewertungsziel einheitlich der gemeine<br />
Wert. Am einfachsten wäre dieser aus zeitnahen<br />
Verkäufen abzuleiten; allerdings dürften zeitnahe Verkäufe<br />
nach dem Erb- oder Schenkungsfall selten sein,<br />
denn dadurch würden die Begünstigungen nach<br />
§§ 13a, 19a ErbStG entfallen. Fehlen zeitnahe Verkaufpreise,<br />
soll die Werte nach auch im gewöhnlichen<br />
Geschäftsverkehr üblichen Methoden geschätzt werden.<br />
Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ist demnach ein individuell<br />
ermittelter Steuerwert, der je nach Bewertungsmethode<br />
mehr oder weniger genau den Verkehrswert<br />
abbildet. Allgemeine Aussagen zum künftigen Bewertungsniveau<br />
können derzeit demnach nicht gemacht<br />
werden. Betriebsvermögen/Mitunternehmerbeteiligungen<br />
werden unabhängig von der <strong>Recht</strong>sform unter Berücksichtigung<br />
der Ertragsaussichten oder einer anderen<br />
außersteuerlich anerkannten Methode bewertet.<br />
Insbesondere für Einzelunternehmen <strong>und</strong> Personengesellschaften<br />
kann dies u.U. eine erhebliche Steigerung<br />
der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage bedeuten. 15) Mindestwert<br />
soll die Summe der saldierten Einzelwerte sein. Einzel-<br />
heiten der Bewertung des Betriebsvermögens <strong>und</strong> der<br />
Anteile an Kapitalvermögen sollen in einer <strong>Recht</strong>sverordnung<br />
niedergelegt werden. 16) Der Wert ist gesondert<br />
festzustellen; 15% davon sind sofort zu besteuern.<br />
Gr<strong>und</strong>stückswerte sollen ebenfalls nach im gewöhnlichen<br />
Geschäftsverkehr geltenden Bewertungsmethoden<br />
ermittelt werden. Unbebaute Gr<strong>und</strong>stücke sind<br />
nach den aktuellen Bodenrichtwerten zu bewerten. 17)<br />
Bebaute Gr<strong>und</strong>stücke sind je nach Gr<strong>und</strong>stücksart in<br />
einem Ertragswert- oder Sachwertverfahren zu bewerten.<br />
Bei einer Vielzahl gleichartiger Objekte, z.B.<br />
bei Eigentumswohnungen, kann auch das Vergleichswertverfahren<br />
angewendet werden. Einzelheiten sollen<br />
ebenfalls in einer <strong>Recht</strong>sverordnung geregelt werden,<br />
ohne deren Kenntnis Gestaltungsplanungen<br />
kaum rechtssicher möglich sind. Auch hier ist demnach<br />
Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ein individuell ermittelter<br />
Steuerwert, der je nach Bewertungsmethode mehr<br />
oder weniger genau den Verkehrswert abbildet. Dennoch<br />
bleibt die Öffnungsklausel, dass Obergrenze der<br />
Erbschaftsbesteuerung der nachgewiesene Verkehrswert<br />
ist, erhalten. Zur Sicherstellung der Datenlage<br />
werden in §§ 193, 196 BauGB die Aufgaben der Gutachterausschüsse<br />
stärker konkretisiert.<br />
Im Bereich der Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft soll der Wirtschaftsteil<br />
mit einem Verkehrswert <strong>und</strong> der Wohnteil<br />
wie andere private oder betriebliche Gr<strong>und</strong>stücke bewertet<br />
werden. Kann der Wirtschaftsteil nicht aus Verkaufspreisen<br />
abgeleitet werden, soll ein Ertragswertverfahren<br />
auf der Basis der Landpachtpreise <strong>und</strong> einem<br />
Kapitalisierungsfaktor von 5,5 % zur Anwendung kommen.<br />
In bestimmten Fällen (geringer Ertrag) ist ein Mindestwert<br />
anzusetzen (§ 164 BewG). Einzelheit sollen<br />
noch in einer <strong>Recht</strong>sverordnung geregelt werden. In<br />
den folgenden 20 Jahren kann eine Nachversteuerung<br />
bei Veräußerung oder Entnahme von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden<br />
in Betracht kommen, wenn der ursprüngliche Steuerwert<br />
unter dem Liquidationswert liegt.<br />
Übriges Vermögen wird wie bisher – weitgehend – mit<br />
dem Nennwert/gemeinen Wert bewertet.<br />
2. Weitere Änderungen des Bewertungsgesetzes<br />
Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapitaloder<br />
Rentenversicherungen werden nur noch mit dem<br />
Rückkaufswert bewertet. Rückkaufswert ist der Betrag,<br />
den das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer<br />
im Falle der vorzeitigen Aufhebung<br />
des Vertragsverhältnisses zu erstatten hat. Die Berechnung<br />
des Werts, insbesondere die Berücksichtigung<br />
von ausgeschütteten <strong>und</strong> gutgeschriebenen Gewinnanteilen<br />
kann durch <strong>Recht</strong>sverordnung geregelt werden.<br />
Der sog. 2/3-Wert entfällt ab Inkrafttreten. Der<br />
Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen <strong>und</strong><br />
Leistungen ist mit dem Vielfachen des Jahreswerts<br />
14) Am 11. 11. 2005 haben die Koalitionsparteien in ihrer Vereinbarung<br />
angekündigt, die Unternehmensnachfolge durch die<br />
hier geregelten Begünstigungen zu erleichtern. Rückabwicklungen<br />
ab diesem Datum führen deshalb dazu, dass die<br />
neuen Begünstigungen für eine nachfolgende Zuwendung<br />
nicht in Anspruch genommen werden können.<br />
15) Bisher wird der Wert hier nach den Steuerbilanzwerten ermittelt<br />
(allerdings mit Ausnahme der Betriebsgr<strong>und</strong>stücke,<br />
Beteiligungen).<br />
16) Ohne Kenntnis der <strong>Recht</strong>sverordnung sind Gestaltungsplanungen<br />
kaum rechtssicher möglich.<br />
17) Ohne bisherigen 20 %-Abschlag.
26 UVR 2008 Nr. 1 Korf, Unternehmerischer Anteilskauf – Gestaltungsüberlegungen<br />
nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzusetzen. Die Vervielfältiger<br />
sind nach der Sterbetafel des Statistischen<br />
B<strong>und</strong>esamts 18) (statt bisher Anlage 9) zu ermitteln <strong>und</strong><br />
ab dem 1. Januar des auf die Veröffentlichung der<br />
Sterbetafel folgenden Kalenderjahrs anzuwenden. Der<br />
Kapitalwert ist unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen<br />
<strong>und</strong> Zinseszinsen mit einem Zinssatz von 5,5 %<br />
als Mittelwert zwischen dem Kapitalwert für jährlich<br />
vorschüssige <strong>und</strong> jährlich nachschüssige Zahlungsweise<br />
zu berechnen. Die Zuordnung von Gr<strong>und</strong>stücken<br />
zu einem Betriebsvermögen gem. § 99 BewG<br />
entfällt, weil sie bei der Ermittlung des Verkehrswerts<br />
des Betriebsvermögens keine Bedeutung mehr haben.<br />
III. Rückwirkende Anwendung des bisherigen<br />
Erbschaftsteuer- <strong>und</strong> Bewertungsrechts in<br />
Erbfällen (Art. 3 des Gesetzentwurfs)<br />
Erben, Vermächtnisnehmer <strong>und</strong> sonst Bedachte können<br />
wählen, ob ihr Erwerb schon nach dem neuen<br />
<strong>Recht</strong> (mit Ausnahme des § 16 ErbStG) besteuert werden<br />
soll. Dies gilt nur für Erwerbe, für die die Steuer<br />
nach dem 31. 12. 2006 <strong>und</strong> vor dem Inkrafttreten des<br />
neuen <strong>Recht</strong>s entstanden ist. Die Möglichkeit besteht<br />
auch bei schon unanfechtbarer Steuerfestsetzung. Ein<br />
