POSTWESEN UND BRIEFKULTUR IM KÖNIGREICH ...

halshs-00793224, version 1 - 1 Mar 2013
14 Claudie Paye
einzelnen Briefen und Packeten eigene Boten zu gebrauchen, jedoch dürfen
diese nicht Briefe und Packete von mehreren Personen zugleich zur Bestellung
annehmen« 70. In der »Instruction générale sur le service des Postes du
Royaume de Westphalie« von 1809 wurde sogar zur Erleichterung das Modell
eines Protokolls zur Beschlagnahme von Briefen und Paketen abgedruckt
71. Die Geldstrafe sei unter zehn Tage zu bezahlen 72. Mit dem Dekret
vom 30. September 1810 verfeinerte sich die Suche nach Übertretungen: Die
Postbeamten sollten aufmerksam überprüfen, ob nicht unfrankierte Briefe
auch in Paketen oder in Gegenständen, die von der Post befördert wurden,
verborgen waren 73. Zusätzlich wurde in diesem Dekret betont, Verstöße gegen
die offizielle Briefbeförderung sollten nicht nur von den Postbeamten
überwacht werden, sondern erforderten den Einsatz der Beamten der indirekten
Steuern, der Polizei und der Gendarmerie 74. Über die Geldstrafen, die für
die illegale Beförderung von Post fällig wurden, wurde von Oktober 1810 an
auch anders verfügt: »La moitié des amendes pour contraventions aux droits
des postes, sera attribuée indistinctement au dénonciateur, l’autre moitié sera
versée dans la caisse des pensions des postes, laquelle, après le jugement, fera
provisoirement l’avance de la part qui revient au dénonciateur« 75. Dies bedeutete
eine klare Begünstigung der Denunzianten im Vergleich zur vorherigen
Praxis – damit wurde eindeutig zur Denunziation aufgefordert 76. Im Juni
1811 wurde dann die Verfolgung der Übertretungen des
Postbeförderungsreglements um eine Besonderheit erweitert: Nicht mehr nur
die Überbringer der Briefe wurden für den Verstoß belangt und zu Geldstrafen
verurteilt, es sollten nunmehr auch die Absender der illegalen Briefe zur
Kasse gebeten werden 77. Von April 1813 an ging man sogar in einigen Fällen
zu einer härteren Verfolgung über: die mit einer aufrührerischen Korrespon-
70 Bulletin des Lois, Dritter Theil, 1810, Bülletin Nr. 37, Dekret vom 30. Sept. 1810,
S. 90–175: Décret portant une nouvelle organisation de l’administration générale des
postes, relais et messageries, Titel V., Art. 102.
71 Vgl. Instruction générale sur le service des Postes, S. 144.
72 Vgl. ibid.
73 Vgl. Bulletin des Lois, Dritter Theil, 1810, Bülletin Nr. 37, Dekret vom
30. Sept. 1810, S. 90–175: Décret portant une nouvelle organisation de
l’administration générale des postes, relais et messageries, Titel V., Art. 104.
74 Vgl. ibid., Titel V., Art. 106.
75 Vgl. ibid., Titel V., Art. 165.
76 Zum Thema Denunziation und Denunziationspraktiken vgl. u.a. HOHKAMP, UL-
BRICH (Hg.), Der Staatsbürger als Spitzel.
77 Vgl. Bulletin des Lois, 1811, Bülletin Nr. 16, Dekret vom 4. Juni 1811, S. 274:
Décret additionnel à celui du 30 septembre 1810, et relatif à la garantie des objets
remis à la poste et aux fraudes pour le transport des lettres et paquets, Art. 5.