UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien
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Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden UVR 2008 Nr. 1 11<br />
ständiger <strong>Recht</strong>sprechung des EuGH 2) die Wahl, einen<br />
Gegenstand, der sowohl für unternehmerische als<br />
auch private Zwecke verwendet wird, in vollem Umfang<br />
seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen, ihn<br />
in vollem Umfang im Privatvermögen zu belassen oder<br />
aber nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen<br />
Verwendung in das Unternehmen einzubeziehen.<br />
3) Diese Zuordnungsentscheidung ist für den Umfang<br />
des Vorsteuerabzuges von entscheidender<br />
Bedeutung. Der EuGH 4) hat hierzu bestimmt, dass die<br />
Entscheidung, ob ein gemischt genutzter Gegenstand<br />
oder eine sonstige Leistung „für das Unternehmen“<br />
ausgeführt werden soll, alleine der Steuerpflichtige zu<br />
treffen hat. Die Zuordnungsentscheidung stützt sich<br />
nach ständiger <strong>Recht</strong>sprechung des BFH auf bestimmte<br />
Beweisanzeichen. 5) Wird beispielsweise der<br />
Vorsteuerabzug geltend gemacht, so ist dies ein gewichtiges<br />
Indiz für, die Unterlassung ein Indiz gegen<br />
die Zuordnung zum Unternehmen. Jedenfalls handelt<br />
es sich im Allgemeinen um eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung<br />
aller Umstände des Einzelfalles zu beantworten<br />
ist. Gibt es keine Beweisanzeichen, so kann<br />
die Zuordnung zum Unternehmen jedenfalls nicht unterstellt<br />
werden. 6) Speziell bei Gebäuden ist für die<br />
Geltendmachung des Vorsteuerabzuges erforderlich,<br />
in einer schriftlichen Erklärung bis spätestens zur Abgabe<br />
der <strong>Umsatzsteuer</strong>erklärung des Jahres, in dem<br />
die jeweilige Leistung bezogen wurde, zu dokumentieren,<br />
in welchem Umfang diese dem Unternehmen<br />
zugeordnet wurde (Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Satz 5<br />
UStR 2008). Im Zusammenhang mit der Zuordnungsentscheidung<br />
zum Unternehmen ist noch zu erwähnen,<br />
dass diese vom Gesetzgeber durch § 15 Abs. 1<br />
Satz 2 UStG in der Hinsicht eingeschränkt wurde, dass<br />
die Lieferung oder Leistung zumindest zu 10 % unternehmerisch<br />
genutzt werden muss. 7) Diese Grenze<br />
kann im Besonderen bei gemischt genutzten Gebäuden<br />
Bedeutung erlangen <strong>und</strong> gilt als Mittel der Finanzverwaltung,<br />
die Zuordnung zum Unternehmensvermögen<br />
bei allzu geringer unternehmerischer<br />
Nutzung zu verwehren. Die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht<br />
ist dabei fraglich. Der EuGH fordert<br />
für die Zuordnung zum Unternehmen nämlich kein<br />
Mindestmaß an unternehmerischer Nutzung. 8) Da der<br />
EU-Ministerrat dem deutschen Gesetzgeber jedoch<br />
eine Ermächtigung zur Einführung <strong>und</strong> Beibehaltung<br />
der Vorschrift erteilt hat, kann sie aber weiterhin praktiziert<br />
werden. Vielfach wird die Problematik, die sich<br />
aus der 10 %-Grenze ergibt, allerdings überbewertet,<br />
da sich die unternehmerische Nutzung sowohl aus der<br />
steuerpflichtigen als auch aus der steuerfreien Nutzung<br />
(steuerfreie Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a<br />
UStG) zusammensetzt <strong>und</strong> durch entsprechende Gestaltung<br />
eine Überschreitung der Grenze in der Praxis<br />
wohl kaum Probleme bereiten sollte. 9)<br />
2. Folgen der Zuordnungsentscheidung<br />
Die Problematik der Aufteilungsmaßstäbe in Verbindung<br />
mit dem Vorsteuerabzug stellt sich in jenen Fällen,<br />
in denen ein gemischt genutztes Gebäude in vollem<br />
Umfang dem Unternehmen zugeordnet wurde.<br />
Ordnet ein Unternehmer das Gebäude seinem Unternehmen<br />
nur hinsichtlich der tatsächlichen unternehmerischen<br />
Nutzung zu, so darf er die Vorsteuern nur<br />
in der Höhe berücksichtigen, die auf diesen Teil entfallen.<br />
Sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG<br />
erfüllt <strong>und</strong> ist die Zuordnungsentscheidung insgesamt<br />
zum Unternehmen erfolgt, kann die Vorsteuer aus Anschaffungs-<br />
oder Herstellungskosten sowie aus den<br />
übrigen Kosten in voller Höhe abgezogen werden. Bei<br />
gemischt genutzten Gebäuden, die vollumfänglich<br />
dem Unternehmen zugeordnet wurden, unterliegt eine<br />
nichtunternehmerische Nutzung (Eigennutzung), als<br />
unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1<br />
UStG der <strong>Umsatzsteuer</strong>. Die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage für<br />
die unentgeltliche Wertabgabe wurde im Gesetz im<br />
Anschluss an ein hierzu ergangenes BMF-Schreiben 10)<br />
in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG festgeschrieben. Die<br />
bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben<br />
sind hierfür maßgebend, soweit sie zum vollen<br />
oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Bei<br />
§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG handelt es sich gewissermaßen<br />
um eine Korrekturvorschrift. Als Berichtigungszeitraum<br />
wurden in Anlehnung an § 15a UStG im Gr<strong>und</strong>e<br />
5 Jahre, bei Gr<strong>und</strong>stücken 10 Jahre festgelegt (§ 10<br />
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG). Bei einem Gebäude<br />
sind daher pro Jahr der Eigennutzung für einen Zeitraum<br />
von 10 Jahren jeweils 10 % der Anschaffungs-/<br />
Herstellungskosten der <strong>Umsatzsteuer</strong> zu unterwerfen,<br />
jedoch nur, soweit diese auch zum Vorsteuerabzug berechtigt<br />
haben. Der Unternehmer soll sich auf diese<br />
Weise keinen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber einem<br />
Endverbraucher verschaffen können. Durch die<br />
Verteilung der Eigennutzung auf den Berichtigungszeitraum<br />
nach § 15a UStG wird ein evtl. geltend gemachter<br />
Vorteil über den Korrekturzeitraum rückgängig<br />
gemacht. Zwar wurde diese mit Wirkung zum<br />
1. 7. 2004 eingeführte Vorschrift in der Literatur vielfach<br />
hinsichtlich ihrer Widersprüchlichkeit zum Gemeinschaftsrecht<br />
kritisiert, doch wurde sie inzwischen<br />
vom EuGH als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar<br />
erklärt. 11)<br />
3. Gr<strong>und</strong>lagen der Vorsteueraufteilung<br />
Der Umfang des Vorsteuerabzuges kann nur dann eindeutig<br />
bestimmt werden, wenn ein Gegenstand vollständig<br />
entweder zur Ausführung steuerpflichtiger<br />
(abziehbar) oder steuerfreier (nicht abziehbar) Umsätze<br />
dient. 12) Schwierigkeiten treten jedoch im Besonderen<br />
dann auf, wenn ein <strong>und</strong> dieselbe Leistung<br />
sowohl zur Ausführung von steuerpflichtigen Abzugsumsätzen,<br />
als auch von steuerfreien Ausschlussumsätzen<br />
dient (gemischte Verwendung). 13) Bei Gebäuden<br />
ist eben diese gemischte Verwendung nicht selten anzutreffen,<br />
denn bei einem Gebäude mit dem dazugehörenden<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden handelt es sich um einen<br />
2) Vgl. EuGH v. 4. 10. 1995, Armbrecht, C-291/92, BStBl II 1996,<br />
392.<br />
3) Vgl. Wagner in Sölch/ Ringleb, § 15 UStG Rz. 246, (September<br />
2007).<br />
4) Vgl. EuGH v. 8. 5. 2003, Seeling, C-269/00, UR 2003, 288.<br />
5) BFH v. 31. 1. 2002, V R 61/96, BFH/NV 2002, 742.<br />
6) Vgl. BMF v. 30. 3. 2004, IV B 7 – S 7300 – 24/04, BStBl I 2004,<br />
451.<br />
7) Vgl. BMF v. 30. 3. 2004, IV B 7 – S 7300 – 24/04, BStBl I 2004,<br />
451.<br />
8) Vgl. EuGH v. 11. 07. 1991, Lennartz, C-97/90, UR 1991, 291.<br />
9) Vgl. Völkel, UR 2007, 90, 92.<br />
10) Vgl. BMF v. 13. 4. 2004, IV B 7 – S 7300 – 26/04, DStR 2004,<br />
774.<br />
11) EuGH v. 14. 9. 2006, Wollny, C-72/05, DStR 2006, 1746.<br />
12) Zu den Ausnahmen vgl. § 15 Abs. 3 UStG.<br />
13) Vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, § 15 UStG, Rz. 650f. (September<br />
2007).