entsprechender Antrag ist auf sechs Monaten nach Inkrafttreten<br />
des Änderungsgesetzes zeitlich begrenzt.<br />
Der Antrag kann nicht widerrufen werden. Damit wird<br />
verhindert, dass sich der Erbe in den Fall, in dem später<br />
aufgr<strong>und</strong> eines Verstoßes gegen die Verschonungsvoraussetzungen<br />
(§ 13a, § 19aErbStG) eine Nachversteuerung<br />
erforderlich wäre, der Nachversteuerung<br />
nach altem <strong>Recht</strong> entziehen kann. Um zu verhindern,<br />
dass Erwerber von Vermögen, das nicht von einer höheren<br />
Bewertung betroffen ist, z.B. Kapitalvermögen,<br />
in unberechtigter Weise von der rückwirkenden An-<br />
UVR-Gestaltungen<br />
Gestaltungsüberlegungen beim unternehmerischen Anteilskauf<br />
Der Beitrag stellt – nicht abschließend – anhand eines<br />
Fallbeispiels die Überlegungen dar, die unter Berücksichtigung<br />
der Verwaltungsauffassung beim unternehmerischen<br />
Anteilskauf angestellt werden sollten.<br />
<strong>Recht</strong>s- <strong>und</strong> Steuerfragen außerhalb des <strong>Umsatzsteuer</strong>rechts<br />
sind nicht berücksichtigt.<br />
I. Ausgangslage<br />
Im Oktober 2006 1) <strong>und</strong> Januar 2007 2) hat die Finanzverwaltung<br />
ihre Sichtweise zu umsatzsteuerlichen Fragen<br />
im Zusammenhang mit dem Erwerb, Halten <strong>und</strong><br />
Veräußern von Beteiligungen sowie Kapitalerhöhungen<br />
(Ausgabe neuer Anteile) bekannt gegeben. Diese<br />
Schreiben, welche inzwischen in die <strong>Umsatzsteuer</strong>-<br />
Richtlinien 3) eingearbeitet wurden, haben ein erhebliches<br />
Echo im Schrifttum 4) hervorgerufen. Ob man nun<br />
diese Sichtweise für richtig oder falsch hält – die entsprechenden<br />
Anweisungen sind für die Finanzbeam-<br />
RA, StB Ralph Korf, München *)<br />
wendung des neuen <strong>Recht</strong>s profitieren können, können<br />
im Rahmen der Günstigerprüfung nur die bisherigen<br />
persönlichen Freibeträge abgezogen werden.<br />
IV. Fazit<br />
Im Gr<strong>und</strong>e bleibt nur wenig Zeit, um ggf. Gestaltungen<br />
zur Ausnutzung des geltenden <strong>Recht</strong>s noch umzusetzen.<br />
19) Zudem fehlen mit den angekündigten<br />
<strong>Recht</strong>sverordnungen zu den Bewertungen von Betriebsvermögen,<br />
Anteilen an Kapitalgesellschaften,<br />
Gr<strong>und</strong>vermögen <strong>und</strong> LuF-Vermögen wichtige Angaben,<br />
mit denen die Vorteilhaftigkeit des neuen oder<br />
alten <strong>Recht</strong>s relativ sicher eingeschätzt werden könnten.<br />
Tendenziell besser gestellt werden Erwerbe von<br />
Kapitalvermögen in der Steuerklasse I, Erwerbe von<br />
deutlich unter dem Verkehrswert bewerteten Gr<strong>und</strong>stücken,<br />
Erwerbe von LuF-Betrieben <strong>und</strong> von ertragstarken<br />
Einzelunternehmen, bzw. mitunternehmerischen<br />
Beteiligungen sein. Lebenspartner profitieren<br />
aus den Gleichstellungen mit Ehegatten, bleiben aber<br />
weiterhin der Steuerklasse III zugeordnet. Erwerber in<br />
den Steuerklassen II <strong>und</strong> III werden schon wegen der<br />
deutlich höheren Steuersätze <strong>und</strong> zusätzlich wegen<br />
des Anstiegs des Bewertungsniveaus eher mit einer<br />
höheren Belastung rechnen müssen. Angesichts der<br />
unterschiedlichen Auffassungen zwischen <strong>und</strong> innerhalb<br />
der politischen Gruppierungen ist kaum vorstellbar,<br />
dass das Gesetzesvorhaben wie geplant schon im<br />
Frühjahr abgeschlossen werden kann.<br />
18) Das B<strong>und</strong>esministerium der Finanzen stellt die Vervielfältiger<br />
für den Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder<br />
Leistung im Jahresbetrag von einem Euro nach Lebensalter<br />
<strong>und</strong> Geschlecht der Berechtigten in einer Tabelle zusammen<br />
<strong>und</strong> veröffentlicht diese zusammen mit dem Datum der Veröffentlichung<br />
der Sterbetafel im B<strong>und</strong>essteuerblatt.<br />
19) Stahl, KÖSDI 2007, 15820.<br />
ten bindend. Daraus leiten sich bestimmte Überlegungen<br />
ab, die nachfolgend dargestellt werden.<br />
II. Überlegungen<br />
Die beim Beteiligungserwerb anzustellenden Überlegungen<br />
sollen anhand des folgenden Fallbeispiels <strong>und</strong><br />
seiner Abwandlungen aufgezeigt werden:<br />
*) <strong>Recht</strong>sanwalt Steuerberater Ralph Korf ist Partner bei PricewaterhouseCoopers<br />
AG in München.<br />
1) BMF v. 4. 10. 2006, IV A 5 – S 7300 – 69/06, BStBl I 2006, 614.<br />
2) BMF v. 26. 1. 2007, IV A 5 – S 7300 – 10/07, BStBl I 2007, 211.<br />
3) Abschn. 18 Abs. 2, 213a <strong>und</strong> 213b UStR 2008.<br />
4) Siehe dazu: Eggers, WPg 2007, 616; Eggers/Korf, DB 2007,<br />
361; Englisch, UR 2007, 290; Englisch, International VAT Monitor<br />
2007, 172; Feil/Roscher, BB 2007, 1079; Feldt, UR 2007,<br />
161; Heinrichshofen, UStB 2007, 102; Heinrichshofen, EU-<br />
UStB 2007, 23; Korf, UR 2001, 143; Korn, KÖSDI 2007, 15471;<br />
Küffner/Zugmaier, DStR 2007, 472, Mühleisen/Trapp, UR<br />
2007, 633; Rüth, UStB 2007, 77; Winter, DB 2007, 84.
Korf, Unternehmerischer Anteilskauf – Gestaltungsüberlegungen UVR 2008 Nr. 1 27<br />
Beispiel:<br />
Der bislang nur abhängig beschäftigte Anton Abräumer<br />
gewinnt im Lotto mit einem Mega-Jackpot eine erhebliche<br />
Geldsumme, mit der er einige seiner beruflichen<br />
Wunschträume erfüllen kann. Zum einen will er „Heuschrecke“<br />
werden, also Privatinvestor, zum anderen ein<br />
Immobilien-Imperium aufbauen.<br />
Die Investitionstätigkeit will er selbst als natürliche Person<br />
ausüben. Dies soll in der Form geschehen, dass er<br />
Anteile an Kapital- <strong>und</strong> Personengesellschaften in der<br />
Absicht erwirbt, deren Marktwert durch die Anwendung<br />
seiner betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu steigern<br />
<strong>und</strong> nach einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren mit<br />
Gewinn zu veräußern. Die erwirtschafteten Gelder sollen<br />
wieder mit dem gleichen Ziel in andere Beteiligungen<br />
investiert werden. Abräumer beabsichtigt, diese Gesellschaften<br />
entweder zu beraten oder zu lenken, ein Entgelt<br />
soll hierfür nicht gezahlt werden.<br />
Die Immobilientätigkeit dagegen soll ein Konzern ausüben.<br />
Abräumer will sich eine Vorrats-AG kaufen. Diese<br />
soll dann ihr Kapital über das gesetzliche Mindestkapital<br />
hinaus erhöhen <strong>und</strong> die Geldmittel dazu verwenden,<br />
mindestens eine Gesellschaft zu kaufen, die steuerpflichtig<br />
vermietete Immobilien entweder schon besitzt oder<br />
erwirbt. Der Erwerb von Wohnimmobilien ist aber auch<br />
denkbar. Daneben soll es auf jeden Fall eine Gesellschaft<br />
geben, die die Immobilien verwaltet. Die Obergesellschaft<br />
(die frühere Vorrats-AG) soll an die gekauften<br />
