Seilbagger behaupten sich - Bauverlag
Seilbagger behaupten sich - Bauverlag
Seilbagger behaupten sich - Bauverlag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
32 6/2002<br />
Baumaschinen + Baufahrzeuge<br />
<strong>Seilbagger</strong><br />
Wichtig ist die Abgrenzung der Einsatzparameter<br />
von <strong>Seilbagger</strong>n gegenüber<br />
Hydraulikbaggern, um einen wirtschaftlichen<br />
Betrieb zu ermöglichen und positive<br />
Endresultate zu erhalten.<br />
Entsprechend den Einsatzprofilen haben<br />
<strong>sich</strong> die Ausrüstungen der <strong>Seilbagger</strong><br />
gewandelt: Der Tieflöffel ist gänzlich<br />
verschwunden, Greifer und Schleppschaufel<br />
sind nur Einsätzen für große<br />
Tiefen und Reichweiten vorbehalten, Abbruchbirnen<br />
werden durch Hydraulikbagger<br />
mit hohen Abbruchauslegern und gezielt<br />
anpackenden Abbruchausrüstungen<br />
verdrängt.<br />
Hochlöffel-<strong>Seilbagger</strong> gelangen nur<br />
noch in die Gewinnungsindustrie, je-<br />
doch mit Löffelinhalten bis zu 50 m 3 und<br />
Gewichten von 1000 t und mehr. Solche<br />
grundsätzlich elektrisch angetriebenen<br />
Bagger zeigen <strong>sich</strong> den bezüglich Schaufelinhalten<br />
aufrückenden Hydraulikbaggern<br />
weiterhin überlegen: Hochlöffel-<br />
<strong>Seilbagger</strong> sind die einzigen Ladegeräte,<br />
die die neue große Muldenkipperklasse<br />
mit 280 bis 340 t Nutzlast mit nur<br />
drei Ladespielen beladen können, was<br />
in der Gewinnungsindustrie als ideal<br />
gilt.<br />
Die klassischen <strong>Seilbagger</strong>-Ausrüstungen<br />
wie Hoch- und Tieflöffel wurden<br />
durch Ausrüstungen für den Spezialtiefbau<br />
abgelöst, was nicht nur Mäkler und<br />
Rammbären oder Bohrköpfe beinhaltet,<br />
Baumarkt + Bauwirtschaft<br />
<strong>Seilbagger</strong> <strong>behaupten</strong> <strong>sich</strong><br />
Häufig gelten <strong>Seilbagger</strong> als veraltet, als unwirtschaftlich, als zu groß<br />
und unhandlich. Doch das ist keineswegs der Fall: Zeitgemäße <strong>Seilbagger</strong><br />
sind Hydraulikbaggern nicht unterlegen und in mancher Hin<strong>sich</strong>t sogar<br />
deutlich überlegen.<br />
Dipl.-Ing. H. H. Cohrs, Grube/Holstein<br />
Abb. 1: Im klassischen Baggereinsatz mit Schleppschaufel erzielen <strong>Seilbagger</strong> wie der Sennebogen<br />
640 größere Reichweiten und Fördertiefen als Hydraulikbagger mit überlangen Auslegern<br />
sondern auch Schlitzwandgreifer und -fräsen,<br />
Verrohrungsmaschinen sowie Rüttellanzen<br />
und Fallgewichte für die Tiefenverdichtung.<br />
Mit ihren langen Auslegern leisten<br />
<strong>Seilbagger</strong> auch als mobile, geländetaugliche<br />
und flexibel verwendbare<br />
Baukrane wertvolle Dienste.<br />
Konstanter Kreis von Herstellern<br />
Während die Zahl der Hersteller von <strong>Seilbagger</strong>n<br />
in den 70er- und 80er-Jahren wegen<br />
der damals Verbreitung erlangenden<br />
Hydraulikbagger stark schrumpfte, hat<br />
<strong>sich</strong> dies inzwischen stabilisiert. Der Kreis<br />
der <strong>Seilbagger</strong>hersteller ist zwar klein geworden,<br />
zeigt <strong>sich</strong> aber in den letzten Jahren<br />
erstaunlich konstant.<br />
Abgesehen von Raupenkranen werden<br />
echte <strong>Seilbagger</strong>, die <strong>sich</strong> auch für<br />
Aufgaben im Erd- und Tiefbau eignen, nur<br />
