tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock
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TITELTHEMA: STANDPUNKT<br />
Gewerkschaften<br />
und ehrenamtliche Arbeit<br />
Conny Töpfer<br />
ist Mitarbeiterin bei der <strong>Rostock</strong>er Vertretung der Gewerkschaft ver.di<br />
Gewerkschaften wurden ursprünglich einmal gegründet als Selbsthilfeorganisation<br />
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, waren<br />
also von Grund auf ehrenamtliche Organisationen.<br />
Irgendwann haben sich dann die ehrenamtlichen Gewerkschafter<br />
Angestellte eingestellt, die sie bei ihrer Arbeit sozusagen hauptberuflich<br />
unterstützten.<br />
Dem Grunde nach ist das auch heute noch so. Die ehrenamtlichen<br />
Gremien bestimmen den politischen und internen Weg der Gewerkschaften.<br />
Viele Kolleginnen und Kollegen engagieren sich in ihrer<br />
Freizeit für gewerkschaftliche Themen, und das in ganz verschiedenen<br />
Gremien. Bei ver.di gibt es Bezirksvorstände, Ortsvorstände,<br />
Fachbereichsvorstände, Erwerbslosenausschüsse, Gremienausschüsse<br />
und und und. Dieses Engagement ist gar nicht hoch genug<br />
zu würdigen. Dennoch stehen die Gewerkschaften im Moment vor<br />
einer Vielzahl von Problemen und Herausforderungen.<br />
Kernstück unserer Arbeit ist die Arbeit im Betrieb. Dabei stellen wir<br />
immer wieder fest. dass die betriebliche Verankerung der Dreh- und<br />
Angelpunkt für eine erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit ist.<br />
Nur wenn die Mitglieder mitgenommen und da abgeholt werden, wo<br />
sie stehen, ist Gewerkschaftsarbeit auch erfolgreich.<br />
Zu lange wurde gerade auch in den neuen Bundesländern Stellvertreterpolitik<br />
gemacht. Das findet besonders auch seinen Niederschlag<br />
in der Tarifpolitik. Heute, wo es in vielen Tarifbereichen um<br />
die Verteidigung der Tarifverträge geht, ist die Motivierung der Gewerkschaftsmitglieder<br />
erforderlich.<br />
Das ist aber kein Prozess, der im Selbstlauf passiert. Betriebliche Gewerkschaftsstrukturen<br />
sind die Voraussetzung dafür, also ehrenamtliches<br />
Engagement. So konnten wir in der Tarifrunde der Druckindustrie<br />
nur deshalb die 35-Stunden-Woche und andere wichtige Tarifbestandteile<br />
sichern, weil betriebliche Gewerkschaftsfunktionäre,<br />
wie z.B. Vertrauensleute bei der Ostseezeitung, eine kontinuierliche<br />
Arbeit mit und für die Kolleginnen und Kollegen gestaltet haben, die<br />
in einem erfolgreichen Streik mündeten.<br />
Tariffragen sind immer wieder auch Machtfragen. Durchsetzen<br />
können wir diese nur, wenn wir gut organisiert sind. Dafür sorgen in<br />
vielen Fällen unsere betrieblichen Funktionäre. Viele ehrenamtliche<br />
Kolleginnen und Kollegen engagieren sich in der Seniorenarbeit, für<br />
Jugendliche, Frauen oder Erwerbslose. Aber wir stellen immer wieder<br />
fest, dass es schwierig ist, neue Kolleginnen und Kollegen für ein<br />
Ehrenamt zu begeistern, so dass wir in vielen Fällen auch Multifunktionäre<br />
haben. Schöner wäre es, wenn die Arbeit auf mehr Köpfe<br />
verteilt würde und damit auch eine größere Ebene hätte.<br />
Und wichtig ist dabei auch immer, dass bei allen Problemen Gewerkschaftsarbeit<br />
auch Spaß machen muss und keiner verbrannt<br />
wird. Ehrenamtliche Arbeit findet in der Freizeit, oft nach einem langen<br />
Arbeitstag statt. Auch deshalb ist das Engagement von Kolleginnen<br />
und Kollegen, die ihre Freizeit für Gewerkschaftsarbeit opfern,<br />
nicht hoch genug einzuschätzen.<br />
Gewerkschaften können ihrer Rolle nur gerecht werden, wenn die<br />
Beteiligung der Betroffenen, egal um welches Politikfeld es sich handelt,<br />
sichergestellt ist und die Interessen von den Mitgliedern selber<br />
artikuliert werden. Wir Hauptamtlichen verstehen uns in diesem<br />
Prozess als Unterstützer. Konsequente Interessenvertretung heißt<br />
also mit den Ehrenamtlichen, mit den Mitgliedern, für die Mitglieder.<br />
Wenn Gewerkschaften wieder eine größere Rolle als außerparlamentarische<br />
Kraft spielen wollen, dann wird das nur mit den Mitgliedern<br />
und in einem Prozess von unten nach oben gelingen.Keine abgehobenen,<br />
basisfernern Standpunkte von Hauptamtlichen sind das Gebot<br />
er Stunde, sondern eine mitgliedernahe, interessenorientierte Arbeit.<br />
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