General Giraud und Admiral Darlan in der Vorgeschichte der ...

Vorgeschichte der alliierten Landung in Nordafrika 223
und ist wieder Franzose" 58 . Im Februar 1942 schaltete dann Darlan seinen Sohn Alain
als persönlichen Botschafter ein. Alain Darlan, Marineoffizier, fungierte zugleich als
Vertreter einer Versicherung für Angehörige der Streitkräfte, wodurch er ungehindert
im besetzten wie unbesetzten Frankreich und in den Kolonien reisen konnte. In
Algier logierte Alain stets im Hause Fénards, der ihn im Februar 1942 erstmals mit
Murphy zusammenbrachte. Der Auftrag Alains bestand zunächst darin, das Vertrauen
des amerikanischen Diplomaten zu gewinnen. Im April, am Vorabend der Regierungsumbildung
in Vichy, hat dann Alain Darlan bei Fénard gegenüber Murphy
die folgende Erklärung abgegeben: Der Marschall und der Admiral seien von einem
amerikanischen Sieg überzeugt. Sie möchten sich den Amerikanern anschließen, da
diese für die Wiedererrichtung des französischen empire eintreten werden. Pétain wie
Darlan seien entschlossen, Nordafrika nicht von der Achse beherrschen zu lassen.
Doch sollten die Amerikaner nicht zu hart auf Konzessionen Vichys gegenüber der
Achse reagieren, solange das große Ziel nicht aus den Augen gelassen werde 59 . Das ist
eine Schlüsselaussage zum Verständnis der Darlanschen Außenpolitik. Sie zielte zudem
auf eine Beruhigung der Amerikaner wegen des Deltaplanes und der bevorstehenden
Rückkehr Lavals.
Am 17./18. April erfolgte die Regierungsumbildung in Vichy, mit der Laval Ministerpräsident
und sowohl Innen- wie Außen- und Informationsminister wurde. Darlan
jedoch blieb designierter Nachfolger des Marschalls und Oberbefehlshaber aller
Streitkräfte. Die genauen Hintergründe dieses Vorgangs sind bis heute nicht voll geklärt.
Gewiß hatte die Frage der Rückkehr Lavals den Charakter einer Machtprobe
zwischen Washington und Berlin erhalten, in der Pétain schließlich nachgab in dem
Glauben, damit eine Regierung Déat-Doriot abwenden zu können 60 . Der amerikanische
Botschafter wurde abberufen, jedoch ohne Abbruch der Beziehungen zwischen
Washington und Vichy. Leahy war ohnedies nicht mehr an einem längeren Verbleiben
in Vichy interessiert.
Natürlich entstand jetzt der Eindruck, und das hoben deutsche wie amerikanische
Beobachter hervor, Darlans Wandel sei Konsequenz seiner Entmachtung. Doch gibt
es keine Anhaltspunkte dafür, daß Darlan mit Druck zum Rücktritt hat bewogen
werden müssen. Eher ist die Beschränkung des Admirals auf das Dauphinat und den
Oberbefehl über die Streitkräfte im Einvernehmen mit Pétain erfolgt. Sauckels Programm
zur Rekrutierung der französischen Zivilarbeiter sowie die verschärfte Verfolgung
der Juden, nunmehr auch im unbesetzten Gebiet, standen bevor. Darlan war
nicht mehr der Mann, auf den die Deutschen setzen konnten, und er wollte es unter
diesen Umständen auch nicht sein. Wenn eine Auswertung der Berichte verschiedener
58
Roosevelt Library, PSF, Donovan Reports, 13.12.1941-15.1.1942, Nr.98. Den Kurswechsel
Darlans bestätigen ferner ein COI-Bericht vom 5. Januar 1942 in NA; Rg 226 / 12492, und die
COI-Studie „The Problem of Vichy. Forces affecting the Dispositions of Pétain, Darlan and the
Navy" in NA, RG 59, R & A, 212.
59
FRUS 1942, II, S. 283 f. Zu der irrtümlichen Datierung dieses Gesprächs durch Alain Darlan s.
C. Paillat, L'échiquier d'Alger, vol. I, Paris 1966, S.382.
60
Nach deutschen Akten stellt sich die Sache als in erster Linie vom deutschen Botschafter in Paris,