von wenigen Herstellern produziert. Dies<br />
sind HBM-Nobas und Sennebogen in<br />
Deutschland, Liebherr in Österreich, RB International<br />
(früher Ruston-Bucyrus) in<br />
England, LBS-Link Belt in Italien, Hitachi,<br />
IHI,Kobelco und Sumitomo in Japan sowie<br />
Link-Belt in den Vereinigten Staaten.<br />
Die seit kurzer Zeit zum Terex-Konzern<br />
gehörende deutsche Firma Fuchs fertigt<br />
nur noch Umschlagmaschinen, aber keine<br />
<strong>Seilbagger</strong> mehr. Die US-Hersteller American<br />
und Manitowoc und die meisten japanischen<br />
Hersteller konzentrieren <strong>sich</strong> auf<br />
Raupenkrane.<br />
Kleiner ist auch der Herstellerkreis<br />
großer <strong>Seilbagger</strong> mit Schleppschaufel<br />
oder Hochlöffel geworden. Bucyrus aus<br />
den Vereinigten Staaten übernahm vor einigen<br />
Jahren den Wettbewerber Marion,<br />
Harnischfeger-P&H übernahm Page und
Baumarkt + Bauwirtschaft Baumaschinen + Baufahrzeuge<br />
<strong>Seilbagger</strong><br />
6/2002<br />
kooperiert inzwischen mit dem russischen<br />
Baggerhersteller Uralmasch.<br />
Hydrostatik und Elektronik<br />
Die meisten <strong>Seilbagger</strong> verfügen heute<br />
über ein High-Tech-Innenleben mit oft<br />
schon elektronisch geregelten Winden.<br />
Hydrostatische Antriebe von Unterwagen<br />
und Winden sind keine Ausnahme mehr,<br />
denn fast alle auf dem Markt befindlichen,<br />
für Baueinsätze geeigneten <strong>Seilbagger</strong><br />
werden inzwischen hydrostatisch angetrieben.<br />
Viele <strong>Seilbagger</strong> sind in Modulbauweise<br />
konzipiert und können daher mit<br />
unterschiedlichen Unterwagen, Motoren,<br />
Hydraulikkreisen, Winden und Auslegern<br />
wechselnden Einsatzverhältnissen optimal<br />
angepasst werden.<br />
So wurde ein Liebherr HS 883 HD Litronic<br />
mit 7,8 m 3 fassender Schleppschaufel<br />
mit einem zweiten Schwenkwerk ausgestattet,das<br />
das Schwenkmoment für kurze<br />
Schwenkzyklen erhöht. Eine für den<br />
Schleppschaufeleinsatz konzipierte Interlocksteuerung<br />
erlaubt bei diesem Bagger<br />
das kraftschlüssige Auslassen des<br />
Grabseils beim Anheben der Schleppschaufel<br />
mit dem Hubseil, was Energie<br />
spart und die Standzeit des Hubseils erhöht.<br />
Dank Modulbauweise war der Bagger<br />
bestens auf den Einsatz abzustimmen.<br />
Die Unterwagen der Nobas-<strong>Seilbagger</strong><br />
verfügen über ein patentiertes System<br />
zur Spurverbreiterung der Raupenfahrwerke<br />
von 3 m Transport- auf bis zu 4,4 m<br />
Arbeitsbreite. Beim UB 35 S erhöhen patentierte<br />
Abstützungen an den Raupenfahrwerken<br />
das seitliche Standmoment<br />
um 13 Prozent. Der Gittermast-Ausleger<br />
des UB 35 S lässt <strong>sich</strong> nach einem ebenfalls<br />
patentierten System seitlich zusammenfalten,<br />
sodass keine separaten Auslegerteile<br />
zu transportieren sind.<br />
Vorteile beim Baggern<br />
Bei bestimmten Arbeiten bieten <strong>Seilbagger</strong><br />
gegenüber Hydraulikbaggern unbestritten<br />
zahlreiche Vorteile.Die mit weitem<br />
Schwung auszuwerfende Schleppschaufel<br />
reicht beträchtlich weiter als jeder<br />
Hydraulikbagger mit fragiler Auslegerverlängerung<br />
und daher zumeist erheblich<br />
geringerem Grabgefäßinhalt. Mit der<br />
Schleppschaufel kann zudem aus deutlich<br />
größeren Tiefen gebaggert werden.<br />
