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Margarete Susman Frauen der Romantik Mit zahlreichen ...

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erstaunliche Schärfe und Präzision, mit <strong>der</strong> er arbeitet und ihren<br />

intensiven und feinen Wahrheitssinn allen Lebensbeziehungen<br />

aufgeprägt. Niemals von allem Anfang an – das bewirkt das lebendige<br />

Interesse, das sich an jede, auch an sich unbedeutende <strong>Mit</strong>teilung<br />

Carolinens heftet – treffen wir in ihren Briefen auf ein angelerntes o<strong>der</strong><br />

auch nur vag erfaßtes Wort; niemals spricht sie aus, was nicht zuvor<br />

ganz ihr Eigentum geworden ist. Und so zeichnet sich zugleich von<br />

früher Jugend an deutlich die Linie ihres ganz persönlichen Lebens:<br />

jene mit voller Bewußtheit erstrebte Entwicklung ihres gesamten<br />

Schicksals aus ihrem eigenen Inneren – durch eine Kraft, die weit<br />

mehr ist als Wille.<br />

In einem Brief <strong>der</strong> eben Fünfzehnjährigen an ihre Freundin heißt<br />

es noch halb kindlich und doch schon so voller wahrhafter<br />

Selbsterkenntnis: „Ich habe wahres, festes Vertrauen auf Gott, ich<br />

bitte ihn so sehnlich, mich glücklich zu machen, aber ich habe so<br />

verschiedene Wünsche, wodurch ich das zu werden suche, daß, wenn<br />

er sie alle nach meiner Phantasie erfüllen wollte, ich notwendig<br />

unglücklich werden müßte. Du, mein Gott, <strong>der</strong> Du mein Herz kennst,<br />

<strong>der</strong> Du mich schufst, erfülle keinen Wunsch, <strong>der</strong> Dir mißfällig, ich<br />

verlasse mich auf Dich.“ Nicht Glück also ist – trotz allers<br />

jugendlichen Glückssehnsucht – ihr eigentliches Gebet – son<strong>der</strong>n eine<br />

die Vielheit ihrer Wesensanlagen klärende göttliche Lenkung ihres<br />

Geschicks.<br />

Solche Bitten, die <strong>der</strong> Mensch ebensosehr an sich wie an Gott<br />

richtet, pflegen erhört zu werden. Und dies feste Vertrauen auf eine<br />

göttliche Entwirrung ihres so reich und vielfältig angelegten Daseins<br />

ist Caroline, da es ihr immer neu bestätigt wurde, ihr Leben lang<br />

geblieben. Nur daß sie es später nicht mehr als Gottvertrauen erlebte<br />

– son<strong>der</strong>n als Vertrauen auf den Gott o<strong>der</strong> Dämon in ihrer eigenen<br />

Brust. Und gerade dadurch, daß diese geheimnisvolle Macht, <strong>der</strong> sie<br />

sich vertraute, sie niemals im Stich ließ, scheint sie in ihrem Leben<br />

immer mehr die Züge eines Dämons anzunehmen; denn es ist, als ob

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