Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS
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Kunst wird in der Familie gelegt. Ich erinnere mich an<br />
die ersten Konzerte mit meinem Vater, das erste war<br />
„Peter und der Wolf“ – noch heute trällere ich die<br />
Melodie, wenn ich guter Dinge bin. Den Zugang zur<br />
bildenden Kunst hat mir mein Schwiegervater eröffnet,<br />
der ein großer Sammler ist. Vor rund zehn Jahren,<br />
als die Kunst immer mehr zu einem Statussymbol<br />
wurde und man nicht mehr über Kunst, sondern<br />
nur mehr über Geschäfte sprach, habe ich mich mehr<br />
der Musik, meiner ersten großen Leidenschaft, zugewandt.<br />
Seit vielen Jahren organisieren wir im Sommer<br />
im Innenhof unserer Vinothek Paradeis Konzerte.<br />
VIN-o-TON etwa ist den jungen Komponisten gewid-<br />
In der hauseigenen Vinothek Paradeis finden auch Konzerte statt<br />
met, wobei wir jedes Jahr einen Komponisten mit<br />
einem neuen Werk beauftragen, dessen Uraufführung<br />
dann im Weingut stattfindet.<br />
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Donatella Pavan<br />
D P — Ihr Umgang mit dem Weinberg, mit der Kunst, mit<br />
der Musik erinnert an die Ambitionen eines Renaissancefürsten.<br />
Wie würden Sie sich bezeichnen: als Künstler, als<br />
Unternehmer oder als Freigeist?<br />
A L — Freigeist gefällt mir am besten. Wichtig ist, alle<br />
Lebensbereiche einzubeziehen, sich der Wechselwirkung<br />
zwischen Mensch, Tier, Landwirtschaft und<br />
Technik bewusst zu sein. Dadurch erfahren wir das<br />
Leben in seiner Vollständigkeit, in einer erweiterten<br />
Perspektive.<br />
D P — Sie arbeiten an einem Wein ohne Sulfate?<br />
A L — Das ist noch im Werden, wir haben erste Versuche<br />
gemacht. Unser Ziel ist es, Weine ohne Sulfate<br />
zu produzieren, die aber die Charakteristika unserer<br />
Weine beibehalten. Ein Aspekt, der mich sehr interessiert,<br />
ist die heilende Wirkung des Weins, daher<br />
könnte es statt dem mit Alkohol vergorenen Saft der<br />
Traubensaft selbst sein, an dem es sich zu experimentieren<br />
lohnt. Der Traubensaft ist ein Nektar und<br />
so war es am Anfang des 20. Jahrhunderts sehr beliebt,<br />
zur Vernatsch-Traubenkur nach Meran zu fahren.<br />
Der Alkohol ist zwiespältig, sowohl positiv als<br />
auch negativ. In früheren Zeiten trank man nur zu<br />
seltenen Anlässen, um sich zu berauschen, um die<br />
Zukunft vorauszusehen, erst später begann man, ihn<br />
übermäßig zu konsumieren. Diese Dinge sollte man<br />
wissen. Den Geist des Weines muss man hoch schätzen,<br />
er ist wertvoll. Und auf die wertvollen Dinge<br />
muss man gut achten und sie sparsam einsetzen.<br />
D P — Kürzlich hat Ihr Betrieb einige wichtige Anerkennungen<br />
erhalten, unter anderem die höchste Auszeichnung des<br />
Weinführers Slow Wine sowie fünf Sterne des Falstaff-<br />
Weinguide Österreich/<strong>Süd</strong>tirol 2012. Was macht einen guten<br />
Wein aus?<br />
A L — Unter dem önologischen Gesichtspunkt spielen<br />
jene Weine in der ersten Liga, die einen starken<br />
Charakter haben, zum Beispiel eine kräftige Duftnote.<br />
Zum Essen schätzen wir eher solche Weine, deren<br />
Flaschen bei Tisch leer werden, das heißt, von denen<br />
man gern noch ein zweites Glas trinkt und die einem<br />
trotzdem nicht den Mund oder den Gaumen verschließen,<br />
weil sie harmonisch sind. Die biodynamischen<br />
Weine sind nicht unbedingt besser als andere<br />
Weine, doch sie haben eine positive <strong>Energie</strong>, die wir<br />
unbewusst wahrnehmen, davon bin ich überzeugt.<br />
Donatella Pavan (*1960), freie Journalistin mit Schwerpunkt<br />
Umwelt, schreibt unter anderem für die Tageszeitungen „Il Fatto<br />
Quotidiano” und „La Repubblica” sowie „Io Donna” (Beilage<br />
„Corriere della Sera”).<br />
Übersetzung: Alma Vallazza