Mit Schwung ins 3. Jahrhundert<br />
Abb. 2: <strong>Seilbagger</strong> sind die ältesten auf dem Land arbeitenden<br />
Baumaschinen: Der erste Dampf-Löffelbagger war 1836 der<br />
„Yankee Geologist“ des amerikanischen Bauunternehmers<br />
William S. Otis – der Urahn sämtlicher heutiger Bagger<br />
<strong>Seilbagger</strong> sind die weitaus älteste, auf dem Land arbeitende Baumaschinengattung;<br />
noch älter sind nur schwimmende Eimerkettenbagger. Die ersten Hochlöffel-Dampfbagger<br />
prägten die Mechanisierung des Bauwesens und die Arbeitsverfahren im Erdund<br />
Tiefbau maßgeblich.Trotz der starken Konkurrenz durch Hydraulikbagger erweisen<br />
<strong>sich</strong> <strong>Seilbagger</strong> auch im anbrechenden 21. Jahrhundert als unentbehrlich. Damit<br />
steuern <strong>Seilbagger</strong> als einzige Baumaschine bereits schwungvoll in ihr 3.Jahrhundert!<br />
1765 begann mit dem Schotten James Watt das Dampfzeitalter, und unversehens<br />
stand für unzählige Anwendungsfälle eine bequeme Kraftquelle zur Verfügung. Bald<br />
entstanden dampfgetriebene Schwimmbagger aller Art und Größe.<br />
Der Dampf brachte aber nicht nur Baggermaschinen in Bewegung, sondern wirbelte<br />
das ganze Transportwesen der Menschheit durcheinander.Bislang erfolgten die<br />
meisten Frachttransporte und Reisen auf dem Wasserweg,große Städte enstanden an<br />
Küsten,Buchten,Seen und Flüssen.Nun schnauften aber dampfgetriebene Rösser auf<br />
blitzenden stählernen Schienen übers Land – das stellte neue Anforderungen an die<br />
Baumaschinen.<br />
Deshalb entwickelte der amerikanische Bauunternehmer William S.Otis 1836 den<br />
ersten auf dem Lande arbeitenden Dampfbagger mit 1,1 m 3 großem Hochlöffel. Obwohl<br />
der Bagger täglich etwa 380 m 3 Erde bewegte, wurden nur sieben Stück gebaut.<br />
In jenen Jahren war die Handschachtung im Vergleich zu aufwändiger und anfälliger<br />
Technik noch wesentlich billiger.<br />
Alle frühen Erdbaumaschinen waren Hochlöffelbagger. Ausgehend von Dampfkranen<br />
für den Hafenumschlag entwickelten die Engländer Priestman und Coles Greifer.Doch<br />
oft waren diese nicht befriedigend,denn schließlich sollten Bagger in die Tiefe<br />
graben. Dazu reichten die Fallgewichte und Schließkräfte der Greifer aber keinesfalls.<br />
Langwierige Versuche einiger Hersteller und Bauunternehmen bereiteten dem<br />
heute so beliebten Tieflöffelbagger eine recht schwere Geburt – er ist der jüngste unter<br />
allen Baggergattungen und tauchte erst ab den 30er-Jahren häufiger auf Baustellen<br />
auf.<br />
Die ersten <strong>Seilbagger</strong> waren eigentlich gar keine: Statt Seilen wurden Löffel, Greifer<br />
und Ausleger mit oft brechenden Ketten bewegt. Flexible Stahlseile erhielten Bagger<br />
erst ab 1902. Erst in den 20er-Jahren verließen <strong>Seilbagger</strong> ihre starren Schienen<br />
und wurden nun dank der neuen Raupenfahrwerke wesentlich mobiler. Dieselmotoren<br />
und Windenantriebe mit Drehmomentwandlern verliehen <strong>Seilbagger</strong>n neue<br />
Impulse – doch dann kamen die Hydraulikbagger und verdrängten <strong>Seilbagger</strong> zusehends<br />
in ihre heutige Nischenposition.<br />
33
34 6/2002<br />
Baumaschinen + Baufahrzeuge<br />
<strong>Seilbagger</strong><br />
Abb. 3: Viele <strong>Seilbagger</strong> gelangen heute<br />
in den Spezialtiefbau: Ein Liebherr HS<br />
873 HD Litronic schachtet eine 1,2 m<br />
