Unternehmensethik und Recht, Einige ... - Horst Steinmann
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Führungsorgane der Gesellschaften, insbesondere natürlich der Aktiengesellschaft, neu<br />
ordnen. Dies im Sinne von Prozessregeln über organisatorische Vorkehrungen zur<br />
Realisierung <strong>und</strong> Überwachung von Compliance- <strong>und</strong> Ethikprogrammen. Das<br />
Gesellschaftsrecht könnte auf diese Weise gegebenenfalls gleichlaufende Bemühungen des<br />
Strafrechts unterstützen. 54 Die nachfolgenden Überlegungen dazu sind eher als kursorische<br />
Hinweise zu verstehen.<br />
(2) Im Zentrum müsste eine entsprechende Pflichtennormierung für den Vorstand wie den<br />
Aufsichtsrat bzw. den „Board of Directors“ stehen. 55 Damit würde die Verantwortung der<br />
Spitzenorgane der Gesellschaft natürlich von Gr<strong>und</strong> auf verändert: weg von der engen<br />
Bindung an die kurzfristigen Bewegungen des Kapitalmarktes (<strong>und</strong> die Shareholder-Doktrin)<br />
hin zu einer langfristigen Perspektive der Gewinnerwirtschaftung, die Freiraum lässt für<br />
unternehmensethisch verantwortliche Mittelwahlen. In diesem Sinne fordert etwa L.E:<br />
Mitchell: „The board needs space to manage the corporation, space away from the market”;<br />
<strong>und</strong>: “So it seems best to address corporate social responsibility from the governance<br />
perspective by freeing boards to govern their corporations in their best judgements.” 56<br />
(3) Dieser wichtige Vorschlag kann natürlich nur ein erster Schritt einer Meta-Regulierung<br />
sein. Es müssen viele institutionelle Reformen hinzukommen, die eine solche Rolle der<br />
Vorstands- <strong>und</strong> Aufsichtsratsmitglieder legitimieren <strong>und</strong> weiter ausformen. Insbesondere ist<br />
hier an die Kontrolle der Führungsspitze zu denken.<br />
Den diskursethischen Intentionen <strong>und</strong> einer wirksamen Rechenschaftslegung käme es<br />
entgegen, wenn jedes einzelne Mitglied des Aufsichtsrats (bzw. des Boards), wie Mitchell<br />
fordert, verpflichtet wäre (oder das <strong>Recht</strong> erhielte), im Jahresbericht der Unternehmung (kurz)<br />
Stellung zu beziehen, „discussing his or her view of the important events of the year and the<br />
important challenges for the future. In this manner each director would be required to stand<br />
<strong>und</strong> ders.: “Corporate Law Project, Overarching Trends and Observations”, July 2010 (Business Human Rights<br />
Resource Centre 1.7. 2010).<br />
54 Erinnert sei an § 8B2.1 des FSG- Manual (1. 11. 2009), S. 505: “The organization’s governing authority shall<br />
be knowledgeable about the content and operation of the compliance and ethics program and shall exercise<br />
reasonable oversight with respect to the implementation and effectiveness of the compliance and ethics<br />
program.”<br />
55 <strong>Steinmann</strong>, H. (FN 14), S. 9 f.; zur aktuellen <strong>Recht</strong>slage im Kontext des deutschen Corporate Governance<br />
Kodex Thielemann, U./Ulrich, P.: Standards guter Unternehmensführung, Zwölf internationale Initiativen <strong>und</strong><br />
ihr normativer Orientierungsgehalt, St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik 43, Bern/Stuttgart/Wien 2009, S. 68<br />
ff.<br />
56 Mitchell, L. E.: „The board as a path toward corporate social responsibility”, in: McBarnett, D./Voiculescu,<br />
A./Campbell, T. (FN 7), S. 302 f.. Hier sind allerdings Unterschiede zwischen den verschiedenen <strong>Recht</strong>skreisen<br />
zu beachten. Für das deutsche Aktienrecht gilt die enge Bindung an das Aktionärsinteresse nicht, vielmehr muss<br />
der Vorstand nach § 76 AktG divergierende Interessen (z.B. der Aktionäre, der Arbeitnehmer <strong>und</strong> der<br />
Öffentlichkeit) gegeneinander abwägen <strong>und</strong> danach zu einer Entscheidung gelangen. Vgl. Hüffner, U.:<br />
Aktiengesetz, 7. Aufl., München 2006, § 76, Rn 12-15, insbes. Rn 12. In diesem Sinne auch Lan,<br />
L.L./Heracleous: Rethinking Agency Theory: The View From Law, in: Acadamy of Management Review 35<br />
(2010), S. 294-314, insbes. S. 307 f.