Der dressierte Mann - WikiMANNia
Der dressierte Mann - WikiMANNia
Der dressierte Mann - WikiMANNia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sie imstande sind, die eigene Person hemmungslos zu bewundern (hängt eine Frau einer Religion an, dann<br />
nur, damit sie in den Himmel kommt - der liebe Gott ist nichts weiter als der <strong>Mann</strong>, der das für sie bewerkstelligen<br />
soll).<br />
Die Lage des Intelligenten (des <strong>Mann</strong>es) ist ganz anders: Er empfindet zwar die Befreiung zunächst als<br />
unendliche Erleichterung, die grandiosen Perspektiven seiner Unabhängigkeit berauschen ihn, doch sobald<br />
er dann von dieser Freiheit Gebrauch machen, also sobald er sich durch eine freie Tat in dieser oder jener<br />
Richtung festlegen will, bekommt er es mit der Angst zu tun: Da er abstrakt denken kann, weiß er auch,<br />
daß jede seiner Taten die Möglichkeit unendlich vieler Konsequenzen in sich birgt - Folgen, die er trotz<br />
seiner Intelligenz nicht alle vorhersehen kann und für die er, da er sich für die Tat frei entscheidet, voll<br />
verantwortlich ist.<br />
Wie gern würde er aus Furcht vor negativen Auswirkungen seiner Handlungen überhaupt nichts mehr unternehmen!<br />
Und weil das nicht möglich ist - der <strong>Mann</strong> ist zu Taten verurteilt -, fängt er an, sich nach den<br />
festen Regeln seiner Kindheit zurückzusehnen, nach jemand, der ihm sagt, was er tun und lassen soll und<br />
so seinen jetzt sinnlosen Handlungen (denn sie dienen zwar letztlich dem eigenen Komfortbedürfnis, doch<br />
wozu dient er selbst?) wieder einen Sinn gibt und ihm seine große Verantwortung erleichtert. Und er sucht<br />
sich einen Gott, der ihm den Gott seiner Kindheit - der seine Mutter war - ersetzt und dem er sich bedingungslos<br />
unterwerfen kann.<br />
Am liebsten wäre ihm zu diesem Zweck ein zwar strenger, aber auch gerechter, weiser und allwissender<br />
Gott, wie etwa der jüdische, christliche oder mohammedanische. Doch da er intelligent ist, weiß er natürlich,<br />
daß es einen solchen nicht geben kann, daß jeder Erwachsene per definitionem sein eigener Gott<br />
selbst ist und daß er folglich seine Lust an der Unfreiheit (die Rückkehr in ein der frühkindlichen Abhängigkeit<br />
ähnliches Stadium bereitet ihm tiefes Wohlbehagen) immer nur an selbsterfundenen Regeln befriedigen<br />
kann -und er macht sich daran, sich solche Regeln (Götter) zu erfinden.<br />
Er tut es unbewußt mit anderen zusammen, er gibt, wie die anderen, seine Einzelerfahrungen zu Protokoll,<br />
vergleicht sie mit denen der anderen, erkennt darin Gemeinsames, erfaßt dieses Gemeinsame unbewußt mit<br />
den anderen in Regeln, erfindet so Gesetze für künftiges »sinnvolles« (das heißt, für irgend jemand oder<br />
etwas außer ihm nützliches) Verhalten und unterwirft sich ihnen freiwillig. Die so entstehenden Systeme<br />
werden kollektiv und individuell immer weiter ausgebaut und sind bald so komplex, daß sie der einzelne<br />
nicht mehr überblicken kann - sie gewinnen Autonomie und werden »göttlich«. Man kann ihren Gesetzen<br />
nur noch vertrauen - ebenso wie man als unerfahrenes Kind den teils sinnvollen, teils sinnlosen Gesetzen<br />
der Eltern vertrauen mußte -, kontrollieren kann man sie nicht, und bei ihrer Übertretung droht immer<br />
Ausschluß aus der Gemeinschaft und Verlust der Geborgenheit. Marxismus, Nächstenliebe, Rassismus<br />
oder Nationalismus sind solche erfundenen Systeme, und Männer, denen es gelingt, ihr Religionsbedürfnis<br />
daran zu befriedigen, werden für die Unterwerfung unter eine Einzelperson (Frau) weitgehend immun.<br />
Die weitaus größte Zahl der Männer unterwirft sich jedoch vorzugsweise bewußt den Exklusivgöttern<br />
Frauen (sie nennen diese Unterwerfung Liebe), denn diese haben für die Befriedigung ihrer Religionsbedürfnisse<br />
die günstigsten Voraussetzungen: Die Frau ist immer für den <strong>Mann</strong> da, sie hat kein eigenes Religionsbedürfnis,<br />
ist also insofern tatsächlich »göttlich«. Weil sie ständig Forderungen stellt, fühlt der <strong>Mann</strong><br />
sich von ihr nie verlassen (sie ist als Gott immer gegenwärtig). Sie macht ihn unabhängig von kollektiven<br />
Göttern, die er mit Konkurrenten teilen müßte. Sie erscheint ihm vertrauenswürdig, denn sie gleicht, indem<br />
sie seiner Mutter gleicht, dem Gott seiner Kindheit. Sie gibt seinem sinnlosen Leben einen künstlichen<br />
Sinn, denn alles, was er tut, gilt jetzt ihrem Komfort, nicht seinem (später auch noch dem Komfort ihrer<br />
Kinder). Sie kann als Göttin nicht nur strafen (durch Entzug von Geborgenheit), sondern auch belohnen<br />
(durch Gewährung von sexuellem Genuß).<br />
Die wichtigsten Voraussetzungen für ihre Göttlichkeit sind jedoch ihr Hang zur Maskerade und ihre<br />
Dummheit. Ein System muß seine Gläubigen entweder durch seine Überlegenheit an Wissen beeindrucken<br />
oder diese durch seine Unverständlichkeit verwirren. Da die erste Möglichkeit für die Frauen nicht in Frage<br />
kommt, profitieren sie von der zweiten. Ihre Maskerade läßt sie dem <strong>Mann</strong> fremd und geheimnisvoll<br />
erscheinen, ihre Dummheit macht sie für jeden seiner Kontrollversuche völlig unerreichbar. Denn während<br />
sich Intelligenz in verständlichen, logischen Handlungen äußert und dadurch meßbar, berechenbar und<br />
kontrollierbar wird, entbehren die Handlungen der Dummen jeglicher Vernunft und lassen sich dadurch<br />
weder voraussehen noch überprüfen. So ist die Frau, genau wie die Päpste und Diktatoren, durch einen<br />
16