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AUSGABE 6 - Herzzentrum

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KARDIALE STAMMZELLTHERAPIE IM LABOR DER HERZ- UND THORAXCHIRURGIE<br />

Kardiale Stammzelltherapie im Labor<br />

der Herz- und Thoraxchirurgie –<br />

Warum ist die pluripotente Stammzelle<br />

besonders?<br />

– Dr. rer. nat. Klaus Neef,<br />

PD Dr. med. Yeong-Hoon Choi,<br />

Univ.-Prof. Dr. Thorsten Wahlers<br />

Labor für kardiale Regeneration – Klinik und<br />

Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie,<br />

<strong>Herzzentrum</strong> der Uniklinik Köln –<br />

In nahezu allen Bereichen der Medizin lässt sich<br />

der Einfluss der „Lebenswissenschaften“ als<br />

Impulsgeber, Bereiter neuer Perspektiven und<br />

als Ergänzung oder Ersatz herkömmlicher Verfahren<br />

erkennen. Die Möglichkeit krankheitsrelevante<br />

Prozesse in Organen, Geweben und<br />

Zellen auf molekularer Ebene zu beschreiben<br />

und möglicherweise zu beeinflussen hat große<br />

Hoffnungen geweckt und zu intensiver internationaler<br />

Forschung sowohl im Bereich der<br />

Diagnostik, als auch der Therapie geführt.<br />

Das Forschungslabor der Herz- und Thoraxchirurgie<br />

unter der Leitung von Univ.-Prof.<br />

Dr. Thorsten Wahlers und wissenschaftlich<br />

betreut von PD Dr. Yeong-Hoon Choi und<br />

Dr. rer. nat. Klaus Neef beschäftigt sich in<br />

diesem Zusammenhang mit hoch aktuellen<br />

Projekten der kardialen Stammzelltherapie,<br />

unterstützt durch öffentliche Förderung<br />

(BMBF), Stiftungen (Else-Kröner-Fresenius Stiftung),<br />

sowie die Freunde und Förderer des<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s und vernetzt durch Kooperationen<br />

