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Als PDF downloaden - Volksoper Wien

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Die erste <strong>Wien</strong>er<br />

„Tosca“<br />

„War das nicht schon an der <strong>Volksoper</strong>?“, fragte sich der<br />

junge Stehplatzbesucher Marcel Prawy anlässlich so mancher<br />

Erstaufführung der 20er- und 30er-Jahre an der <strong>Wien</strong>er<br />

Staatsoper. Und in den meisten Fällen lautete die Antwort<br />

Ja.<br />

Im Fall der „Tosca“ verhielt es sich ebenso. Rainer Simons,<br />

findiger <strong>Volksoper</strong>n-Direktor zu Jahrhundertbeginn,<br />

nützte den Umstand, dass sein prominenter Kollege an der<br />

Hofoper, Gustav Mahler, die Oper nach Victorien Sardous<br />

Theaterstück nicht besonders schätzte – im Gegensatz zu<br />

„La Bohème“, die bereits seit 1903 auf dem Spielplan des<br />

Hauses am Ring gestanden war. <strong>Als</strong>o erwarb Simons für<br />

sein unsubventioniertes Theater die Rechte und stellte am<br />

20. Februar 1907 „Tosca“ erstmals dem <strong>Wien</strong>er Publikum<br />

vor.<br />

Rainer Simons hatte im September 1903 das bankrott gegangene<br />

„Kaiserjubiläums-Stadttheater“ unter Beisteuerung<br />

eigener finanzieller Mittel übernommen. Er setzte<br />

sich zum Ziel, das bestehende Sprechtheater Schritt für<br />

Schritt in ein Musiktheater umzuwandeln und fügte der<br />

Bezeichnung seines Hauses bald den Begriff „<strong>Volksoper</strong>“<br />

hinzu. Zur Verwirklichung seines Projektes stand ihm der<br />

Komponist und Dirigent Alexander von Zemlinsky, der<br />

auch „Tosca“ dirigierte, als Musikdirektor zur Seite.<br />

Das Sängerensemble konnte sich sehen (und hören) lassen:<br />

Helene Oberländer in der Titelpartie fand Anerkennung bei<br />

Publikum und Presse: „Mit der ‚Tosca’ befriedigt sie selbst<br />

sehr hohe Ansprüche“, so Ludwig Karpath im Neuen <strong>Wien</strong>er<br />

Tagblatt. „Mit inniger Wärme und starker Leidenschaft<br />

zeichnete sie die schöne Floria Tosca“, schwärmte der Rezensent<br />

der <strong>Wien</strong>er Zeitung. Die Künstlerin sang auch im<br />

Jahr darauf Puccinis „Manon Lescaut“ und war hier ebenso<br />

als Carmen (!) oder Saffi im „Zigeunerbaron“ zu sehen.<br />

Über den Cavaradossi Karl Waschmann, auch als Eisenstein,<br />

Fra Diavolo oder Tonio in der „Regimentstochter“ im<br />

Einsatz, urteilte die Kritik: „Er hielt sich so wacker, sang so<br />

herzerfreuend, daß man darüber vergessen durfte, er sei<br />

ein lyrischer und kein Heldentenor.“<br />

Rudolf Hofbauer gab den Scarpia. Der Bariton hatte seine<br />

künstlerische Laufbahn als Schauspieler am Volkstheater<br />

begonnen und sich bei Rainer Simons zu einem hervorragenden<br />

Sänger entwickelt. Er sang hier u. a. Pizarro, Lescaut,<br />

Papageno oder die Baritonpartien in „Hoffmanns Erzählungen“.<br />

„Dämonisch wirkte Herr Hofbauer als Scarpia,<br />

er erwies sich gestern als vollendeter Charakterspieler“,<br />

urteilte die Neue Freie Presse.<br />

Noch sieben Jahre nach der Uraufführung wurde das Sujet<br />

als zu brutal und vordergründig erachtet: „Es ist kaum<br />

zu begreifen, dass die Muse eines Künstlers vom Range<br />

Puccinis an den Scheußlichkeiten des Sardouschen Schauerdramas<br />

sich zu entzünden vermochte. … Der betrübende<br />

Umstand, dass die Sarah Bernhardt mit einer Virtuosenrolle<br />

Jahre hindurch coram publico zeigen konnte, wie man<br />

‚das Fürchten lernt’, war nicht stichhältig genug, den widerwärtigen<br />

Stoff dem Musiker für seine Zwecke dienstbar<br />

zu machen.“<br />

Zuerst an der…<br />

Mit dieser harschen Kritik stand Ludwig Karpath nicht<br />

allein da: „Er (Puccini) ist ein Dekorations-Maler, der den<br />

Pinsel lieber in einen Topf mit grellen Farben taucht, statt<br />

auf einer Palette die Farben zu suchen und mit künstlerischer<br />

Zurückhaltung zu mischen“, so die <strong>Wien</strong>er Zeitung.<br />

Und weiter: „Freilich hat das Buch Sardous dem Komponisten<br />

allzu viel Gelegenheit geboten, das Gruseln musikalisch<br />

zu illustrieren. Das Schaurige der Folterszene wurde<br />

jedoch damals tunlichst gemildert, während Puccini mit<br />

Vorliebe durch seine Musik das Mitgefühl der Zuschauer<br />

bis aufs äußerste aufpeitscht.“ Allerdings kommt Ludwig<br />

Karpath nicht umhin,<br />

Puccinis „musikalische<br />

Schönheiten“<br />

zu loben<br />

und Simons’ Regie<br />

als „in jeder Hinsicht<br />

mustergültig“<br />

zu erachten. „Wie<br />

immer ward ihm<br />

auch diesmal der<br />

begeisterte Dank<br />

der Zuhörerschaft<br />

zuteil, die den ausgezeichneten<br />

Bühnenfachmann,<br />

den<br />

Dirigenten Alexander<br />

v. Zemlinsky,<br />

der die Oper in seiner<br />

geistvollen Art<br />

einstudiert und geleitet<br />

hatte, und die<br />

Hauptdarsteller<br />

unzählige Mal vor<br />

die Rampe rief.“<br />

Zutreffend bemerkte<br />

Karpath:<br />

„Die Signatur des<br />

Premierenabends<br />

wird wohl auch<br />

die der Wiederholungen<br />

sein, deren<br />

es zweifellos viele<br />

geben wird.“<br />

<strong>Als</strong> Felix von<br />

Weingartner die<br />

„Tosca“ 1910 an der<br />

Hofoper aufnahm, war Rainer Simons für sein Haus am<br />

Gürtel ein weiterer Coup gelungen: Der geschickte <strong>Volksoper</strong>ndirektor<br />

hatte sich im Gegenzug die Aufführungsmöglichkeit<br />

der zugkräftigen „Aida“ ausbedungen.<br />

(fb)<br />

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