Kleine Geschichte der Diplomatischen Akademie Wien - Diplomatic ...
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Die <strong>Akademie</strong> im Spiegel des Zeitenwandels<br />
Eine nicht zu unterschätzende Auswirkung<br />
auf das gesamte Korps hatte das<br />
gemeinsame Leben während <strong>der</strong><br />
vier bis fünf Jahre im Internat,<br />
das die im diplomatischen Korps<br />
durch die Herkunft bestehende gesellschaftliche<br />
Lebensform auf die<br />
Gesamtheit des Personals ausweitete<br />
. Die Erfahrungen während <strong>der</strong><br />
Jugend, mitunter sogar während <strong>der</strong><br />
Pubertät, da zunächst tatsächlich<br />
Knaben, <strong>der</strong> jüngste war acht Jahre<br />
alt, aufgenommen worden waren,<br />
gingen somit nahtlos in jene <strong>der</strong> ersten<br />
beruflichen Erlebnisse über . Für<br />
725 junge Menschen war bis 1918<br />
die fachliche Ausbildung gleichzeitig<br />
eine allgemein humanistische<br />
Bildung mit einem damals noch wirksamen<br />
Bildungskanon <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
Heinrich Freiherr von Haymerle,<br />
Orientalische <strong>Akademie</strong> 1846–1850,<br />
Minister des Äußeren 1879–1881<br />
im Hintergrund . Dieser wie<strong>der</strong>um war für alle europäischen Völker ein über die<br />
Grenzen hinweg in weitem Maße einheitlicher . Er war gleichfalls <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong><br />
in den Höllen <strong>der</strong> Schlachten des Ersten Weltkriegs zu Bruch ging .<br />
Selbst unter diesen Umständen wirkte die alte Konsularakademie noch weiter in<br />
das neue Jahrhun<strong>der</strong>t hinein . Jüngere Absolventen waren häufig in den Nachfolgestaaten<br />
maßgeblich am Aufbau ihres auswärtigen Dienstes beteiligt . Neben<br />
Österreich wurden sie vor allem in Ungarn tätig, in dem sie in <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />
sogar drei Außenminister stellten: Emerich Graf Csáky (Konsularakademie<br />
= KA 1899–1904) kön . ungar . Außenminister Januar bis März 1919,<br />
Coloman Kania (OA 1887–1892) Außenminister 1933–1938 und Stefan Graf<br />
Csáky (KA 1913–1919) Minister für Auswärtige Angelegenheiten 1938–1941 .<br />
Nicht ohne Zutun von <strong>Akademie</strong>-Absolventen überlebten die technische und<br />
verwaltungsmäßige Abwicklung <strong>der</strong> Amtsgeschäfte, wie beispielsweise die Gestaltung<br />
<strong>der</strong> Akten nach Vorlagen aus <strong>der</strong> K . u . k . Ära in <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
bzw . Tschechien und <strong>der</strong> Slowakei sogar die Jahre des Kommunismus .<br />
In <strong>Wien</strong> retteten <strong>der</strong> hervorragende Ruf und ihr Realkapital in <strong>der</strong> Form des<br />
mo<strong>der</strong>nen Gebäudes in <strong>der</strong> Boltzmanngasse die <strong>Akademie</strong> nach 1918 vor <strong>der</strong><br />
Schließung, denn <strong>der</strong> eigene, klein gewordene Diplomatische Dienst rechtfertigte<br />
nicht mehr eine Ausbildungsstätte dieses Ausmaßes . Nur die Anbindung<br />
an ihre ursprüngliche Mutter, die Universität <strong>Wien</strong>, sicherte ihr das Überleben<br />
. Damit wurde eine Än<strong>der</strong>ung ihrer Aufgabe und ihres Einzugsbereiches<br />
erfor<strong>der</strong>lich . Wie ihr Untertitel neuerdings besagte, wurde sie eine Hochschule<br />
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