General Giraud und Admiral Darlan in der Vorgeschichte der ...

Vorgeschichte der alliierten Landung in Nordafrika 209
Die am 26. Februar in Algier zwischen Murphy und Weygand paraphierte Vereinbarung
sah vor:
„1. daß die Versorgung Nordafrikas nicht als Ergebnis die Aufstellung übergroßer Vorräte
haben wird;
2. daß Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, daß diese und ähnliche
Produkte in Französisch Nordafrika verbraucht werden und nicht in irgendeiner Form
rückexportiert werden;
3. daß, um das Vorangehende zu verwirklichen, die amerikanische Regierung ermächtigt
wird, Vertreter zu benennen, mit der Aufgabe, in den Häfen und den Eisenbahnen
zu kontrollieren."
In Punkt 4 wurde eine sofortige Beendigung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit
für den Fall einer Verletzung des Abkommens bezüglich des Nichtrückexportes angekündigt.
Die Lieferungen sollten aus blockierten französischen Guthaben in den
Vereinigten Staaten bezahlt werden.
Am 10. März 1941 erfuhr der accord durch einen Notenaustausch zwischen Darlan
und Botschafter Leahy eine Art Ratifizierung 9 .
Obwohl der Wortlaut des accord in seinen ersten drei Punkten dem State Department
vom Foreign Office diktiert worden war 10 , hielt der britische Widerstand an.
Zwischen London und Washington kam es zu einem harten Notenwechsel in der
Sache, denn London sah seine eigenen Marokkoverhandlungen mit Vichy durchkreuzt.
Doch das State Department wies in scharfer Form alle britischen Einwände
zurück. Als Churchill zu keiner Lockerung der Blockade bereit war, griff Admiral
Darlan ein. Just am Tage der Ratifizierung des accord drohte er - und das ließ er in
Presse und Rundfunk verlauten - Geleitschutz für die französischen Schiffe auf dem
Atlantik an, was die deutsche "Waffenstillstandskommission im Hinblick auf die mögliche
Verschärfung der amerikanisch-britischen Spannungen unterstützte. Als
Churchill Roosevelt um Vermittlung bat, wurde das State Department noch härter
und unterstützte die französischen Argumente. Sumner Welles drohte sogar dem britischen
Botschafter Halifax, daß, wenn aufgrund des britischen Widerstandes das
Projekt aufgegeben werden müsse, „auch noch etliches dazu" fallen werde, was im
Hinblick auf das gerade verabschiedete Leih- und Pachtgesetz eine deutliche Drohung
darstellte und auch als solche empfunden wurde. Jetzt gaben der Premierminister
und das War Cabinet ihren Widerstand auf. Darlan hatte mit "Washingtons und
Wiesbadens Unterstützung über die Briten triumphiert 11 .
Für Washington ging es in der ganzen Sache um mehr als die Belieferung Nordafrikas.
Von Anfang an hatte die nachrichtendienstliche Abteilung des War Department
die Hand im Spiel. Sie war seit Herbst 1940 damit befaßt, Beobachter in die ver-
9
Wortlaut in FRUS 1941, II, S. 226 f.; dt. Übers. in: Internationale Politik im 20. Jahrhundert, Bd. 2,
Frankfurt/M. 1977, Nr. 67. Notenaustausch FRUS 1941, II, S.237.
10
Laut Mitteilung Hulls an Murphy vom 8. Februar 1941, FRUS 1941, II, S.219ff.
11
Britische Vorstellungen PRO, FO 371/27475, 28372, 28373; amerikanische Antwort FRUS 1941,
II, S. 257 f.; DWStK dazu BAMA, RW 5/v. 316; Welles' Drohung gegenüber Halifax PRO, FO
371/28315.