tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock
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TITELTHEMA: PRAXIS<br />
Ein Oberstleutnant der NVA<br />
im Ehrenamt der Bundesrepublik<br />
Peter Köppen (*1939)<br />
Redaktionsmitglied, Dr. phil. habil., Historiker, ehem.<br />
Universität <strong>Rostock</strong>, danach tätig in verschiedenen<br />
Projekten, Gründungs- und Redaktionsmitglied der<br />
S<strong>tadt</strong><strong>gespräche</strong><br />
Kontakt: peter.koeppen@gmx.de<br />
Darf ich vorstellen: Eckhard Wegner, Jg. 1943, Berufsoffizier der<br />
NVA bis 1988, ab 1991 im Technischen Hilfswerk (THW) <strong>Rostock</strong><br />
tätig und ihr Ortsbeauftragter noch bis zum Oktober 2006, zurzeit<br />
arbeitslos und ab 1.1.06 Rentner.<br />
Wie ist das zu verstehen, Ortsbeauftragter des THW und arbeitslos<br />
bzw. Rentner?<br />
Ganz sicher war und ist E. Wegner nicht ohne Arbeit, aber er hat keine<br />
Festanstellung beim THW. Im Technischen Hilfswerk der<br />
Bundesrepublik arbeiten fast 99 Prozent auf ehrenamtlicher Basis, in<br />
den Ortsverbänden alle. Das THW ist - wohl einmalig - eine ehrenamtlich<br />
getragene staatliche Organisation der Bundesrepublik<br />
Deutschland.<br />
Ganz stimmt das allerdings auch wieder nicht. Können doch Wehrpflichtige<br />
statt Wehr- und Zivildienst auch beim THW oder auch bei<br />
der freiwilligen Feuerwehr ihren Dienst leisten. 9 Monate? Etwas<br />
länger dauert dieser Ersatzdienst schon: 6 Jahre! Das ist für manchen<br />
eine Alternative. Man entgeht Defiziten im Berufsleben oder auch<br />
dem militärischen Dienst mit all seinen Begleiterscheinungen.<br />
Der Großteil der Arbeit im THW ist die ständige Aus- und Weiterbildung.<br />
Sie umfasst rund 120 Stunden im Jahr, verteilt auf 10 Wochenenden.<br />
Die Einsätze im THW sind da das „i-Tüpfelchen“. Sie<br />
erfolgen sporadisch je nach Notwendigkeit und auch nach Vereinbarung.<br />
Etwa ein Drittel der THW-Einsatzkräfte sind „richtige“ Freiwillige,<br />
die natürlich nicht die 6 Jahre ableisten müssen; die anderen<br />
zwei Drittel sind Freigestellte von der Bundeswehr.<br />
Eckhard Wegner ist gelernte Dreher und war erfolgreicher Berufs-<br />
Offizier der NVA. Seine Erfahrungen als militärischer Leiter kamen<br />
ihm nach 1989 zugute, als er seit Ende 1991 in verschiedenen Maßnahmen<br />
des zweiten Arbeitsmarktes als Projektleiter tätig war, bei<br />
der Amtsverwaltung Warnow-West, bei der Projektentwicklungs-<br />
GmbH Tector und bei der BQG Neptun. Ganz zum Schluss hat er<br />
noch innerhalb der Zuverdienstspanne als Arbeitsloser mitgeholfen,<br />
ein Stück der ewigen Arbeit an der Erhaltung der Marienkirche zu<br />
leisten. Gemeinsam mit Frank Sakowski, verantwortlicher Baupfleger<br />
und Bauleiter für die Marienkirche in <strong>Rostock</strong>, übrigens auch ein<br />
ehemaliger Offizier (vgl. dazu den Beitrag von Jens Langer in diesem<br />
Heft).<br />
Wenn ich allein diese beiden Männer sehe, kommen meine vor gut<br />
40 Jahren (mein Schreck!) im Grundwehrdienst erhaltenen Eindrükke<br />
doch arg ins Wanken. Es gibt nicht allzu viele Menschen in <strong>Rostock</strong>,<br />
die sich mit solch einem Engagement für das Wohl der S<strong>tadt</strong><br />
einsetzen, wie diese beiden.<br />
Ich weiß nicht, ob die Tätigkeit im THW für E. Wegner so etwas wie<br />
ein kleiner Ersatz für den erlernten und gerne ausgeübten Offiziersberuf<br />
war. Warum auch nicht? Auf jeden Fall ist es aber mehr.<br />
Denn warum sollte er im November 1995 bei Schneetreiben und<br />
Sturmflut Sandsäcke füllen, 1997 mit 22 Helfern im Einsatz gegen<br />
das Oderhochwasser stehen oder mit 35 Einsatzkräften versuchen,<br />
dem Elbe-Hochwasser Paroli zu bieten? Oder beim Einsturz der<br />
Goldberger Schule und dem umgestürzten Kran auf dem Doberaner<br />
Platz Leichen bergen. Oder mit seinen Mannen das vom Sturm<br />
abgedeckte Dach der Elmenhorster Getränkefabrik wieder schließen<br />
und Maschinen und Produktion damit sichern.<br />
Motive für E. Wegners Arbeit im THW ist nicht staatlicher Druck,<br />
ist nicht Ersatz für eine andere Tätigkeit, erst recht nicht die „riesige“<br />
Summe von 37 Euro und ein paar Cent, die einige Führungskräfte<br />
und Stabsmitglieder als Mehraufwandsentschädigung erhalten.<br />
Die Arbeit im THW macht ganz einfach Freude, weil anderen geholfen<br />
werden kann.<br />
Zum Glück muss sich das THW nur selten bei großen Katastropheneinsätzen<br />
engagieren. Andere Einsatzgebiete erfolgen „bei Gefahrenabwendung<br />
auf Anforderung“ z.B. durch Feuerwehr, BGS<br />
und Polizei. Aber auch die technische Sicherung des jährlich stattfindenden<br />
KTV-S<strong>tadt</strong>teilfestes „Blau machen“, des Fischerfestes am<br />
Schwanenteich, der <strong>Rostock</strong>er Marathonnacht, des Seefliegertreffens<br />
auf der Hanse Sail, von Dorffesten usw. verlangen viel Einsatz und<br />
Engagement. Es ist Öffentlichkeitsarbeit für das THW und unverzichtbare<br />
Hilfe für die Veranstalter. Man muss nur die Geschäftsführerin<br />
der Geschichtswerkstatt <strong>Rostock</strong>, Angrit Weber, hören, wie begeistert<br />
und dankbar sie über die ausgezeichnete Zusammenarbeit<br />
mit E. Wegner beim S<strong>tadt</strong>teilfest KTV spricht. Es ist ein Fest, nahezu<br />
vollständig von Ehrenamtlichen vorbereitet. Und da passt Eckhard<br />
Wegner wunderbar mit hinein.