Nr. 2/2012 - ANAV

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AMI_2_12.qxd:AMI 7/26/12 12:17 AM Seite 28 La vie de l’<strong>ANAV</strong> Referent Daniel Cortellini: «Der Gaumen sollte quasi als «Mess- latte» dienen.» etablierten, worthülsenreichen Weinprosa... Beim «Schwarzglaswein» handelte es sich übrigens um einen Chasselas aus Yvorne, wohltuend anders als übliche Chasselas: Er war mit einer passenden, markanten Säure ausgestattet. Deshalb auch (oder besonders) gut als Essensbegleiter geeignet. Aus meiner persönlichen Sicht eine (mögliche und wünschbare) Entwicklungstendenz für diese Sorte, deren Weine sich oft als profilarm und schlicht langweilig präsentieren. Speziell zu «Meergetier» hätte ich mir schon öfter einen Chasselas «mit richtigem Biss» gewünscht! Für Restaurants der Spitzenklasse produzieren einige wenige Erzeuger solche Spezialitäten in kleinsten Mengen. Daher sind sie leider auf dem Markt kaum erhältlich. «Weisser Querschnitt» der Schweiz Drei weisse Assemblages in der ersten Serie: ein Walliser, ein Schaffhauser, und ein Tessiner! Der Hinweis «Assemblage Cortis/Stefan Gysel» auf dem Schaffhauser weist darauf hin, dass Daniel Cortellini bei dieser «Weinvermählung» persönlich beteiligt war. Fazit: die Zeiten der reinen Chasselas, Riesling - Sylvaner und Weissen Merlot sind natürlich nicht vorbei. Assemblagen sind aber eine echte, spannende Bereicherung. Da ist Vieles zu entdecken und zu geniessen! Und sicher Weiteres zu erwarten. Rote Assemblages... Drei Rotweine in der nächsten Gruppe: zwei aus dem Wallis und einer aus dem Chablais. Also ein welsches Heimspiel (Muraz-sur- Sierre, Chamoson, Bex). Dass bei diesen Weinen Sorten aus dem Wallis wie Cornalin, Humagne rouge und Syrah oder Merlot eine wichtige Rolle spielen, ist naheliegend. – Für je zwei Weine dieser und der nächsten Serie wurde jedoch auch Cabernet Sauvignon verwendet. Wohl eine Konzession an den herrschenden Modetrend. Die «Neue Welt» lässt grüssen! Cabernet Sauvignon wird von Lästerzungen auch als «internationale Rotweinhure, die alles mit sich machen lässt», bezeichnet. Ein hartes Urteil, das leider oft zutrifft. Degustativ wirkt sie schon bei kleinen Mengen rasch dominant. ...ohne Pinot Noir Demgegenüber war bei keinem einzigen Wein der gesamten Degustation die Sorte Pinot Noir beteiligt. Obwohl diese Rebe nicht nur im Welschland, sondern in der Schweiz die wichtigste Rotweintraube überhaupt ist! Das hat gute Gründe: Pinot Noir gilt bezüglich Lage und Anbau, aber auch bei der Weinbereitung, als überaus «zickige Dame». Wer Klasse-Pinot Noir zu erzeugen im Stande ist, gilt deshalb mit Recht als Könner seines Fachs. Allerdings verliert Pinot Noir schon durch geringe Beimischungen anderer Sorten seine Sortentypizität und seinen «Schmelz». Assemblages mit Pinot Noir gehören deshalb (abgesehen von der Romandie) namentlich international eher zu den Ausnahmen. Rege Diskussion über mehr oder weniger «Messbares». Mit Merlot vermählt In der letzten Gruppe drei Tessiner. Ja, Sie haben richtig gelesen: Weine aus dem Tessin! Es lohnt sich also, die «Merlot-Scheuklappen» und alte Vorurteile abzulegen. Übrigens: Die zwei letzten Weine trugen wiederum die Handschrift von Daniel Cortellini: «Selection Cortis» beziehungsweise «Assemblage Cortis». Er selber bezeichnete sie als «Überflieger». Ein selbstbewusstes Urteil über die eigenen Kinder. Unbestritten ist: Alle, wirklich alle Weine an dieser Veranstaltung erfüllten sehr hohe