Esslingen 1-3

34 ESSLINGEN 2030 LEITBILDER – BILDER, DIE LEITEN
16 Baumann 1999, S. 30
17 Lyotard 1987, S. 47
18 Lyotard 1987, S. 35
3.2
Problemlösung, obwohl die zunehmende Komplexität dieser
Probleme weithin bewusst ist. Inwieweit sich dies aus dem
seit zehn Jahren anhaltenden Erfolg einer neoliberalen Wirtschaftsordnung
erklärt, die sich im Zuge der Globalisierung
solcher Strategien bedient und sie befördert, wird nach dem
offensichtlichen Scheitern auch dieses Modells in den nächsten
Jahren noch diskutiert werden 16.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts begründet sich die Legitimität
einer erneuten Leitbilddiskussion in der Hauptsache mit
der Feststellung, dass die Werte der Moderne – Aufklärung,
Humanismus, Emanzipation und ihre Ziele, wie Chancengleichheit,
Selbstverwirklichung, Bildung und Wohlfahrt
offensichtlich nach wie vor nur unzureichend eingelöst sind,
ja für einzelne Gruppen in der Gesellschaft wieder ferner zu
rücken scheinen. Eben jene Postmoderne hatte mit dem Verweis
auf die im Reformentwurf der Moderne unterbewerteten,
ja teilweise sogar geleugneten Merkmale der Heterogenität,
Differenzierung und Individualität bereits auf diesen Umstand
aufmerksam machen wollen.
Das Ende der großen Erzählungen darf nun aber nicht dazu
führen, die „große Erzählung vom Niedergang der großen Erzählungen
zu akkreditieren“ 17. Es ist ein Missverständnis, zu
glauben, dass es keine glaubhaften Erzählungen mehr geben
könne. „Ihr Niedergang hindert Milliarden von kleinen und
weniger kleinen Erzählungen nicht daran, weiterhin den Stoff
täglichen Lebens zu weben“ 18. Nunmehr, mit dem Ende des
Booms der New Economy, den fortschreitenden Segregationstendenzen,
nicht nur bei den Privatvermögen, sondern ebenso
im Bildungsbereich, in der Arbeitswelt, in den individuellen
Selbstverwirklichungschancen insgesamt, hat der Leitbilddiskurs
zunächst einmal die Aufgabe, Austauschs- und Integrationsplattform
zu werden. Bezogen auf das Projekt Esslingen
2030 heißt das: Am Beginn des 21. Jahrhunderts werden die
Leitbilder nicht mehr in erster Linie durch ihre Inhalte legitimiert,
sondern vielmehr durch den Prozess ihrer Entstehung
und ihrer Erarbeitung.
Literatur zu Kapitel 3
Baumann, Zygmunt 1999: Unbehagen in der Postmoderne. Hamburg
Dierkes, Meinolf; Marz, Lutz; Hoffmann, Ute 1992: Leitbild und Technik,
Berlin.
Giedion, Sigfried 1976: Raum, Zeit, Architektur. Basel u.a.
Hill, Hermann (Hrsg.) 1994: Die begreifbare Stadt. Wege zum Dialog mit
dem Bürger, Köln u.a.
Knie, Andreas 1998: Die Macht der Gewohnheit: „Schließen“, „Leitbilder“
und „Institutionen als Kategorien einer sozialwissenschaftlichen Technikforschung“,
in: Esser, Josef/Fleischmann, Gerd/Heimer, Thomas (Hrsg.):
Soziale Schließung im Prozeß der Technologieentwicklung. Leitbild,
Paradigma, Standard, Frankfurt a.M./New York, S. 36ff.
Knieling, Jörg 2000: Leitbildprozesse und Regionalmanagement, Frankfurt
a.M. u.a.
Lyotard, Jean-François 1987: Postmoderne für Kinde. Briefe aus den Jahren
1982 – 1985. Wien
Lyotard, Jean-François 1979/ 1999: Das postmoderne Wissen. Wien
Marz, Lutz; Dierkes, Meinolf, 1992: Leitbildprägung und Leitbildgestaltung:
Zum Beitrag der Technikgenese – Forschung für eine prospektive
Technikfolgen-Regulierung, Berlin: Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung.
Merkur 55/2001: Themenheft Zukunft denken. Nach den Utopien.
Steinmüller, Karlheinz ; Kreibich, Rolf; Zöpel, Christoph 2000:
Zukunftsforschung in Europa. Ergebnisse und Perspektiven, Baden-Baden.
Welsch, Wolfgang 1993: unsere postmoderne Moderne. Berlin
Wolman, Abel 1965: The Metabolism of Cities. In: Scientific American
vol. 213 S. 179 ff.