24.10.2013 Aufrufe

KIller-Vorwürfe TrauerspIel In 7 aKTen KuTschen für ... - Die Gazette

KIller-Vorwürfe TrauerspIel In 7 aKTen KuTschen für ... - Die Gazette

KIller-Vorwürfe TrauerspIel In 7 aKTen KuTschen für ... - Die Gazette

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gewährleistet bleibt. die schule, an deren Tür<br />

Musliminnen das Kopftuch abzulegen haben,<br />

ist deshalb auch der zentrale ort, wo sich das<br />

französische Modell mit seinem zivilisatorischen<br />

erziehungsauftrag bewähren muss. die<br />

affaire du foulard ist bis heute nicht ausgestanden,<br />

ja sie wird durch das vor kurzem in frankreich<br />

und Belgien erfolgte Verbot des Tragens<br />

der Burka noch weiter verschärft.<br />

doch säkularismus kann auch anders praktiziert<br />

werden. staaten, die einer moderaten Variante<br />

des säkularismus den Vorzug geben, sehen<br />

vom paternalistischen umgang mit<br />

gläubigen ab. großbritanniens Modell des<br />

Multikulturalismus bildet zur republikanischen<br />

laicité die Kontrastfolie. dieses Modell orientiert<br />

sich weniger am Ideal der formalen gleichheit<br />

als an jenem der substanziellen gleichheit<br />

aller Bürgerinnen und Bürger. substanzielle<br />

gleichheit zu gewährleisten bedeutet in diesem<br />

Zusammenhang, dass gruppenspezifische differenzen<br />

(etwa aufgrund von religionszugehörigkeit)<br />

durch den staat anerkennung erfahren.<br />

Moderat ist dieser säkularismus deshalb, weil<br />

gläubige nicht von staats wegen dazu gezwungen<br />

werden, religion bloß im privaten auszuüben.<br />

<strong>In</strong>teressant an großbritanniens Multikulturalismus<br />

ist laut Modood außerdem, dass<br />

die privilegierte stellung der „church of england”<br />

die säkulare politische ordnung nicht<br />

unterläuft. da es sich bei der „church of england”<br />

bloß um eine schwach oder nominell<br />

etablierte staatsreligion handelt, können andere<br />

religionsgemeinschaften sogar profit aus der<br />

historisch und kulturell gewachsenen Beziehung<br />

zwischen staat und religion schlagen.<br />

wenn wir diese beiden hinweise<br />

ernst nehmen, so ergibt sich ein neues Bild der<br />

Trennung von staat und religion, das sich von<br />

homogenisierenden <strong>In</strong>terpretationen des Islam<br />

und von radikalen lesarten des säkularismus<br />

abhebt. dieser andere Blick ist deshalb bedeutsam,<br />

weil die säkularistische Islamkritik mit<br />

ihrer starren Vorstellung von der Trennung<br />

von staat und religion ihren eigenen absichten<br />

entgegenarbeitet. um dies anhand eines<br />

gedankenexperiments zu veranschaulichen,<br />

Themen<br />

müssen wir nur an den speziellen status denken,<br />

welchen der sonntag als feiertag in allen<br />

westlichen demokratien innehat. ohne Zweifel<br />

verdankt sich dieser spezielle status dem<br />

christlichen erbe, auf dem auch alle westlichen<br />

demokratien historisch und kulturell fußen.<br />

Konsequent zu ende gedacht würde uns eine<br />

radikale lesart des säkularismus dazu veranlassen,<br />

den sonntag als feiertag infragezustellen<br />

und einen religiös unbelasteten Tag, etwa den<br />

dienstag, als wöchentlichen feiertag zu wählen.<br />

nur so wäre garantiert, dass alle Bürge rin -<br />

nen und Bürger in ihrem anspruch auf freizeit<br />

formal gleich behandelt würden.<br />

aber diese lösung kann in niemandes <strong>In</strong>ter -<br />

esse liegen, weil niemandem (außer vielleicht<br />

den anhängern eines radikalen säkularismus)<br />

durch die wahl eines religiös unbelasteten<br />

Tages gedient wäre. die lehre aus diesem gedankenexperiment<br />

ist, dass die Trennung von<br />

staat und religion nicht dazu führen darf, historische<br />

und kulturelle Kontexte schlicht auszublenden.<br />

der sonntag sollte also nicht trotz,<br />

sondern wegen seines partikularen ursprungs<br />

im christentum der gesetzlich vorgeschriebene<br />

feiertag in westlichen demokratien bleiben.<br />

Jedoch hat diese aussage nicht zur folge, dass<br />

angehörige anderer religionsgemeinschaften<br />

nicht ebenso ein anrecht auf urlaub während<br />

ihrer heiligen Tage hätten. das grundlegende<br />

prinzip der fairness gebietet solch eine ausgleichende<br />

Behandlung.<br />

prinzipientreue und pragmatismus müssen einander<br />

also nicht ausschließen. das problem<br />

mit der säkularistischen Islamkritik besteht<br />

darin, dass sie aus der Trennung von staat und<br />

Kirche einen fetisch macht, anstatt nach flexiblen<br />

lösungen <strong>für</strong> soziale Konflikte zu suchen.<br />

Zudem verschließt sich die säkularistische Islamkritik<br />

dem dialog mit jenen stimmen in<br />

der islamischen welt, die mutig eine interne<br />

reformbewegung voranzutreiben versuchen.<br />

die scheinbaren gegensätze von prinzipientreue<br />

und pragmatismus miteinander in harmonie<br />

zu bringen verlangt nach politischer<br />

Vorstellungskraft. die säkularistische Islamkritik<br />

lässt diese vermissen. wir sollten ihr darin<br />

nicht folgen.<br />

43

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!