Gesellschaften <strong>Recht</strong>s- <strong>und</strong> Steuerberatung, Buchhaltungsleistungen,<br />
Personalberatung <strong>und</strong> strategische Immobilienberatung<br />
erbringen. Hierfür sollen die Empfänger<br />
jeweils ein Prozent ihres Umsatzes an die<br />
Obergesellschaft zahlen. Ob die Leistungen mit eigenem<br />
Personal erbracht oder von externen Dienstleistern eingekauft<br />
werden sollen, ist noch offen.<br />
Abwandlung 1:<br />
Abräumer will von den Gesellschaften ein Entgelt für<br />
seine Beratungs- oder Leitungstätigkeit.<br />
Abwandlung 2:<br />
Die Obergesellschaft will ausschließlich Leistungen externer<br />
Dienstleister einkaufen <strong>und</strong> diese mit einem moderaten<br />
Aufschlag an die Tochtergesellschaften weiterbelasten.<br />
Abwandlung 3:<br />
Die Obergesellschaft will ausschließlich Leistungen externer<br />
Dienstleister einkaufen <strong>und</strong> diese ohne Aufschlag<br />
an die Tochtergesellschaften weiterbelasten.<br />
Überlegungen zu den beiden Tätigkeitsfeldern:<br />
Abräumer selbst ist Unternehmer. Hierfür ist unerheblich,<br />
ob er gleichzeitig weiterhin einer nichtselbstständigen<br />
Tätigkeit nachgeht. Im Hinblick auf die Investitionstätigkeit<br />
handelt er selbstständig <strong>und</strong> nachhaltig<br />
zur Erzielung von Einnahmen. Einerseits ist unstreitig,<br />
dass das bloße Erwerben, Halten <strong>und</strong> Veräußern von<br />
Beteiligungen selbst dann keine Unternehmereigenschaft<br />
begründet, wenn erhebliche Summen investiert<br />
werden 5) , die Tätigkeit aber noch im Rahmen einer<br />
Vermögensverwaltung ausgeübt wird. Ebenso unstreitig<br />
6) ist andererseits aber auch, dass eine selbstständige<br />
<strong>und</strong> nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmeerzielungsabsicht<br />
durch Erwerb <strong>und</strong> Veräußerung im Sinne<br />
eines gewerbsmäßigen Handels mit Wertpapieren unternehmerisch<br />
ist. Das <strong>Umsatzsteuer</strong>recht schreibt<br />
keine Zeitspanne vor, innerhalb derer die Beteiligung<br />
„umgeschlagen“ sein muss. Da allerdings auch der<br />
nur sein Vermögen Verwaltende die Wertsteigerung<br />
seiner Beteiligung wünscht, ist die Abgrenzung zwi-<br />
schen dem Nichtunternehmer <strong>und</strong> dem Unternehmer<br />
rechtlich einfacher als praktisch: Der Beteiligungshändler<br />
erwirbt eine Beteiligung bereits mit Veräußerungsabsicht,<br />
der nur Vermögende nicht. 7) Diese Absicht<br />
ist eine „innere Tatsache“, die mit äußeren<br />
Zeichen belegt werden muss.<br />
Ehe hier angesprochen wird, wie solche Zeichen aussehen<br />
könnten, muss auf die Steuerfreiheit der Anteilsveräußerung<br />
hingewiesen werden. Es ist wohl unstreitig<br />
(<strong>und</strong> ergibt sich spiegelbildlich aus der<br />
<strong>Recht</strong>sprechung des EuGH), dass die Anteilsveräußerung<br />
durch einen „gewerblichen Wertpapierhändler“<br />
steuerbar ist <strong>und</strong> damit gr<strong>und</strong>sätzlich steuerfrei. Vorsteuern<br />
aus dem Erwerb, dem Halten <strong>und</strong> der Veräußerung<br />
der Beteiligungen sind daher nicht abziehbar. Da<br />
Abräumer im Gr<strong>und</strong>fall keine anderen Umsätze tätigt,<br />
hat er keinen Vorsteuerabzug. Auf diese Steuerfreiheit<br />
kann allerdings verzichtet werden. Der Steuerpflichtige<br />
kann dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren,<br />
wenn er die Absicht belegt, dass er gr<strong>und</strong>sätzlich auf<br />
die Steuerfreiheit verzichtet <strong>und</strong> hiervon nur im Ausnahmefall<br />
abweichen will, wenn etwa die Option nicht<br />
möglich ist. Dann kann er den Vorsteuerabzug vornehmen<br />
<strong>und</strong> muss gegebenenfalls, wenn die Veräußerung<br />
doch steuerfrei erfolgt, eine Berichtigung vornehmen.<br />
Wie können diese Absichten der Veräußerung <strong>und</strong> des<br />
Verzichts auf die Steuerfreiheit sichtbar gemacht werden?<br />
Am einfachsten durch Erklärung gegenüber den<br />
Stellen, die für die Aufnahme entsprechender Aussagen<br />
zuständig sind, nämlich Handelsregister <strong>und</strong> Finanzamt,<br />
gegebenenfalls Gemeinde. Abräumer sollte<br />
also diesen Stellen gegenüber erklären:<br />
Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb von<br />
Beteiligungen in der Absicht, deren Wert aktiv zu<br />
steigern <strong>und</strong> sie kurz- bis mittelfristig soweit wie<br />
möglich umsatzsteuerpflichtig zu veräußern.<br />
Damit sind die inneren Tatsachen für Dritte erkennbar<br />
dokumentiert, Abräumer ist Unternehmer, der überwiegend<br />
steuerpflichtige Umsätze tätigen wird. Er<br />
kann die Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Erwerb,<br />
dem Halten <strong>und</strong> der Veräußerung der Beteiligungen<br />
abziehen.<br />
Abräumer sollte weiter in der praktischen Durchführung<br />
zeigen, dass diese Absichten auch umgesetzt<br />
werden sollen. Wenn er Mitarbeiter beschäftigt, sollten<br />
diese entsprechend angewiesen werden. Wenn eine<br />
Beteiligung unter den Erwerbskosten veräußert wird,<br />
sollte auf diesen konkreten Vorgang bezogen ein Vermerk<br />
erstellt werden, warum die Beteiligung trotz Verlust<br />
verkauft wird. Das gleiche gilt, wenn nicht auf die<br />
5) EuGH v. 20. 6. 1996, Wellcome Trust, C-155/94, EuGHE 1996<br />
I-3013.<br />
6) Abschn. 18 Abs. 2 Satz 12 Nr. 1 UStR 2008.<br />
7) Auch das BMF-Schreiben v. 26. 1. 2007, IV A 5 – S 7300 – 10/<br />
07, BStBl I 2007, 211, enthält die Aussage: „Finanzinvestoren,<br />
die (sanierungsreife) Gesellschaften erwerben, um sie nach<br />
erfolgter Sanierung gewinnbringend zu veräußern, sind insoweit<br />
Unternehmer“. Mangels einer Definition, wann denn<br />
umsatzsteuerlich Sanierungsreife vorliegt, muss man hier einen<br />
weiten Anwendungsmaßstab anlegen: Immer dann,<br />
wenn ein Investor nicht nur Dividenden beziehen will (dann<br />
Vermögensverwaltung), sondern selbst an der Wertsteigerung<br />
einer mit Veräußerungsabsicht erworbenen Beteiligung<br />
mitwirken will, liegt ein unternehmerischer Beteiligungshandel<br />
vor.
28 UVR 2008 Nr. 1 Korf, Unternehmerischer Anteilskauf – Gestaltungsüberlegungen<br />
Steuerfreiheit verzichtet wird, weil etwa der Erwerber<br />
kein Unternehmer ist oder im EU-Ausland ansässig ist.<br />
Ist der Erwerber Inländer, aber nicht oder nur teilweise<br />
zum Vorsteuerabzug berechtigt, so bedarf der Verzicht<br />
auf die Steuerbefreiung keiner Zustimmung des Empfängers.<br />
Abräumer kann die <strong>Umsatzsteuer</strong> auch aus<br />
dem Kaufpreis herausrechnen. Ob sich das lohnt, ist<br />
eine Rechenfrage, nämlich wie viele Vorsteuern für<br />
diese Beteiligung schon abgezogen wurden beziehungsweise<br />
welche Auswirkungen eine steuerfreie<br />
Veräußerung auf den Abzugsschlüssel hat.<br />
Abwandlung 1: Im Gr<strong>und</strong>fall tätigt Abräumer keine<br />
