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Forschen & Entdecken 2/2012

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Foto: Lukas Beck<br />

Gruppenleiter Javier<br />

Martinez (li.) und Stefan<br />

Weitzer (re.) arbeiteten<br />

für die Publikation in<br />

„Nature“ u. a. mit<br />

Gelelektrophorese.<br />

Dieser konnte zeigen, dass Mäuse mit<br />

beschädigtem CLP1-Gen Symptome<br />

entwickelten, wie man sie von ALS-<br />

Erkrankten kennt. Es gelang der Nachweis,<br />

dass motorische Neurone empfindlich<br />

auf eine Mutation in CLP1<br />

reagieren.<br />

Kooperationen. An diesem Punkt übernahm<br />

wieder die Gruppe von Javier<br />

Martinez, um das biochemische Zusammenspiel<br />

der Schädigung zu entschlüsseln.<br />

„Manchmal ist Forschung linear:<br />

Du hast eine Hypothese, du prüfst sie,<br />

sie ist richtig, du publizierst. Wir haben<br />

sehr viel Literatur studiert. Es ging da-<br />

rum zu lesen, zu assoziieren, seine Erfahrung<br />

einzusetzen …“ zählt Martinez<br />

auf und Stefan Weitzer ergänzt „… um<br />

kreative Zugänge, neugierig zu sein und<br />

den Mut, schwierige experimentelle Ansätze<br />

zu versuchen.“ Über Kooperationen<br />

im Haus und weltweit wurde Spezialwissen<br />

über Nervenzellen und deren<br />

Erkrankungen experimentell eingebunden.<br />

Der aktuelle Artikel in „Nature“<br />

hat deshalb 24 AutorInnen. Co-Autor<br />

Penninger freut sich: „Das IMBA ist international<br />

hervorragend vernetzt. So<br />

können wir sicherstellen, dass in allen<br />

Bereichen Profis am Werk sind, die gemeinsam<br />

hervorragende Arbeit leisten.“<br />

Die Fachleute vermuten folgenden<br />

Wirkungspfad: Schadhaftes CLP1 bewirkt<br />

die Anreicherung von tRNA-<br />

Fragmenten in der Zelle, weil die Schere<br />

nicht gut funktioniert. Das Protein p53<br />

wird dadurch bei oxidativem Stress (der<br />

in der Zelle ganz normal vorkommt)<br />

überschießend aktiviert und das führt<br />

letztlich zum Nerven-Zelltod. Eine intakte<br />

Nervenzelle ohne tRNA-Anreicherung<br />

bringt sich hingegen wieder in<br />

Balance. Nun könnte sich das Team auf<br />

die Schulter klopfen und sagen: „Wir<br />

haben einen Therapieansatz gefunden.“<br />

<strong>Forschen</strong> & <strong>Entdecken</strong> Molekularbiologie 23<br />

• WaS iSt WaS?<br />

amyotrophe Lateralsklerose (aLS)<br />

Lou Gehrig’s Disease ist die bekannteste<br />

degenerative Erkrankung des<br />

motorischen Nervensystems. Von<br />

100.000 Menschen erkranken pro Jahr<br />

etwa ein bis drei im mittleren Lebensalter<br />

neu an ALS, mehr Männer als<br />

Frauen. Es kommt zu einer fortschreitenden<br />

Schwächung und Lähmung<br />

der Muskulatur. Berühmte Patienten:<br />

David Niven (Schauspieler), Lou<br />

Gehrig (Baseballspieler), Stephen<br />

Hawking (Astrophysiker).<br />

Knockout-Maus: Die Labormaus ist<br />

ein wichtiger Modellorganismus zur<br />

Erforschung von Mechanismen oder<br />

Krankheiten, die beim Menschen auftreten.<br />

Es ist gelungen, Mäuse für die<br />

Forschung zu züchten, in denen verschiedene<br />

Krankheitsbilder wie Krebs,<br />

Diabetes, ALS, Chorea Huntington etc.<br />

genetisch angelegt sind. So wird am<br />

lebendigen Modell die Funktion von<br />

bestimmten Genen verfolgt.<br />

transfer-RNas (tRNas) transportieren<br />

passende Aminosäuren in die<br />

Ribosomen, wo Proteine hergestellt<br />

werden. Gemeinsam mit der Boten-<br />

RNA (mRNA) werden die Proteine<br />

nach dem in den Genen vorgegebenen<br />

Muster „gestrickt“. Für jede der Aminosäuren<br />

gibt es mindestens eine,<br />

häufig mehrere verschiedene tRNAs.<br />

Aber auch p53 ist ein „Haus be sor ger“-<br />

Protein der Zelle und verhindert die<br />

Entstehung von Tumoren. Wenn p53<br />

also manipuliert würde, um Motoneuronen<br />

zu helfen, entsteht früher<br />

oder später Krebs. Javier Martinez und<br />

Stefan Weitzer wollen künftig der<br />

Anreicherung der tRNA-Fragmente bei<br />

ALS auf den Grund gehen. Sie sehen<br />

Grundlagenforschung jedenfalls eher<br />

als Langstreckenbewerb denn als<br />

Sprintdisziplin. l<br />

Astrid Kuffner,<br />

freie Journalistin in Wien

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