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Ulrike Winkler - Kreuznacher Diakonie

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einem hundertprozentigen Sieg des Bolschewismus<br />

überzeugt“ 72 seien. Die „Ostarbeiterinnen“<br />

nähmen hingegen weniger<br />

Anteil am politischen Geschehen. Es seien<br />

im Übrigen die „krassesten Unterschiede<br />

in der Gesinnung dieser Menschen zu beobachten“.<br />

Dies sei insbesondere im Hinblick<br />

auf eine „in der hiesigen <strong>Diakonie</strong>-<br />

Anstalt beschäftigte, 22 Jahre alte, sehr<br />

intelligente Ostarbeiterin, welche von Beruf<br />

angeblich Lehrerin ist“ zu konstatieren:<br />

„Sie ist gegen alle Einrichtungen in der Sowjetunion<br />

und spricht sich vor allem gegen<br />

die von Stalin vom Zaune gebrochene Enteignung<br />

der russischen Bauern sowie über<br />

die von demselben abgeschafften Religionen<br />

dahingehend aus, dass sie dies nie anerkennen<br />

könne. Als sie vor kurzem erfuhr, dass<br />

Stalin die Religion wieder einführen wolle,<br />

glaubte sie dieses und war sehr erfreut darüber,<br />

wobei sie angab, mit ihren Eltern dafür<br />

schon lange gebetet zu haben. Auch verwirft<br />

diese Ostarbeiterin, wie sie sich<br />

ausdrückt, das unsittliche Treiben und die<br />

Gesinnung ihrer Genossinnen allgemein, indem<br />

sie erklärt, diese müssten alle erschossen<br />

werden. Unter ihren Landsleuten habe<br />

sie sehr viele Feinde, weil sie diesen immer<br />

die Wahrheit sage. Weiter gibt sie an, dass<br />

sie in der Schule nie die bolschewistische<br />

Weltanschauung gelehrt habe. Auf den Einwand,<br />

sie müsste doch als Russin selbst auch<br />

kommunistisch denken und fühlen, bemerk-<br />

te sie, sie habe ihr wahres Inneres noch nie<br />

gezeigt und nie zeigen können. Nach diesem<br />

Kriege kann nach ihrer Ansicht das jetzige<br />

System in Russland nicht mehr bestehen.<br />

Auch regt sich in ihr ein ganz<br />

besonderer Hass gegen alle Juden.“ 73<br />

Trotz aller Widrigkeiten und des (zunächst)<br />

vorhandenen Unwillens der <strong>Diakonie</strong>,<br />

die Krankenbaracke zu übernehmen,<br />

war die Zahl der Menschen, die in ihr starben,<br />

offenbar gering. Die <strong>Diakonie</strong> meldete<br />

für 1944 und 1945 nur vier Sterbefälle:<br />

zwei Frauen, ein Mann und ein Kleinkind,<br />

das an Masern starb. 74 Für 1943 liegen<br />

keine Meldungen vor.<br />

Die medizinische Versorgung befreiter<br />

ZwangsarbeiterInnen<br />

Am 18. März 1945 marschierten alliierte<br />

Verbände in Bad Kreuznach ein und die<br />

vielen tausend FremdarbeiterInnen in<br />

Kreuznach 75 und Umgebung wurden befreit.<br />

Die AusländerInnen standen nun unter<br />

dem Schutz der internationalen Behörden<br />

und jeweiligen Militärregierungen und<br />

mussten den Deutschen vergleichbar behandelt,<br />

versorgt und verpflegt werden.<br />

Das galt auch für die <strong>Diakonie</strong>. Untergebracht<br />

wurden sie nicht mehr in der dürftigen<br />

Krankenbaracke, sondern im<br />

Paulinum – dem ehemaligen Wehrmachts-<br />

Menschen Unter Menschen 47

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