UVR.1 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - Stollfuß Medien
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Paukstadt/Krieg, Aufteilungsmaßstäbe bei gemischt genutzten Gebäuden UVR 2008 Nr. 1 15<br />
schaftsrechtlichen Vorgaben, die diesen als europaweit<br />
einheitlichen Regelaufteilungsmaßstab vorschreiben.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Ermächtigung scheint die Regelung<br />
des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG somit nicht mit der<br />
MwStSystRL vereinbar. Die Folge dessen wäre, dass<br />
§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG von den Unternehmern in<br />
Deutschland nicht angewendet werden müsste.<br />
Ungeachtet der Frage nach der gemeinschaftsrechtlichen<br />
Erlaubnis, den Umsatzschlüssel als nachrangig<br />
zu behandeln, ist dem BMF in seiner Einschätzung zu<br />
folgen, dass der Umsatzschlüssel einen eher unpraktikablen<br />
Aufteilungsmaßstab darstellt. Während Flächen<br />
oder Ertragswerte eine gewisse Beständigkeit<br />
aufweisen – über die Jahre also zur Anwendung eines<br />
einheitlichen Schlüssels führen – sind Umsätze einem<br />
ständigen Wandel unterworfen. Demgemäß muss ein<br />
Umsatzschlüssel stets „vorläufig“ – auf Basis von Vorjahresumsätzen<br />
oder von voraussichtlichen Umsätzen<br />
– festgesetzt <strong>und</strong> anschließend in vielen Fällen<br />
wieder berichtigt werden (siehe hierzu Art. 175 Abs. 2<br />
<strong>und</strong> 3 MwStSystRL). Ungeachtet der steuerlichen Vorteile,<br />
die eine Anwendung des Umsatzschlüssels für<br />
Unternehmer in einigen Fällen bringen mag, weil dieser<br />
häufig zum Abzug von vergleichsweise hohen Vorsteuerbeträgen<br />
führt, kann dieser Aufteilungsmaßstab<br />
aus Sicht der Praxis nicht überzeugen. Die gemeinschaftsrechtlichen<br />
Vorgaben dürfen hier insofern sogar<br />
als praxisfremd bezeichnet werden. Betrachtet man<br />
die umfangreiche Diskussion in der Fachwelt, so hat<br />
die Unpraktikabilität der Vorschrift vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Steuerrelevanz des Aufteilungsmaßstabes<br />
bislang keine ausreichende Würdigung erfahren. Dennoch<br />
hat wohl insbesondere die Einschätzung, der<br />
Umsatzschlüssel sei unpraktikabel 22) , das BMF dazu<br />
veranlasst, über sinnvollere Aufteilungsmaßstäbe<br />
nachzudenken. So geht das BMF in seinem Schreiben<br />
vom 24. 11. 2004 zu <strong>Recht</strong> davon aus, dass es sich beim<br />
Aufteilungsmaßstab nach dem Verhältnis der Ertragswerte<br />
zur Verkehrswertermittlung nicht um eine Umsatzschlüssel-Methode<br />
handelt. 23) Insbesondere sind<br />
die Verhältnisse der Ertragswerte i.d.R. nur geringen<br />
jährlichen Schwankungen unterworfen, jedenfalls weniger<br />
als die den Ertragswerten zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Umsätze. Ertragswerte bleiben zumindest im Verhältnis<br />
einzelner Gebäudeteile zueinander relativ stabil.<br />
Mit einer Anwendung des Ertragswertschlüssels wäre<br />
somit eine unaufhörliche Berichtigung des Aufteilungsmaßstabes<br />
weitgehend obsolet. 24) Der Aufteilungsmaßstab<br />
wäre aufgr<strong>und</strong> dieser Konstanz einigermaßen<br />
praktikabel.<br />
Sogenannten Ertragswertverfahren werden häufig zur<br />
Bewertung vermieteter Gr<strong>und</strong>stücke angewendet. Der<br />
Ertragswert bemisst sich dabei regelmäßig aus dem<br />
Barwert der zukünftigen Überschüsse aus Einnahmen<br />
<strong>und</strong> Ausgaben. Hinsichtlich des Pro-rata-Satzes des<br />
Vorsteuerabzuges werden sich dabei regelmäßig ähnliche<br />
Kennzahlen ergeben, wie beim Umsatzschlüssel,<br />
da der Ertragswert großteils auf kapitalisierten Umsätzen<br />
beruht, die mit dem Objekt voraussichtlich erwirtschaftet<br />
werden. Unternehmer, deren Abzugsumsätze<br />
auf höheren Quadratmetermieten beruhen als die Ausschlussumsätze,<br />