anderen Umsätze als den Handel mit Beteiligungen.<br />
Dass er für seine Beratungs- <strong>und</strong> Leitungstätigkeit<br />
kein Entgelt verlangt, ist unerheblich, die Tätigkeit ist<br />
trotzdem unternehmerisch8) , die Vorsteuern aus den in<br />
diesem Zusammenhang anfallenden Kosten sind abziehbar,<br />
gegebenenfalls anteilig. Die möglicherweise<br />
nur anteilig bestehende Abzugsberechtigung ergibt<br />
sich daraus, dass die Kosten keinen Ausgangsumsätzen<br />
direkt zuordenbar sind, sie zu den allgemeinen<br />
Kosten der wirtschaftlichen Tätigkeit gehören <strong>und</strong><br />
dass deshalb ein Abzugsschlüssel auf die Vorsteuern<br />
anwendbar ist, wenn auch abzugsschädliche Umsätze<br />
getätigt werden.<br />
Wenn Abräumer dagegen für seine Beratungs- <strong>und</strong><br />
Leitungstätigkeit ein Entgelt verlangt <strong>und</strong> bekommt,<br />
werden viele der anfallenden Kosten (für Reise, Übernachtung,<br />
Telekommunikation) diesen steuerpflichtigen<br />
Ausgangsumsätzen direkt zuordenbar sein. In diesem<br />
Fall geht die direkte Zuordnung vor, <strong>und</strong> eine<br />
Aufteilung der Vorsteuer ist auch dann nicht erforderlich,<br />
wenn die Beteiligung, für die die Kosten aufgewendet<br />
wurden, nachher steuerfrei veräußert wird.<br />
Deshalb ist es zwar nicht erforderlich, aber vorteilhaft,<br />
wenn sich Abräumer seine Tätigkeit in anderer Form<br />
als nur durch Beteiligung an Gewinn <strong>und</strong> Verlust vergüten<br />
lässt.<br />
Zwischen den Tätigkeiten als Heuschrecke <strong>und</strong> Immobilien-Hai<br />
bestehen keine Zusammenhänge. Wenn im<br />
Zusammenhang mit dem Erwerb der Vorrats-AG <strong>und</strong><br />
der Tochtergesellschaften Leistungen erbracht werden,<br />
erfolgen diese gr<strong>und</strong>sätzlich nicht für das Unternehmen<br />
des Abräumer, weshalb er insoweit auch keinen<br />
Vorsteuerabzug vornehmen kann.<br />
Die Beauftragung externer Dienstleister (Anwälte, Notare,<br />
Wirtschaftsprüfer <strong>und</strong> Steuerberater, Investmentbanker)<br />
im Zusammenhang mit Kapitalerhöhung <strong>und</strong><br />
Erwerb der Tochtergesellschaften muss also durch die<br />
Vorrats-AG erfolgen. Abräumer kann zwar als ihr Vertreter<br />
tätig werden, was bei Vorratsgesellschaften<br />
zweckmäßig sein kann, aber er kann nicht selbst als<br />
Vertragspartner der Dienstleister auftreten.<br />
Hiervon kann gr<strong>und</strong>sätzlich9) nur dann abgewichen<br />
werden, wenn Abräumer zwar im eigenen Namen,<br />
aber für Rechnung der Vorrats-AG auftritt. Dies wäre<br />
zum einen durch eine entsprechende Vereinbarung<br />
zwischen der Vorrats-AG <strong>und</strong> Abräumer zu belegen.<br />
Zum anderen ist zu bedenken, dass die Tätigkeit als<br />
Leistungskommissionär mit der Tätigkeit als Beteiligungshändler<br />
zunächst nichts zu tun hat <strong>und</strong> auch in<br />
der Beschreibung des Unternehmenszwecks nicht vorkommt.<br />
Es ist aber Sache des Steuerpflichtigen, Inhalt<br />
<strong>und</strong> Umfang seines Unternehmens zu definieren.<br />
Wenn Abräumer also Zweifel daran gar nicht erst aufkommen<br />
lassen will, dass auch die Tätigkeit als Leistungskommissionär<br />
zu seinem Unternehmen gehört,<br />
sollte er dies auch vorausschauend in den oben erwähnten<br />
Erklärungen zum Ausdruck bringen:<br />
Gegenstand des Unternehmens ist ferner das Auftreten<br />
im eigenen Namen für Rechnung Dritter.<br />
Die Vorrats-AG beabsichtigt zum einen die Erbringung<br />
steuerpflichtiger Dienstleistungen an die künftigen<br />
Tochtergesellschaften. Sie ist daher Unternehmer.<br />
Hierbei ist unerheblich, wenn die Leistungen an die<br />
Tochtergesellschaften wegen einer umsatzsteuerlichen<br />
Organschaft als Innenumsätze nicht besteuert werden.<br />
10) Soweit Kosten für die Erbringung der Dienstleistungen<br />
mit <strong>Umsatzsteuer</strong> belastet sind, hat die AG<br />
das <strong>Recht</strong> auf Vorsteuerabzug.<br />
Hierfür spielt es meines Erachtens keine Rolle, ob die<br />
AG das Entgelt für diese Tätigkeiten als einen Prozentsatz<br />
der Umsätze der Tochtergesellschaften<br />
bemisst11) , ob sie die Kosten mit einem geringen Aufschlag<br />
(Abwandlung 2) oder ohne denselben (Abwandlung<br />
3) weiterbelastet. Eine Tätigkeit im eigenen<br />
Namen für fremde Rechnung ist nicht schon dem<br />
Gr<strong>und</strong>e nach nichtunternehmerisch. 12) Mag auch zivilrechtlich<br />
in diesem Fall nur ein Aufwendungsersatz<br />
vorliegen (wenn kein Aufschlag erhoben wird), so<br />
bleibt dieser umsatzsteuerlich dennoch Entgelt. Das<br />
Auftreten im eigenen Namen schließt nämlich aus,<br />
dass es sich um einen durchlaufenden Posten handelt.<br />
Mit anderen Worten: Auch derjenige, der lediglich die<br />
ihm entstandenen Kosten ohne Aufschlag weiterbelastet,<br />
handelt zur Erzielung von Einnahmen <strong>und</strong> – umsatzsteuerlich<br />
– gegen Entgelt. Die Absicht zur Erzielung<br />
von Gewinn, darauf muss noch einmal<br />
hingewiesen werden, ist umsatzsteuerlich nicht erforderlich.<br />
13) Diese Frage ist aber umstritten, hier werden<br />
Missbrauchsargumente vorgebracht, die sich meiner<br />
Meinung nach nicht auf die <strong>Recht</strong>sprechung des<br />
EuGH zum Missbrauch bei der <strong>Umsatzsteuer</strong> stützen<br />
können. Auch das mögliche Argument, wer alle erbrachten<br />
Leistungen von Dritten beziehe, könne nicht<br />
selbst unternehmerisch handeln, geht fehl. Zum Einen<br />
hat der EuGH entschieden, dass selbst in missbräuchlicher<br />
Absicht getätigte Umsätze nicht unbeachtlich<br />
sind, sondern umsatzsteuerliche Folgen auslösen; zum<br />
Anderen hat er in einem konkreten Fall14) , in dem<br />
auch alle Leistungen eines Anbieters von Dritten vorbezogen<br />
wurden, an der Unternehmereigenschaft des<br />
Anbieters keine Zweifel gehabt.<br />
Die Tätigkeiten Immobilien-Strategieberatung, steuerpflichtige<br />
Vermietung, steuerfreie Vermietung <strong>und</strong> Immobilien-Verwaltung<br />
sollen in rechtlich separaten Ein-<br />
8) Vgl. dazu Korf, UR 2001, 143.<br />
9) Denkbar ist auch eine Vertragsübernahme durch die Vorrats-<br />
AG, wenn Abräumer die Verträge mit den Dienstleistern zunächst<br />
im eigenen Namen <strong>und</strong> für eigene Rechnung abgeschlossen<br />
hat. Darauf soll hier aber nicht weiter eingegangen<br />
werden.<br />
10) BFH v. 9. 10. 2002, V R 64/99, BStBl II 2003, 375.<br />
11) Ein solcher Sachverhalt lag dem Urteil des EuGH v.<br />
14. 11. 2000, Cibo Participations SA, C-142/99, EuGHE 2000<br />
I-9567, zugr<strong>und</strong>e.<br />
12) Das folgt aus Art. 28 MWStSystRL.<br />
13) Art. 9 Abs. 1 MWStSystRL.<br />
14) EuGH v. 12. 5. 2005, RAL (Channel Islands) e.a., C-452/03,<br />
EuGHE 2005 I-3947.