breite und 48 m tiefe Schlitzwand mit<br />
einem ungefüllt 20 t wiegenden<br />
Schlitzwandgreifer aus<br />
Mit langem Ausleger und Schleppschaufel<br />
oder Greifer halden <strong>Seilbagger</strong><br />
Aushub und Umschlagmaterial höher und<br />
deshalb Platz sparender auf als Hydraulikbagger.<br />
Greifer aller Art eignen <strong>sich</strong> für<br />
Tiefschachtungen, auch dicht vor dem<br />
Bagger am Baugrubenverbau.<br />
Echte <strong>Seilbagger</strong> zeichnen <strong>sich</strong> gegenüber<br />
Raupenkranen durch ein spezifisches<br />
Merkmal aus: das „Fairlead“. Diese<br />
Seil-Rollenführung für das Einzugseil der<br />
Abb. 4: Trotz der Hydraulikbagger mit hoch<br />
reichenden Auslegern bieten <strong>Seilbagger</strong> wie der<br />
Nobas UB 60 S mit Abbruchgreifer bei umfangreichen<br />
Abbruchprojekten Vorteile bezüglich<br />
Reichhöhe und -weite<br />
Abb. 5: Die englische Firma R-B Lincoln zählt zu den wenigen Herstellern echter<br />
<strong>Seilbagger</strong> mit Seilführung für den Schleppschaufelbetrieb, hier der 500SC<br />
mit 1,4-m 3 -Schaufel am 24 m langen Ausleger<br />
Schleppschaufel unterhalb der Auslegeranlenkung<br />
am Oberwagen wird nur noch<br />
von wenigen Herstellern wie HBM-Nobas,<br />
Liebherr, RB International und Sennebogen<br />
eingebaut.<br />
Ohne „Fairlead“ wandeln die Hersteller<br />
ehemalige <strong>Seilbagger</strong> zu Raupenkranen,<br />
die zwar mit Umschlaggreifer oder<br />
Tiefbauausrüstungen arbeiten können,<br />
aber eigentlich nicht mehr als <strong>Seilbagger</strong><br />
gelten dürfen. So ist das „Fairlead“ bei-<br />
Baumarkt<br />
spielsweise bei neuen Seilmaschinen von<br />
Hitachi und Kobelco verschwunden.<br />
Andererseits kann das neue Flaggschiff<br />
von Sennebogen, der große 6180<br />
HD Star-Lifter mit bis zu 180 t Tragkraft,<br />
auch mit „Fairlead“ versehen werden. Als<br />
Schleppschaufelbagger trägt der 6180 HD<br />
je nach Auslegerlänge von 24 bis 42 m<br />
Schleppschaufeln von 3,1 bis 5,4 m 3 Inhalt.<br />
Durch das Auswerfen der Schleppschaufel<br />
lassen <strong>sich</strong> mit dem Bagger Reichweiten<br />
von fast 40 m ab Drehmitte erzielen. Im<br />
Greifereinsatz sind bis zu 36 m lange Ausleger<br />
möglich.<br />
Nicht nur das „Fairlead“, auch der Ausleger<br />
unterscheidet maßgeblich zwischen<br />
Raupenkran und <strong>Seilbagger</strong>. Beim Bagger<br />
wirken wesentlich höhere dynamische<br />
Kräfte auf den Ausleger und seine Anlenkung<br />
ein als beim Kran mit vergleichsweise<br />
ruhig hängender, nur langsam zu<br />
schwenkender Last.<br />
Deshalb müssen Ausleger und Anlenkung<br />
bei einem Bagger anders und sehr<br />
viel stärker konstruiert sein als bei einem<br />
Raupenkran. Dies sollte unbedingt beachtet<br />
werden, falls ein Raupenkran vorübergehend<br />
wie ein <strong>Seilbagger</strong> mit Greifer eingesetzt<br />
werden soll. Auch im Greiferbetrieb<br />
wirken hohe dynamische Kräfte, besonders<br />
beim schnellen Schwenken, auf<br />
den Ausleger ein.<br />
Unentbehrlich im Spezialtiefbau<br />
Mit angebautem Mäkler, Vibrationsbären<br />
und Bohrköpfen, mit Schlitzwandgreifer<br />
und -fräsen oder mit Verrohrungsmaschi-<br />
Abb. 6: <strong>Seilbagger</strong> oder Raupenkran:Wegen der fehlenden Zugseilführung<br />
kann der Hitachi CX500 als <strong>Seilbagger</strong> nur noch mit Greifer genutzt werden<br />
