Komplexe Analysis und Geometrie - Benjamin Jurke
Komplexe Analysis und Geometrie - Benjamin Jurke
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2. Integration komplexer Funktionen<br />
2.4.2. Zweige des Logarithmus<br />
Die Frage ist nun, ob sich der so definierte komplexe Logarithmus auch in den übrigen Eigenschaften<br />
genauso wie der reelle verhält. Was ist etwa mit Log(z1z2) = Log(z1) + Log(z2)? Bei<br />
z1 = i = z2, also z1z2 = −1, ist Log(−1) beispielsweise nicht definiert.<br />
Satz 48: Für j = 1, 2 sei zj := rjeiθj mit rj > 0 <strong>und</strong> −π < θj < π. Dann gilt z1z2<br />
r1r2e<br />
=<br />
i(θ1+θ2) . Für θ1 + θ2 = ±π ist Log(z1z2) nicht definiert. Ansonsten gilt<br />
⎧<br />
⎨ 2πi : −2π < θ1 + θ2 < π<br />
Log(z1z2) − Log(z1) − Log(z2) = 0<br />
⎩<br />
−2πi<br />
:<br />
:<br />
−π < θ1 + θ2 < π<br />
π < θ1 + θ2 < 2π<br />
.<br />
Kommen wir nun zu den bereits erwähnten Zweigen eines Logarithmus, die wir einfach allgemein<br />
als Funktionen definieren, die innerhalb ihres Definitionsgebietes die komplexe Exponentialfunktion<br />
umkehren.<br />
Definition 49: Sei G ⊂ C \ {0} ein Gebiet. Eine holomorphe Funktion f : G −→ C mit<br />
e f(z) = z für z ∈ G heißt Zweig des Logarithmus auf G.<br />
Für einen solchen Zweig des Logarithmus f gilt dann für die Ableitung innerhalb des Definitionsgebietes<br />
wieder<br />
1 = ∂ ∂<br />
z =<br />
∂z ∂z ef(z) = f ′ (z)e f(z) ⇐⇒ f ′ (z) = 1<br />
z .<br />
Der zuvor definierte Hauptzweig eines Logarithmus ist also nichts anderes als ein besonderer<br />
Zweig, den wir auf sehr natürliche Weise gemäß der obigen Definition erhalten.<br />
Man kann nun allerdings zeigen, dass wir für einen Großteil der Gebiete stets einen Zweig des<br />
Logarithmus, also eine lokale Logarithmusfunktion definieren können.<br />
Satz 50: Auf jedem einfach zusammenhängenden Gebiet G ⊂ C \ {0} gibt es einen Zweig des<br />
Logarithmus.<br />
Wir können den Satz allgemeiner formulieren: Sei G ⊂ C ein einfach zusammenhängendes<br />
Gebiet <strong>und</strong> f : G −→ C holomorph <strong>und</strong> ohne Nullstellen. Dann gibt es eine holomorphe Funktion<br />
g : G −→ C mit e g(z) = f(z) für alle z ∈ G.<br />
Von nun an bezeichnen wir einen beliebigen Zweig des komplexen Logarithmus mit Lg(z). Mit<br />
der Exponentialfunktion <strong>und</strong> dem nun wohldefinierten Logarithmus können wir auch komplexe<br />
Potenzen, also Potenzen der Form „komplex hoch komplex“ definieren.<br />
Definition 51: Sei G ⊂ C \ {0} ein Gebiet <strong>und</strong> Lg ein Zweig des Logarithmus auf G. Wir<br />
definieren<br />
a b b Lg(a)<br />
:= e<br />
für alle b ∈ C <strong>und</strong> a ∈ G .<br />
Die Potenz-Funktion G −→ C mit z ↦→ z b heißt Zweig der b-ten Potenz auf G.<br />
20<br />
Natürlich verhält sich auch die komplexe Potenz genau wie die reelle, d.h. es gilt<br />
∂<br />
∂z zb = ∂<br />
∂z eb Lg(z) = b · 1<br />
z eb Lg(z) = bz b−1 .