Korf, Unternehmerischer Anteilskauf – Gestaltungsüberlegungen UVR 2008 Nr. 1 29<br />
heiten ausgeübt werden. Trotzdem ergibt sich aus dem<br />
Gesamtbild der Verhältnisse, dass hier ein Immobilien-<br />
Konzern als einheitliches Unternehmen entstehen soll.<br />
Wenn die Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung<br />
geschaffen werden, sind die Tochtergesellschaften<br />
finanziell, wirtschaftlich <strong>und</strong> organisatorisch<br />
in das Unternehmen des Organträgers Vorrats-AG eingegliedert<br />
<strong>und</strong> bilden mit diesem den Organkreis.<br />
Das hat zur Folge, dass die Beteiligungen zum Unternehmen<br />
der Vorrats-AG gehören. 15) Die mit dem Erwerb<br />
<strong>und</strong> Halten der Beteiligungen verb<strong>und</strong>enen Leistungen<br />
sind daher für das Unternehmen bezogen <strong>und</strong><br />
berechtigen je nach Zuordenbarkeit zu abzugsschädlichen<br />
<strong>und</strong> nicht abzugsschädlichen Umsätzen zum Vorsteuerabzug.<br />
Dies gilt auch für die Kosten der Kapitalerhöhung.<br />
Hier unterscheidet die Finanzverwaltung danach, ob<br />
die Kapitalerhöhung der allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Stärkung des Unternehmens dient oder der Erweiterung<br />
oder Stärkung eines bestimmten Geschäftsbetriebs.<br />
16) Im zweiten Fall wird angenommen, dass auch<br />
die Kosten der Kapitalerhöhung nur Preisbestandteil<br />
der Umsätze dieses bestimmten Geschäftsbetriebs<br />
werden oder geworden sind. Die Vorsteuerabzugsberechtigung<br />
richtet sich dann danach, welche Absicht<br />
im Zeitpunkt des Leistungsbezugs für den Zeitraum<br />
der Verwendung im Hinblick auf die Ausgangsumsätze<br />
besteht. Mit anderen Worten: Werden in dem bestimmten<br />
Geschäftsbetrieb nur steuerpflichtige Umsätze<br />
getätigt oder beabsichtigt, sind die mit der<br />
Kapitalerhöhung zusammenhängenden Vorsteuern<br />
voll abziehbar, werden nur abzugsschädliche Umsätze<br />
geplant oder bewirkt, gibt es keinen Vorsteuerabzug,<br />
<strong>und</strong> bei gemischten Umsätzen ist aufzuteilen.<br />
Trotz des insoweit etwas eng erscheinenden Wortlauts<br />
kann man davon ausgehen, dass die Regeln auch dann<br />
anwendbar sind, wenn nicht ein bestimmter, schon<br />
existierender Geschäftsbereich erweitert oder verstärkt<br />
werden, sondern ein neuer Geschäftsbereich begründet<br />
werden soll. 17)<br />
Wenn die Vorrats-AG die Mittel aus der Kapitalerhöhung<br />
nutzt, sowohl eine Gesellschaft mit steuerpflichtig<br />
vermieteten Immobilien, eine Verwaltungsgesellschaft<br />
<strong>und</strong> eine Gesellschaft mit Wohnimmobilien zu<br />
erwerben, sind nicht alle im Zusammenhang mit der<br />
Kapitalerhöhung angefallenen Vorsteuern abziehbar.<br />
Die Umsätze aus dem Geschäftsbereich Wohnungsvermietung<br />
sind zwingend abzugsschädlich steuerfrei.<br />
Dieses Ergebnis ist nur dann vermeidbar, wenn die<br />
Vorrats-AG selbst keine abzugsschädlichen Umsätze<br />
bewirkt. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Wohnungsvermietungsunternehmen<br />
eine Personengesellschaft<br />
ist, denn eine solche kann keine Organgesell-<br />
schaft sein. Der Gesellschaftsanteil dient trotzdem der<br />
Förderung der unternehmerischen Tätigkeit der Vorrats-AG<br />
<strong>und</strong> gehört zu deren Unternehmen, mindestens<br />
durch Abnahme der Dienstleistungen des Organträgers<br />
<strong>und</strong> der Immobilien-Verwaltungsleistungen<br />
der Organgesellschaft. Die Vorrats-AG bezieht die<br />
Leistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb dieser<br />
Beteiligung für ihr Unternehmen. Mangels abzugsschädlicher<br />
Umsätze kann sie die Vorsteuern vollständig<br />
abziehen. Die gleiche Folge ergibt sich, wenn eine<br />
Kapitalgesellschaft erworben, mit ihr aber kein Organschaftsverhältnis<br />
begründet wird. Einen Missbrauch<br />
vermag ich darin nicht zu sehen, denn die Herbeiführung<br />
der bei Personengesellschaften zwingenden<br />
<strong>Recht</strong>sfolge bei einer Kapitalgesellschaft kann wegen<br />
der <strong>Recht</strong>sformneutralität der <strong>Umsatzsteuer</strong> kein Missbrauch<br />
sein.<br />
Die Kapitalerhöhung kann auch ausdrücklich auf den<br />
Zweck beschränkt werden, mit den eingenommenen<br />
Geldern künftige Organgesellschaften zu erwerben,<br />
die nur steuerpflichtige Umsätze bewirken. Das ist insbesondere<br />
dann sinnvoll, wenn genügend andere Mittel<br />
vorhanden sind, um „abzugsbeschränkende“ Beteiligungen<br />
zu erwerben wie im Beispielsfall ein<br />
Wohnimmobilien-Unternehmen. Die direkten Erwerbskosten<br />
für diese Beteiligung sind dann bei Organschaft<br />
nicht abziehbar, der Erwerb hat aber keinen<br />
Einfluss auf den Vorsteuerabzug aus den Kosten der<br />
Kapitalerhöhung. Eine solche Zweckbindung einer<br />
Kapitalerhöhung wie auch die Mittelverwendung sollten<br />
ebenfalls dokumentiert werden, sowohl durch entsprechende<br />
Beschlüsse als auch in der Buchhaltung18) .<br />
III. Fazit<br />
Sofern man als Steuerpflichtiger oder Berater nicht von<br />
vornherein einen Prozess in Betracht zieht, sollte man<br />
die unter II. dargestellten Überlegungen berücksichtigen<br />
<strong>und</strong> sein Augenmerk darauf richten, die Voraussetzungen<br />
des jeweils gewünschten Ergebnisses (Vorsteuerabzug<br />
für Aufwendungen im Zusammenhang<br />
mit dem Anteilserwerb) zu schaffen <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
nachzuweisen. Dies gilt insbesondere vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong>, dass sowohl die BMF-Schreiben als auch<br />
die UStR 2008 teilweise so formuliert sind, dass sie<br />
missverstanden werden können.<br />
15) Vgl. Abschn. 18 Abs. 2 Satz 12 Nr. 2 UStR 2008.<br />
16) Vgl. Abschn. 213a Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 <strong>und</strong> 2 UStR 2008.<br />
17) Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung der Urteile<br />
des EuGH v. 29. 2. 1996, INZO, C-110/94, UR 1996, 116 <strong>und</strong><br />
v. 15. 1. 1998, Ghent Coal, C-37/95, UR 1998, 149.<br />
18) Hier bietet sich beispielsweise an, die Gelder aus der Kapitalerhöhung<br />
auf ein separates (<strong>und</strong> so bezeichnetes) Konto<br />
zu buchen, welches dann beim Erwerb einer abzugsberechtigenden<br />
Beteiligung in Anspruch genommen wird, wohingegen<br />
der Erwerb einer abzugsschädlichen Beteiligung durch<br />
Auflösung von Gewinnrücklagen finanziert werden könnte.
30 UVR 2008 Nr. 1 Küffner/Zugmaier, Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell<br />
UVR-Praxisfall<br />
Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell<br />
– B<strong>und</strong>esfinanzhof gewährt Gutglaubensschutz –<br />
RA, FAStR, StB, WP Dr. Thomas Küffner/RA, FAStR Dr. Oliver Zugmaier, München *)<br />
Unternehmer, die nicht wissen <strong>und</strong> auch nicht wissen<br />
müssen, dass in einer Kette von Warenlieferungen ein<br />
Händler einen <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug begeht („<strong>Umsatzsteuer</strong>karussell“),<br />
verlieren gr<strong>und</strong>sätzlich nicht ihr<br />
<strong>Recht</strong> zum Vorsteuerabzug aus den betrugsbehafteten<br />
Lieferungen. Dies gilt nach dem Urteil des BFH vom<br />
19. 4. 2007, V R 48/04 1) , jedenfalls dann, wenn sie alle<br />
Maßnahmen getroffen haben, um sicherzustellen, dass<br />
sie nicht in einen solchen Betrug einbezogen werden.<br />
I. Einführung<br />
In Deutschland werden zunehmend Betrugsfälle in<br />
Form von sog. Karussellgeschäften aufgedeckt. Bei einem<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>karussell wird – vereinfacht dargestellt<br />
– Handelsware nach einem Gesamtplan unter<br />
Einbeziehung von mehreren Unternehmern, die teilweise<br />
in anderen Mitgliedsstaaten der EU ansässig<br />
sind, in einer Lieferkette verkauft. Die Täter machen<br />
sich das System der <strong>Umsatzsteuer</strong> zunutze, indem der<br />
Anspruch auf Erstattung von gesondert in Rechnung<br />
gestellter <strong>Umsatzsteuer</strong> unabhängig davon besteht, ob<br />
der Schuldner die geschuldete <strong>Umsatzsteuer</strong> auch an<br />
das Finanzamt abführt. In meist fingierten grenzüberschreitenden<br />
Lieferketten werden Waren (oft Mobiltelefone<br />
<strong>und</strong> Computerprozessoren) papiermäßig immer<br />
