AUSGABE 6 - Herzzentrum
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INTENSIVIERTE STATINTHERAPIE VOR KORONARER BYPASSOPERATION<br />
Intensivierte Statintherapie vor<br />
koronarer Bypassoperation<br />
– Dr. med. Elmar W. Kuhn,<br />
Dr. med. Oliver J. Liakoupoulos,<br />
Univ.-Prof. Dr. Thorsten Wahlers<br />
Klinik und Poliklinik für Herz- und<br />
Thoraxchirurgie,<br />
<strong>Herzzentrum</strong> der Uniklinik Köln –<br />
Allgemeiner Überblick<br />
Die Langzeit-Therapie von Patienten mit einer<br />
koronaren Herzkrankheit beinhaltet neben<br />
der Gabe von Aspirin und Beta-Blockern eine<br />
adequate Einstellung der LDL-Konzentration<br />
im Blut. Diesbezüglich haben sich HMG-CoA-<br />
Reduktase-Inhibitoren (Statine) bewährt und<br />
gehören gemäß aktueller Leitlinien der kardiologischen<br />
Fachgesellschaften zur Standarttherapie<br />
bei Patienten mit Risikofaktoren für<br />
eine athersosklerotische Herzerkrankung.<br />
Basierend auf den Daten der Post-CABG Studie<br />
ist die postoperative Statintherapie auch bei<br />
Patienten mit koronaren Bypassoeration ein<br />
wesentlicher Bestandteil der Sekundärprävention,<br />
welche zu einer signifikanten Reduktion<br />
der kardiovaskulären Komplikationen und der<br />
Bypassverschlussrate führt [1]. Ziel der Gabe<br />
eines Statinpräparates (z.B. Simvastatin 40 mg)<br />
ist es, die LDL-Konzentration im Blut auf unter<br />
100 mg/dl zu senken [2]. Darüber hinaus zeigte<br />
sich für Patienten mit Statin-Behandlung nach<br />
einer Bypass-Operation eine deutlich niedrigere<br />
Mortalitäts- und Komplikationsrate, wenn<br />
eine Statin-Therapie im ersten postoperativen<br />
Monat begonnen wurde [3]. Im Gegensatz zum<br />
zentralen Stellenwert einer postoperativen<br />
Statintherapie konnte der Nutzen einer Therapie<br />
mit Statinen vor einer Herzoperation in<br />
einer aktuellen Meta-Analyse mit über 30.000<br />
Patienten demonstriert werden. Patienten mit<br />
präoperativer Statineinnahme hatten ein reduziertes<br />
frühpostoperatives Mortalitäsrisiko als<br />
auch eine geringere Rate von postoperativem<br />
Vorhofflimmern und Schlaganfällen [4].<br />
Statinwirkung<br />
Insgesamt werden die positiven Effekte einer<br />
chronischen Therapie mit Statinen zum Einen<br />
der Wirkung auf den LDL-Stoffwechsel zugeschrieben.<br />
Durch die Hemmung des Schlüssel-<br />
Enzyms der Cholesterin-Synthese, der HMG-<br />
CoA-Reduktase, kommt es zu einer vermehrten<br />
Aufnahme von LDL-Partikeln in die Leber,<br />
wodurch die Konzentration von LDL-Cholesterin<br />
im Blut deutlich gesenkt werden kann. Da<br />
eine erhöhte LDL-Konzentration im Blut als<br />
einer der Hauptfaktoren für die Entstehung<br />
von kardiovaskulären Erkrankungen gilt, resultiert<br />
eine wirkungsvolle Senkung des LDLs in<br />
einer Reduktion des Risikos für die Entwicklung<br />
und das Fortschreiten atherosklerotischer<br />
Prozesse.<br />
Auf der anderen Seite mehrt sich die Evidenz<br />
auf Statin-Wirkungen, die sich unabhängig von<br />
den Effekten auf den Cholesterin-Stoffwechsel<br />
vorteilhaft für Patienten mit kardiovaskulären<br />
Grunderkrankungen, insbesondere auch für<br />
herzchiurgische Patienten, auswirken können.<br />
So wurde mit der Einnahme von Statinen eine<br />
Hemmung von inflammatorischen Prozessen,<br />
eine Verbesserung der Gefäßfunktion und der<br />
Blutgerinnung in Zusammenhang gebracht [5].<br />
Da die genannten Effekte ohne Beeinflussung<br />
des Lipid-Stoffwechsels vermittelt werden, gelten<br />
diese Mechanismen als „lipid-unabhängig“<br />
oder auch als sogenannte „pleiotrope“ Statineffekte.<br />
Die klinische Relevanz dieser Effekte<br />
wurde in Studien bereits untersucht. So konnte<br />
beispielsweise demonstriert werden, dass eine<br />
Statin-Einnahme bei Patienten, die Herzoperationen<br />
unterzogen wurden, die Rate an postoperativem<br />
Vorhofflimmern unabhängig vom<br />
präoperativen Lipidprofil signifikant zu reduzieren<br />
vermag [6]. Der Statin-Behandlung und<br />
den damit verbundenen Vorteilen für den einzelnen<br />
Patienten steht im Allgemeinen eine<br />
äußerst geringe Wahrscheinlichkeit für die<br />
Entwicklung von Nebenwirkungen gegenüber,<br />
so dass sich das Verhältnis von Nutzen und<br />
Risiko für die Medikamentenklasse der Statine<br />
als sehr günstig erweist, denn nicht umsonst<br />
gelten Statine zu den sichersten Präparate<br />
überhaupt, die je entwickelt wurden [7].<br />
Neue Studien<br />
In den Bemühungen, die Behandlung von<br />
Patienten mit HMG-CoA-Reduktase-Hemmern<br />
weiter zu verbessern, haben tierexperimentelle<br />
Untersuchungen neue Möglichkeiten aufgezeigt.<br />
Anhand von Ischämie-Reperfusions-Versuchen<br />
an Ratten wurde dargestellt, dass es<br />
während einer langfristigen Statin-Therapie<br />
(14 Tage) zu einer deutlichen Abschwächung<br />
der kardioprotektiven, pleiotropen Statineffekte<br />
kommt, diese jedoch durch eine intensivierte,<br />
kurzzeitige und hochdosierte Gabe<br />
von Statinen vor einem Ischämieereignis wieder<br />
reaktivierbar sind. Denn obwohl sich die<br />
Größe des experimentell induzierten Herzinfarkts<br />
bei Tieren mit chronischer Statintherapie<br />
im Vergleich zur Kontrollgruppe unverändert<br />
blieb, konnte eine Verringerung der Infarktgrösse<br />
durch akute Aufladungs-Dosis mit<br />
Statinen kurz vor dem Ischämieereignis erreicht<br />
werden [8]. Die durch die chronische Statintherapie<br />
verloren gegangenen positiven,<br />
pleitropen Effekte können also durch eine<br />
kruzfristige und intensivierte Statingabe<br />
erneut reaktivert werden, so dass man diesen<br />
Ansatz auch im englischen Sprachgebrauch als<br />
sogenannte „statin recapture“ Therapie<br />
bezeichnet.<br />
Die Relevanz der intensivierten Statintherapie<br />
in der klinischen Praxis wurde bereits an Patienten<br />
mit koronarer Herzerkrankung und akutem<br />
Koronarsyndrom mit Erfolg überprüft. Im<br />
Rahmen der ARMYDA-Recapture Studie<br />
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