General Giraud und Admiral Darlan in der Vorgeschichte der ...

Vorgeschichte der alliierten Landung in Nordafrika 243
kanischer Angriff gegen Nordafrika zu erwarten sei, und tatsächlich wurde danach
ein großer Teil des italienischen Personals aus Algier evakuiert 129 . Auch konnte es den
Franzosen nicht verborgen bleiben, daß die amerikanischen Konsularstäbe seit Wochen
in Nordafrika französische Währung aufzukaufen bemüht waren.
Murphys Bericht zeigt, daß Chrétien sich zwar innerhalb der ihm von Revers gesetzten
Grenzen bewegte, jedoch seinen Spielraum maximal nutzte und hierbei auch
die entsprechende Wirkung erzielte 130 ; denn Murphy forderte vom War Department
die folgende Auskunft: „1. Wären wir bereit, mit Darlan zusammenzuarbeiten, und
2., wenn ja, können wir das schnell und in großem Ausmaß hier und/oder in Europa
tun?" Er schlug vor, Darlan zu ermutigen, und glaubte, das sei mit der möglichen Zusammenarbeit
mit Giraud vereinbar 131 . Bemerkenswert ist, daß Chrétien an dem Gespräch
zwei Mitglieder der Konspiration teilnehmen ließ. Ging es ihm und Revers
darum, herauszufinden, inwieweit die Konspiration Darlan akzeptieren würde, oder
gab es bereits Verschwörer, die, an der Fähigkeit Girauds zweifelnd, auf die Karte
Darlan setzten 132 ? Eines ist gewiß: Bei den Darlegungen Chrétiens handelt es sich um
die Murphy in Rabat angekündigte Botschaft Darlans.
Am Tag danach schickte Juin seinen Kabinettschef, den Oberst Dorange, zu Murphy,
um die Bereitschaft der Amerikaner zur Hilfeleistung im Fall eines deutschen
Angriffs zu erkunden, jedoch zugleich vor einer Landung ohne französische Einladung
zu warnen. Daß auch dahinter Darlan stand, geht aus der Frage Doranges hervor,
ob er die Informationen an Darlan weitergeben dürfe. Murphy aber wollte nur
Juin informiert wissen, der die Sache dann seinerseits, wenn er es für angebracht halte,
an Darlan übermitteln könne 133 . Dorange hat über das Gespräch folgendes Protokoll
angefertigt:
1. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird nur mit der französischen Regierung
verhandeln oder mit jemandem, dem diese offiziell oder geheim Vollmacht
übertragen hat. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird nicht mit Dissidentengruppen
verhandeln, die sich selbst als Regierungen etablieren.
2. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird keine feindliche Handlung gegen
französisches Territorium durchführen, sie wird nur auf Ersuchen Frankreichs kommen
und unter Bedingungen, die von ihm festgelegt werden. Gerüchte über einen
amerikanischen Angriff entbehren jeder Grundlage.
3. Wenn sich die Franzosen an die USA wenden, dann sind diese bereit, nicht nur
das notwendige Material zu liefern, sondern auch die Mitarbeit ihrer Streitkräfte anzubieten
134 .
129
Cole an S St am 2.10.42; FRUS 1942, II, S.387f.
130
Chrétien räumt heute die Möglichkeit ein, daß er damals die Sache gegenüber Murphy etwas „decide"
dargestellt hat, um von ihm genaue Informationen über die amerikanischen Pläne zu bekommen.
General Chrétien im November 1980.
131
FRUS 1942, II, S.339.
132
So Ordioni, Le Secret (s. Anm. 87), S. 65.
133
FRUS 1942, II, S.398.
134
Nach Paillat, tome I, S. 381. Paillat stützt sich auf eine Mitteilung Doranges. General Chrétien be-