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BerufSZiel 01.06

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LEBENSZIEL<br />

ben ein systematisches Training für alle Mitarbeiter, wobei<br />

Fehlervermeidung nicht im Vordergrund steht“, sagt Heinrich<br />

Korte, Personalleiter bei Motorola. „Die Vorgabe für<br />

unsere Mitarbeiter ist, lieber zu handeln als zu warten,<br />

auch mit dem Risiko, einen Fehler zu begehen. Durch Training,<br />

zum Beispiel im Rahmen von Six Sigma, wird das<br />

Risiko natürlich minimiert, denn den gleichen Fehler zweimal<br />

akzeptieren wir nicht.“<br />

Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist<br />

Ob Topmanager oder Young Professional – vor einem Lapsus<br />

ist niemand gefeit und auch der größte Perfektionist bleibt<br />

von Fehlern nicht verschont. Ist das Kind erst einmal in den<br />

Brunnen gefallen, geht es deshalb meist um schnelle und<br />

effektive Schadensbegrenzung. Als Erste-Hilfe-Maßnahme<br />

empfehlen sich Offenheit und Ehrlichkeit e . Schließlich kann<br />

Vertuschen von Schwachstellen und Missgeschicken weitaus<br />

größere Effekte haben als der eigentliche Fehler selbst. Phänomen<br />

Schneeballeffekt: Je länger man wartet, ein Problem<br />

anzusprechen, umso größer ist hinterher der Schaden. Eine<br />

Falle, in die gerade Berufseinsteiger oft tappen, weil sie Konsequenzen<br />

noch nicht richtig einschätzen können. Was aus<br />

ihrer Perspektive ein kleiner Patzer scheint, kann trotzdem<br />

weit reichende Folgen haben. Heinrich Korte von Motorola rät<br />

jungen Menschen deshalb, genau hinzuschauen. „Anfänger<br />

müssen sich bewusst sein, dass sie noch lernen. Viele wollen<br />

ihr frisch erworbenes Wissen anwenden, sollten aber zu<br />

Beginn sorgfältig beobachten, was die Kollegen machen, die<br />

bereits mehr Erfahrung haben. Nicht alles ‚Alte’ ist gut, aber<br />

eben auch nicht schlecht.“<br />

Auslöser für viele Anfängerfehler kann auch ein Mangel an<br />

Informationen sein. Als persönliche Fehlervermeidungsstrategie<br />

empfiehlt Christine Öttl deshalb vor allem eines: fragen,<br />

fragen, fragen. Gerade Absolventen täten sich schwer damit<br />

zuzugeben, dass sie etwas nicht wissen, und versuchten,<br />

sich erst einmal so durchzuschlagen. „Wer neu ist, kann<br />

nicht gleich vom ersten Tag an alles wissen. Außerdem ist<br />

es viel peinlicher, Fehler zu machen, als einzugestehen,<br />

dass man etwas nicht weiß.“ Ihr Rezept: gut zuhören, alles<br />

aufschreiben und den Vorgesetzten auch mal direkt auf<br />

bekannte Fehlerquellen ansprechen. Wenn alles zu spät ist<br />

und der Fehler passiert, sollte man die Karten offen auf den<br />

Tisch legen und im Idealfall gleich eine Lösung präsentieren,<br />

wie man Probleme künftig vermeiden will. Schließlich schätzen<br />

auch Vorgesetzte Konstruktivität mehr als Katastrophenstimmung.<br />

Karin Kreutzer: „Anstatt zu jammern und hundertmal<br />

zu hinterfragen, warum etwas schiefgegangen ist,<br />

sollte man seine Energie lieber in die Problemlösung stecken.“<br />

Wer sich erst einmal zur Beichte durchgerungen hat, sollte<br />

darauf achten, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Wer<br />

merkt, dass der Chef unter Druck steht und im Stress ist,<br />

08<br />

DAS IST DAS SCHÖNE AN EINEM FEHLER:<br />

MAN MUSS IHN NICHT ZWEIMAL MACHEN.<br />

Thomas Alva Edison (1847-1931), amerikanischer Erfinder<br />

VOM FLOP<br />

ZUR INNOVATION<br />

Fehler sind oft die Grundlage einer Innovation. Viele Erfindungen sind nicht dem<br />

Geistesblitz eines genialischen Forschers zu verdanken, sondern Resultat eines<br />

missglückten Versuchs.<br />

Beispiel Post-it: Die kleinen gelben Zettelchen, die heute von keinem Schreibtisch<br />

mehr wegzudenken sind, erwiesen sich zunächst als glatte Fehlentwicklung. Ein<br />

