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Kulturnation, Staatsnation und Wirtschaftsnation bei Fichte und Herder

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Nationalismus <strong>bei</strong> <strong>Fichte</strong> <strong>und</strong> möglicherweise Ansätze des <strong>Kulturnation</strong>alismus (im oben<br />

beschriebenen Sinne ) <strong>bei</strong> <strong>Herder</strong>, war für mich eher unerwartet. Was <strong>Herder</strong> anbelangt, so darf man<br />

nur nicht vergessen, daß <strong>bei</strong> ihm die verdächtige Stelle sich gegen eine Erweiterung der Staatsgrenzen<br />

über die kulturellen Grenzen hinaus durch Eroberung richtet (siehe oben). Ich habe keine Stelle<br />

gef<strong>und</strong>en, wo er Eroberungen durch eine kulturelle Gemeinsamkeit legitimiert. Auch keine Stelle, wo<br />

er kulturell Fremde von der Staatsbürgerschaft auschließen will, obwohl sie, aus welchem Gr<strong>und</strong><br />

auch immer, auf dem Staatsgebiet leben.<br />

Eine zweite Unverträglichkeit gibt es zwischen der Demokratie <strong>und</strong> dem <strong>Wirtschaftsnation</strong>alismus,<br />

wie er oben (siehe oben) definiert worden ist. Die Suche nach wirtschaftlichen Grenzen gerät von<br />

selbst ins Uferlose, da erst die Welt als Ganzes die beste Zusammenstellung der Ressourcen bietet.<br />

Sie wird daher öfter Imperialismus als Nationalismus genannt. Die Bezeichnung als Imperialismus<br />

macht natürlich auch Sinn: sie deutet auf den Drang zur Vergrößerung, eine Konstante <strong>bei</strong> dieser<br />

besonderen Form des Nationalismus. Dieser Drang ist es auch, der den wirtschaftlichen<br />

Nationalismus in seiner Erscheinungsform so mannigfaltig macht: er kann, je nach der konkreten<br />

Situation, sich auch auf den <strong>Staatsnation</strong>alismus oder auf den <strong>Kulturnation</strong>alismus berufen, wenn<br />

sich nur damit eine Vergrößerung des eigenen Territoriums erwirken läßt. Hier kann dem zweiten<br />

Ansatz nur Recht gegeben werden.<br />

Der <strong>Wirtschaftsnation</strong>alismus wendet sich gegen die Demokratie, wenn zum Beispiel eine solche<br />

Vergrößerung von der Mehrheit der annektierten Bevölkerung abgelehnt wird. Dafür ist ziemlich<br />

charakteristisch, wie Länder der Dritten-Welt auch von ihren « demokratischen » Eroberern fast<br />

systematisch für « unreif für die Demokratie » gehalten worden sind. Man könnte einwenden, daß er<br />

sich wenigstens mit der Demokratie der Eroberer mehr als weniger verträgt. Die Mehrheit der<br />

erobernden Bevölkerung hat meistens nichts gegen die Eroberung einzuwenden, ganz im Gegenteil.<br />

Fällt es ihr aber ein, gegen bestimmte (unmenschliche oder unfaire) Mittel zu dieser Vergrößerung zu<br />

sein, dann kann ihre eigene Demokratie darunter leiden: die Außenpolitik wird zum Teil der<br />

parlamentarischen Kontrolle entzogen <strong>und</strong> es wird dafür gesorgt, daß die Öffentlichkeit über die<br />

fragwürdigen Mittel nichts erfährt oder eben erst dann, wenn es schon zu spät ist.<br />

Dieser <strong>Wirtschaftsnation</strong>alismus findet sich schon <strong>bei</strong> <strong>Fichte</strong>. Der Geschlossene Handelstaat soll in<br />

einer ersten Phase seine « natürlichen » Grenzen suchen, um sich dann feierlich darauf zu<br />

verpflichten, keine Eroberungskriege mehr zu führen. Mit den natürlichen Grenzen sind die<br />

wirtschaftlichen Grenzen gemeint (vgl. 130+140-143). Da hilft aber die Feierlichkeit überhaupt<br />

nichts. Solange sein Geschlossener Handelstaat nicht die ganze Welt erobert hat, wird er sich auf<br />

Kosten anderer ausweiten müssen.<br />

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