Komplexe Analysis und Geometrie - Benjamin Jurke
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1. Gr<strong>und</strong>lagen komplexer Funktionen<br />
definiert. Eine Teilmenge U ⊂ C heißt Umgebung von z0, falls Dε(z0) ⊂ U für irgendein ε > 0<br />
gilt, d.h. um z0 lässt sich eine ε-Kreisscheibe finden, die vollständig in U liegt. Dann heißt U ⊂ C<br />
offen, falls für alle Punkte z0 ∈ U ein ε > 0 mit Dε(z0) ⊂ U existiert. V ⊂ C heißt umgekehrt<br />
abgeschlossen, falls das Komplement C \ V offen ist.<br />
1.2. Differenzierbarkeit komplexer Funktionen<br />
1.2.1. Holomorphe Funktionen<br />
Eine der ersten Fragen, die sich auf diesem neuen Zahlenkörper C stellt, ist wohl diejenige nach<br />
der Form <strong>und</strong> des Verhaltens von Funktionen auf ihr - eigentlich handelt die ganze Vorlesung<br />
von nichts anderem. Es wird sich zeigen, dass insbesondere komplex differenzierbare Funktionen<br />
viele zunächst vom Reellen unerwartete Eigenschaften haben.<br />
Definition 4: Sei U ⊂ C offen, f : U −→ C eine Abbildung <strong>und</strong> z0 ∈ U ein fester Punkt. f<br />
heißt komplex differenzierbar in z0, wenn der Grenzwert<br />
f ′ f(z) − f(z0)<br />
(z0) := lim<br />
z→z0 z − z0<br />
z∈C\{z0}<br />
existiert, d.h. aus allen Annäherungsrichtungen innerhalb der komplexen Zahlenebene den gleichen<br />
Wert hat.<br />
Definition 5: Eine Funktion f : U −→ C auf einer offenen Teilmenge U ⊂ C heißt holomorph,<br />
wenn sie in allen Punkten von U komplex differenzierbar ist. Oftmals (insbesondere in der<br />
Physik) wird eine holomorphe Funktion auch als analytisch bezeichnet.<br />
Beispiel: 1. Sei f(z) := az + b mit konstanten Zahlen a, b ∈ C eine lineare Funktion. Dann<br />
gilt für den Ableitungsquotienten an einem Punkt z0 ∈ C<br />
4<br />
f(z) − f(z0)<br />
z − z0<br />
= (az + b) − (az0 + b)<br />
z − z0<br />
= a ,<br />
also ist f mit der Ableitung f ′ (z) = a holomorph auf ganz C.<br />
2. Sei f(z) := z die Funktion der komplexen Konjugation. Wegen<br />
f(z) − f(z0)<br />
z − z0<br />
= z − z0<br />
z − z0<br />
ist der Grenzwert hier nicht so einfach abzulesen. Wir linearisieren den Grenzwertprozess,<br />
in dem wir durch ein passendes w ∈ C \ {0} den Punkt z durch z = z0 + tw darstellen.<br />
Dann folgt im Grenzwert<br />
z0 + tw − z0<br />
z0 + tw − z0<br />
= tw<br />
tw<br />
= w<br />
w .<br />
Bereits bei Betrachtung von w ∈ R <strong>und</strong> w ∈ iR erhalten wir die unterschiedlichen Grenzwerte<br />
+1 <strong>und</strong> −1, die Konjugationsfunktion f ist also in keinem Punkt komplex differenzierbar.<br />
3. Die Funktion f(z) := 1<br />
z ist mit der Ableitung f ′ (z) = − 1<br />
z 2 in C \ {0} holomorph.