Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Klostergemeinschaft und kommt zu den<br />
Festivitäten.“ Das Verdienst Pater Willigis’<br />
lag seiner Ansicht nach im Wagnis, über<br />
den Tellerrand zu schauen. „Willigis sucht<br />
den Frieden unter den Religionen. Und dies<br />
ist auch die Sehnsucht vieler anderer.“<br />
Gastfreundschaft für alle<br />
Für das Haus St. Benedikt wagte man<br />
trotz aller Vorbehalte 2002 einen Neustart.<br />
Neuer Superior und Hausleiter<br />
wurde Bruder Isaak Grünberger, der damit<br />
ein schweres Erbe antrat. „Die ersten<br />
drei Jahre waren hart“, erinnert sich der<br />
Sozialpädagoge und Diakon (Jahrgang<br />
1964). Doch mit großem Einfühlungsvermögen<br />
und Aufmerksamkeit für die Zeichen<br />
der Zeit arbeitete Bruder Isaak ein<br />
völlig neues Konzept aus. „Wichtig war<br />
mir zunächst einmal die Anknüpfung an<br />
die alte Mönchs tradition“, erzählt er: „Wir<br />
wollten mitten in der Stadt mönchisch leben<br />
und für die Menschen einfach nur da<br />
sein.“ Wichtig war es Bruder Isaak zudem,<br />
dass das neue Haus Benedikt „offen für jeden“<br />
ist: „Gastfreundschaft sollte an oberster<br />
Stelle stehen!“ Dass dieses Bemühen<br />
mehr als erfolgreich war, zeigen die vielen<br />
positiven Rückmeldungen. „Zu uns kamen<br />
die unterschiedlichsten Menschen. Viele<br />
hegten eine tiefe und echte Treue zu uns,<br />
für die ich sehr dankbar bin.“ Ganz im Sinne<br />
des leidenschaftlichen Seelsorgers war das<br />
Haus auch für jene Menschen eine Anlauf<br />
stelle, die verletzt oder enttäuscht von der<br />
Kirche waren. „Viele haben mir gesagt: Bei<br />
euch durfte ich Kirche ganz neu kennen<br />
lernen“, berichtet Bruder Isaak. Darüber<br />
hinaus lebten Ordensstudenten aus aller<br />
Herren Länder im Haus Benedikt. „Wir<br />
hatten immer Multikulti“, schwärmt Isaak,<br />
fügt aber sogleich hinzu, dass dies nicht<br />
immer nur Gaudi und Spaß sei, sondern<br />
„viel Achtsamkeit“ erfordere. „Wir mussten<br />
immer wieder umdenken, um die kulturellen<br />
Eigenarten an einen Tisch zu bringen.<br />
Das war eine große Herausforderung!“<br />
Entscheidung war goldrichtig<br />
Vor allem aber sollte das Haus auch künftig<br />
Bildungs und Gästehaus sein – aber<br />
mit völlig neuem Profi l. Bewusst reduzierte<br />
Bruder Isaak die ZENKurse und stellte im<br />
Gelben Programm einen bunten Strauß<br />
verschiedenster Angebote zusammen:<br />
Kurse zu Kontemplation, Leibarbeit und<br />
Yoga fanden sich hier ebenso wie solche<br />
zu Schriftlesung, Lebensorientierung<br />
und Pilgerwanderungen. Ganz neue Perspektiven<br />
eröffneten sich 2004, als Pater<br />
Anselm Grün und Dr. Friedrich Assländer<br />
anfragten, ob man nicht ein spezielles<br />
Kurs programm für Menschen in berufl icher<br />
Verantwortung entwickeln wolle. So entstand<br />
das Grüne Programm „Führen und<br />
geführt werden“ mit zuletzt 56 Kursen im<br />
Jahr. Berufl iche Kompetenzerweiterung<br />
und Persönlichkeitsentwicklung wurden<br />
Das Haus Benedikt in Würzburg<br />
mit Spiritualität und benediktinische Tradition<br />
verknüpft. „Diese Entscheidung<br />
war goldrichtig“, resümiert Isaak: „Damit<br />
übersetzen wir die benediktinische Spiritualität<br />
in den Alltag.“ In internationalen<br />
Wirtschaftskreisen riefen die Coaching<br />
Kurse Begeisterung hervor. Das Haus war<br />
gut besucht, im November 2009 wurde es<br />
sogar von der Stiftung Warentest zum Testsieger<br />
unter den FührungsKursen gekürt.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Vor diesem Hintergrund mag die Entscheidung,<br />
Haus Benedikt Ende 2010 zu schließen,<br />
wie ein Blitz aus heiterem Himmel<br />
gewirkt haben. „Dennoch war es die einzig<br />
richtige Entscheidung“, sagt Bruder Isaak.<br />
Nachdem der Pachtvertrag für die Katholische<br />
Landvolkshochschule Klaus von Flüe<br />
in Münsterschwarzach auslief, bot es sich<br />
an, dieses Gebäude auf dem Abteigelände<br />
zu übernehmen. „Mit Blick auf die personelle<br />
und fi nanzielle Situation war jedoch<br />
klar, dass der Unterhalt beider Häuser nicht<br />
zu leisten ist“, erläutert er. Fast zeitgleich<br />
erreichte die Abtei eine Anfrage der Universität<br />
Würzburg nach einem Haus für die<br />
Katholische Fakultät. Spruchreif sind diese<br />
Überlegungen allerdings noch nicht, die Verhandlungen<br />
mit der Universität laufen noch.<br />
Tiefe Dankbarkeit<br />
Ihre Bildungsarbeit konzentrieren die Benediktiner<br />
nun seit dem 1.1.<strong>2011</strong> auf Münsterschwarzach.<br />
Im Haus Benedikt ist es<br />
indes still geworden. Bis ein neuer Mieter<br />
gefunden ist, halten noch drei Benediktiner<br />
die Stellung. Dann gehen auch sie: Pater<br />
Cornelius Hörnig, Krankenhausseelsorger<br />
in der Missionsärztlichen Klinik, bezieht ein<br />
Zimmer bei den Missionaren von Mariannhill,<br />
und Bruder Isaak Grünberger macht<br />
sich gemeinsam mit Bruder Sturmius Stöcklein<br />
auf den Jakobsweg in Spanien, ehe er<br />
sich neuen Aufgaben zuwendet. Obwohl<br />
der Abschied vom Haus Benedikt auch<br />
Trauer weckt, überwiegt für Bruder Isaak<br />
die Dankbarkeit: „Ich bin zutiefst dankbar<br />
für die vielen wertvollen Erfahrungen und<br />
menschlichen Begegnungen, die ich in diesem<br />
Haus machen durfte. Denn auch ich<br />
wurde hier reich beschenkt!“<br />
35