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POSTWESEN UND BRIEFKULTUR IM KÖNIGREICH ...

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halshs-00793224, version 1 - 1 Mar 2013<br />

28 Claudie Paye<br />

der Hoffnung, im Gegenzug andere zu erhalten. Das Prinzip eines Tauschgeschäfts,<br />

Information gegen Information, liegt hier zugrunde. Außerdem wurden<br />

offensichtlich Nachrichten wie verzehrbare und schmackhafte Ware<br />

angesehen, mit denen man sein Umfeld »regalieren« konnte.<br />

Polchau distanzierte sich seinerseits bei seinem Verhör von Kersting, indem<br />

er seine Korrespondenz mit ihm offenkundig geringschätzte:<br />

Ich kenne denselben als einen Misantrope der gewöhnlich Jede Sache mit anderen<br />

Augen ansieht, als der gröste Haufe und gern Unglück da vorhersagt, wo noch keines<br />

ist, auch überhaupt noch mit keiner Regierungsform in ganz Deutschland zufrieden<br />

war, daher von jeher exaltirte Ideen gehabt hat, welches einmal in seinen Charakter<br />

liegen muß, da er übrigens bei allen Menschen die ihn gekant, als ein rechtschaffener<br />

biederen Mann gegolten, so habe ich […] seine Neuigkeiten nie für baare Münze<br />

angesehen 129.<br />

Sowohl Zwicker als Polchau waren sich letzten Endes in ihren Aussagen<br />

darin einig, dass Kersting keine aufrührerischen Absichten gehabt habe 130.<br />

Schließlich versicherte Kersting selbst, dass er bei seiner Korrespondenz<br />

»keine feindselige oder böße Tendenz gehabt [habe], und zu viel Verbindlichkeiten<br />

gegen das jetzige Gouvernement habe, als daß er nie im geringsten<br />

hierzu fähig sein sollte« 131. Letztendlich plädierte der Gendarmeriechef Bongars<br />

beim König für Milde gegenüber Kersting, der bald darauf als treuer<br />

westphälischer Staatsbürger, der bloß leichtsinnig politische Nachrichten<br />

verbreitet habe, entlassen wurde 132. Auch gegen Zwicker und Polchau wurden<br />

keine weiteren Maßnahmen mehr getroffen 133. Trotz der eindeutigen<br />

Angaben zu Bestrafung von Postbeamten, die unfrankierte Briefe überstellten,<br />

wie im königlichen Dekret vom 30. September 1810 formuliert, zeigte<br />

Bongars Kulanz und sah unerwarteterweise von einer Bestrafung des Postverifikators<br />

Zwicker ab. Dies zeigt, dass die oben dargelegten und immer<br />

weiter verschärften Regelungen zur Eindämmung der Postbeförderungsverletzungen<br />

mehr abschreckenden als repressiven Charakter hatten. Bongars<br />

sah von einer weiteren Bestrafung ab – die Überführung eines Staatsbeamten<br />

129 Ibid., Nr. 13 146: Verhörprotokoll von E. Polchau, 12.4.1813.<br />

130 Vgl. ibid., Nr. 13 144: Verhörprotokoll von C. H. Zwicker, 12.4.1813; ibid.,<br />

Nr. 13 146: Verhörprotokoll von E. Polchau, 12.4.1813.<br />

131 Ibid., Nr. 13 111: Verhörprotokoll von L. Kersting, 14.4.1813.<br />

132 Vgl. RNB St. Petersburg, F 993 Arch. Westf., K. 3, Nr. 442–495: Bericht<br />

Nr. 1096, 14.4.1813; RNB St. Petersburg, F 993 Arch. Westf., K. 21, Nr. 13 109–<br />

13 146, hier Nr. 13 110: Schreiben Nr. 979 von J. F. M. de Bongars an G. A. von<br />

Wolffradt, Innenminister, 15.4.1813.<br />

133 Vgl. RNB St. Petersburg, F 993 Arch. Westf., K. 21, Nr. 13 109–13 146, hier<br />

Nr. 13 109: Schreiben Nr. 978 von J. F. M. de Bongars an A. J. F. Pothau, 15.4.1813;<br />

RNB St. Petersburg, F 993 Arch. Westf., Nr. [13 852]: Einträge Nr. 150 und 151.

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