wieder untereinander an- <strong>und</strong> verkauft, wobei die Täter<br />
gezielt einzelne Scheinunternehmer (sog. Missing<br />
Trader) einsetzen, die anderen, meist tatsächlich existierenden,<br />
Unternehmen, den Vorsteuerabzug durch<br />
formal korrekte Fakturierung ermöglichen sollen. Die<br />
für diese Umsätze gesondert in Rechnung gestellte<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong> wird durch die Scheinunternehmen<br />
nicht abgeführt.<br />
Der <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug wird innerhalb der Europäischen<br />
Union auf ca. 2 % – 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts,<br />
mithin 200 Mrd. j bis 250 Mrd. j jährlich, geschätzt.<br />
2) Allein in Deutschland wird von jährlichen<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>ausfällen von 15 Mrd. j bis 17 Mrd. j<br />
ausgegangen, die auf verschiedene Ursachen, wie z.B.<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>betrug, Schwarzarbeit <strong>und</strong> Insolvenzen,<br />
zurückzuführen sind. 3) Schätzungsweise ein Drittel der<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>ausfälle sollen auf betrügerische <strong>Umsatzsteuer</strong>karusselle<br />
entfallen. Die Karussellgeschäfte<br />
haben nicht nur massive Steuerausfälle zur Folge, sondern<br />
führen auch zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen<br />
über Handelswaren, die nach einmaligem oder<br />
mehrmaligem Durchlaufen des Karussells weit unter<br />
den Herstellungskosten angeboten werden können.<br />
Oft sind auch steuerehrliche Unternehmer als Abnehmer<br />
der Ware in <strong>Umsatzsteuer</strong>karusselle einbezogen,<br />
die von den betrügerischen Machenschaften keine<br />
Kenntnis haben. Wird der Karussellbetrug später aufgedeckt,<br />
wird der vom steuerehrlichen Unternehmer<br />
begehrte Vorsteuerabzug vom Finanzamt oft mit der<br />
Begründung versagt, es handele sich um die Lieferung<br />
eines Scheinunternehmers (Missing Trader).<br />
II. <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH<br />
Diesem Argument hat der EuGH bereits im Jahre<br />
2006 einen Riegel vorgeschoben. Mit Urteil vom<br />
12. 1. 20064) hat der EuGH entschieden, dass der Vorsteuerabzug<br />
bestehen bleibt, wenn ein <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug<br />
aufgedeckt wird <strong>und</strong> der Vorsteuerabzugsberechtigte<br />
davon nichts wusste bzw. nichts hatte wissen<br />
können. Dieser Gutglaubensschutz wurde mit weiterem<br />
EuGH-Urteil vom 6. 7. 20065) bestätigt.<br />
1. EuGH-Urteil vom 12. 1. 2006 – Optigen u.a.<br />
Das Vorabentscheidungsersuchen war vom High<br />
Court of Justice (England and Wales) eingereicht worden.<br />
Dem lagen Klagen von drei in England ansässigen<br />
Unternehmen zugr<strong>und</strong>e, deren Geschäftstätigkeit<br />
im Wesentlichen darin bestand, Mikroprozessoren von<br />
Gesellschaften im Vereinigten Königreich zu kaufen<br />
<strong>und</strong> an K<strong>und</strong>en in anderen Mitgliedsstaaten zu verkaufen.<br />
Die getätigten Umsätze gehörten dabei zu Lieferketten,<br />
an denen ein Händler beteiligt war, der seinen<br />
umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkam bzw.<br />
eine „entwendete“ <strong>Umsatzsteuer</strong>-Identifikationsnummer<br />
einsetzte. Die Finanzverwaltung versagte darauf<br />
den Vorsteuerabzug, da innerhalb eines Karussellgeschäfts<br />
keine „Lieferung von Gegenständen“ möglich<br />
sei <strong>und</strong> auch keine „wirtschaftliche Tätigkeit“ i.S.d.<br />
6. EG-RL6) vorliege. Dies führe im Ergebnis zur Steuerpflicht<br />
der innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. zur<br />
Versagung des Vorsteuerabzuges des gutgläubigen inländischen<br />
Leistungsempfängers.<br />
Dieser Auffassung ist der EuGH entgegengetreten. Er<br />
stellt klar, dass nach Maßgabe der 6. EG-RL jeder Umsatz<br />
in einer Lieferkette für sich betrachtet werden<br />
muss. Führt ein Unternehmen in einem „Karussell“<br />
eine Lieferung aus <strong>und</strong> ist es nachweislich nicht selbst<br />
*) Dr. Thomas Küffner <strong>und</strong> Dr. Oliver Zugmaier sind Partner<br />
der auf <strong>Umsatzsteuer</strong> spezialisierten Kanzlei küffner maunz<br />
langer zugmaier, München, sowie am Steuerrechts-Institut<br />
Knoll, München, tätig.<br />
1) UVR 2007, 290 = DStR 2007, 1524 Anm. Ma (= Martin) = BB<br />
2007, 1941.<br />
2) Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung<br />
der Kommission an den Rat, an das Europäische Parlament<br />
<strong>und</strong> an den Europäischen Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschuss<br />
hinsichtlich der Notwendigkeit der Entwicklung einer koordinierten<br />
Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des<br />
Steuerbetruges v. 31. 5. 2006, 3.<br />
3) Widmann, UR 2006, 13.<br />
4) EuGH v. 12. 1. 2006, Optigen u.a., C-354/03, C-355/03 <strong>und</strong><br />
C-484/03, Slg. 2006, I-483 = BFH/NV Beilage 2006, 144.<br />
5) EuGH v. 6. 7. 2006, Axel Kittel u.a., C-439/04 <strong>und</strong> C-440/04,<br />
BFH/NV Beilage 2006, 454 = UR 2006, 594.<br />
6) Die 6. EG-RL wurde zum 1. 1. 2007 von der MwStSystRL abgelöst.
Küffner/Zugmaier, Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell UVR 2008 Nr. 1 31<br />
an dem <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug beteiligt, so stellen diese<br />
Umsätze eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der<br />
6. EG-RL dar. Das <strong>Recht</strong> des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug<br />
wird auch nicht dadurch ausgeschlossen,<br />
dass innerhalb einer Lieferkette, in die auch der Steuerpflichtige<br />
involviert ist, ein anderer Umsatz mit einem<br />
Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist, wenn der<br />
Steuerpflichtige hiervon weder Kenntnis hat noch haben<br />
konnte. 7)<br />
2. EuGH-Urteil vom 6. 7. 2006 – Axel Kittel u.a.<br />
In der <strong>Recht</strong>ssache Axel Kittel u.a. hat der EuGH mit<br />
Urteil vom 6. 7. 2006 an seinem Urteil vom 12. 1. 2006,<br />
<strong>Recht</strong>ssache Optigen u.a., angeknüpft. Der EuGH<br />
stellt nochmals klar, dass das <strong>Recht</strong> des Steuerpflichtigen<br />
auf Vorsteuerabzug auch nicht dadurch ausgeschlossen<br />
wird, dass innerhalb einer Lieferkette, in die<br />
auch der Steuerpflichtige involviert ist, ein anderer<br />
Umsatz mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist,<br />
wenn der Steuerpflichtige hiervon weder Kenntnis hat<br />
noch haben konnte. Steht dagegen aufgr<strong>und</strong> objektiver<br />
Umstände fest, dass die Lieferung an einen Steuerpflichtigen<br />
vorgenommen wird, der wusste oder hätte<br />
wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem<br />
Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung<br />
einbezogen war, so hat das nationale<br />
Gericht diesem Steuerpflichtigen den Vorteil des<br />
<strong>Recht</strong>s auf Vorsteuerabzug zu verweigern.<br />
III. BFH-Urteil vom 19. 4. 2007<br />
Im Anschluss an diese beiden Judikate aus Luxemburg<br />
hat der BFH nun mit Urteil vom 19. 4. 2007 8) entschieden,<br />
dass ein Unternehmer auf die <strong>Recht</strong>mäßigkeit der<br />
von ihm bezogenen Lieferungen vertrauen kann, wenn<br />
er „alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise<br />
von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen,<br />
dass seine Umsätze nicht in einem Betrug ....<br />
einbezogen sind“. Weiter betont der BFH, dass der Vorsteuerabzug<br />
des Käufers nicht versagt werden kann,<br />
wenn er weder wusste noch wissen konnte, dass der<br />
Verkäufer betrügerisch gehandelt hat.<br />
Sachverhalt:<br />
Eine GmbH, die aus einer im August 1997 gegründeten<br />
OHG hervorging, betrieb im Streitzeitraum 1999 den<br />
Handel mit Mobiltelefonen in einem kleinen, mit Telefon<br />
<strong>und</strong> Faxgerät ausgestatteten Büro im Keller eines Hotels,<br />
das einer der Gesellschafter führte <strong>und</strong> in dem der andere<br />
Gesellschafter ein Restaurant unterhielt.<br />
Das Finanzamt setzte mit der Begründung, die GmbH sei<br />
Beteiligte eines <strong>Umsatzsteuer</strong>karussells, statt der vorangemeldeten<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>überschüsse in Höhe von r<strong>und</strong><br />