und ist daher schon mehr ein Raupenkran
+ Bauwirtschaft Baumaschinen + Baufahrzeuge<br />
<strong>Seilbagger</strong><br />
6/2002<br />
Abb. 7.: Für den Schlitzwandaushub bis 20 m Tiefe<br />
wurde beim Bau eines Bahnhofes ein Bauer-<br />
Sennebogen-<strong>Seilbagger</strong> BS 650 mit DHG-Schlitzwand-Hydraulikgreifer<br />
eingesetzt<br />
nen eignen <strong>sich</strong> <strong>Seilbagger</strong> hervorragend<br />
für den Spezialtiefbau. Da moderne <strong>Seilbagger</strong><br />
hydrostatisch angetrieben sind<br />
und <strong>sich</strong> die Motorisierung dank Modulbauweise<br />
flexibel gestalten lässt, erübrigen<br />
<strong>sich</strong> oft separate hydraulische Zusatzaggregate<br />
am Oberwagen.<br />
<strong>Seilbagger</strong> arbeiten in Grabtiefen, die<br />
mit rein hydraulisch betriebenen Werkzeugen<br />
unerreichbar bleiben. Sehr tief arbeitende<br />
Spezialgreifer werden als hoch<br />
gebaute Schlitzwandgreifer für die präzise<br />
Vertikalführung oder als Rundgreifer bei<br />
Verrohrungsmaschinen verwendet.<br />
Beim Schlitzwandbetrieb bewähren<br />
<strong>sich</strong> wartungs- und verschleißfreie Freifall-<br />
Lamellenbremsen wie bei Liebherr-<strong>Seilbagger</strong>n,<br />
die ein präzises Steuern der Winden<br />
und daher das feinfühlige Absenken<br />
und Heben des Greifers ermöglichen. Eine<br />
elektronische Greifersteuerung erlaubt<br />
das kraftschlüssige Absenken des Greifers,<br />
damit der Greifer im Schlitz exakt und<br />
schonend aufgesetzt wird.<br />
Durch leistungsstarke Antriebsmotoren<br />
sind beim Einsatz mit schweren Greifern<br />
schnelle Arbeitsspiele möglich. Das<br />
Heraufziehen der gefüllt 20 bis 30 t wiegenden<br />
Schlitzwandgreifer aus Tiefen von<br />
30 bis 80 m dauert bei zu schwacher Motorisierung<br />
unnötig lange.<br />
Bodenverdichtung<br />
mit dem <strong>Seilbagger</strong><br />
<strong>Seilbagger</strong> werden auf<br />
Erd- und Tiefbaustellen<br />
auch vereinzelt – wie schon<br />
von den 20er- bis zu den<br />
50er-Jahren – für die dynamische<br />
Bodenverdichtung<br />
mit Freifallgewichten oder<br />
mit Rüttellanzen für die<br />
Tiefenverdichtung verwendet.<br />
Für derartige Arbeiten<br />
eignen <strong>sich</strong> moderne<br />
<strong>Seilbagger</strong> besser als<br />
früher, verfügen sie doch<br />
über eine entsprechende<br />
Steuerungselektronik.<br />
Die damals verbreitete<br />
dynamische Tiefenverdichtung mit Freifallgewichten<br />
geriet in Vergessenheit, weil<br />
Ausleger, Windwerke und Drehkränze der<br />
<strong>Seilbagger</strong> durch die plötzliche Entlastung<br />
beim Auftreffen des Gewichtes auf den<br />
Boden ruckartig entlastet wurden. Die<br />
Ausleger schlugen zurück, Seile spulten<br />
<strong>sich</strong> nach dem Aufschlagen des Gewichtes<br />
bis zum Greifen der Windenbremsen<br />
unnötig weit ab. Bagger mit Freifallgewichten<br />
verschlissen deshalb stark.<br />
Die Bodenverdichtung mit großer Tiefenwirkung<br />
bietet klar er<strong>sich</strong>tliche Vorteile:<br />
Anstatt viele dünne Schichten einzubauen<br />
und zu verdichten,können in schneller<br />
Folge bisher nicht verdichtbare Schichtdicken<br />
eingebaut werden. Vorteile bietet<br />
die Tiefenverdichtung auch bei der Stabilisierung<br />
von Böschungen und Kippen sowie<br />
bei der Baugrunderschließung und -vorbereitung,<br />
