Unternehmensethik und Recht, Einige ... - Horst Steinmann
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Allerdings stehen hier bei strafrechtlichen Publikationen in der Regel wohl eher<br />
rechtsdogmatische Fragen im Vordergr<strong>und</strong>, insbesondere die Verträglichkeit von Reformen<br />
mit dem f<strong>und</strong>amentalen individualistischen Schuldprinzip, statt Überlegungen, ob <strong>und</strong> wie das<br />
Strafrecht dazu beitragen könnte, das übergeordnete Ordnungsproblem einer friedlichen<br />
Handlungskoordination (hier im Bereich der Wirtschaft) zu lösen, wie Alwart anmahnt. 24<br />
(2) Die FSG versuchen bekanntlich, dieses Ziel über Anreize in Form von Reduzierungen des<br />
Strafmaßes im Einzelfall zu erreichen. Voraussetzung für eine solche Reduzierung ist, dass<br />
die sieben in den FSG spezifizierten Organisationsregeln ausbuchstabiert <strong>und</strong> wirksam<br />
implementiert werden. Diese Regeln beziehen sich (bekanntlich) u. a. auf das Vorhandensein<br />
eines Ethik-Kodex, die Ernennung eines (qualifizierten) Ethik-Beauftragten, die Schulung der<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> das Vorhandensein eines Überwachungs- <strong>und</strong> Kontrollsystems. 25<br />
In den letzten beiden Jahrzehnten sind diese organisatorischen Regeln immer detaillierter<br />
kommentiert worden; die Erläuterungen (im Internet) dazu werden zunehmend differenzierter.<br />
Wichtiger ist hier aber, dass seit 2004 im Zuge der großen Wirtschaftsskandale in §8B2.1 der<br />
FSG nicht mehr nur, wie früher, ein „compliance program“ eingefordert, sondern nun<br />
zusätzlich <strong>und</strong> explizit eine ethische Orientierung der Unternehmensführung angemahnt wird.<br />
Das geschieht einmal durch die Forderung nach einem „effective Compliance and Ethics<br />
Program“ <strong>und</strong> zum anderen durch die Forderung nach einer Organisationskultur, „that<br />
encourages ethical conduct and a commitment to compliance with the law“. 26<br />
(3) Leider wird die begriffliche Differenz von „compliance“ <strong>und</strong> „ethics“ in den<br />
Kommentierungen zu den FSG, soweit wir sehen, nicht hinreichend geklärt. 27 Offenbar soll<br />
24 Vgl. Alwart, H.: Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität mit den Mitteln des Strafrechts, in: Löhr, A.<br />
Burkatzki, E. (Hrsg.): (FN 1) , S. 95-110, mit der Forderung nach einem „echten Unternehmensstrafrecht“ (S.<br />
110). Dazu weiterführend auch die Dissertation von Mittelsdorf, K.: Unternehmensstrafrecht im Kontext,<br />
Heidelberg 2007.<br />
25 Vgl. www.ussc.gov/corp/ORGOVERVIEW.pdf (15. 1. 2010). Das gesamte Handbuch zu den Guidelines ist<br />
unter www.ussc.gov/2009guid/TABCON09.htm (15.1.2010) greifbar. Zur Entstehungsgeschichte der<br />
Guidelines u. a. Nagel, I.H./Swenson, W. M.: The Federal Sentencing Guidelines for corporations: their<br />
development, theoretical <strong>und</strong>erpinnings, and some thoughts about their future, in: Washington University Law<br />
Quarterly 71 (1993), S. 205-259. Dort auch (S. 219 ff.) der wichtige Hinweis, warum der ökonomistisch<br />
motivierte sog. “optimal penalties approach”, der auf dem Erwartungswert aus Entdeckungswahrscheinlichkeit<br />
eines strafrechtlichen Verstoßes multipliziert mit dem angerichtetem Schaden beruhen sollte, als unpraktikabel<br />
von der einschlägigen Senatskommission abgelehnt <strong>und</strong> statt dessen die betriebswirtschaftlich-prozessuale<br />
Lösung organisatorischer Regeln gewählt wurde.<br />
26 Guidelines Manual, November 1, 2009, §8B2.1, S. 503 (Hervorhebungen nicht im Original). Als Reaktion auf<br />
festgestellte Defizite wurden als weitere konkrete Regeln bezüglich der Verantwortung der Führungskräfte<br />
erlassen: (1) Obere Führungskräfte müssen die Effizienz des Compliance-Programs sicherstellen; (2) die<br />
Führungskräfte allgemein müssen das Programm kennen; (3) Verantwortliche für das Programm, wie der „chief<br />
ethics officer“, erhalten direkten Zugang zum Board of Directors <strong>und</strong> sollen mindestens einmal jährlich diesem<br />
Gremium berichten; (4) alle Führungskräfte, einschließlich des Board of Directors, müssen an Ethik-Kursen<br />
teilnehmen.<br />
27 So auch Fort, T.L.: Business, Integrity, and Peace, Beyond Geopolitical Disciplinary Bo<strong>und</strong>aries, Cambridge<br />
2007, S. 149, unter Bezugnahme auf den Report der Advisory Group der Federal Sentencing Commission, die