2,2 Mio. j <strong>Umsatzsteuer</strong> in Höhe von r<strong>und</strong> 3 Mio. j fest.<br />
Dem lag eine b<strong>und</strong>esweit abgestimmte Steuerfahndungsprüfung<br />
mit ca. 30 Durchsuchungen, u.a. auch bei der<br />
GmbH, zugr<strong>und</strong>e. Das Finanzamt ging im Anschluss an<br />
die Ergebnisse der Steuerfahndung davon aus, dass die<br />
GmbH ein Glied einer gesamtplanmäßig auf <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug<br />
angelegten Lieferkette („<strong>Umsatzsteuer</strong>karussell“)<br />
gewesen sei. Für die Einbeziehung der GmbH in<br />
den auf <strong>Umsatzsteuer</strong>hinterziehung gerichteten Gesamtplan<br />
sprächen folgende Feststellungen: Die GmbH habe<br />
ihre Waren hauptsächlich von Firmen bezogen, die die<br />
Stellung eines „Missing Traders“ oder „Buffer“ in einer<br />
Lieferkette gehabt hätten. Zum Teil seien die Lieferanten<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en im Voraus festgelegt gewesen. Einer der inländischen<br />
Vorlieferanten der GmbH habe auf seinem<br />
Laptop Rechnungsvordrucke <strong>und</strong> Unterschrift eines nach-<br />
folgenden Lieferanten vorgehalten. Zum Teil habe der in<br />
der Rechnung angegebene Sitz des angeblichen Lieferanten<br />
nicht existiert. U.a. habe ein Vorlieferant Mobiltelefone<br />
zwischen 32,00 DM bis 65,00 DM unter dem Einkaufspreis<br />
erworben <strong>und</strong> an die GmbH mit einem<br />
„vorgegebenen“ Aufschlag von 5,00 DM bis 8,00 DM<br />
weiterverkauft. Alle Lieferungen seien ursprünglich aus<br />
verschiedenen Ländern der EG gekommen <strong>und</strong> später<br />
wieder dort hin zurückgeliefert worden. Lediglich bei einem<br />
Abnehmer der GmbH habe der mehrfache Durchlauf<br />
der Waren nachgewiesen werden können, weil nur dieser<br />
die sog. IMEI (International Mobile Equipment Identity)-<br />
Nummer der Mobiltelefone, aufgezeichnet habe.<br />
Für die Einbeziehung der GmbH in die gemeinsame Tatabsprache<br />
spreche, dass bei ihr weder Werbemaßnahmen<br />
noch Preiskalkulationen erkennbar seien, dass sie<br />
keine Rabatte oder Skonti gewährt habe, dass trotz des<br />
Umfanges der Lieferungen keinerlei Reklamationen angefallen<br />
seien, dass weiter die Waren aus dem EU-Ausland<br />
kämen <strong>und</strong> über eine Kette von Händlern wieder<br />
ins Ausland fakturiert worden seien, dass keine Veräußerungen<br />
an Endverbraucher stattgef<strong>und</strong>en hätten, die Gerätenummer<br />
nicht aufgezeichnet worden seien sowie<br />
keine chronologischen Rechnungsnummern vorlägen.<br />
Für die gesamtplanmäßige Einbeziehung der GmbH in<br />
eine Lieferkette spreche auch, dass in der Kette Weisungen<br />
über Abnehmer <strong>und</strong> Preise durch Hintermänner<br />
nachgewiesen seien <strong>und</strong> die GmbH zumindest mittelbar<br />
durch Zeugenaussagen belastet werde.<br />
Das Finanzgericht wies die Klage im Wesentlichen ab,<br />
weil unter Würdigung der gesamten Umstände des<br />
Sachvortrages der Steuerfahndung einerseits sowie<br />
der GmbH andererseits erhebliche Anhaltspunkte für<br />
die Einbeziehung der GmbH in ein <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell<br />
sprächen, auch wenn eine Beteiligung letztlich<br />
nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne. Dies<br />
führe zu dem Ergebnis, dass entsprechend der Verteilung<br />
der Feststellungslast der Vorsteuerabzug der<br />
GmbH zu versagen sei.<br />
Die Revision der GmbH war begründet <strong>und</strong> führte zur<br />
Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht, da<br />
dessen Entscheidung noch vor der zwischenzeitlichen<br />
<strong>Recht</strong>sprechung des EuGH in den <strong>Recht</strong>ssachen Optigen<br />
u.a. sowie Axel Kittel u.a. ergangen war, die weitere<br />
Feststellungen erfordert. Zwei Vorlieferanten der GmbH<br />
waren zum Zweck der <strong>Umsatzsteuer</strong>hinterziehung gegründet<br />
worden. Konnte die GmbH von der Einbeziehung<br />
der Lieferungen in einem <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug wissen,<br />
steht dies dem <strong>Recht</strong> auf Vorsteuerabzug entgegen.<br />
Nach der EuGH-<strong>Recht</strong>sprechung in den <strong>Recht</strong>ssachen<br />
Optigen u.a. sowie Axel Kittel u.a. ist entscheidend, ob<br />
der Unternehmer von seiner Einbeziehung in einen<br />
Mehrwertsteuerbetrug wusste oder wissen konnte. Wirtschaftsteilnehmer,<br />
die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise<br />
von ihnen verlangt werden können, um<br />
sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug<br />
einbezogen sind, können auf die <strong>Recht</strong>mäßigkeit dieser<br />
Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, ihr <strong>Recht</strong> auf<br />
Vorsteuerabzug zu verlieren.<br />
Ob ein Steuerpflichtiger wissen konnte oder hätte wissen<br />
müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem<br />
Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung<br />
einbezogen war, ist im Wesentlichen tatsächliche<br />
Würdigung, die dem Finanzgericht obliegt. Nach den im<br />
7) Graf/Bisle, INF 2006, 223f.<br />
8) BFH v. 19. 4. 2007, V R 48/04, UVR 2007, 290 = DStR 2007,<br />
1524 = BB 2007, 1941.
32 UVR 2008 Nr. 1 Küffner/Zugmaier, Unwissentlich im <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>recht geltenden Beweisregeln trägt der<br />
Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht,<br />
die Feststellungslast für dessen Voraussetzungen.<br />
Im Rahmen dieser Zurückverweisung hat der BFH dem<br />
FG noch Folgendes mit auf den Weg gegeben: Bei der<br />
Klärung der Frage, ob die GmbH in den Tatplan eingeweiht<br />
war oder den auf <strong>Umsatzsteuer</strong>hinterziehung angelegten<br />
Zweck der Lieferkette kannte oder hätte kennen<br />
können, wird das FG bei seiner Beweiswürdigung<br />
berücksichtigen müssen, ob die GmbH Maßnahmen unterlassen<br />
hat, die sie vernünftigerweise treffen musste,<br />
um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug<br />
einbezogen sind. In diesem Zusammenhang kann<br />
die Aufzeichnung der IMEI-Nummer von Bedeutung<br />
sein, selbst wenn diese nicht bereits zu den handelsüblichen<br />
Angaben auf der Rechnung oder zu den die Rechnung<br />
oder den Lieferschein ergänzenden Unterlagen<br />
i.S.d. § 14 UStG gehört.<br />
IV. Würdigung<br />
Nach den beiden EuGH-Urteilen Optigen u.a. sowie<br />
Axel Kittel u.a. konnte die BFH-Entscheidung vom<br />
19. 4. 2007 nicht weiter überraschen. Zu <strong>Recht</strong> hat der<br />
BFH entschieden, dass der Vorsteuerabzug bestehen<br />
bleiben muss, wenn ein <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug aufgedeckt<br />
wird <strong>und</strong> der Vorsteuerabzugsberechtigte davon<br />
nichts wusste bzw. nichts hatte wissen können. Dieser<br />
Gutglaubensschutz gilt aber nur für denjenigen Unternehmer,<br />
„der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise<br />
von ihm verlangt werden können, um<br />
sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einem Betrug<br />
– sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder<br />
ein sonstiger Betrug – einbezogen sind“.<br />
Der BFH setzt seinen Hebel bei den maßgeblichen Beweisregeln<br />
an. Unter Berufung auf das EuGH-Urteil vom<br />
21. 2. 20069) sei das Vorliegen der Voraussetzungen eines<br />
Missbrauchs des <strong>Recht</strong>s auf Vorsteuerabzug nach Maßgabe<br />
der Beweisregeln des nationalen <strong>Recht</strong>s festzustellen.<br />
Danach – so der BFH – sei zu berücksichtigen, dass<br />
nach ständiger <strong>Recht</strong>sprechung des BFH in tatsächlicher<br />
Hinsicht der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer<br />
die Feststellungslast dafür trägt, dass die Voraussetzungen<br />
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind.<br />
Demzufolge sei es seine Sache, entscheidungserhebliche<br />
Tatsachen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht, bei der<br />
auch die Beweisnähe zu berücksichtigen ist, glaubhaft zu<br />
machen. Damit muss nicht das Finanzamt beweisen, dass<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>- <strong>und</strong> <strong>Verkehrsteuer</strong>-<strong>Recht</strong><br />
der Unternehmer vom <strong>Umsatzsteuer</strong>betrug wusste oder<br />
wissen musste. Vielmehr muss der Unternehmer nachweisen,<br />
