04.10.2013 Aufrufe

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

38<br />

recht<br />

Verfolgungsjagd und Schadenersatz!<br />

und auch voraussehen konnte, dass der Kläger bei der Verfolgung<br />

möglicherweise zu Schaden kommen werde. Der<br />

in die Dunkelheit flüchtende Lenker hat seine Verfolgung<br />

geradezu herausgefordert, und es musste ihm auch bewusst<br />

sein, dass er damit eine erhöhte Verletzungsgefahr für den<br />

Kläger schaffe. Er hat daher für die – grundsätzlich nicht<br />

atypischen – nachteiligen Folgen seines rechtswidrigen und<br />

schuldhaften Verhaltens auch zu haften.<br />

Verschuldensteilung möglich<br />

Der OGH führt weiter aus, dass aber auch bei „Verfolgungsschäden“<br />

eine Verschuldensteilung zwischen Schädiger<br />

und Geschädigtem denkbar und rechtlich möglich<br />

ist. Der OGH verweist aber darauf, dass die Frage eines<br />

Mitverschuldens eines Geschädigten stets anhand der konkreten<br />

Umstände des Einzelfalles zu beurteilen sei und keine<br />

vom OGH aufzugreifende Rechtsfrage von erheblicher<br />

Bedeutung darstelle. Die Verneinung eines Mitverschuldens<br />

des Polizeibeamten durch die Vorinstanzen sei aber<br />

darüber hinaus auch gerechtfertigt. Dass der Kläger in der<br />

Hitze des Gefechtes die Mitnahme einer im <strong>Dienst</strong>wagen<br />

befindlichen Stabtaschenlampe unterließ, sei ihm nicht<br />

vorzuwerfen.<br />

Verkehrssicherungspflichten<br />

Zur zurückgewiesenen Revision des Klägers gegen die<br />

Abweisung der Haftung des Zweitbeklagten (Betriebsinhabers)<br />

führte der OGH Folgendes aus: Verkehrssicherungspflichten<br />

treffen auch denjenigen, in dessen Sphäre gefährliche<br />

Zustände bestehen. Wer demnach eine Gefahrenquelle<br />

schafft oder bestehen lässt, muss die notwendigen und ihm<br />

zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung<br />

anderer nach Tunlichkeit abzuwenden (4 Ob 280/00f mit<br />

weiteren Nachweisen). Die Verkehrssicherungspflicht entfällt<br />

nicht schon dann, wenn jemand unbefugt in einen<br />

fremden Bereich eingedrungen ist. Grundsätzlich ist aber<br />

jemand, der unbefugt in einen fremden Bereich eingedrungen<br />

ist, als nicht schutzwürdig zu erachten. Er kann nämlich<br />

nicht damit rechnen, dass seitens des Verkehrssicherungspflichtigen<br />

auch Schutzmaßnahmen zugunsten unbefugt<br />

Eindringender getroffen werden. Nur in Ausnahmefällen<br />

könnte aber eine Interessenabwägung ergeben, dass der<br />

Inhaber einer Gefahrenquelle dennoch zumutbare Maßnahmen<br />

zur Vermeidung von Schädigungen zu ergreifen<br />

hat, so z. B. wenn die Möglichkeit besteht, dass Personen<br />

versehentlich in den Gefahrenbereich gelangen oder dass<br />

Kinder und andere Personen, die nicht die notwendige<br />

Einsichtsfähigkeit haben, um sich selber vor Schaden zu<br />

bewahren, gefährdet werden. Gleiches gelte auch, wenn<br />

eine ganz unerwartete oder große Gefährdung vorliegt.<br />

Sorgfaltspflichten<br />

dürfen nicht überspannt werden<br />

Auch bei Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht<br />

bedarf es aber auch eines Verschuldens des Verpflichteten,<br />

um eine Haftung eintreten zu lassen. Für ein Verschulden<br />

reicht es auch schon aus, dass der Verletzte die Möglichkeit<br />

einer Beeinträchtigung der betreffenden Art im Allgemeinen<br />

hätte erkennen müssen. Der OGH bestätigte<br />

die Ansicht der Vorinstanzen, wonach der Betriebsinhaber<br />

nicht damit rechnen habe müssen, dass erwachsene Personen,<br />

die nicht versehentlich auf sein Grundstück gelangt<br />

sind, dort eine nächtliche Verfolgungsjagd beginnen und<br />

dabei infolge des plötzlichen Wechsels von hell zu dunkel<br />

über eine Stützmauer einer baubehördlich genehmigten<br />

Lagerhalle stürzen könnten. Die Möglichkeit der Verletzung<br />

von Rechtsgütern Dritter sei daher für den Betriebsinhaber<br />

als Zweitbeklagten bei objektiver sachkundiger<br />

Betrachtung nicht zu erkennen gewesen. Darüber hinaus<br />

gelte der in der Rechtsprechung verfestigte Grundsatz,<br />

wonach Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden dürfen.<br />

Ansonsten würde nämlich in Wahrheit eine Haftung<br />

geschaffen, die vom Verschulden gänzlich losgelöst sei.<br />

Auch mit diesem Grundsatz befindet sich die Verneinung<br />

der Haftung des Zweitbeklagten nach Ansicht des OGH<br />

im Einklang.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!