da zuvor nicht erreichbare Tiefenschichten<br />
bearbeitet werden können.<br />
<strong>Seilbagger</strong> verdichten auf zwei unterschiedliche<br />
Weisen: Während die Rüttellanze<br />
bis zu 55 m tief in den Untergrund<br />
eindringt und ihn mittels hochfrequenter<br />
Vibrationen von innen heraus verdichtet,<br />
überträgt <strong>sich</strong> beim Freifallgewicht die<br />
hohe Aufschlagenergie von der Oberfläche<br />
abwärts in tiefere Bodenschichten.<br />
Mit beiden Verfahren verbessern <strong>Seilbagger</strong><br />
die mechanischen Eigenschaften des<br />
Bodens erheblich.<br />
Unerreichte Werte im Abbruch<br />
Ideale Abbruchmaschinen waren noch vor<br />
ein bis zwei Jahrzehnten <strong>Seilbagger</strong> mit<br />
Abbruchbirne und Greifer. Heute haben<br />
Abb. 8: <strong>Seilbagger</strong> eignen <strong>sich</strong> vorzüglich für Umschlagarbeiten:<br />
Ein Sennebogen 640 wurde mit einer hochfahrbaren Kabine<br />
ausgestattet, die dem Fahrer wesentlich bessere Sicht bietet<br />
Hydraulikbagger mit Spezialauslegern die<br />
meisten Abbruchprojekte übernommen.<br />
Solche Bagger arbeiten gezielt und selektiv,<br />
erzeugen kaum Erschütterungen und<br />
sortieren das Abbruchmaterial recyclinggerecht.<br />
Deshalb geraten <strong>Seilbagger</strong> auch<br />
beim Abbruch ins Abseits. Dessen ungeachtet<br />
sehen viele Unternehmen bei <strong>Seilbagger</strong>n<br />
Vorteile. Die Wirkung einer Abbruchbirne<br />
bleibt beispielsweise im Vergleich<br />
zu Betonzangen und -knackern<br />
unübertroffen.<br />
<strong>Seilbagger</strong> sind mit ihren leichten,<br />
aber sehr langen Gittermastauslegern Hydraulikbaggern<br />
bezüglich Reichhöhe und<br />
-weite überlegen. Hydraulikbagger kön-<br />
Abb. 9: Ein in Deutschland nahezu<br />
unbekannter Hersteller von <strong>Seilbagger</strong>n<br />
aller gängigen Größen ist IHI aus Japan,<br />
vertreten von AGD Equipment Sales im<br />
englischen Birmingham<br />
35
36 6/2002<br />
Baumaschinen + Baufahrzeuge<br />
<strong>Seilbagger</strong><br />
Abb. 10: Der Ausleger des UB 35 S von HBM-Nobas lässt <strong>sich</strong> durch ein patentiertes System<br />
seitlich zusammenfalten, damit keine separaten Auslegerteile zu transportieren sind<br />
nen an überlangen Abbruchauslegern keine<br />
sehr schweren Werkzeuge tragen.<br />
Spezielle <strong>Seilbagger</strong>-Unterwagen, die<br />
auf größere Breite ausgefahren werden,<br />
Abb. 11: Tiefenrüttler, hier mit einem Trägergerät<br />
Liebherr LR 1250 Litronic, eignen<br />
<strong>sich</strong> zur Stabilisierung von Kippen<br />
und Böschungen. Der Baggereinsatz mit<br />
Freifallgewicht ist ebenfalls möglich<br />
Fotos: 2 Archiv Verfasser, übrige –<br />
die genannten Hersteller<br />
bieten ausreichend Standfestigkeit und<br />
erlauben trotz weiter Ausladungen große<br />
Nutzlasten. Bei einem 80 t schweren <strong>Seilbagger</strong><br />
kann zum Beispiel am 40 m langen<br />
Ausleger eine 4 t wiegende Abbruchbirne<br />
oder am 60-m-Ausleger ein 5-t-Abbruchgreifer<br />
hängen. Diese Werte erzielt bislang<br />
kein Hydraulikbagger.<br />
In welchen Höhen <strong>Seilbagger</strong> beim<br />
Abbruch eingesetzt werden können, verdeutlicht<br />
ein Hitachi KH 1000 in den Niederlanden,<br />
der wohl größte Abbruchbagger<br />
Europas.Die 190 t wiegende Maschine<br />
