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Bedeutung und Defizite der Ethik Spinozas aus Marxistischer Sicht ...

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gr<strong>und</strong>risse 41 | 2012<br />

Märzrevolution 1920<br />

Stefan Junker<br />

34<br />

Wenn von <strong>der</strong> gescheiterten Revolution in<br />

Deutschland die Rede ist, die vergessen wurde, so<br />

ist im Beson<strong>der</strong>en vom März 1920 zu reden, als<br />

mehrere T<strong>aus</strong>end Arbeiter sich bewaffneten <strong>und</strong> reaktionären<br />

Truppen <strong>der</strong> Reichswehr trotzten. Die<br />

meisten Darstellungen, die sich <strong>der</strong> deutschen Revolution<br />

widmen, lassen diese im Sommer 1919<br />

enden. Dabei bilden die Ereignisse im März des darauffolgenden<br />

Jahres den Höhepunkt <strong>der</strong> revolutionären<br />

Bewegung in Deutschland. Bis heute. Im<br />

Gefolge eines Putsches <strong>und</strong> des von Reichsregierung<br />

proklamierten <strong>und</strong> wenig später von ihr verleugneten<br />

Generalstreiks kam es in vielen Gegenden zu<br />

bewaffneten Kämpfen gegen putschende Militärs,<br />

die sich im Ruhrgebiet zu einer revolutionären Erhebung<br />

entwickelten. Im Ruhrgebiet gelang den<br />

Arbeitern etwas, das ihnen 1919 nicht vergönnt<br />

war: sie besiegten reguläre Truppen <strong>der</strong> Reichswehr<br />

im offenen Kampf. 1 Innerhalb weniger Tage eroberten<br />

bewaffnete Arbeiter das gesamte Ruhrgebiet.<br />

Neugebildete Vollzugsräte beanspruchten alle öffentliche<br />

Gewalt <strong>und</strong> begannen sich zu vernetzen.<br />

Am 25. März gab sich die Bewegung in Essen eine<br />

organisatorische Spitze. Kennzeichnend für diese<br />

Bewegung ist, daß sich an den Kämpfen <strong>und</strong> in Räteorganisationen<br />

Arbeiter, weniger Arbeiterinnen 2<br />

aller politischer Richtungen beteiligten: Mehrheitssozialdemokraten,<br />

Unabhängige, Kommunisten,<br />

Linkskommunisten, Syndikalisten <strong>und</strong> Anhänger<br />

<strong>der</strong> Unionen. Zeitzeugen, auch solche <strong>der</strong> Gegenseite,<br />

sprechen von 30.000 - 50.000 bewaffneten<br />

Arbeitern. Die Führer <strong>der</strong> Reichswehr wußten sich<br />

diese Bewegung nicht an<strong>der</strong>s zu erklären, als ein<br />

von langer Hand vorbereiteter linker Putsch. Dabei<br />

stehen wir hier vor einem <strong>der</strong> vielen Beispiele <strong>der</strong><br />

Dynamik proletarischer Selbstorganisationen, vor<br />

dem, was Marx meinte, als er schrieb: „die Arbeiterklasse<br />

ist revolutionär o<strong>der</strong> sie ist nichts“. 3<br />

Wie ist es zu diesem Aufstand gekommen <strong>und</strong> was<br />

waren die Gründe seines Scheiterns? 4 Der Anfang<br />

läßt sich hier mit <strong>der</strong> Revolution im November<br />

1918 setzen, als <strong>der</strong> deutsche Kaiser vertrieben<br />

wurde <strong>und</strong> sich, wie auch an<strong>der</strong>norts, in den Städten<br />

des Ruhrgebiets Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräte bildeten.<br />

Doch wenige Wochen später, in einer<br />

politisch freieren Atmosphäre, begannen die Arbeitenden<br />

auf einer Verbesserung ihrer miserablen Lebensbedingungen<br />

zu bestehen. Die Bergarbeiter im<br />

Ruhrgebiet machten den Anfang. In den Streiks<br />

noch Ende dieses Jahres konnten sie bescheidene<br />

Erfolge erzielen. Dies bedeutete für sie zweierlei.<br />

Zuerst machten sie die Erfahrung, daß sie nach vier<br />

Jahren Kriegsdiktatur ihre Interessen gegen die Unternehmer<br />

durchsetzen konnten, wenn sie sich solidarisch<br />

verhielten. Dabei aber mußten sie<br />

an<strong>der</strong>erseits die leidvolle Erfahrung machen, daß<br />

dieser Kampf auch gegen den Willen <strong>der</strong> Gewerkschaftsführung<br />

zu führen war. Diese hatte sich<br />

nämlich mit den Unternehmensorganisationen ins<br />

Einvernehmen gesetzt, um die Anerkennung als<br />

Verhandlungspartner zu erringen 5 , wobei sie im Gegenzug<br />

die eine <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>e Errungenschaft <strong>der</strong><br />

Streikenden wie<strong>der</strong> konterkarierte. Immerhin hatte<br />

<strong>der</strong> preußische Staat die Gewerkschaftsführung für<br />

ihr Wohlverhalten im Krieg belohnt, so konsultierte<br />

er sie in sozialpolitischen Fragen <strong>und</strong> <strong>der</strong> ein o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Gewerkschaftsführer brachte es auf eine<br />

nicht uninteressante Stelle in <strong>der</strong> unteren Verwaltung.<br />

Als neue Streiks erfor<strong>der</strong>lich wurden, wie im<br />

Februar <strong>und</strong> April 1919, als die beginnende Inflation<br />

begann die Lohnerhöhungen unwirksam zu<br />

machen, setze die sozialdemokratisch dominierte<br />

Regierung kaiserliche Offiziere <strong>und</strong> Freiwilligenverbände<br />

gegen Streikende ein. Hier zeigte sich, daß es<br />

diesen Freikorps ein Leichtes war, die zersplitterten<br />

Streiks <strong>und</strong> Erhebungen nacheinan<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>zuwerfen.<br />

Dies führte natürlich zu einer weiteren Entfremdung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft gegenüber <strong>der</strong><br />

sozialdemokratischen geführten Reichsregierung.<br />

Als im Januar 1920 die Reichsregierung das Betriebsrätegesetz<br />

verkündete, das übrigens als Vorbild<br />

für das heute in Deutschland geltende Betriebverfassungsgesetz<br />

gilt, demonstrierten in Berlin mehrere<br />

T<strong>aus</strong>end Menschen dagegen. Die Regierung<br />

ließ mit Maschinengewehren in die Menge schießen<br />

<strong>und</strong> verhängte überdies den Belagerungszustand<br />

über das ganze Reich. Mit dieser Verordnung<br />

übergab die republikanische Regierung die faktische<br />

Macht dem Militär. Alle Gr<strong>und</strong>rechte waren bis auf<br />

weiteres außer Kraft gesetzt. Die vollziehende Gewalt<br />

ging auf den Reichswehrminister über, <strong>der</strong> sie<br />

auf einen Militärbefehlshaber übertragen konnte.<br />

Wer die Anordnungen des Reichswehrministers<br />

o<strong>der</strong> des Militärbefehlshabers übertrat, war mit Ge-

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