10.10.2013 Aufrufe

150.000 Stück - Dortmunder & Schwerter Stadtmagazine

150.000 Stück - Dortmunder & Schwerter Stadtmagazine

150.000 Stück - Dortmunder & Schwerter Stadtmagazine

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

So etwas hatte Dortmund entweder<br />

sehr lange oder noch nie<br />

erlebt! Ende Juli ergoss sich über<br />

weiten Teilen unserer Stadt ein<br />

Jahrhundert-Regen, der Chaos,<br />

Entsetzen und Verzweiflung hinterließ.<br />

Neben enormen materiellen<br />

Schäden, beklagen die<br />

Anwohner, der am meisten betroffenen<br />

Gebiete auch emotionale<br />

Wunden. Wut und Enttäuschung<br />

darüber, dass so etwas überhaupt<br />

passieren kann war allenthalben<br />

spürbar.<br />

Es ist ein sonniger Samstagmittag<br />

und niemand ahnt, was der Stadt<br />

bevorsteht. Die Menschen mähen<br />

den Rasen, waschen ihr Auto oder<br />

unternehmen mit der Familie einen<br />

Spaziergang. Von Weitem<br />

nähert sich jedoch unaufhaltsam<br />

eine Gewitterfront, die sich mit<br />

lautem Grollen und ersten dunklen<br />

Wolken ankündigt. Auch als<br />

die ersten Tropfen vom Himmel<br />

fallen, denkt noch niemand an<br />

ein derart verheerendes Unwetter.<br />

Doch stetig öffnen sich die Himmelsschleusen<br />

ein wenig mehr<br />

und lassen die Emscher kontinuierlich<br />

anschwillen. Als die ersten<br />

Wogen über die Ufer treten und<br />

in die anliegenden Straßen flie-<br />

14<br />

Jahrhundert-Regen überflutet Teile Dortmunds<br />

Menschen stehen vor dem Nichts und fragen nach der Verantwortlichkeit<br />

ßen, hören die Telefone bei der<br />

Feuerwehr nicht mehr auf zu klingeln.<br />

Der Pegel der Emscher steigt<br />

unterdessen auf ein Rekordniveau<br />

von über fünf Metern. Binnen<br />

drei Stunden fallen im <strong>Dortmunder</strong><br />

Westen 200 Liter Regen pro<br />

qm. Der stärkste Niederschlag im<br />

Ruhrgebiet seit Menschengedenken.<br />

Zu allem Überfluss versagt<br />

das Pumpwerk seinen Dienst, was<br />

ein Übriges zur Katastrophe beiträgt.<br />

Das so genannte Negerdorf<br />

in Dorstfeld hat es besonders<br />

schlimm erwischt. Fernsehteams<br />

aus ganz Deutschland berichten<br />

von dort und schicken Bilder der<br />

Verwüstung in die Wohnzimmer<br />

der Republik.<br />

Am Tag nach dem Unwetter<br />

scheint die Sonne vom wolken-<br />

losen Himmel und vermittelt den<br />

Eindruck, als ob nichts passiert<br />

wäre. Doch im Negerdorf von<br />

Normalität keine Spur. Die Straßen<br />

sind voller Schlamm und es<br />

liegt ein beißender Gestank in<br />

der Luft. „Uns steht das Wasser<br />

nicht bis zum Hals, sondern wir<br />

stecken knietief in der Scheiße!“<br />

macht sich ein Anwohner Luft.<br />

Vor seinem Haus hat er den Inhalt<br />

seines Kellers aufgetürmt. Neben<br />

der Waschmaschine finden sich<br />

massenhaft Spielzeug, Sportgeräte<br />

etc. Das THW pumpt noch immer<br />

Keller aus und versucht, Autos<br />

wieder flott zu machen. Ein Twingo<br />

steht am Straßenrand und sieht<br />

aus, als wäre er soeben aus einem<br />

verdreckten Tümpel gezogen worden.<br />

Etwas weiter hinten hat ein<br />

massives Gartenhaus den Wassermassen<br />

nicht standhalten können.<br />

Es liegt nun halb auf der Seite und<br />

erinnert an die Bilder, die wir aus<br />

New Orleans kennen, nachdem<br />

das Sturmtief Katrina dort 2005<br />

gewütet hatte.<br />

Die Menschen laufen in Gummistiefeln<br />

herum und tragen ihre<br />

Habseligkeiten nach Draußen, wo<br />

sie prompt von der DEW abgeholt<br />

werden. Es wirkt alles irgendwie<br />

unreal, was sich hier abspielt.<br />

Solche Bilder kennt man aus ganz<br />

anderen Teilen der Welt, aber<br />

doch nicht aus Dorstfeld. Ha-<br />

ben wir hier zum ersten Mal am<br />

eigenen Leib die Auswirkungen<br />

der Klimaveränderung gespürt?<br />

Schnell werden Klagen laut, die<br />

der Emschergenossenschaft die<br />

Schuld geben, da diese nicht für<br />

genügend Hochwasserschutz gesorgt<br />

haben soll. Oder trägt die<br />

Stadt Dortmund die Schuld, weil<br />

sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten<br />

immer mehr Flächen versiegelt<br />

hat und dadurch Versickerungsmöglichkeiten<br />

wegfielen?<br />

Oder liegt die Schuld bei der Feuerwehr,<br />

die den Ernst der Lage zu<br />

spät erkannt hat? Doch dies spielt<br />

kurz nach dem Unwetter erstmal<br />

nur eine untergeordnete Rolle.<br />

Ebenfalls katastrophale Ausnahme<br />

erreicht das Unwetter an der<br />

Wittener/Ecke Adalbertstraße.<br />

Hier steht in der Senke die Fahrbahn<br />

metertief unter Wasser. Der<br />

Eingangsbereich des dortigen Supermarktes<br />

ist vollkommen in den<br />

Fluten versunken und nur noch<br />

die Werbebanden erinnern daran,<br />

dass man hier ansonsten einkaufen<br />

kann.<br />

In Marten hat der Jahrhundert-<br />

Regen ebenfalls für verheerende<br />

Schäden gesorgt. Dort sind auch<br />

unzählige Gewerbetreibende betroffen,<br />

die nun vor dem Nichts<br />

stehen. Inzwischen hat sich eine<br />

Bürgerinitiative „Flutopfer-Hilfe<br />

Dortmund-Marten“ gegründet, die<br />

versucht, Hilfen zu bekommen.<br />

Mehrere Hilfsorganisationen haben<br />

Spendenkonten eingerichtet<br />

und sammeln zudem Sachspenden,<br />

wie z. B. Möbel. OB Langemeyer<br />

hatte einen Tag nach dem<br />

Unwetter unbürokratische Hilfe<br />

zugesagt. So stockt die Stadt Dortmund<br />

den Spendentopf der Wohlfahrtsverbände<br />

um 500.000€ auf<br />

und wird einen neutralen Gutachter<br />

bestellen, der die Anlagen zum<br />

Hochwasserschutz überprüfen<br />

wird.<br />

Bürger, die Hilfe annehmen<br />

möchten, können sich in drei<br />

neu eingerichteten Bürgerbüros<br />

informieren. Allerdings nur nach<br />

telefonischer Terminvereinbarung<br />

unter 50-10000.<br />

Mehr zum Unwetter und den Folgen<br />

lesen Sie auch in unserer Rubrik<br />

„Politik IN Dortmund“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!