Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS
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„Das vielseitige Panorama steht in<br />
Zusammenhang mit den unterschiedli-<br />
chen historischen Entwicklungsphasen“,<br />
erklärt Studienleiter Georg Lun. „Im Tourismus<br />
zum Beispiel finden wir eine höhere<br />
Zahl reifer Inhaber, weil das Wachstum<br />
der Branche auf die 1970er- und<br />
1980er-Jahre zurückgeht. Gegenwärtig<br />
befinden wir uns in einer Periode vieler<br />
Unternehmensübergaben, die aber keine<br />
Neugründungen mit sich bringen. Im<br />
Handwerk und in den Dienstleistungen<br />
hingegen verzeichnen wir die größte<br />
Zahl neuer Unternehmen. Das ist nicht<br />
zuletzt der Arbeit des TIS innovation<br />
park zu verdanken, der Start-up-Initiativen<br />
mit seinem Gründerzentrum unterstützt.<br />
Insgesamt ist diese Tendenz auch<br />
ein Zeichen des Strukturwandels in der<br />
<strong>Süd</strong>tiroler Wirtschaft: Die Jungen schlagen<br />
jenen Kurs ein, der eine erfolgreiche<br />
Zukunft verspricht.“<br />
Die Autonome Provinz Bozen trägt<br />
ihren Teil bei, um das Entstehen neuer<br />
Unternehmen zu fördern. Das Maßnahmenpaket<br />
für die Wirtschaft, das von der<br />
Landesregierung Ende 2012 geschnürt<br />
wurde und seit Januar dieses Jahres in<br />
Kraft ist, sieht für neue Unternehmen<br />
die Annullierung der Wertschöpfungssteuer<br />
Irap für die ersten fünf Jahre<br />
ebenso vor wie Begünstigungen bei der<br />
Immobilienmiete (75% im ersten und<br />
Jahr für Jahr wird der<br />
Boden, auf dem die Unternehmer<br />
von morgen heranwachsen,<br />
durch die<br />
duale Ausbildung im Land<br />
und die Kombination von<br />
Schule und Arbeit in verschiedenenWirtschaftszweigen<br />
gedüngt.<br />
50% im zweiten Betriebsjahr), einen<br />
Risikokapitalfonds für technologieorien-<br />
tierte Unternehmen zur Finanzierung<br />
innovativer Ideen sowie Darlehen für<br />
Neugründer und Betriebsnachfolger. Die<br />
Handelskammer hat ihren Dienst zur<br />
Unternehmensgründung mit der kostenlosen<br />
Anfangsberatung weiter ausgebaut.<br />
Gesunde Wirtschaft<br />
Hat <strong>Süd</strong>tirol also einen fruchtbaren Boden<br />
geschaffen, damit sich das kreative<br />
Potenzial der jungen Unternehmer entfalten<br />
kann? „Ja“, ist Georg Lun überzeugt<br />
und nennt Gründe dafür: „Das<br />
Land kann auf das sehr hohe Schul- und<br />
Ausbildungsniveau der Jugend ebenso<br />
zählen wie auf eine dynamische Universität,<br />
die sich auf die Stärken <strong>Süd</strong>tirols<br />
konzentriert. Zudem leben wir in einer<br />
gesunden Wirtschaft.“ Auch das breite<br />
Netz öffentlicher Einrichtungen, die das<br />
Land bereitstellt, mache <strong>Süd</strong>tirol zum<br />
idealen Standort für den Beginn einer<br />
neuen unternehmerischen Tätigkeit. Zu<br />
diesen Organisationen, die das Wachstum<br />
der Unter nehmen Schritt für Schritt<br />
begleiten, gehören das TIS, wenn es um<br />
die Entwicklung und Umsetzung innovativer<br />
Ideen geht, die Standortagentur<br />
<strong>BLS</strong> (Business Location <strong>Süd</strong>tirol – Alto<br />
Adige) in allen Ansiedlungsbelangen<br />
und die Handelskammer in Bezug auf<br />
rechtliche und bürokratische Fragen. Im<br />
Export unterstützt die EOS (Export Organisation<br />
<strong>Süd</strong>tirol) Unternehmen, während<br />
die Eurac (Europäische Akademie<br />
Bozen) im Auftrag der Wirtschaft<br />
forscht.<br />
Dass es gerade in dieser Zeit der<br />
wirtschaftlichen Krise schwieriger geworden<br />
ist, eine Festanstellung im öffentlichen<br />
oder privaten Sektor zu erhalten,<br />
ist für Wirtschaftsforscher Lun kein<br />
Geheimnis. Aber darin erblickt er auch<br />
Chancen. „Die unternehmerische Selbstständigkeit<br />
bietet eine Alternative, um<br />
sich den eigenen Arbeitsplatz selbst zu<br />
schaffen“, sagt Lun und weist auf eine<br />
weitere Möglichkeit hin: die Übernahme<br />
eines bereits existierenden Unternehmens,<br />
das gegenwärtig von einem Inhaber<br />
höheren Jahrgangs mit Nachfolgeproblemen<br />
geführt wird. Dabei, erklärt<br />
Lun, handle es sich vor allem um Einzelunternehmen,<br />
die den Verlust von Humankapital,<br />
angesammeltem Know-how<br />
und ihrem Unternehmenswert riskieren,<br />
wenn innerhalb der Familie ein Nachfolger<br />
fehlt. Die Richtung, in die es also<br />
gehen muss, liegt für Georg Lun klar auf<br />
22 Unternehmen Junge <strong>Energie</strong><br />
der Hand: „Wir müssen den kleinen und<br />
jungen Unternehmen ein Wachstum hin<br />
zu einer Betriebsstruktur ermöglichen,<br />
die auch in Abwesenheit des Inhabers<br />
weiter funktioniert. Denn nachhaltiges<br />
Wachstum bedeutet höhere Innovationsund<br />
Exportfähigkeit.“<br />
Zwei Punkte gehen also aus der<br />
Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts<br />
hervor: Die Unternehmensgründung<br />
in <strong>Süd</strong>tirol ist vital und<br />
wird von den öffentlichen Stellen gut<br />
unterstützt. Zugleich gibt es viele Betriebe,<br />
in denen ein Nachfolger gesucht<br />
wird. Ein Unternehmen zu gründen<br />
oder zu übernehmen bedeutet, die unternehmerische<br />
<strong>Energie</strong> des Landes zu erneuern.<br />
Felice Espro (*1972), Leiter des Wirt-<br />
schaftsressorts des „Corriere dell’Alto<br />
Adige“ (Lokalausgabe des „Corriere<br />
della Sera“) in Bozen.<br />
Übersetzung: Silvia Oberrauch<br />
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