Komplexe Analysis und Geometrie - Benjamin Jurke
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5. Die verallgemeinerte Cauchy-Formel<br />
5.1. Umlaufzahlen<br />
In den nächsten zwei Abschnitten werden wir nun Umlaufzahlen <strong>und</strong> Wegkomponenten einführen,<br />
um später auf Seite 36 die verallgemeinerte Cauchysche Integralformel zu beweisen. Wir<br />
beginnen mit dem folgenden Satz zur Wohldefiniertheit der Umlaufzahlen.<br />
Satz 93: Sei γ : [0, 1] −→ C \ {0} ein geschlossener Integrationsweg. Dann existiert genau eine<br />
Zahl n ∈ Z, sodass γ homotop in C \ {0} zum Weg an : [0, 1] −→ C \ {0} mit t ↦→ e2πint ist, der<br />
die Null n-mal gegen den Uhrzeigersinn umläuft. Außerdem gilt<br />
n = 1<br />
2πi<br />
�<br />
γ<br />
dz<br />
z .<br />
Durch Verschiebung können wir die Umlaufzahl um einen beliebigen Punkt dann wie folgt<br />
definieren.<br />
Definition 94: Sei γ : [0, 1] −→ C \ {a} ein geschlossener Integrationsweg. Wir definieren die<br />
Umlaufzahl n(γ, a) des Wegs γ um den Punkt a wie im vorigen Satz.<br />
5.2. Wegkomponenten<br />
Als nächstes betrachten wir nun die Eigenschaften von Wegzusammenhangskomponenten, die<br />
wir kurz Wegkomponenten nennen. Ihre Definition lautet:<br />
Definition 95: Sei M ⊂ R n . Für zwei Punkte p, q ∈ M definieren wir<br />
p ∼ q ⇐⇒ es existiert ein stetiger Weg von p nach q in M .<br />
Dies definiert eine Äquivalenzrelation auf M. Die Äquivalenzklassen heißen Wegkomponenten<br />
von M. Falls M ⊂ R n offen ist, so ist auch jede Wegkomponente von M offen. Ist M außerdem<br />
zusammenhängend, so hat M auch nur eine Wegkomponente.<br />
Satz 96: Sei γ ein Integrationsweg in C \ {a}. Dann ist z ↦→ n(γ; z) eine stetige Abbildung<br />
C \ Sp(γ) −→ Z, <strong>und</strong> deswegen konstant auf jeder Wegkomponente von C \ Sp(γ). �<br />
Beispiel: Sei γ(t) := z0 + reit mit t ∈ [0, 2π] <strong>und</strong> r > 0 ein kreisförmiger Weg vom Radius r<br />
um z0. Falls |a − z0| > r ist, so ist w ↦→ 1<br />
�<br />
w−a holomorph in der konvexen Menge K, also gilt<br />
dw<br />
γ w−a = 0 nach Cauchy, <strong>und</strong> somit ist die Umlaufzahl n(γ, a) = 0. Ist |a − z0|<br />
�<br />
< r, so gilt<br />
= 2πi.<br />
γ<br />
dw<br />
w−a<br />
Der folgende Satz zeigt, dass zwei unterschiedliche Wegkomponenten von C \ Sp(γ) stets<br />
auch unterschiedliche Umlaufzahlen aufweisen. Die anschauliche Aussage zu beweisen erfordert<br />
allerdings einigen technischen Aufwand, wie wir sehen werden.<br />
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