Erwartungen. Viele hatten europäisches, einzelne auch internationales Format. Und noch ein erwähnenswerter Punkt: Alle Weine wiesen einen moderaten Alkoholgehalt zwischen 12,5 und 13,5% Vol. aus. Ein toller Beweis, dass (Welt-) Klasseweine nicht zwingend marmeladige Alkoholbomben sein müssen, um «Schmirgeltuch-Gerbstoffe» und hohe Säure zu kaschieren... Plädoyer für authentische Schweizer Assemblagen Die kleinräumig-handwerkliche Struktur unserer Weinwirtschaft mit kleinen und kleinsten Mengen kann nur mit höchsten Qualitäten erfolgreich sein und bleiben. Das ist ihre Chance im Kampf gegen die Grossen der Branche mit ihren riesigen Werbebudgets. Solche Unikat-Weine können nicht billig sein. Ihren Preis sind sie wert. Vor allem im Vergleich mit ausländischen Provenienzen mit ähnlich hohem Qualitätsniveau. Allerdings glaube ich, dass die Chance für weitere Erfolge nicht im Kopieren und Perfektionieren von Modetrends sein kann. Wie wäre es mit Schweizer Assemblagen, die ausschliesslich aus traditionell in der Schweiz angebauten Sorten bereitet werden und auf Sorten wie Cabernet Sauvignon und Chardonnay verzichten? Authentische Schweizer Assemblagen, die sich bei höchster Qualität und Individualität von populistischen Modeströmungen abheben? An dieser Veranstaltung waren leider nur zwei exzellente Rotweine zu geniessen, welche diese Attribute verdienten... Eine tolle und anregende Veranstaltung! Da hatten nun Verschnittweine, Panscherei und Reste-Verwertung wirklich keinen Platz. – Wer Lust auf eigene Experimente hat: Die komplette Degustationsliste mit Detailinformationen finden Sie im Internet unter: www.weinbruderschaft.ch 28 Ami du Vin 2/12
AMI_2_12.qxd:AMI 7/26/12 12:17 AM Seite 29 La vie de l’<strong>ANAV</strong> Freiämter Weinfreunde mit Wine&Dine in der «Linde» Büttikon «Zeit für Deutsche Weine» Nach einem Apéro auf der Terrasse begrüsste der Vice-Präsident Bruno Schmid am 15. Juni im Gasthaus Linde in Büttikon über 80 Teilnehmer zum Wine&Dine mit dem Thema «Zeit für Deutsche Weine». Dieser Anlass diente auch als Einstimmung zur 5-tägigen Vereinsreise, die im September in die deutschen Weinanbaugebiete führen wird. – Markus Küng berichtet: Die Beliebtheit von Wine&Dine- Anlässen bestätigte sich einmal mehr, konnten doch einige Anmeldungen aus Platzgründen nicht berücksichtigt werden. Dazu beigetragen hat sicher auch die vielversprechende Auswahl der Weine. Und schliesslich zeigte sich im grossen Interesse auch, dass die Elite der Deutschen Weine längst zur Internationalen Spitzenklasse gehört. Erstklassige Information Die Degustationsleitung lag in der Hand von Lidwina Weh, Weinakademikerin, Chef-Sommelière in grossen Häusern und Champagner-Botschafterin 2011. Seit kurzem ist sie auch Leiterin einer Weinschule in Wohlen. Sie verstand es, ihr enormes Fachwissen und Ihre grossen sensorischen Fähigkeiten in gekonnten «Portionen» Weinfreundinnen und Weinfreunden weiterzugeben. Die Rebfläche Deutschlands ist etwa zehnmal so gross wie jene der Schweiz. Die Hauptanbaugebiete befinden sich entlang der grossen Flüsse, des Rheins, der Mosel, der Donau und der Elbe. – Der Weinkonsum in Deutschland beträgt etwa 24 Liter pro Kopf (Schweiz 36 Liter). Im Gegenzug trinken die Deutschen mehr Bier als die Schweizer... Ami du Vin 2/12 Freiamt In Deutschland ist eine neue Winzergeneration am Ruder, die konsequent die Qualität im Visier hat. Viele Betriebe waren früher Mischbetriebe und pflegten neben Viehwirtschaft, Ackerbau