tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock
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TITELTHEMA: PROJEKT<br />
Offenen Kanal unterscheidet) ein so genanntes Mitmach-Radio, das<br />
auf die ehrenamtliche Unterstützung der Radiomacher angewiesen<br />
ist.<br />
LOHRO vereint zwei Dinge, von denen man bisher nicht glaubte,<br />
dass die gemeinsam funktionieren könnten: ehrenamtliches Engagement<br />
auf der einen und professionalisiertes Programm auf der anderen<br />
Seite. Es gehört zum Konzept von LOHRO, dass unser moderiertes<br />
Programm stufenweise ausgebaut wird, denn wir sind ein<br />
Projekt, das vor allem vom Ehrenamt lebt und den Menschen der<br />
S<strong>tadt</strong> und ihrer Umgebung Medienkompetenz und Medienrealität<br />
vermitteln möchte. LOHRO nimmt Sendungen erst dann ins Programm,<br />
wenn sie funktionieren. LOHRO bietet die Möglichkeit zur<br />
aktiven Mitarbeit: Alle Interessierten können sich qualifizieren, um<br />
dann, redaktionell begleitet, ihr eigenes Radioprogramm gestalten,<br />
produzieren und senden. Sie können in verschiedenen Redaktionen<br />
mitarbeiten und eigene Redaktionen gründen. Koordiniert wird die<br />
Arbeit der Redaktionen in der „Großen Redaktionskonferenz“. Alle,<br />
die auf Sendung gehen wollen, qualifizieren sich mit dem „LOHRO-<br />
Fahrschein“, einem Workshop, der neben Radio-Know-How vor allem<br />
die LOHRO-Philosophie vermittelt.<br />
LOHRO - das ist … das ehrenamtlich arbeitende LOH-<br />
RO-Team<br />
Auf einer Wellenlänge: Aus einer informellen Zusammenrottung<br />
von Freunden des Rundfunks wurde innerhalb kürzester Zeit eine<br />
Gruppe, eine Mannschaft, ein Team ... das LOHRO-Team. Generationsübergreifend,<br />
aus allen gesellschaftlichen Bereichen, mit unterschiedlichen<br />
Erfahrungshorizonten, Fähigkeiten und Interessen. Ein<br />
weites Spektrum von Kompetenzen ist gefordert: Vom Greenhorn<br />
bis zum Radio-Profi fanden und finden sich neugierige, offene und<br />
engagierte Leute zusammen, die die redaktionellen, organisatorischen,<br />
administrativen und technischen Aufgaben rund ums Radio<br />
gemeinsam lösen. Durch eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Institutionen<br />
(z.B. aus der Kultur- und Jugendarbeit), der Universität,<br />
Clubs und Einrichtungen aus <strong>Rostock</strong>, die ihre Fertigkeiten und das<br />
Know-how ihrer Organisationen ins Projekt einbringen, arbeiten wir<br />
an einer lokalen Vernetzung, die nicht nur dem Radio, sondern auch<br />
dem kulturellen Leben der S<strong>tadt</strong> gut tut; getreu dem Anspruch, ein<br />
lokales urbanes Radio mit überregionalen Anspruch zu sein.<br />
LOHRO - das ist … Ehre und Amt<br />
Reicht allein die Vision, dass eine S<strong>tadt</strong> wie <strong>Rostock</strong> als einzig urbane<br />
Zentrum in Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Radio verdient,<br />
aus, um all die Leute, die sich bei LOHRO engagieren, an ein<br />
so arbeitsintensives Projekt zu binden? Im Moment arbeiten bei<br />
LOHRO neben fünf „Hauptamtlichen“, die allesamt zeitlich limitiert<br />
und projektfinanziert halbe Stellen besetzen, über 200 Ehrenamtler.<br />
Daneben einige sogenannte „1-Euro-Jobber“ und ein FSJler<br />
(Freiwilliges Soziales Jahr) sowie (unbezahlte) Praktikanten. Über<br />
200 ehrenamtliche Mitstreiter. Damit ist LOHRO eines der größten<br />
ehrenamtlichen Projekte in der Hanses<strong>tadt</strong>.<br />
Die Ausgangssituation: eine überalterte bzw. überalternde Gesellschaft,<br />
eine Region, die stark von der Abwanderung der jungen, gut<br />
ausgebildeten Leute betroffen ist, zu wenig Arbeit. Zu wenig Arbeit?<br />