können mit dem Ertragswertverfahren<br />
die Steuervorteile des Umsatzschlüssels nutzen,<br />
ohne den Vorsteuerabzug dabei ständig wegen<br />
schwankender Umsätze berichtigen zu müssen. Selbst<br />
wenn sich Mieten in der Zukunft der Höhe nach ändern,<br />
beruhen Ertragswerte gleichwohl auf den erzielbaren<br />
Mieten der einzelnen Gebäudeteile. Eine Änderung<br />
einzelner Umsätze würde in vielen Fällen nicht<br />
unbedingt eine Änderung der Verhältnisse gem. § 15a<br />
UStG darstellen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges<br />
könnte insofern unterbleiben. Der Unternehmer<br />
selbst wird am besten beurteilen können, wann eine<br />
Änderung der Ertragswerte gegeben wäre. Nur in diesen<br />
Fällen läge eine Änderung der Verhältnisse i.S.d.<br />
§ 15a UStG vor <strong>und</strong> der geltend gemachte Vorsteuerabzug<br />
wäre entsprechend zu berichtigen.<br />
Der umstrittene § 15 Abs. 4 UStG kann insofern als<br />
Chance für den Unternehmer verstanden werden, als<br />
er Möglichkeiten für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge<br />
eröffnet, die im Vergleich zum Regelaufteilungsmaßstab<br />
der MwStSystRL erheblich praktikabler <strong>und</strong><br />
gleichwohl nicht ungünstig sind. Sieht man einmal von<br />
Abschn. 208 Abs. 2 Satz 15 UStR 2008 ab, der gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
eine Aufteilung nach dem Verhältnis der tatsächlichen<br />
Nutzflächen verlangt, aber im Gesetz keine<br />
Gr<strong>und</strong>lage findet, so bieten sich dem Unternehmer<br />
derzeit folgende Möglichkeiten:<br />
1. Der Unternehmer kann, wie von § 15 Abs. 4 UStG<br />
gefordert, die nicht abziehbaren Vorsteuern im<br />
Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Dabei<br />
bietet sich insbesondere – gleichrangig zum Flächenschlüssel<br />
– der Ertragswertschlüssel an. Da für<br />
Abzugsumsätze genutzte Gebäudeteile nicht selten<br />
einen höheren Ertragswert erwirtschaften, als die<br />
für Ausschlussumsätze genutzten Gebäudeteile, ergibt<br />
sich somit häufig ein höherer Vorsteuerabzug<br />
als bei der Anwendung des Flächenschlüssels. Bei<br />
Änderung der Ertragswerte liegt eine Änderung der<br />
Verhältnisse vor, was eine Berichtigung der Vorsteuer<br />
gem. § 15a UStG zur Folge hat.<br />
2. Der Unternehmer kann in Zuwiderhandlung zu § 15<br />
Abs. 4 Satz 3 UStG eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel<br />
vornehmen, selbst wenn eine andere<br />
wirtschaftliche Zurechnung möglich wäre. Er kann<br />
sich dabei auf Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL berufen,<br />
der den Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab<br />
vorsieht. Die Anwendung des Umsatzschlüssels<br />
wird jedoch vielfach zu nachträglichen Berichtigungen<br />
des Aufteilungsmaßstabes führen, da Umsätze<br />
i.d.R. einer Schwankung unterliegen.<br />
VI. Bemessungsgr<strong>und</strong>lage bei privater<br />
Gebäudeverwendung<br />
Die nichtunternehmerische Nutzung eines Gebäudes<br />
unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3<br />
Abs. 9a Nr. 1 UStG der <strong>Umsatzsteuer</strong>. Als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
hierfür dienen die zur Ausführung der Leistung<br />
entstandenen Ausgaben gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 2<br />
UStG, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug<br />
berechtigt haben <strong>und</strong> auf den privat genutzten<br />
Gebäudeteil entfallen. Zu diesen Ausgaben gehören<br />
auch Anschaffungs- <strong>und</strong> Herstellungskosten für den<br />
Gegenstand. Dabei kann sich der deutsche Gesetzge-<br />
22) So auch BT-Drucks. 630/03 v. 5. 9. 2003.<br />
23) Vgl. BMF v. 24. 11. 2004, IV A 5 – S 7306 – 4/04, BStBl I 2004,<br />
1125 Tz. 11.<br />
24) So auch von Streit, UR 2006, 254, 257.