dass er von den betrügerischen Machenschaften<br />
weder wusste noch wissen konnte.<br />
Offen bleibt nach dem BFH-Urteil, wann der Unternehmer<br />
„alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise<br />
von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen,<br />
dass seine Umsätze nicht in einem Betrug ...<br />
einbezogen sind“. Welche Vorsorgemaßnahmen ein Unternehmer<br />
treffen kann <strong>und</strong> soll, hängt – wie so oft – von<br />
den Umständen des Einzelfalls ab. Im Streitfall ging es<br />
um den Handel mit Mobiltelefonen. Ein relativ sicheres<br />
Kriterium dafür, ob bestimmte Waren lediglich „im Kreis<br />
herumgeschickt“, aber nicht wirtschaftlich geliefert werden,<br />
wäre die Angabe der sog. IMEI-Nummern der Mobiltelefone.<br />
Ob bei der Lieferung von Mobiltelefonen die<br />
Angabe der IMEI-Nummer in einer Rechnung oder in ergänzenden<br />
Unterlagen (z.B. Lieferschein) handelsüblich<br />
(§ 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG) ist, ist eine tatsächliche Feststellung,<br />
die dem FG obliegt. Die Angabe der IMEI-Nummern<br />
im Streitjahr 1999 war damals wohl nicht handelsüblich.<br />
Eine solche Handelsüblichkeit könnte aber<br />
zwischenzeitlich begründet worden sein10) .<br />
V. Fazit: Gutglaubensschutz als tragendes Prinzip<br />
der <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
Der BFH gesteht Unternehmern, die unwissentlich in<br />
ein <strong>Umsatzsteuer</strong>karussell hineingeraten sind, Gutglaubensschutz<br />
zu. Jedoch muss nicht das Finanzamt<br />
die Bösgläubigkeit des Unternehmers beweisen, der<br />
den Vorsteuerabzug begehrt. Vielmehr muss der Unternehmer<br />
seinen guten Glauben nachweisen.<br />
Der Gutglaubensschutz spielt aber nicht nur für den<br />
Vorsteuerabzug eine wichtige Rolle. Der EuGH zieht<br />
diesen Gr<strong>und</strong>satz neuerdings auch heran, wenn die<br />
Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen<br />
in Frage steht. 11) Der Gutglaubensschutz entwickelt<br />
sich somit mehr <strong>und</strong> mehr zum tragenden Prinzip<br />
der Umsatzbesteuerung.<br />
9) EuGH v. 21. 2. 2006, Halifax u.a., C-255/02, DStR 2006, 420,<br />
Rz. 76.<br />
10) I.d.S. Wagner, SteuerConsultant 2007, 14; dagegen Jorczyk/<br />
Rüth, UStB 2006, 108. Vgl. hierzu auch die Anm. v. Ma<br />
(=Martin), DStR 2007, 1529f.<br />
11) EuGH v. 27. 9. 2007, Teleos, C-409/04, UR 2007, 774f. = IStR<br />
2007, 740f., Rz. 68; vgl. hierzu Küffner/Zugmaier, DStR 2007,<br />
1807.<br />
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Sie werden nur bei Mitsendung des Rückportos zurückgegeben. Ansonsten erfolgt die Annahme zur Veröffentlichung stets schriftlich. Mit der Annahme erwirbt der<br />
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beim Verlag. Entsprechendes gilt auch für gerichtliche Entscheidungen <strong>und</strong> deren Leitsätze sowie für Texte der Verwaltung u. Ä., wenn <strong>und</strong> soweit sie vom Einsender<br />
oder von der Schriftleitung der Zeitschrift redigiert, erarbeitet oder bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen <strong>und</strong> sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von<br />
einzelnen Teilen der Zeitschrift als Einzelstücke angefertigt werden.<br />
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6 Wochen vor Ende des Kalenderjahres erfolgen. − Erfüllungsort: Bonn. − Muss die Zeitschrift aus Gründen, die durch den Verlag nicht zu vertreten sind, ihr Erscheinen<br />
unterbrechen oder einstellen, so hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder auf Rückzahlung vorausbezahlter Bezugsgelder.<br />
Abonnementverwaltung: Fernruf (02 28) 7 24-23 20, Telefax (02 28) 7 24-9 23 82.<br />
Anzeigen: E-Mail: anzeigen@stollfuss.de; Anzeigeschluss: ca. drei Wochen vor Erscheinen; Anzeigenpreise: Zurzeit gelten die Preise <strong>und</strong><br />
Bedingungen der Preisliste Nr. 29. Einzusehen im Internet unter www.stollfuss.de ISSN 0935-7998
DAI Deutsches Anwaltsinstitut e.V., Bochum<br />
Materielle Gestaltungsschwerpunkte<br />
– unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Unternehmensteuerreform 2008 <strong>und</strong> der<br />
Erbschaftsteuerreform –<br />
Termin <strong>und</strong> Ort<br />
25. – 26. Januar 2008 • München<br />
Leiter der Tagung<br />
Prof. Dr. Wolfgang Schön, München<br />
Referenten<br />
Dr. Heinrich Hübner, RA, StB, Stuttgart<br />
Dr. jur. Dirk Pohl, Dipl.-Fw., RA, StB, München<br />
Prof. Dr. Klaus Weber, RA, StB, Stuttgart<br />
Mitwirkende<br />
Dr. Gerhard Ege, Abteilungsdir. beim BayLAfSt<br />
Prof. Dr. Wulf Goette, Vors. Richter am BGH<br />
Dr. Roland Wacker, Richter am BFH<br />
Aus dem Programm<br />
I. Personengesellschaften<br />
1. Offene <strong>und</strong> verdeckte Einlagen bei Einbringung<br />
von Betriebs- <strong>und</strong>/oder Privatvermögen in eine<br />
Mitunternehmerschaft gegen Gesellschaftsrechte<br />
<strong>und</strong> Rücklagenkonto?<br />
2. Fallstricke bei Überführung einz. Wirtschaftsgüter<br />
in Mitunternehmerschaften <strong>und</strong> anschl. Restrukturierung<br />
3. Bestimmtheitsgr<strong>und</strong>satz <strong>und</strong> Kernbereichslehre<br />
als Grenze für Mehrheitsentscheidungen bei Personengesellschaften<br />
4. Pensionszusagen an Mitunternehmer – neue<br />
<strong>Recht</strong>sprechung, geplantes BMF-Schreiben -<br />
5. Sale and lease back an vermögensverwaltende<br />
Personengesellschaft oder REIT AG<br />
II. Kapitalgesellschaften<br />
1. Aktuelle Entwicklungen i.R.d. GmbH-Reform<br />
2. Neuerungen zum Haftungskonzept der Existenzvernichtungshaftung<br />
(„Trihotel“)<br />
3. Besicherung des Geschäftsanteilsverkaufs durch<br />
die Gesellschaft<br />
4. Gewinnauswirkung aus der Abschreibung auf<br />
Gesellschafterdarlehen nach dem Jahressteuergesetz<br />
2008<br />
5. Verdeckte Einlagen <strong>und</strong> Gewinnausschüttungen<br />
im Schenkungsteuerrecht<br />
6. Negative Kaufpreise für GmbH-Anteile<br />
7. Gr<strong>und</strong>erwerbsteuerfallen bei Anteilsvereinigung<br />
<strong>und</strong> Organschaft<br />
III. Unternehmensteuerreform 2008 <strong>und</strong> Erbschaftsteuerreform<br />
1. Der Unternehmensverkauf nach der Steuerreform<br />
Veranstaltungshinweise<br />
UVR 2008 Nr. 1 V<br />
2. Gestaltungsüberlegungen zur Optimierung der<br />
Thesaurierung von begünstigten Gewinnen nach<br />
§ 34a EStG bei Personenunternehmen<br />
3. Übertragung <strong>und</strong> Überführung einzelner Wirtschaftsgüter<br />
zwischen zwei Betriebsvermögen<br />
4. Auswirkung der Unternehmensteuerreform auf<br />
die Unternehmensfinanzierung<br />
5. Besonderheiten der Zinsschranke bei Personengesellschaften<br />
6. Akt. Entwicklung i.R.d. Erbschaftsteuerreform<br />
Zielgruppe<br />
Fachanwälte für Steuerrecht, Steuerberater <strong>und</strong> Wirtschaftsprüfer.<br />
Anmeldung <strong>und</strong> Anfragen: s.u.<br />
DAI Deutsches Anwaltsinstitut e.V., Bochum<br />
Steuerrecht kompakt<br />
– in 10 St<strong>und</strong>en<br />
Termin <strong>und</strong> Ort<br />
16. Februar 2008 • DAI Ausbildungscenter<br />
Rhein/Main, Heusenstamm<br />
Referenten<br />
Prof. Dr. Georg Crezelius, Universität Bamberg<br />
Dr. Rüdiger Gluth, Dipl.-Fw., RA, FAfStR, Düsseldorf<br />
Dr. Alexander Müller, Vors. Richter am FG Köln<br />
Prof. Dr. Christoph Uhländer, FHS für Finanzen NRW,<br />
Nordkirchen<br />
Aus dem Programm<br />
I. Update Steuerrecht – Die neuesten Entwicklungen<br />
in Gesetzgebung, Verwaltungspraxis <strong>und</strong> <strong>Recht</strong>sprechung<br />
leicht überschaubar zusammengestellt<br />
(Uhländer)<br />
II. Erbschaftsteuerliche Beratung in Umbruchszeiten<br />
(Müller)<br />
III. Aktuelles zur Besteuerung der Freiberufler (Gluth)<br />
IV. Schlaglichter der Unternehmensbesteuerung (Crezelius)<br />
Sonstiges<br />
An einem Tag können Fachanwälte für Steuerrecht<br />
ihre gesamte Fortbildungsverpflichtung für das Jahr<br />
2008 erfüllen <strong>und</strong> alle Berater auf den neuesten<br />
Stand der steuerrechtlichen Praxis kommen.<br />
Anmeldung <strong>und</strong> Anfragen:<br />
Deutsches Anwaltsinstitut e.V.<br />
Fachinstitut für Steuerrecht<br />
Universitätsstraße 140, 44799 Bochum<br />
Tel. (02 34) 9 70 64 – 0<br />
Fax (02 34) 70 35 07<br />
steuerrecht@anwaltsinstitut.de<br />
www.anwaltsinstitut.de