BerufSZiel 01.06
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LANGSTRUMPF<br />
grimm.design<br />
( )<br />
RINGELSTRÜMPFE, rote Zöpfe, einen Affen auf der Schulter – wer<br />
erinnert sich nicht an Pippi Langstrumpf, die kleine Rebellin aus der Kinderzeit?<br />
Unkonventionell, selbstbewusst und aufgeschlossen hat Pippi Langstrumpf genau<br />
die Eigenschaften, die einen Menschen im Leben und im Beruf weiterbringen.<br />
Christine Weiner und Carola Kupfer entwickelten daraus das „Pippilotta-Prinzip“.<br />
Sabine Olschner besuchte Christine Weiner und sprach mit ihr über Perfektionismus<br />
und Ziele.<br />
Pippi Langstrumpf ist frech und hält sich nicht an Regeln.<br />
Kann man sich eine solche Unvollkommenheit erlauben,<br />
wenn man Karriere machen will?<br />
Unvollkommenheit bedeutet nicht, dass man schlampig ist<br />
oder seine Arbeit lieblos macht. Nichts ist langweiliger und<br />
starrer als eine hundertprozentige Genauigkeit, denn dann<br />
darf nichts mehr verändert oder der Situation angepasst<br />
werden. Stellen Sie sich einen Rahmen vor, der mit Kugeln<br />
gefüllt ist. Ist der Rahmen vollgepresst, bewegt sich keine<br />
Kugel. Unvollkommenheit bedeutet, eine Kugel herauszunehmen,<br />
damit sich das Gesamtbild bewegen kann – und<br />
trotzdem hält es noch. Erst durch diese Lücke, diese vermeintliche<br />
Unvollkommenheit, kann sich etwas Neues entwickeln.<br />
Wird aber nicht gerade von einer angehenden Führungskraft<br />
Perfektion erwartet?<br />
Alle Führungspersönlichkeiten, die ich kennen gelernt habe,<br />
haben ihre Fehler und Macken. Das macht es so einfach,<br />
mit ihnen umzugehen. Sie sind flexibel und frei in ihrer<br />
Arbeit, dabei aber absolut verlässlich und genau. Und sie<br />
machen ihre Arbeit mit Liebe – denn auch wenn man nur zu<br />
80 Prozent perfekt ist, muss man zu 100 Prozent bei der<br />
Sache sein. Dies gilt natürlich nicht für alle Berufsgruppen.<br />
Ärzte oder Chirurgen zum Beispiel müssen immer 100 Prozent,<br />
besser noch 120 Prozent geben.<br />
Erfinderin des Pippilotta-Prinzips: Blaues Sofa, roter Teppich, gelb gestrichene Wände –<br />
Christine Weiner hat sich im Mannheimer Stadtteil Seckenheim ihre eigene kleine „Villa<br />
Kunterbunt“ eingerichtet. Die 45-Jährige ist Autorin und Coach für Kommunikation und<br />
Karriereplanung (www.christine-weiner.de). Nach einigen Jahren als Erzieherin und Heilpädagogin<br />
hat sie das Abitur nachgeholt und BWL studiert. Sie arbeitete zwei Jahre als<br />
Assistentin in einer internationalen Heiratsvermittlungsagentur, bevor sie beim Rundfunk<br />
einstieg. 1997 begann sie, ihren Traum vom Bücher schreiben zu verwirklichen. Die Idee<br />
zum „Pippilotta-Prinzip“ kam ihr und Co-Autorin Carola Kupfer während eines Aufenthaltes<br />
in Schweden, der Heimat von Pippi Langstrumpf.<br />
Was würde Pippi Langstrumpf zu dem Thema Karriere<br />
sagen?<br />
Die Frage, ob sie erfolgreich ist oder nicht, kennt Pippi<br />
nicht. Sie glaubt an sich, glaubt an die Freude des Tuns<br />
und geht davon aus, dass Dinge gelingen. Warum sollten<br />
sie ihr auch nicht gelingen? Wenn sie ihr Ziel auf dem einen<br />
Weg nicht erreicht, geht sie eben einen anderen Weg. Pippi<br />
Langstrumpf würde Karriere nicht mit einem Fragezeichen<br />
versehen oder sie als einen großen Berg fürchten, von dem<br />
sie nicht weiß, ob sie ihn erklimmen kann. Stattdessen<br />
würde sie einfach losgehen. Warum sollte sie schließlich<br />
diesen Berggipfel nicht erreichen? Was sollte sie davon<br />
abhalten?<br />
Wie erreicht denn Pippi Langstrumpf ein Ziel, das sie sich<br />
gesetzt hat?<br />
Sie weiß, wo sie hin will, und erkennt das Ziel. Aber sie<br />
sieht auch die Umwege, die zum Ziel führen können. Sie<br />
genießt den Weg. Vielleicht erkennt sie auch auf halber<br />
Strecke, dass das Ziel gar nicht das ist, was sie erreichen<br />
möchte. Dann definiert sie ein anderes Ziel – und das wäre<br />
auch in Ordnung. Pippi Langstrumpf geht ihren Weg nicht<br />
hastig. Stattdessen erlaubt sie sich, auch mal zu trödeln.<br />
Sie blickt sich um, woher sie gekommen ist, sie macht<br />
Rast, denkt nach, wo sie gerade steht, und entscheidet, ob<br />
der Weg noch immer stimmt. Außerdem überlegt sie sich,<br />
ähnelt Annika eher der deutsch-schweizerischen Dreifaltigkeit aus Heidi Alm-Öhi, Heidi Kabel und<br />
Heidi Klum. Harmlos, spießig, sauber – das ist gut fürs Vorzimmer, aber schlecht für die Zukunft.<br />
Denn für die braucht es in den Unternehmen vor und in den Alpen keine Mitläufer, Duckmäuser und<br />
beamtigen Typen. Und selbst wenn? Wäre das Ihre Vorstellung vom Leben? Falls nicht, sollten Sie<br />
überlegen, wie man ein bisschen mehr Pippilotta und ein bisschen weniger Heidi aus sich machen<br />
könnte. Folgende Maßnahmen wären unmittelbar umsetzbar. Erstens: Freunde, die einen runterziehen,<br />
auf Distanz halten. Zweitens: Neue Freunde suchen, die einen unterstützen.<br />
Drittens: Sich ein Hobby zulegen, das spielerisch und schnell Erfolgserlebnisse bietet.<br />
Viertens: Den nächsten Termin beim Versicherungsvertreter absagen. Fünftens: Kommunikations-<br />
Rolf Rettich / Verlag Friedrich Oetinger<br />
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