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Der dressierte Mann - WikiMANNia

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sie mit Hilfe der Kinder, die sie inzwischen geboren haben, wiederum Schutzlosigkeit vortäuschen können,<br />

und zweitens, weil es auf der Welt einfach nicht genug junge Frauen gibt.<br />

Es liegt wohl auf der Hand, daß die Männer, hätten sie nur die Wahl, ihre erwachsen gewordenen Baby-<br />

Frauen von Herzen gern gegen jüngere eintauschen würden. Doch weil das zahlenmäßige Verhältnis zwischen<br />

den Geschlechtern annähernd eins zu eins ist, es also nicht für jeden <strong>Mann</strong> zu jeder Zeit eine junge<br />

Frau geben kann - und weil er zum Leben unbedingt eine Frau braucht -, bleibt er bei der, die er schon hat.<br />

<strong>Der</strong> Beweis ist leicht zu erbringen. Wenn der <strong>Mann</strong> tatsächlich wählen kann, wählt er immer die jüngere<br />

Frau. Marilyn Monroe oder Liz Taylor waren in dem Augenblick passe, als sich zum ersten Mal ihre Fältchen<br />

nicht mehr vollständig verkleistern ließen: <strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> hat an der Kinokasse einfach das Billett für eine<br />

jüngere gekauft. Wer es sich finanziell leisten kann, wählt nicht nur an der Kinokasse, sondern auch im<br />

Leben. Die Manager aus Finanzwelt und Showbusiness tauschen regelmäßig ihre altgedienten Ehefrauen<br />

gegen jüngere ein. Da sie gute Ablösungen bezahlen, findet niemand etwas dabei, nicht einmal die Frau<br />

selbst (die ist vermutlich froh, den <strong>Mann</strong> so günstig loszuwerden).<br />

Aber diesen Luxus können sich nur die reichen Männer leisten. Wenn ein armer Schlucker sich aufbläst<br />

und in einem Augenblick des Überschwangs und der Verblendung zum zweiten Mal eine junge Frau<br />

nimmt, kann er sicher sein, daß er sie bald wieder verliert, weil sein Geld zum Unterhalt von zwei Frauen<br />

(und der Kinder, auf denen auch die zweite bestehen wird) nicht ausreicht. Hat eine schöne junge Frau die<br />

Wahl zwischen einem älteren und einem jüngeren <strong>Mann</strong> mit gleichem Einkommen, wird sie auf jeden Fall<br />

den jüngeren bevorzugen, und zwar nicht, weil dessen Jugend sie ästhetisch oder sympathisch beeinflussen<br />

würde, sondern weil er länger für sie sorgen kann. Die Frauen wissen genau, was sie von einem <strong>Mann</strong> erwarten,<br />

daher wissen sie auch, wie sie sich zu entscheiden haben. - Vermutlich ist es noch nie vorgekommen,<br />

daß eine Frau einen armen zwanzigjährigen <strong>Mann</strong> einem reichen vierzigjährigen vorgezogen hätte.<br />

Es ist ein großes Glück für die erwachsenen Frauen, daß die Männer sich selbst nicht für schön halten. Dabei<br />

sind die meisten Männer schön. Mit ihrem glatten) von der Arbeit trainierten Körper, ihren kräftigen<br />

Schultern, ihren muskulösen Beinen, ihren melodischen Stimmen, ihrem warmen, menschlichen Lachen,<br />

ihrem intelligenten Gesichtsausdruck und ihren ausgewogenen - weil sinnvollen - Bewegungen stellen sie<br />

alles in den Schatten, was die Frau auch bei rein kreatürlicher Betrachtungsweise jemals sein könnte. Und<br />

da sie im Gegensatz zur Frau arbeiten und ihren Körper ständig sinnvoll weiterbenützen, bleibt er auch<br />

länger schön als ihrer, der infolge fehlenden Trainings rasch verfällt und nach fünfzig Jahren nichts weiter<br />

mehr ist als ein beliebiger Haufen menschlicher Zellen (man beobachte nur einmal auf der Straße die fünfzigjährigen<br />

Hausfrauen und vergleiche ihr Aussehen mit dem gleichaltriger Männer).<br />

Aber die Männer wissen nicht, daß sie schön sind. Es sagt ihnen niemand. Man faselt von der »Anmut« der<br />

Frauen, vom »Liebreiz« der Kinder, vom »Zauber« der Tierwelt. Doch wenn vom <strong>Mann</strong> die Rede ist, dann<br />

lobt man höchstens seinen Mut, seine Tapferkeit, seine Entschlossenheit - lauter Eigenschaften, die sich<br />

auf seine Verwertbarkeit für die Zwecke der Frauen beziehen und nie auf seine äußere Erscheinung. Es<br />

gibt wohl außerhalb der medizinischen Lehrbücher keine Beschreibung des <strong>Mann</strong>es, die sich lang mit der<br />

Form seiner Lippen, der Farbe seiner Augen bei dieser oder jener Beleuchtung, beim kräftigen Wuchs seiner<br />

Haare, der Zartheit seiner Brustwarzen oder der Ebenmäßigkeit seiner Hodensäcke aufhielte. Und der<br />

<strong>Mann</strong> selbst wäre höchst erstaunt und belustigt, wenn man ihn wegen dieser Merkmale seines Körpers loben<br />

würde.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> ist nicht daran gewöhnt, daß man von seinem Aussehen redet. Die erwachsene Frau, die meist<br />

häßlich ist und somit genug Anlaß hätte, sich der Bewunderung des <strong>Mann</strong>es hinzugeben (und Zeit dazu<br />

hätte), sieht ihn nicht. Das ist keine Böswilligkeit oder gar Berechnung, aber für sie ist der <strong>Mann</strong> eine Art<br />

Maschine, die materielle Werte produziert. Eine Maschine beurteilt man nicht nach ästhetischen, sondern<br />

nach funktionellen Gesichtspunkten. <strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> ist der gleichen Ansicht und beurteilt sich ebenso. Die<br />

Männer sind viel zu sehr in den Arbeitsprozeß eingespannt und vom permanenten Konkurrenzkampf zermürbt,<br />

um sich mit Abstand sehen zu können.<br />

Vor allem aber wollen die Männer gar nicht wissen, ob sie schön sind oder nicht. Um ihrem Kampf einen<br />

Sinn zu geben, müssen ganz einfach die Frauen die Schönen sein, die Hilflosen, die Anbetungswürdigen.<br />

Und deshalb nennen sie sie weiterhin, in Ermangelung einer genaueren Definition für ihre widersprüchlichen<br />

Eindrücke, »das schöne Geschlecht«.<br />

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