Nord & Süd | Nummer 2 | Energie - BLS
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Donatella Pavan<br />
Der Freigeist<br />
Fotos — Claudia Corrent<br />
Alois Lageder produziert internationale<br />
Spitzenweine und ist Präsident des Ökoinstituts<br />
in Bozen. Der Weinbauer lebt<br />
und arbeitet naturnah, er betreibt biodynamischen<br />
Weinanbau. Der Kunstförderer<br />
hat „<strong>Nord</strong> & <strong>Süd</strong>“ verraten, warum<br />
das so ist, warum er die Synthese zwischen<br />
Wein, Musik und Nachhaltigkeit<br />
zum Leitmotiv seines Lebens gemacht<br />
hat und was guten Wein ausmacht.<br />
50 Leben Der Freigeist<br />
Es ist ein kleines Paradies auf Erden, wo sich die Kunst mit<br />
der Musik und mit der Sorge um Nachhaltigkeit vereint.<br />
Dessen Lebenselixier, der Qualitätswein, entsteht aus der<br />
Liebe für das Land und aus der Achtung für Mensch und<br />
Natur, ganz so, wie Rudolf Steiner es lehrte. Der Sitz des<br />
Weingutes Alois Lageder – alle erstgeborenen Söhne heißen<br />
seit fünf Generationen Alois – befindet sich in Margreid<br />
südlich des Kalterer Sees in der Provinz Bozen. Wie lebendig<br />
der Einfluss der Familie Lageder auf das kleine mittelalterliche<br />
Dorf ist, zeigt sich in der geglückten Verschränkung<br />
von dessen gotisch-barocken Gebäuden und Gassen mit<br />
der modernen, in Glas und Holz gebauten Kellerei, die dank<br />
einer 250 Quadratmeter großen Fotovoltaikanlage seit 1996<br />
energieautark ist. Das Wechselspiel zwischen sorg fältig<br />
ausgewählten Kunstwerken und moderner Architektur<br />
macht das Gutsgebäude einzigartig: Von Rolf Disch, dem<br />
Gestalter von Heliotrop im Stadtviertel Vauban in Freiburg,<br />
ist der Wintergarten mit dem gläsernen Dach, das in der<br />
warmen Jahreszeit geöffnet werden kann. Eine zentral im<br />
Gebäude gelegene, von Christian Philipp Müller konzipierte<br />
Installation besteht aus drei Glasquadern, die das Erdreich<br />
und die natürlich darin vorkommenden Pflanzen von den<br />
drei Weinbergen Löwengang, Römigberg und Lindenburg<br />
enthalten. Ebenso eindrucksvoll ist die Gestaltung des Kellers,<br />
dessen Hightech-Standard zwar an Cape Canaveral<br />
erinnert (1 Million Flaschen werden hier im Jahr produziert),<br />
dessen poetische Ausdruckskraft aber dennoch fasziniert.<br />
In jenem Teil des Kellers, in dem die Weine zur Reifung<br />
lagern, ertönt immer dann eine musikalische Klangfolge,<br />
wenn draußen der Wind ein winziges Windrad bewegt: Es<br />
ist eine Installation von Matt Mullican mit dem Titel „Wiegenlied<br />
für Barrique und Streicher“. Das Gut ist einen Besuch<br />
wert und mit ein bisschen Glück führt Sie vielleicht<br />
Alois Lageder persönlich durch sein Weingut. Für „<strong>Nord</strong> &<br />
<strong>Süd</strong>“ hat sich der Hausherr Zeit für ein Interview genommen.<br />
D P (Donatella Pavan) — Sie sind die fünfte Generation eines<br />
Winzergeschlechts. Woher kam der Wunsch, auf Biodynamie<br />
umzustellen?<br />
A L (Alois Lageder) — Das ist eine natürliche Entwicklung;<br />
jedes Familienmitglied beschreitet sein<br />
Stück des Weges. Die Richtung ist mir von meinen<br />
Eltern mitgegeben worden. Meine Mutter hat bei<br />
der Gartenarbeit immer die Grundsätze des Philosophen<br />
Rudolf Steiner und jene von Maria Thun,<br />
die für ihren Saatkalender im Jahreslauf der Gestirne<br />
berühmt ist, berücksichtigt. Für sie war das ganz<br />
selbstverständlich. Als ich dann an der Reihe war,<br />
begriff ich, dass der herkömmliche Weinbau nicht<br />
meine Welt sein konnte. Vorher waren die Weinberge<br />
verstreut und ich habe sie danach um Margreid herum<br />
zusammengelegt. 1990 haben wir mit den ersten<br />
Experimenten begonnen: Wir haben chemische<br />
durch biodynamische Stoffe ersetzt, wobei die ersten<br />
Alois Lageder: „Der herkömmliche Weinbau konnte nicht meine<br />
Welt sein."