General Giraud und Admiral Darlan in der Vorgeschichte der ...

Vorgeschichte der alliierten Landung in Nordafrika 213
deutsch-französische Vereinbarung paraphiert, die „Pariser Protokolle". Vorgeschichte
und Einzelheiten dieser Vereinbarung können im Rahmen dieser Studie keine
Berücksichtigung finden 21 , doch wollen wir auf das eingehen, was für die Beurteilung
der Rolle Darlans in dieser Sache von Bedeutung ist.
Das erste Paket des Protokolls sah eine deutsch-französische Zusammenarbeit in
Syrien zur Unterstützung des irakischen Aufstandes gegen die Briten vor. Das zweite
Paket betraf die Lieferung französischer Kraftfahrzeuge, Artillerie und Munition sowie
von Lebensmitteln für das Afrikakorps. Das mußte nicht unbedingt als Verletzung
des Waffenstillstands gelten. Hatte doch Keitel den Standpunkt vertreten, daß
dessen Präambel grundsätzlich „das Recht verbrieft hat, das zu fordern, was zur Fortsetzung
des Krieges gegen England dienlich ist" 22 . Anders lag es mit der Deutschland
einzuräumenden Benutzung des Hafens von Bizerta und der von dort ausgehenden
Eisenbahn für den Nachschub nach Libyen. Doch wurden Frankreich dafür die immer
wieder dringend gewünschte Verstärkung seiner Streitkräfte in Nordafrika sowie
Zugeständnisse für die Flotte zugesagt. Im dritten Paket war Dakar als deutscher
See- und Luftstützpunkt vorgesehen. Darlan hatte jedoch Abetz ein Zusatzprotokoll
abgerungen, das die Realisierung des dritten Paketes an die Bedingung knüpfte, daß
Deutschland den erhöhten Verteidigungszustand französisch Westafrikas vorher zu
bewilligen und zudem durch politische und wirtschaftliche Zugeständnisse die französische
Regierung in die Lage zu versetzen hatte, den Ausbruch eines bewaffneten
Konfliktes mit England und den Vereinigten Staaten „vor der öffentlichen Meinung
ihres Landes zu rechtfertigen". Damit wollte Darlan einen weiten Spielraum für künftige
Verhandlungen gewinnen.
Nun war es Weygand, der, unterstützt von Boisson (Generalgouverneur von Westafrika)
und Esteva (Generalresident in Tunis), den Ministerrat zur Ablehnung der
Protokolle bewog. Doch hat Darlan der Meinung der Mehrheit keinen Widerstand
geleistet, sondern sogar die Note an die deutsche Regierung selbst entworfen, die, das
Zusatzprotokoll ausschöpfend, die Sache an politische Gegenleistungen knüpfte, die
einer Beendigung des Waffenstillstandsregimes und der Wiederherstellung der französischen
Souveränität gleichgekommen wären. Wenngleich diese Note nicht sogleich
weitergeleitet wurde 23 , so ist dennoch in den folgenden Gesprächen mit Vertretern
des OKW auf dieser Basis verhandelt worden, so daß die Gespräche schließlich
zu keinem Ergebnis führten. Die Note, die Darlan dann am 14. Juli der deutschen
Botschaft zuleitete, basierte auf dem genannten Entwurf und ging so weit, daß Ribbentrop
sie Hitler mit der Empfehlung zuleitete, „diese naiven französischen Erpressungsversuche
ein für allemal abzustoppen". Sie wurde daraufhin von der Reichsregierung
formell zurückgewiesen 24 .
21 Unterredungen Darlan-Ribbentrop und Darlan-Hitler in ADAP, D, XII, Nr. 490, 491; Text der
Protokolle ebenda, Nr. 595. Die beste Abhandlung über diesen Komplex noch immer bei E. Jäckel,
Frankreich in Hitlers Europa, Stuttgart 1966, Kap. X.
22 Keitel an Gen. Thomas am 10. 1. 1941, BAMA, KW 34 / v. 10.
23 So Jäckel, a.a.O, S.174.
24 ADAP, D, XIII, Nr. 113.