23.10.2012 Aufrufe

UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien

UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien

UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

14 UVR 2008 Nr. 1 Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden<br />

gen für den einheitlichen Gegenstand „Gebäude“ <strong>und</strong><br />

den direkt funktional zuordenbaren Aufwendungen zu<br />

trennen.<br />

Der BFH lehnt seine Auffassung im Übrigen an die<br />

EuGH-<strong>Recht</strong>sprechung zur Zuordnung eines Investitionsgutes<br />

zum Unternehmen an. So trennt der EuGH<br />

in der <strong>Recht</strong>ssache Bakcsi19) etwa zwischen den Aufwendungen<br />

in Bezug auf das Gut selbst <strong>und</strong> den Gegenständen<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen für seine Nutzung<br />

<strong>und</strong> Wartung. Der EuGH hatte sich in diesem Fall mit<br />

der Frage zu befassen, ob die Zuordnung eines Investitionsgutes<br />

zum Privatvermögen dadurch aufgehoben<br />

wird, dass der Unternehmer etwa für Reparaturen des<br />

besagten Gegenstandes, den Vorsteuerabzug geltend<br />

machte. Dabei seien, so die Richter, das <strong>Recht</strong> auf Abzug<br />

der Vorsteuer für diese Gegenstände <strong>und</strong> das<br />

<strong>Recht</strong> auf Abzug der Vorsteuer für die Dienstleistungen<br />

jeweils gesondert zu betrachten. Der EuGH lehnt<br />

in diesem Fall eine sture einheitliche Betrachtungsweise<br />

in Bezug auf den betreffenden Gegenstand ab.<br />

Obwohl andere Gegenstände in den betreffenden Gegenstand<br />

eingehen <strong>und</strong> damit ihre Eigenständigkeit<br />

verlieren, sollen sie dennoch weder sein Schicksal teilen<br />

noch es bestimmen.<br />

Der Gesetzestext des UStG, über den der BFH zu entscheiden<br />

hatte, ist wohl unbefriedigend, weil er keine<br />

wirtschaftlich sachgerechte Zuordnung der Vorsteuerbeträge<br />

ermöglicht. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge<br />

aus Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten nach<br />

einem einheitlichen Aufteilungsmaßstab stellt zwar<br />

oftmals eine Vereinfachung dar, ist aber häufig willkürlicher<br />

Natur <strong>und</strong> entspricht wohl in vielen Fällen<br />

nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Eine akkurate<br />

Einzelfallgerechtigkeit könnte insofern nur durch eine<br />

detailgenaue Zuordnung einzelner Aufwendungen zu<br />

den entsprechenden Umsätzen erreicht werden.<br />

Darüber hinaus führt selbst die von der Finanzverwaltung<br />

vertretene Auffassung, hinsichtlich der tatsächlich<br />

gemischt genutzten Gebäudeteile sei mittels eines<br />

einheitlichen Aufteilungsmaßstabes aufzuteilen, in<br />

Einzelfällen nicht zu sachgerechten Ergebnissen.<br />

Denn auch hier würden aus einer verursachungsgerechteren<br />

Aufteilung häufig abweichende Ergebnisse<br />

zu erzielen sein. So ist es beispielsweise nicht nachvollziehbar,<br />

warum ein Treppenhaus vom Erdgeschoss<br />

in das erste Obergeschoss nicht überwiegend dem ersten<br />

Obergeschoss zuzuordnen ist, wenn erreicht werden<br />

soll, die tatsächlich gemischte Nutzung sachgerecht<br />

zu erfassen. Für die tatsächlich gemischt<br />

genutzten Gebäudeteile dürfte der Schätzfehler noch<br />

erträglich sein. Wäre aber auch der Rest des Gebäudes<br />

nach selbigem Muster zu beurteilen, würde man sich<br />

also insoweit der Auffassung des BFH anschließen,<br />

führte dies regelmäßig zu wirtschaftlich nicht mehr<br />

vertretbaren Ergebnissen.<br />

Der Gesetzgeber ist also gefordert, für Abhilfe zu sorgen.<br />

Das Gemeinschaftsrecht würde die Mitgliedstaaten<br />

ermächtigen, dem Steuerpflichtigen verursachungsgerechtere<br />

Methoden zu erlauben oder gar<br />

vorzuschreiben. So gestattet Art. 173 Abs. 2 Buchst. c<br />

MwStSystRL den Unternehmer zu verpflichten, „den<br />

Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines<br />

Teils der Gegenstände oder Dienstleistung vorzunehmen“.<br />

Wenn auch der Wortlaut der Vorschrift nicht<br />

frei von möglichen Missverständnissen ist 20) , so kann<br />

daraus doch geschlossen werden, dass das Gemeinschaftsrecht<br />

eine Loslösung von dem Gedanken der<br />

Einheitlichkeit eines Gegenstandes für möglich hält<br />

<strong>und</strong> eine der Verwendung entsprechende direkte Zuordnung<br />

zu Teilen des Gegenstandes für zulässig erachtet.<br />

Dies würde dann der vom BMF in seinem Schreiben<br />

vom 22. 5. 2007 vertretenen Auffassung entsprechen<br />

<strong>und</strong> für mehr Zuordnungsgerechtigkeit sorgen.<br />

V. Aufteilungsschlüssel bei gemischt<br />

genutzten Gebäuden<br />

Losgelöst von der vorstehend behandelten Problemstellung,<br />

welche Aufwendungen einer sachgerechten<br />

Schätzung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG zu unterwerfen sind,<br />

stellt sich nachfolgend die Frage nach dem Pro-rata-<br />

Satz, der für die wirtschaftliche Zuordnung der nicht<br />

direkt zugeordneten Aufwendungen zur Anwendung<br />

kommen soll. § 15 Abs. 4 UStG lässt diese Frage wohl<br />

bewusst offen, spricht insofern von einer „sachgerechten<br />

Schätzung“ <strong>und</strong> schreibt darüber hinaus lediglich<br />

vor, dass der sog. Umsatzschlüssel (Verhältnis der Abzugs-<br />

zu den Ausschlussumsätzen) nachrangig anzuwenden<br />

ist. Neben diesem besagten Umsatzschlüssel<br />

kommen in der Praxis insbesondere folgende Aufteilungsschlüssel<br />

in Betracht:<br />

• Verhältnis der Quadratmeter-Flächen der für Abzugs-<br />

<strong>und</strong> Ausschlussumsätze genutzten Gebäudeteile<br />

(Flächenschlüssel),<br />

• Ertragswert der für Abzugs- <strong>und</strong> Ausschlussumsätze<br />

genutzten Gebäudeteile (Ertragswertschlüssel),<br />

• Aufteilung nach Kostenstellen (Kostenschlüssel),<br />

• Aufteilung nach Mitarbeitergewichtung (Mitarbeiterschlüssel).<br />

Mit Blick auf § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG wäre die Anwendung<br />

des Umsatzschlüssels de facto ausgeschlossen,<br />

da diese demnach nur zulässig ist, „wenn keine andere<br />

wirtschaftliche Zurechnung möglich ist“. Eine der<br />

anderen Methoden wäre zwangsläufig nahezu immer<br />

vorzuziehen. Ein überwiegender Teil des Schrifttums<br />

vertritt jedoch – u.E. zutreffend – die Auffassung, dass<br />

diese Vorschrift den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben<br />

nicht standhält. 21)<br />

Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL schreibt die Aufteilung von<br />

Vorsteuern nach dem Verhältnis der vom Unternehmer<br />

bewirkten Umsätze vor. Ausnahmen von dieser Regel<br />

sind gem. Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL nur zulässig,<br />

wenn die Mitgliedstaaten dies eindeutig vorschreiben.<br />

So erlaubt Art. 173 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL beispielsweise<br />

eine Aufteilung nach direkter Zuordnung<br />

der Gegenstände. Die durch die Richtlinie eingeräumten<br />

Möglichkeiten hat der deutsche Gesetzgeber zwar<br />

bislang nicht genutzt, stattdessen aber den Umsatzschlüssel<br />

als nachrangig gegenüber anderen Aufteilungsmethoden<br />

festgelegt. Hierfür aber findet sich<br />

keine entsprechende Ermächtigung in der Richtlinie.<br />

Stattdessen widerspricht eine nachrangige Verwendung<br />

des Umsatzschlüssels geradezu den gemein-<br />

19) Vgl. EuGH v. 8. 3. 2001, Bakcsi, C-415/98, BFH/NV Beilage<br />

2001, 52.<br />

20) Vgl. Schuck/Frenzel, UR 2004, 180, 182f.<br />

21) Vgl. u.a. Schuck/Frenzel, UR 2004, 180, 181f.; Nieskens, UR<br />

2004, 118, 122; H<strong>und</strong>t-Eßwein, UStB 2004, 237, 239; von<br />

Streit, UR 2006, 254, 256.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!