usw. auch etwas Reben. Es wurden, zum Beispiel, im Frühling Spargeln, Gemüse und im Herbst Trauben geerntet... Durch die Spezialisierung auf Reb- und Weinbau konnte die Qualität kontinuierlich verbessert werden. Die Böden sind so unterschiedlich wie die Rebsorten, die auf ihnen wachsen. Vulkanische, sandige oder kiesige Böden sind mit Gewächsen bestockt, welche dem jeweiligen Terroir entsprechen. Dies zeigt sich insbesondere in der markanten und zugleich feinen Mineralität, die zum Qualitätsmerkmal der Deutschen Weissweine geworden ist. Dass sich diese hervorragend als Essensbegleiter eignen, sollte sich in überzeugender Weise bestätigen. Weine aus Baden, Rheinhessen, Pfalz, Württemberg, Mosel und dem Rheingau wurden ausgeschenkt. Zum Apéro ein Sekt von Alexander Laible, der den Vergleich mit einem Champagner nicht zu scheuen braucht. Sein Chardonnay zur Vorspeise sowie ein Riesling Kabinett vom Schloss Vollrads begleiteten ein Terrinen- Trio vorzüglich. Den darauf folgenden Gang, Lachs und Spargeln, Lidwina Weh und Markus Küng. wurde ergänzt von einem Silvaner von Wagner-Stempel und einem seltenen Wein, gekeltert aus der Scheurebe, vom Weingut Weegmüller. Dieser in noch kleinen Mengen hergestellte Wein, sollte man im Auge behalten. Aromatische Vielfalt Drei rote Weine – von Martin Wassmer aus Baden ein Spätburgunder, die Cuvée «Ursprung» von Markus Schneider aus der Pfalz und ein auch für Deutschland untypischer Merlot mit Petit Verdot vom Weingut Aldinger aus Württemberg – degustierten wir zu einem Schweinsfilet mit Sommergemüse. Nachvollziehbar beschrieb Lidwina Weh die einzelnen Weine. Verschiedene Aromen wie Noten von Lenzburg-Seetal Heu, Kräutern, Apfel, bei einigen Weinen auch von Holunder und Cassis, bei anderen von Mandel, Marzipan und Erdbeeren entdeckte man in Nase und Gaumen. Bei weiteren zeigten sich Citrus, Feuerstein und Grapefruit. Einige Weine waren für den Gaumen zuerst etwas ungewohnt, entwickelten sich aber über wenige Minuten zu einem Erlebnis. Zum Abschluss von J.J. Prüm ein Riesling Auslese von der Mosel, aus der Lage Wehlener Sonnenuhr, mit einem äusserst bekömmlichen Alkoholgehalt von 7%!! (Der Weinberg wurde im Jahre 1842 angelegt.) Als Begleiter zu einem warmen Aprikosenküchlein offenbarte dieser Dessertwein in einer seltenen Harmonie eine Fülle von Geschmacksnuancen. J.J. Prüm ist der Olymp aller Mosel Weine! Alle Weine ergänzten hervorragend das ausgezeichnete Menu aus der Linde-Küche. Die Frage «Zeit für Deutsche Weine»? kann man nach diesem Anlass sicher mit einem überzeugten Ja beantworten. Begegnung mit den Weinen des östlichen Nachbarn Österreichs Weine überzeugen (jb) Eine grosse Zahl Weinfreundinnen und Weinfreunde kam nach Seon, um sich in die Welt des österreichischen Weines entführen zu lassen. Markus Utiger, seines Zeichens jüngster Weinakademiker der Schweiz, referierte über die verschiedenen Weinregionen, die alle im mittleren und östlichen Teil des Landes liegen, sowie über die dort angebauten Rebsorten. Der Anlass sollte das Interesse wecken für die Österreich-Reise, welche die Sektion im Oktober dieses Jahres durchführen wird. Der überzeugende Auftritt der Weine des östlichen Nachbarn hat auch dieses Ziel nicht verfehlt. Zum Einstieg und zur Begleitung von Markus Utigers Ausführungen wurde ein klassischer «Heurigenwein» kredenzt, ein gemischter Satz Nussberg 2010 vom Weingut Mayer am Pfarrplatz Wien. Dieser 29
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