Ulrike Winkler - Kreuznacher Diakonie
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miunterlage ohne Bettlaken, die beiden Wolldecken<br />
beschmutzt mit Urin usw.“ 66<br />
Der Chefarzt lehnte „die ärztliche Verantwortung<br />
für die Baracke ab, solange die<br />
Baracke nicht mit ausreichend geschultem<br />
Pflegepersonal versehen ist“. 67<br />
Nach Auffassung von Dr. Behrens hatten<br />
die zum damaligen Zeitpunkt eingesetzten<br />
Maria F. und Sofia S. die unhygienischen<br />
und unhaltbaren Zustände in der<br />
Krankenbaracke zu verantworten:<br />
„Nein und nochmals nein: es ist ausschließlich<br />
Schuld des unzulänglichen Pflegepersonals,<br />
wenn ich bei meinem Besuch einen<br />
Kranken so vorfand, wie ich es schilderte:<br />
des Pflegepersonals, das den Kranken liegen<br />
lässt, ihn nicht versorgt, nicht zudeckt, nicht<br />
die Laken zurechtzieht. Und warum? Weil<br />
dies Personal von Pflege, insbes. Seuchenpflege<br />
nichts versteht, es hat einfach Angst<br />
u. geht nicht an die Arbeit.“ 68<br />
Die beiden Russinnen verweigerten am<br />
8. Dezember 1943 aus Angst, sich anzustecken,<br />
sogar die Arbeit an den Typhuskranken.<br />
Dr. Behrens sah sich zu eindringlichen<br />
Maßnahmen veranlasst: „Ich musste<br />
rauf, sie zurechtweisen u. mit Bestrafung<br />
u. Polizei drohen.“ 69 Immerhin übergab der<br />
Chefarzt die beiden jungen Frauen nicht<br />
den Behörden – wie gemeinhin in solchen<br />
Fällen üblich. Erst im Mai 1944 erfolgte<br />
46 Lebenswirklichkeiten<br />
eine Schutzimpfung des Personals in der<br />
Krankenbaracke sowie des Personals des<br />
Arbeitsamtes, das mit dem Transport der<br />
Kranken betraut worden war. 70<br />
Aber auch das Arbeitsamt trug nach Auffassung<br />
Behrens’ die Verantwortung für die<br />
Unzulänglichkeit der Pflegerinnen:<br />
„Dies Personal stellte uns das Arbeitsamt entgegen<br />
den bei Inbetriebnahme der Baracke<br />
mehrfach u. ausdrücklich gegebenen Zusicherungen,<br />
geschulte Pflegekräfte zu stellen.<br />
Damals war sogar von ärztlichen Kräften,<br />
Medizinstudentinnen usw. die Rede!“ 71<br />
Als schwierig stellte sich – wie an oben<br />
geschilderter Pflegesituation deutlich wurde<br />
– das Verhältnis zwischen Pflegepersonal<br />
und PatientInnen dar. Eine vergleichbare<br />
persönliche Situation garantierte nicht<br />
automatisch Empathie, Hilfsbereitschaft<br />
oder gar einen solidarischen Umgang miteinander<br />
bzw. untereinander.<br />
Wenige, gleichwohl erhellende Details<br />
zu den Binnenbeziehungen der Pflegekräfte<br />
in der „Ostarbeiterbaracke“ können<br />
einem Bericht des SD des Reichssicherheitshauptamtes<br />
(RSHA) aus dem<br />
Jahre 1943 entnommen werden. Die Außenstelle<br />
Bad Kreuznach berichtete am 9.<br />
Oktober 1943 der SD-Zentrale in Koblenz<br />
zur politischen Haltung der in Kreuznach<br />
eingesetzten „Ostarbeiter“, dass diese „von