Mitarbeiter der Klebstoffabteilung beim Multitechnologie-Unternehmen 3M wollte<br />

eigentlich einen neuen Super-Klebstoff erfinden. Was nach monatelangem Forschen<br />

herauskam, war jedoch ein Produkt, das nicht dauerhaft klebte und damit<br />

komplett unbrauchbar schien.<br />

Dass die kleinen Haftnotizen dann doch noch den Markt eroberten, geht auf das<br />

Konto eines 3M-Kollegen. Der sang in seiner Freizeit im Kirchenchor und war<br />

genervt von den Lesezeichen, die ihm dauernd aus dem Gesangbuch fielen. Der<br />

missglückte Super-Kleber kam ihm da gerade recht und die Idee des Post-its war<br />

geboren. „Fehler wird es immer geben. Aber die Fehler der Mitarbeiter, die meist<br />

die richtigen Dinge tun, sind nicht so gravierend wie die, die dadurch entstehen,<br />

dass das Management den Verantwortlichen genau vorschreiben will, wie sie ihre<br />

Arbeit zu verrichten haben“, lautet die 3M-Firmenphilosophie. „Ein Management,<br />

das überkritisch auf Fehler reagiert, zerstört Eigeninitiative. Doch Mitarbeiter mit<br />

persönlichem Engagement sind lebenswichtig, wenn ein Unternehmen weiter<br />

wachsen will.“<br />

Auch das Potenzmittel Viagra verdankt die Männerwelt einem Zufall. Eigentlich<br />

waren die Forscher von Pfizer auf der Suche nach einem neuen Medikament<br />

gegen Herzerkrankungen. Das Forschungsergebnis war jedoch wenig befriedigend,<br />

die Nebenwirkungen dafür waren umso interessanter und führten letztlich zum Verkaufsschlager<br />

Viagra. Fälle wie diese sind keine Ausnahmen. Scheitern gehört zur<br />

technischen Entwicklung dazu, und 85 bis 95 Prozent aller Entwicklungen gelangen<br />

laut Technikhistoriker Reinhold Bauer nie zur Marktreife.<br />

( )<br />

Buchtipps<br />

Karin Kreutzer: Angst vor Fehlern? Schwerer Fehler!; Leykam Verlag, Graz 2003;<br />

ISBN 3-7011-7476-8; 17,90 Euro<br />

Arthur Freeman, Rose DeWolf: Die 10 dümmsten Fehler kluger Leute Piper Verlag;<br />

ISBN 3492240283; 8,90 Euro<br />

Peter Hochreither: Fehlermanagement im Unternehmen. Wie aus Fehlern Umsatz und Gewinn werden<br />

Edition Praxiswissen; Business Village ; ISBN 3-934424-43-0; 21,80 Euro<br />

Johann Wappis, Berndt Jung: Taschenbuch Null-Fehler-Management. Umsetzung von Six Sigma<br />

(erscheint voraussichtlich Mai 2006); Hanser Fachbuchverlag; ISBN: 3-446-40624-7; 29,90 Euro<br />

Gerard Nierenberg: Do It Right The First Time: A Short Guide to Learning from Your Most<br />

Memorable Errors, Mistakes and Blunders; Verlag John Wiley & Sons; 18,95 Euro<br />

„Shit happens“ sagt der Engländer mit bekannt schwarzem Humor. Wir brauchen aber nicht nur in Unternehmen, wir brauchen auch für<br />

uns selbst eine kluge Fehlertoleranz. Einkalkulieren, dass wir Fehler machen, erkennen, wenn wir sie machen, und lernen, damit wir<br />

dieselben nicht noch einmal machen. Und dazu braucht es eben den klaren Blick aufs 9 „Wie ist es passiert?“. Je rationeller, klüger<br />

wir an diese Frage heran gehen, umso größer die Chance der Reifung. Fehler geben uns immer eine Botschaft: Etwas stimmte nicht,<br />

mit unserer Einstellung, mit unserer Aufmerksamkeit, mit unseren Fähigkeiten, mit unserer Motivation, aber auch mit dem Prozess, mit<br />

den Umständen. Der Hauptfeind der ehrlichen Fehleranalyse ist übrigens die Eitelkeit. Aus Eitelkeit werden Fehler nicht zugegeben,<br />

unterbleibt die Ursachenforschung. Aus Eitelkeit werden Gründe unter den Teppich gekehrt, Verkettungen nicht eingestanden. Ein Bekannter<br />

von mir, Projektleiter in einem mittelständischen Unternehmen, macht mit seinem Team jeden Montagmorgen eine kurze Fehlerkonferenz:<br />

Wer hat was in der letzten Woche falsch gemacht? Seine Begründung: „So können wir voneinander lernen, Fehler vermeiden.“

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