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Margarete Susman Frauen der Romantik Mit zahlreichen ...

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wirklich ein göttlicher war, als er das unmittelbare Erfassen eines<br />

Ganzen aus dem Ganzen war, war das Ideal romantischer<br />

Wahrheitserfassung fast wun<strong>der</strong>haft verwirklicht. Caroline schien<br />

immer gleichsam im <strong>Mit</strong>telpunkt je<strong>der</strong> Erscheinung zu wohnen, dem<br />

die Männer in mühevoller Gedankenarbeit von außen her sich zu<br />

nähern suchten. Das nie Schwankende, jenseits von Richtig o<strong>der</strong><br />

Unrichtig Wahre in allen Urteilen Carolinens hat sie für die Männer<br />

ihres Kreises zu einer fremden Erschließung und Offenbarung, zu<br />

einer Sibylle o<strong>der</strong> Diotima werden lassen: zu einer Offenbarung aus<br />

jener Welt eines dunkleren Gesetzes, dessen Unmittelbarkeit mit<br />

göttlicher Ironie die nachträglichen männlichen Ordnungen und<br />

Begriffe auflöst.<br />

Friedrich liebte Caroline, wie er nie vorher und wie er auch nie<br />

wie<strong>der</strong> eine Frau geliebt hat. Sie wurde, wie er es in <strong>der</strong> Lucinde<br />

ausgesprochen hat, seinem Geist ein fester Boden und <strong>Mit</strong>telpunkt<br />

einer neuen Welt. Seine Liebe zu ihr war von jener letzten Zartheit und<br />

Zurückhaltung, wie sie nur <strong>der</strong> großen Liebe eignet. Die Art, wie <strong>der</strong><br />

so oft als zügellos und lieblos Gekennzeichnete seine Leidenschaft um<br />

des Bru<strong>der</strong>s, um Carolinens willen zurückdämmte – zurückdämmte in<br />

dem Augenblick, als er fühlte, daß sie erwi<strong>der</strong>t werden könnte – wie er<br />

ohne Schwanken die stark aufbrennende Flamme in eine wahrhaft<br />

brü<strong>der</strong>liche Liebe umschmolz, zeugt nicht nur von seiner Treue gegen<br />

den Bru<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch von einer Liebe zu Caroline, die tiefer und<br />

ernster gewesen sein mag als die seines Bru<strong>der</strong>s zu ihr.<br />

Wie ganz <strong>der</strong> junge Friedrich Carolinens seltsame und schwere<br />

Lage erfaßte, zeigtje<strong>der</strong> seiner Briefe an den älteren Bru<strong>der</strong>, dieser<br />

ergreifenden Briefe voller Ermahnungen und Warnungen. Und tief<br />

empfand Friedrich für und mit Caroline alles Leiden, das sie nach <strong>der</strong><br />

Geburt ihres Kindes bei ihrem Wie<strong>der</strong>eintritt in die Welt empfing. Ihr<br />

erster Schritt aus <strong>der</strong> Verborgenheit zu den alten treuen Gothaer<br />

Freunden, zu Gotters, die sie in ihr Haus eingeladen hatten, zeigte ihr<br />

erst die ganze Schwere ihrer Situation. Sie mußte die schonungslose

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