Nun, schaut man sich ehrenamtliche Arbeit an, gibt es eher zuviel<br />
Arbeit und zu wenig Leute. Nicht mehr nur in additiven Strukturen<br />
findet Ehrenamt statt, auch in der Grundversorgung - und gehört<br />
Kultur nicht dazu - weitet sich dieser Sektor aus. Damit ändert sich<br />
auch die Art und Weise ehrenamtlichen Engagements. Wo fängt es<br />
an (beim unbezahlten Praktikum)? Und wie lassen sich die Motivationen<br />
für unbezahlte Arbeit noch fassen?<br />
Gerade ein soziokulturelles Projekt wie LOHRO kann viele Anschlussmöglichkeiten<br />
bieten. Zum einen natürlich eine Identifikation<br />
mit dem Projekt. Zum anderen ergibt sich ein wichtiger Faktor<br />
aus der Struktur der Radioarbeit selbst. Da warten organisatorische,<br />
administrative, technische und redaktionelle Aufgaben und Herausforderungen.<br />
Die Möglichkeiten, die sich aus einer Vielzahl von Redaktionen<br />
ergeben (von Politik, Kultur, Satire bis Familie sowie<br />
Techno, Weltmusik, Jazz bis Rock), lassen es zu, dass sich der potentielle<br />
Ehrenamtliche in seinem Interessengebiet engagieren kann. Im<br />
Gegensatz zu vielen anderen Möglichkeiten des Engagements liefert<br />
der Radiobereich eine Situation, bei der durch die gestaltete Sendung<br />
ein hörbares Ergebnis entsteht, ein Erfolgserlebnis.<br />
Vielleicht erklärt dies, wie es LOHRO gelingen konnte, soviel ehrenamtliches<br />
Engagement zu mobilisieren. Betrachtet man die Kulturanalyse,<br />
die 2004 in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wurde,<br />
so lässt sich flächendeckend feststellen, dass es gerade bei der Mobilisierung<br />
Schwierigkeiten gibt. Nur sehr wenige Initiativen konnten<br />
ihr Reservoir an Ehrenamtlichen vergrößern. Insbesondere im soziokulturellen<br />
Bereich ist eine Neugründung, die mit dem Anwerben<br />
von Ehrenamtlern einhergeht, selten, wenn nicht gar einzigartig.<br />
Wir haben bei LOHRO die Erfahrung gemacht, dass die Bereitschaft<br />
auf jeden Fall vorhanden ist - all das Potential, die Kompetenzen,<br />
das Know-How und auch die soziale Intelligenz von vielen<br />
Menschen fragt niemand ab. Die Gesellschaft ist nicht in der Lage<br />
die Jugendlichen zu integrieren: fehlende Ausbildungsplätze, fehlende<br />
Arbeit, etc. Und die Situation der Vierzig- und Fünfzigjährigen<br />
sieht nicht viel anders aus. Auch hier liegen Wissen und Fähigkeiten<br />
brach. Die Schwierigkeit besteht darin, die Leute an der richtigen<br />
Stelle zu „erwischen“, ihre Vermögen zu kanalisieren, zu koordinieren<br />
und organisieren. So chaotisch und verrückt unser „Laden“ bei<br />
LOHRO auch ist - wir sind ein Laboratorium, in dem man herausfinden<br />
kann, wie Organisationen funktionieren, wie (wir sind ein basisdemokratischer<br />
Haufen) „Bürgergesellschaft“ funktionieren kann.<br />
Das ist natürlich nicht die alleinige Motivation, wenn eine liebenswert<br />
chaotische Anhäufung von Rundfunkfreunden Radio macht.<br />
Die Motive der LOHRO-Ehrenamtler werden wie überall oszillieren<br />
- sie reichen vom reinen Idealismus bis hin zum strategisch günstigen<br />
Stichpunkt im karriereorientierten Lebenslauf, vom reinem Freizeitvergnügen<br />
bis zu ernsthafter Berufsfrühorientierung („irgendwas<br />
mit Medien“), von Selbstverwirklichung, über reflektierte Einsicht in<br />
eine Notwendigkeit bis hin zu Prestige, Erfolgserlebnis, Ruhm und<br />
Ehre. Und bei allen vielleicht auch ein Stück Lokalpatriotismus. In<br />
meiner S<strong>tadt</strong> etwas zu bewegen, meine S<strong>tadt</strong> lebenswerter zu machen,<br />
am Leben meiner S<strong>tadt</strong> teilzuhaben und in meiner S<strong>tadt</strong> eine<br />
Perspektive zu haben,<br />
… um hier zu bleiben? ¬