Thermenland Magazin November 2013
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Auch wenn die Jubiläen,die Bad Füssing<br />
und Bad Birnbach heuer feiern, Jahrzehnte<br />
auseinander liegen, so hat ihre<br />
Geschichte doch einen gemeinsamen<br />
Ursprung. Kaum waren nämlich die Nationalsozialisten<br />
1933 andie Macht gekommen,<br />
setzten sie alles daran, das Deutsche<br />
Reich gefechtsbereit zu machen. Ein<br />
entscheidender Faktor dabei waren die<br />
Rohstoffe für den Aufbau einer Kriegsmaschinerie.Hier<br />
mangelte esbesonders<br />
am Schmierstoff,der die modernenVernichtungswaffen<br />
in Bewegung setzt und<br />
hält –esfehlte anÖl.<br />
Im Januar 1934 rief das Reichswirtschaftsministerium<br />
Vertreter der deutschen<br />
Erdölindustrie in Berlin zusammen.<br />
„Es ging darum, zu finden und zufördern,<br />
was der deutsche Boden hergab. Das<br />
Reichsbohrprogramm erwies sich als<br />
durchaus lohnend. Von 214.000 Tonnen<br />
im Jahr 1932 stieg die Förderleistung auf<br />
das Spitzenvolumen von 1,06 Millionen<br />
Tonnen 1940.Das meiste davon wurde zu<br />
Schmieröl verarbeitet“, schreiben Rainer<br />
Karlsch und Raymond G. Stokes in ihrem<br />
Buch „Faktor Öl.Die Mineralölwirtschaft<br />
in Deutschland 1859–1974“.<br />
Auf der Suche nach schwarzem Gold: Versuchbohrungen<br />
beim Weiler Füssing im Jahr 1938.<br />
Foto: Therme 1<br />
Vor 75Jahren Wasser entdeckt<br />
Auf dieser Suche nach dem Schmierstoff,<br />
der die Wehrmacht so schnell und reibungslos<br />
fremde Länder überrennen ließ,<br />
AKTUELLES<br />
Thermalquellen inBad Birnbach und<br />
Heilung für den Menschen st<br />
Erste Wannenbäder imPearl-bath: Badekomfort anno 1947. Foto: Kur&GästeService Bad Füssing<br />
kamen die staatlichen Ölsucher auch ins<br />
Rottal. Hinweise auf mögliche Öl- und<br />
Gasvorkommen veranlassen die Bayerische<br />
Mineralölindustrie inMünchen die<br />
so genannten „Innviertler Bohrungen“<br />
niederzubringen.Dazu gehörten erste<br />
Versuchsbohrungen auf einem Acker<br />
unweit des sechs Hofstellen zählenden<br />
Weilers Füssing zwischen Pocking und<br />
Safferstetten.Dabei wurde in etwa 1.000<br />
Meter Tiefe nicht Ölund nicht einmal Erdgas<br />
gefunden. Statt dessen stieg plötzlich<br />
mit einem Druck von 5,2 atü Thermalwasser<br />
auf,56Grad Celsius warm und 3.000<br />
Liter in der Minute.Man schrieb den<br />
8. Februar 1938.Auf diesen Tagbezieht<br />
sich auch das 75-jährige Jubiläum Bad<br />
Füssings.<br />
Im Jahr darauf wurde auch beim Markt<br />
Birnbach imalten Flussbett der Rott nach<br />
dem schwarzen Gold gebohrt. Auch hier<br />
stieß der Bohrtrupp auf heißes Mineralwasser.<br />
Die Nutzung dieses Thermalwassers<br />
wurde jedoch vom Reichsbäderkuratorium<br />
untersagt, weil man den erst ins<br />
Reich zurückgekehrten Bädern im nordböhmischen<br />
Raum keine Konkurrenz<br />
machen wollt.Daman statt Öloder Gas<br />
nur heißes Wasser gefunden hat, wurden<br />
14<br />
die Bohrlöcher wieder verschlossen. Fast<br />
alle. In Neuhofen im Innviertel nähe Ried<br />
sorgte ein unverschlossen gebliebenes<br />
Bohrloch im Frühjahr 2012 noch für Aufsehen,<br />
denn erst nach Tagen wurde<br />
festgestellt, dass es mit den „Innviertler<br />
Bohrungen“ zusammen hing und nicht<br />
Resultat einer UFO-Landung, eines Satelliten-<br />
oder Meteoritenabsturzes war.<br />
Ohne Lagerinsassen kein<br />
Heilbad<br />
Die Entwicklung Füssings konnte damit<br />
erst nach 1945 beginnen, als Karlsbad,<br />
Franzensbad und Marienbad für die Deutschen<br />
praktisch unerreichbar geworden<br />
waren. Im nahen Fliegerhorst der deutschen<br />
Luftwaffe hatte die amerikanische<br />
Militärverwaltung das größte Auffanglager<br />
für Displaced Persons in ihrer Besatzungszone<br />
eingerichtet. 1947 lebten im<br />
Pockinger DP-Camp an die 6300 jüdische<br />
Bewohner.Sie hörten von den Einheimischen<br />
von der heißen Quelle und nutzten<br />
das Wasser zunächst zu Reinigungszwecken.<br />
Das Lager war für seine schlechten<br />
Sanitäranlagen bekannt.<br />
Gesundheitsoffiziere, die dieses Lager<br />
betreuten, könnten für sich inAnspruch<br />
nehmen, als erste erkannt zu haben, dass