tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock
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SO BETRACHTET<br />
Das Sommertheater ist vorbei ...<br />
Cornelia Mannewitz (*1955)<br />
Rekordergebnisse sind eingefahren worden: Die Störtebeker-Festspiele<br />
hatten 25.000 Zuschauer mehr als im vorigen Jahr, die West Side<br />
Story in Stralsund 4.000. Dünenritter in Zinnowitz, Darßer<br />
Schmuggler in Wieck, West Side Story in Stralsund, Triumph der Liebe<br />
am Kap Arkona, Stürmische Hochzeit in Barth, Galileo Galilei in<br />
Koserow - eigentlich konnte man überall über Bühnenbretter stolpern.<br />
Nur bei Grevesmühlen gab es richtig Zoff: Die „Tradition“<br />
Veranstaltungs GmbH Stralsund war mit ihrem Piratenspektakel zu<br />
laut. Intendant und Bürgermeister mussten sich den Angriffen aufgebrachter<br />
Anwohner (laut Schätzung im Gästebuch der Piraten<br />
trotzdem nicht mehr als „dreißig Kukidenzen“) stellen. Inzwischen<br />
gibt es in Wismar schon kritische Stimmen: Warum überlässt man so<br />
was Grevesmühlen, Wismar hätte von der Anziehungskraft des<br />
Spektakels auch profitieren können. Nun, mit Beziehung auf Kultur<br />
(oder Kunst) wurde das halbvolle beziehungsweise halbleere Glas<br />
unlängst auch hier diskutiert. Da halten wir es doch mit Woody Alllen:<br />
Ich glaube, dass es randvoll ist - aber es fällt bestimmt gleich<br />
vom Tisch!<br />
Nichts gegen das Event: Das etwas größere Schwarze unterm Regencape<br />
von Lübzer Pils beim Schweriner Rigoletto, der Nervenkitzel,<br />
ob die überflutet zu werden drohende Vorstellung doch angepfiffen<br />
wird, und das Mitfiebern in dem kurzen Moment, den der<br />
Sänger überlegt, ob er sich in die Pfütze kniet oder nicht, sind wertvolle<br />
Teile der Show. Aber die Karten sind teuer; ein Randplatz in<br />
Schwerin - 30 Euro. Nun könnte man sagen: Das ist der Kapitalismus.<br />
Nein, vermutlich sind wir inzwischen wieder im Feudalismus.<br />
Kunst ist etwas für den Adel. Adlig zu sein ist heute nicht mehr so<br />
mehrheitsfähig, also leistet sich hin und wieder auch der kleine Mann<br />
Kunst und fühlt sich einen Abend lang als König. Der Rest macht<br />
eben Volkskunst. Ist „<strong>Rostock</strong> als Films<strong>tadt</strong>“ auch ein Vorschlag in<br />
diese Richtung? Bitte schnell dementieren! Zumindest wäre zu fragen,<br />
worin der Vorteil noch okkasionellerer Engagements für die<br />
avisierten Schauspieler läge. Deren Arbeitssituation wird deutschlandweit<br />
auch so immer prekärer. Theater als Lebensraum scheint<br />
ein Wert zu sein, aus dem Ensemblekünstler einen Großteil ihrer<br />
Kraft ziehen. Es ist nicht ganz klar, warum man damit nicht rechnet.<br />
Auch das Volkstheater hat seine Sommerevents gehabt. Besorgt fragt<br />
die Vorsitzende eines Finanzausschusses der Bürgerschaft zur Sit-<br />
zung am 7.9. bei der Kultursenatorin an, was die beiden Inszenierungen<br />
im S<strong>tadt</strong>hafen denn gebracht hätten. Nicht schlecht: 6086<br />
bzw. 2240 Zuschauer, Auslastung 91,75 bzw. 96,29 Prozent. Nebenbei:<br />
Diese Zahlen sollte sich die FDP merken. Von dort kamen im<br />
Rahmen der Vertragsdebatte um den Generalintendanten die lautesten<br />
Vorwürfe, er mache kein Sommertheater. Darauf eine von vier<br />
Fragen an die Fraktion: Im Vergleich mit welchen anderen Theatern<br />
bundesweit bietet das Volkstheater zu wenig Sommertheater? Antwort:<br />
keine. Tipp: Überregionale Zeitungen lesen - „Die Zeit“ verzeichnete<br />
zum Beispiel für die Woche vom 6. bis 12. August ganze<br />
zwanzig deutsche Bühnen, die überhaupt Vorstellungen anboten,<br />
darunter stand <strong>Rostock</strong> mit fünf Terminen (München und Köln<br />
sechs, Frankfurt/Main vier, Hamburg einer; Berlin 32, verteilt auf<br />
sechs Theater). Überhaupt gab es Anfang September viele Theaterthemen<br />
in der Bürgerschaft: Einsparungen aus der personellen Reduzierung<br />
des Orchesters, wie sich der OB ein Theater für nur 10<br />
Millionen Euro vorstellt, wie sich die Kosten des Theaters aufgliedern;<br />
die übrigen Anfragen (zu Verträgen und Vergütungen im<br />
Volkstheater) waren geheim.<br />
Es war zur Hanse-Sail-Zeit, da schwammen ertrunkene Ratten im<br />
Museumshafen. Zur heißen Sommerzeit mit Wickie wurde so etwas<br />
nicht beobachtet. Der Oberbürgermeister lässt in seiner Antwort<br />
auf die 10-Millionen-Euro-Frage schon mal wissen, im Herbst müsse<br />
man sich einer umfassenden Strukturdiskussion um das Volkstheater<br />
stellen. Na dann! ¬