mit bis zu 109 m Auslegerlänge reicht mit<br />
der Abbruchbirne auf höchste Bauwerke<br />
und Schornsteine. Dadurch erübrigen <strong>sich</strong><br />
teure Sprengungen und Sicherungsmaßnahmen<br />
oder auch umständliche Abbrucharbeiten<br />
von Gerüsten.<br />
Abbruchbirnen sind ungeachtet aller<br />
selektiv arbeitenden Hydraulikbagger keineswegs<br />
veraltet.Nach wie vor gibt es umfangreiche<br />
Abbruchvorhaben, bei denen<br />
<strong>Seilbagger</strong> und Abbruchbirnen schneller<br />
und effektiver als Hydraulikhämmer und<br />
Betonknacker Fundamente zertrümmern,<br />
massive Betonstrukturen recyclinggerecht<br />
zerkleinern und schwere Betonträger<br />
mit großer Wucht durchschlagen.<br />
Die größten Abbruchbirnen Deutschlands<br />
mit 8 bis 12 t Gewicht werden von<br />
BMB Baumaschinen Beyer aus Bollschweil<br />
Baumarkt<br />
geliefert. Bei einem Kraftwerksabbruch<br />
konnten mit einer Birne am 23-m-Ausleger<br />
eines <strong>Seilbagger</strong>s stehende 400er-<br />
Breitflanschträger durchschlagen werden.<br />
An diesen Trägern befestigte waagerechte<br />
Träger wurden durch Schläge aus etwa<br />
10 m Höhe abgetrennt. Das erübrigte zeitund<br />
lohnaufwändige wie auch gefährliche<br />
Schweißarbeiten in großer Höhe.<br />
Bei der Zertrümmerung von Fundamenten<br />
mit je 50 m 3 Masse verbuchten<br />
<strong>Seilbagger</strong> mit Abbruchbirnen ebenfalls<br />
Erfolge. Wo die Abbruchbirne jedes Fundament<br />
in etwa 10 min zerstörte, hatte<br />
ein 25-t-Hydraulikbagger mit Hydraulikhammer<br />
nach 12-stündigem Einsatz nur<br />
75 Prozent eines Fundamentes zerkleinert.<br />
Diese Zeitersparnis machte <strong>sich</strong> nicht<br />
in Stunden, sondern gleich in Tagen bezahlt.<br />
Wie vorteilhaft <strong>sich</strong> <strong>Seilbagger</strong> einsetzen<br />
lassen, zeigt ein Abbrucheinsatz eines<br />
Nobas UB60S LCV mit Abbruchausrüstung<br />
in einem Kohlekraftwerk. Abgerissen wurden<br />
das Kesselhaus und weitere Gebäude.<br />
Der 70 t wiegende <strong>Seilbagger</strong> wurde mit<br />
einem 48 m langen Rohrgitterausleger<br />
und Hammerkopf eingesetzt.<br />
Der <strong>Seilbagger</strong> erzielte mit 2,6 t wiegender<br />
Abbruchbirne und mit Abbruchgreifer<br />
gute Leistungen. Durch den hydraulisch<br />
verstellbaren Unterwagen mit<br />
4,4 m Arbeitsbreite war eine ausreichende<br />
Standfestigkeit gegeben.Der Unterwagen<br />
kann zum Transport von der Fahrerkabine<br />
aus ohne Fremdhilfe und mechanische<br />
Handarbeit auf 3 m Außenbreite eingefahren<br />
werden. Zur Minderung des Transportgewichtes<br />
wird das 13-t-Gegengewicht<br />
mit zwei bordeigenen Hydraulikzylindern<br />
abgesetzt.<br />
Der <strong>Seilbagger</strong> wurde in Abstimmung<br />
mit dem Betreiber dem Einsatz angepasst.<br />
Dazu gehörten eine Spezial-Abbruchkabine<br />
mit FOPS-Schutzgitter, die Verkleidung<br />
des Auslegers, besondere Seilführungsrollen<br />
und speziell modifizierte Anpassungen<br />
der Drehwerkssteuerung.<br />
Das Beispiel beweist, dass die meisten<br />
<strong>Seilbagger</strong> heute einsatzbezogen ausgerüstet<br />
werden. Den Standard-<strong>Seilbagger</strong><br />
gibt es praktisch nicht mehr. Vielmehr<br />
werden <strong>Seilbagger</strong> nun aus standardisierten<br />
Baugruppen und vielfältigem Zubehör<br />
maßgeschneidert, um optimale<br />
Leistungen zu bieten. ✑