KIller-Vorwürfe TrauerspIel In 7 aKTen KuTschen für ... - Die Gazette
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egierungspartei uMp, forderte daraufhin öffentlich<br />
eine „pflicht zur Zurückhaltung” <strong>für</strong><br />
Kulturschaffende.] und dazu kommen noch<br />
diskriminierungen jeder art. die soziale diskriminierung<br />
ist die <strong>für</strong>chterlichste und betrifft<br />
alle franzosen, ob sie nun „alteingesessen” sind<br />
oder nicht, und natürlich auch die ausländer.<br />
die protzige neureichen-politik („Bling-Blingpolitik”)<br />
von sarkozy hat diese sichtweise auf<br />
das <strong>In</strong>dividuum noch verstärkt. das ist bedauernswert,<br />
besonders <strong>für</strong> ein land wie frankreich,<br />
das wir eigentlich wegen anderer dinge<br />
als des geldes willen zu lieben gewohnt sind.<br />
seit ich als Mutter in das französische leben<br />
eingetreten bin, stoße ich auf ungleichbehandlungen,<br />
wie ich sie mir nicht vorgestellt hätte.<br />
auf Vorurteile, die ich abgeschafft glaubte.<br />
Zum Beispiel wird eine alleinerziehen de Mutter,<br />
trotz aller rechte, die sie hat, trotz der errungenschaften<br />
des feminismus, unter den<br />
Blicken der anderen wirklich leiden. Besonders,<br />
wenn sie kein gut gefülltes Bankkonto<br />
und keinen namen hat, der mit geld in Verbindung<br />
gebracht wird. es sind heimtückische<br />
Blicke, die aber so brutal sind wie eine fatwa.<br />
Ich kenne eine Mutter, sehr französisch, die<br />
ihre Tochter allein erzieht. um die leute darüber<br />
zu täuschen, hat sie auf ihrem anrufbeantworter<br />
eine männliche stimme. „das ist vor<br />
allem wegen der schule”, hat sie mir erklärt.<br />
ein anderes Beispiel, das ich persönlich erlebt<br />
habe: um unter guten Bedingungen zu entbinden,<br />
sollte man bei der ankunft im Kreißsaal<br />
besser einen Mann dabeihaben. wovon ich<br />
hier erzähle, darüber sollte man eigentlich ein<br />
eigenes Buch schreiben ...<br />
Wie ist Ihr eigenes Verhältnis zu Frankreich oder<br />
Europa und zu Ihrer algerischen Heimat?<br />
lange Zeit, Jahre lang, habe ich gedacht, dass<br />
ich nirgendwo meinen platz finden würde. und<br />
dann, eines Tages, habe ich beschlossen, dass ich<br />
weder von hier noch von anderswo bin, sondern<br />
von überall. so sind meine „arabizität”, meine<br />
„okzidentalität”, meine „afri kanizität”, meine<br />
weiblichkeit ein un trennbares ganzes geworden,<br />
eine gesamtheit, dank der ich jeden Tag<br />
etwas wachse. außerdem wird mir langsam<br />
bewusst, was <strong>für</strong> ein glück es ist, dass ich Bücher<br />
schreiben, im wort und in der poesie leben<br />
kann. das ist zwar eine „Marginalisierung” an<br />
sich, aber auch und vor allem eine Kraft, die mir<br />
es erlaubt, meine souveränität zu behaupten.<br />
Wie wurde Ihr Buch in Frankreich aufgenommen,<br />
wie in der algerischen Gemeinde? Wie in Italien,<br />
wo schon eine Übersetzung erschien?<br />
Trotz des Titels, der – wie gesagt – „reißerisch”<br />
erscheinen mag (aber inzwischen betrachte<br />
ich das als ein Kompliment), waren<br />
meine leser, welcher kulturellen herkunft und<br />
welcher sexuellen Zugehörigkeit sie auch im -<br />
mer sind, nicht enttäuscht. Viele haben mich<br />
gefragt, wie ich mit einer solchen genauigkeit<br />
die männliche <strong>In</strong>timsphäre, Masturbation, sexuelle<br />
fantasien, männliches denken usw. beschreiben<br />
konnte. Manche haben mir ernsthaft<br />
gestanden, sie hätten sich mit der figur ganz<br />
und gar identifiziert. ob die subversive seite<br />
des helden auch allen lesern gemeinsam ist?<br />
wie dem auch sei, meine figur ist rein fiktiv,<br />
eine vollständige neuschöpfung, wenn auch inspiriert<br />
von verschiedenen Männern, denen ich<br />
hier und da begegnet bin. welche geschichte<br />
Mohamed-Basile auch immer hinter sich hat,<br />
seine hemmungen und seine sexuellen fantasien<br />
sind die eines jeden Mannes. darin liegt<br />
vielleicht auch die allgemeingültigkeit des Sexlebens<br />
eines Islamisten in Paris.<br />
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