10.10.2013 Aufrufe

Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS

Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS

Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ü<br />

b<br />

e<br />

r<br />

s<br />

e<br />

T<br />

z<br />

e<br />

n<br />

sche). Die Kunst des Sich-Arrangierens<br />

ist den Italienern, was das Streben nach<br />

Perfektion den Deutschen ist: Klischee,<br />

Mythos und Antrieb zugleich.<br />

55<br />

Integrationskraft der<br />

Nationalmannschaft<br />

Und natürlich können beide voneinander<br />

lernen. Der italienische Klubfußball ist<br />

noch immer feudalistisch organisiert –<br />

mit Klubpräsidenten, die sich wie Fürsten<br />

aufführen. Sie leisten sich eine Mannschaft,<br />

um ihr eigenes Ego und ihre Popularität<br />

zu stärken und behandeln ihre<br />

Fans nicht wie Kunden, sondern wie Untertanen.<br />

Deshalb halten sie es für unnötig,<br />

etwa in moderne Stadien zu investieren.<br />

Was dazu führt, dass Italiens Fußballarenen<br />

zu gespenstisch anmutenden<br />

Kulissen mit leeren Rängen degenerieren.<br />

Aber der Ruf nach familienfreundlichen<br />

Stadien „wie in Deutschland“ wird unter<br />

Trainern, Spielern und Tifosi immer lauter.<br />

Juventus Turin hat mit dem neuen<br />

Juventus-Stadion einen Anfang gemacht<br />

und siehe da: Die Arena des Rekordmeisters<br />

ist immer ausverkauft.<br />

Umgekehrt führt Italien Deutschland<br />

gerade vor, wie stark die Integrationskraft<br />

einer Nationalmannschaft sein<br />

kann. Nicht nur, weil hier wie dort Fußballer<br />

mit Migrationshintergrund spielen – in<br />

Italien etwa der aus Ghana stammende<br />

Mario Balotelli und der Italo-Ägypter Stephan<br />

El Shaarawy. Die Squadra Azzurra<br />

hat mit einer Vielzahl von Aktionen gesellschaftlich<br />

Stellung bezogen. Mal trainierte<br />

sie auf einem Platz, der vormals<br />

einem Mafiaboss gehört hatte, mal protestierte<br />

sie gegen die Gewalt gegen<br />

Frauen. Und Trainer Cesare Prandelli verurteilt<br />

öffentlich Rassismus und Homophobie,<br />

für das Buch eines Homosexuellen-Aktivisten<br />

verfasste er das Vorwort.<br />

Zu zeigen, dass eine Nationalmannschaft<br />

mehr sein kann als ein kommerzieller<br />

Werbeträger, dass die Spieler mehr soziale<br />

Verantwortung haben als auf dem<br />

Platz zu gewinnen – das ist das Verdienst<br />

der Azzurri, fern aller Klischees.<br />

Birgit Schönau (*1966), Italienkorrespon-<br />

dentin für die „<strong>Süd</strong>deutsche Zeitung” und<br />

„Die Zeit“. Buchveröffentlichung zum<br />

Thema: „Calcio – Die Italiener und ihr<br />

Fußball“, Kiepeneuer & Witsch, 2005.<br />

Birgit Schönau Alfred Dorfer<br />

Alfred Dorfer<br />

Heim zu<br />

Mutter<br />

Illustration — Laura Jurt<br />

Mütter haben es oft schwer. Manche Kinder machen Sorgen,<br />

andere werden unartig oder lösen sich gar ab. So<br />

schmerzvoll diese Trennung ist, eine gute Mutter sieht das<br />

nach und wird wohl immer für den Sprössling da sein. In<br />

einer ähnlichen Rolle sieht sich Österreich im Verhältnis zu<br />

<strong>Süd</strong>tirol. Nun kann man nicht behaupten, <strong>Süd</strong>tirol wäre<br />

unartig gewesen, aber ein Teil von Italien ist es aus österreichischer<br />

Sicht natürlich nicht. Ein historischer Irrtum<br />

will es, dass es südlich des Brenners plötzlich Schilder in<br />

italienischer Sprache gibt oder Carabinieri auf der Autobahn<br />

ihr Unwesen treiben. Natürlich schmeckt uns Österreichern<br />

der Kaffee und der Wein, doch das kann uns nicht<br />

davon abhalten, uns in Tirol zu wähnen, das lei oans isch.<br />

Jüngst traf es das Mutterherz gewaltig, als ein italienischer<br />

Politiker verlautbarte, diese Heimatprovinz der Kaiserjäger<br />

bedürfe nicht mehr der Schutzmacht Österreichs. Sofort<br />

warf sich in Wien der Bundeskanzler mit seiner typischen<br />

Verve in die Bresche und versicherte, <strong>Süd</strong>tirol könne immer<br />

auf Österreich zählen. Es werde seine Autonomie schützen,<br />

jawohl! Große Erleichterung in Bozen war die Folge. Wohl<br />

wissend, dass das österreichische Bundesheer zu den<br />

gefürchtetsten Armeen in Europa zählt. Im Inland auf jeden<br />

Fall, da jedes Manöver höchste Gefahr für die Bevölkerung<br />

bedeutet. Zudem soll, Berufsheer hin oder her, mehr<br />

Professionalität in diese Elitetruppe einkehren.<br />

Aber was, wenn nun italienische Soldateska, ihre<br />

blutrünstige Fratelli d'Italia-Nationalhymne auf den Lippen,<br />

in das heimliche zehnte Bundesland einfiele? Da wären<br />

plötzlich unsere Streitkräfte bitter nötig. Eine Wehrmacht,<br />

die auch in der Lage wäre, die frechen Invasoren wieder<br />

aus den idyllischen Bergdörfern zurück in die öde Ebene<br />

des Po zu jagen. Vielleicht müssten starke Garnisonen eine<br />

Zeit lang an den Alpengrenzen stationiert bleiben, um neuerliche<br />

Aggressionen schon im Keim zu ersticken. Denn<br />

wer weiß, wonach es hinterlistige Eidgenossen gelüstet?<br />

Oder gar das expansionswütige Liechtenstein? Da wird das

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!