Der dressierte Mann - WikiMANNia
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hätte man auch der anderen Hälfte der 'Weltbevölkerung (der wohlhabenderen Hälfte) immer wieder klarmachen<br />
können, daß beispielsweise in Israel der Teufel los ist und in Indien jedes Jahr soundsoviel hunderttausend<br />
Kinder den Hungertod sterben (die man von dem Geld leicht ernähren könnte, das Frauen für<br />
Nagellack und Nagellackentferner ausgeben).<br />
Die Weiblichkeitsmaske<br />
Zwischen einer ungeschminkten, kahlen und nackten Frau und einem ungeschminkten, kahlen und nackten<br />
<strong>Mann</strong> gibt es kaum einen Unterschied. Mit Ausnahme jener Organe, die der Fortpflanzung dienen, wird<br />
alles, was <strong>Mann</strong> und Frau voneinander unterscheidet, künstlich erzeugt. <strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> wird zum <strong>Mann</strong> durch<br />
die Entwicklung seiner Intelligenz und die dadurch mögliche Produktivität (seine Erscheinung bleibt dabei<br />
fast unverändert), die Frau wird zur Frau durch graduelle Verdummung und durch die Verwandlung ihres<br />
Äußeren, und diese Differenzierung der Geschlechter geschieht ausschließlich auf Veranlassung der Frau.<br />
Ein <strong>Mann</strong> gilt, wie wir gesehen haben, erst nach einer Reihe weiblicher Dressurakte als »männlich«, die<br />
Frau selbst jedoch verwandelt sich in eigener Regie und macht sich »weiblich« mit Hilfe der Kosmetik,<br />
Frisierkunst und Garderobe. Diese artifiziell hergestellte Weiblichkeit besteht aus zwei Komponenten: der<br />
Betonung der sekundären Geschlechtsmerkmale, die bereits an anderer Stelle beschrieben wurde, und der<br />
Verfremdung durch den Maskeneffekt. Denn mit ihren vielfältigen Masken verfolgt die Frau immer nur<br />
den Zweck, den Unterschied zwischen sich und einem beliebigen <strong>Mann</strong> so auffällig wie möglich zu gestalten.<br />
Durch die Betonung ihrer Geschlechtsmerkmale wird sie für den <strong>Mann</strong> begehrenswert, durch die übrige<br />
Maskerade wird sie geheimnisvoll für ihn - sie wird das fremde, das schillernde, das »andere« Geschlecht,<br />
und daß sie das wird, erleichtert ihm seine Unterwerfung. Mit Hilfe der weiten Skala von Verwandlungsmöglichkeiten,<br />
die ihr zur Verfügung stehen - eine »richtige« Frau sieht jeden Tag ein wenig anders aus -,<br />
frappiert und überrascht sie den <strong>Mann</strong> jedes Mal aufs neue. Außerdem gewinnt sie Zeit: Während er hinter<br />
ihrem veränderten Äußeren mühsam die Frau vom Tag zuvor wiederfinden muß, kann sie in Ruhe ihre<br />
eigenen Pläne realisieren - die darin bestehen, diesen <strong>Mann</strong> in eine möglichst ausweglose Position zu manövrieren<br />
- und ihn dabei geschickt von jenem Verwesungsgeruch ablenken, den ihr unter der gefälligen<br />
Maskerade dahinfaulender Geist überall verströmt.<br />
Eine Frau betrachtet sich daher immer nur als Rohstoff für eine Frau: Nicht das Material wird beurteilt,<br />
sondern was daraus entsteht. Ohne Make-up, Lockenfrisur und Kettchen sind Frauen praktisch noch nicht<br />
vorhanden - das erklärt auch, weshalb so viele von ihnen völlig ungeniert mit Lockenwicklern und eingefettetem<br />
Gesicht herumlaufen: Das sind ja noch nicht sie, sie werden erst noch gemacht! -, und diese Fiktion<br />
gelingt ihnen um so leichter, als ihnen dabei ihre Intelligenz nicht im Weg steht.<br />
Damit diese Metamorphose zur Frau gelingt, haben sie von jeher keine Mühe gescheut. Keine kosmetische<br />
Prozedur war einer Frau je zu zeitraubend oder kostspielig, wenn es darum ging, jenes Endprodukt herzustellen,<br />
das sich vom <strong>Mann</strong> in so auffälliger Weise unterscheidet. Indem sie ihre Haut einfettete, wurde<br />
diese immer glatter und immer verschiedener von der des <strong>Mann</strong>es, indem sie ihre Haare lang trug oder<br />
lockig, unterschied sie sich ebenfalls von ihm, und indem sie ihre Augen mit schwarzer Schminke umrahmte,<br />
wurden sie zwar nicht schöner, aber ganz und gar anders als Männer äugen: fremd, geheimnisvoll,<br />
beunruhigend.<br />
Das alles war der ursprüngliche Sinn der weiblichen Maskerade, doch er ist inzwischen fast in Vergessenheit<br />
geraten. Da die bürgerliche Frau in den letzten Jahrzehnten durch den von Männern geschaffenen<br />
Wohlstand von einer vielbeschäftigten Hausangestellten zu einer Art Kokotte avanciert ist, konnte es nicht<br />
ausbleiben, daß sich ihre früher zweckgebundenen Spiele mit ihrer äußeren Erscheinung verselbständigten.<br />
Sie hat jetzt Zeit und Geld und möchte sich mehr denn je unterhalten wissen. Und weil das Spiel mit ihrem<br />
Körper zu ihren bevorzugten Unterhaltungen zählt (häufig ist es sogar ihr einziges Vergnügen, denn besonders<br />
wohlhabenden Frauen muß es ja auch noch die Hausarbeit ersetzen), wird es auch von allen Seiten<br />
forciert - von den Männern, die ihre .Schminkutensilien produzieren, von denen, die ihre Kleider und Frisuren<br />
entwerfen und produzieren, und von denen, die davon leben, für dieses Spiel immer neue Varianten<br />
vorzuschlagen: den Redakteuren von Frauenfunk und Frauenzeitschriften. Dabei hat sich inzwischen tatsächlich<br />
so etwas wie eine ganz eigene Kultur unter den Frauen entwickelt, eine Art Kunstgewerbe, in des-<br />
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