04.10.2013 Aufrufe

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der diplomierte Gesundheits- und<br />

Krankenpfleger Johann Gratz arbeitet<br />

seit dreieinhalb Jahren im Schloss<br />

Haus. Im Bild links ist er mit Theresia<br />

Winkler zu sehen, die in der von ihm<br />

betreuten Wohngruppe lebt.<br />

Gerlinde Mirsch, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Freiwilligenkoordination<br />

(Bild re.), führte uns durchs<br />

liebevoll gestaltete, neue Zuhause der<br />

Klienten.<br />

Langzeitbeatmete leiden an schweren Lungenerkrankungen,<br />

was dazu führt, dass sie 24 Stunden am Tag ein Gerät<br />

zum Atmen benötigen. Wir treffen Diplompfleger Martin<br />

Triefhaider auf dieser Station. Ihm gefällt, dass er hier individueller<br />

auf die PatientInnen eingehen kann, als es beispielsweise<br />

in einem Krankenhaus möglich wäre. Als schwierig<br />

empfindet er, dass nicht immer ein Arzt zugegen ist. Vier<br />

Ärzte sind zwar auf Abruf im <strong>Dienst</strong> – in Notfallsituationen,<br />

in denen jede Sekunde zählt, müssen er und seine KollegInnen<br />

allerdings selbst entscheiden, was zu tun ist.<br />

Groß ist auch die Verantwortung, die die Pfleger und Therapeuten,<br />

die auf der österreichweit einzigen Chorea-Huntington-Station<br />

arbeiten, Tag für Tag übernehmen. Durch<br />

eine Erkrankung der Nervenzellen kommt es zu unkoordiniertem<br />

Verhalten zwischen Nervenbahnen und Muskeln.<br />

Zum Krankheitsbild gehört außerdem ein aggressives und<br />

starrsinniges Verhalten – keine einfachen Vorgaben für PflegerInnen,<br />

die ihre KlientInnen beispielsweise baden oder<br />

ihnen zu essen geben wollen.<br />

„Du wirst nicht einfach für diese Station eingeteilt, sondern<br />

vorher gefragt, ob du das auch machen willst“, erklärt<br />

Gerlinde Mirsch, die bis 1. Jänner <strong>2012</strong> hier ihren <strong>Dienst</strong><br />

versah. Die hier Beschäftigten müssen körperlich richtig<br />

fit und stark sein: Wenn der Betroffene kippt oder um sich<br />

schlägt, kann jeden Moment Zupacken nötig sein, um Verletzungen<br />

zu verhindern. Schwieriger als die Kranken sind<br />

jedoch oft deren Angehörige. „Die Menschen können das<br />

Schicksal ihrer Verwandten meist nur sehr schwer ertragen<br />

– ob Wachkoma, Beatmung oder Chorea Huntington.<br />

Die Angehörigenarbeit ist bei allen Spezialeinheiten sehr<br />

umfassend “, erklärt Hable.<br />

Unbezahlbare Freiwilligenhilfe<br />

Aber nicht nur Familienmitglieder kommen nach Wartberg.<br />

Frei nach dem Motto „Helfen macht glücklich“ engagieren<br />

sich zahlreiche ehrenamtliche MitarbeiterInnen, um den<br />

BewohnerInnen ein Mehr an sozialem Kontakt zu ermöglichen.<br />

Obwohl viele der Freiwilligen schon in Pension<br />

sind (vor allem überdurchschnittlich viele LehrerInnen<br />

arbeiten mit), sind generell Menschen verschiedensten<br />

Alters mit dabei: „Unsere jüngste Ehrenamtliche ist 18,<br />

die älteste 81“, berichtet Mirsch, die für die Koordination<br />

zuständig ist. Dieser <strong>Dienst</strong>posten wurde geschaffen, da<br />

es für Laien oft nicht so einfach ist herauszufinden, wie<br />

mit psychisch-sozial Kranken umgegangen werden soll.<br />

Eines ist klar: Die Arbeit der Ehrenamtlichen wird nicht<br />

als Ersatz, sondern als qualitätssteigernder Zusatz zum Job<br />

der Bediensteten gesehen, so Hable. Vorlesen, Spaziergänge,<br />

Theaterbesuche oder Einkäufe stellen eine wertvolle<br />

Abwechslung für BewohnerInnen dar, die Jahre oder Jahrzehnte<br />

im geschützten Bereich verbringen. Kontakte zur<br />

„Außenwelt“ sind immens wichtig, vor allem für diejenigen,<br />

die selten oder gar nie von Familienmitgliedern oder<br />

Freunden besucht werden.<br />

Das Leben – ein Traum<br />

Abgeschnitten von der Welt, aber doch präsent. Vor eineinhalb<br />

Jahren wurde im neu renovierten Teil des Schlosses<br />

eine eigene Wachkoma-Station eingerichtet, wo derzeit<br />

dreizehn PatientInnen individuell betreut werden. Unfälle<br />

oder Operationen, nach denen Menschen zwar wiederbelebt,<br />

aber nicht zu vollem Bewusstsein gelangen, sind meist<br />

Ursache für das Abdriften ins Wachkoma. Das Tragische:<br />

Wie viel die Betroffenen wahrnehmen können, wird zwar<br />

an Gehirnströmen gemessen, letztendliche Gewissheit gibt<br />

es aber nicht.<br />

Wir lernen Silke Stellenberger kennen, eine zierliche,<br />

junge Diplomkrankenschwester, die hier ihren <strong>Dienst</strong><br />

versieht. Sie mag an ihrer Arbeit, dass sie zwar anstrengend,<br />

aber, wie sie selbst sagt, sehr ruhig ist. Lichtblick sind<br />

zwei Locked-in-Patienten, mit denen Kommunikation über<br />

Augenkontakt möglich ist. „Es macht Freude, wenn dir ein<br />

Patient auch was zurückgeben kann“, so Stellenberger mit<br />

einem Lächeln.<br />

Das Landespflege- und Betreuungszentrum ist ein Ort,<br />

an dem gesellschaftliche Chancengleichheit gelebt wird.<br />

Oder wie es in einem Gedicht des Hauses formuliert<br />

wurde: „Zu Hause bin ich da, wo ich leben kann.“<br />

31<br />

gÖD | 1_<strong>2012</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!