auf lokaler und internationaler Ebene, sowohl<br />

akademisch als auch mit Industriepartnern.<br />

Konkret spielen Vorhaben im Rahmen von<br />

neuen, zellbasierten regenerativen Therapien<br />

für häufig nur symptomatisch oder als ultima<br />

ratio durch Transplantation zu behandelnde<br />

Herzerkrankungen eine zentrale Rolle. Ausgangspunkt<br />

dazu sind Erkenntnisse aus der<br />

Grundlagenforschung zu adulten und pluripotenten<br />

Stammzellen. Beide Zelltypen sind,<br />

wie alle Stammzellen, zunächst durch ihre<br />

Eigenschaft zur identischen Vervielfältigung<br />

sowie zur Bildung von ausdifferenzierten<br />

Tochterzellen gekennzeichnet. Hierbei unterscheiden<br />

sich die adulten von den pluripotenten<br />

Stammzellen durch eine Beschränkung auf<br />

einen bestimmten oder ein bestimmtes<br />

Gewebe begrenzten Zelltyp, während aus<br />

pluripotenten Stammzellen alle im erwachsenen<br />

Organismus vorkommenden Zelltypen gebildet<br />

werden können. Das Potential zur Vervielfältigung<br />

ist bei pluripotenten Stammzellen unter<br />

geeigneten Bedingungen potentiell unbegrenzt.<br />

Adulte Stammzellen stellen nach einer definierten<br />

Zeit ihr Wachstum ein, sie unterliegen also<br />

einem Alterungsprozess und sind dadurch eine<br />

der zellulären Grundlagen für das Altern des<br />

gesamten Organismus: ihr spezifisches Zielgewebe<br />

kann nicht mehr regeneriert werden.<br />

Betrachtet man die grundlegende Ursache<br />

vieler schwerwiegender, ischämischer sowie<br />

nicht-ischämischer Herzerkrankungen und der<br />

daraus resultierenden Herzinsuffizienzen, stellt<br />

man fest, dass eine eingeschränkte Herzfunktion<br />

größtenteils auf ein Absterben von Herzmuskelgewebe<br />

zurückzuführen ist. Die dabei<br />

verlorene zelluläre Grundeinheit der Herzfunktion<br />

sind Kardiomyozyten, mit der für mögliche<br />

Heilungsprozesse ungünstigen Eigenschaft,<br />

nicht mehr teilungsfähig zu sein, sich also nicht<br />

mehr als Reaktion auf eine Verletzung selbstständig<br />

vermehren zu können. Außerdem<br />

liegen im erwachsenen Herzen auch keine<br />

adulten Stammzellen vor, die spezifische Regenerationsprozesse<br />

auslösen könnten.<br />

Für den Fall eines für Herzinsuffizienz relevanten<br />

Infarkts bedeutet das den Verlust von etwa<br />

25% des linksventrikulären Herzmuskels, was in<br />

etwa 1 Milliarde Kardiomyozyten entspricht.<br />

Zwar ist die lange Zeit als gesichert geltende<br />

Sichtweise auf das erwachsene Herz als sogenanntes<br />

post-mitotisches Organ in den vergangenen<br />

Jahren durch die Entdeckung von<br />

kardialen Stammzellen ins Wanken geraten,<br />

jedoch scheint weiterhin gesichert, dass ein<br />

massiver Verlust von funktionellen Herzmuskelzellen<br />

durch die Aktivität dieser Stammzellen<br />

nicht kompensiert werden kann. Nach aktuellen<br />

Erkenntnissen erscheint eine jährliche Erneuerung<br />

von 0,5 - 1% der Kardiomyozyten als<br />

realistisch und es ist bislang noch fraglich, ob<br />

diese endogene Kapazität zur Erneuerung bei<br />

Bedarf gesteigert werden kann, zum Beispiel<br />

durch pharmakologische Stimulation. Als Alternative<br />

stellt sich also die Möglichkeit dar, Zellen<br />

mit der Eigenschaft zur Regeneration oder den<br />

zugrunde gegangenen Zelltyp ohne eigene<br />

Regenerationsfähigkeit, im Fall des Herzens<br />

also insbesondere Kardiomyozyten, außerhalb<br />

des Körpers bereitzustellen und dann in geeigneter<br />

Weise zu applizieren.<br />

Ein Zelltyp, der seit geraumer Zeit (Orlic et al.,<br />

2001) als Kandidat mit regenerativen Eigenschaften<br />

gilt, sind adulte Stammzellen aus dem<br />

Knochenmark, deren hämatopoetischen und<br />

angiogenen Eigenschaften bekannt sind und<br />

im Rahmen von Knochenmarktransplantation<br />

bei Leukämiepatienten längst erfolgreich und<br />

sicher therapeutisch eingesetzt werden. In<br />

präklinischen Untersuchungen und ersten<br />

klinischen Studien im Rahmen eines Einsatzes<br />

bei Kadiomyopathien zeigten sich zwar kurzfristige<br />

therapeutische Effekte, es konnte<br />

jedoch bislang keine substantielle Beteiligung<br />

der transplantierten Zellen an neugebildetem<br />

Myokardium nachgewiesen werden. Es scheint<br />

aber mittlerweile als gesichert, dass von den<br />

transplantierten Zellen ausgeschüttete Faktoren<br />

räumlich begrenzte, also parakrine, Effekte<br />

vermitteln, die in der akuten Phase der Schädigung<br />

therapeutisch wirksam sind. So wird vor<br />

allem einem bestimmten Subtyp von adulten<br />

Knochenmark-Stammzellen, den mesenchymalen<br />

Stammzellen (Abb. 1), angiogene, anti-inflammatorische<br />

und anti-apoptotische Eigenschaften<br />

zugeschrieben. Verständlicherweise rückte<br />

dieser Zelltyp damit ins Zentrum des wissenschaftlichen<br />

Interesses, was sich in einer<br />

Vielzahl von aktuell laufenden internationalen<br />

klinischen Studien wiederspiegelt. Aktuell sind<br />

zurzeit 164 klinische Studien mit mesenchymalen<br />

Stammzellen registriert (www.clinicaltrials.gov),<br />

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